Woher wir kommen

FRISCHMUTH Barbara: Woher wir kommen. 2012.

Abstract

FRISCHMUTH, Barbara: "Woher wir kommen", Berlin 2012
Ein "Frischmuth-Buch" wie man es sich als Leser wünscht. Angenehm zum Lesen. Schöne Sätze. Ein genussvolles Lesen.
Die Angst der Mutter von Kleinkindern: „Ich hatte mich zum ersten Mal, seit die Zwillinge auf der Welt waren, für ein paar Stunden von ihnen getrennt, ein merkwürdiges Gefühl, einerseits eine gewisse Erleichterung, dem Kreislauf von Stillen und Wickeln, dem Greinen der Kleinen und dem Rotieren der Waschmaschine für eine Weile entkommen zu können, andererseits eine Art Beklommenheit, um nicht zu sagen Angst, dass in der Zeit, in der ich nicht bei ihnen war, etwas geschehen könnte, das ich, wenn ich bei ihnen geblieben wäre, vielleicht hätte verhindern können …“ (Seite 221/222)
Die Übergewichtigkeit der modernen Gesellschaft auf die fehlende Gemeinschaft zurück geführt: „Gemeinsam zu essen gehört zu den tröstlichsten Dingen dieser Welt, und das seit Menschengedenken. Seit die Menschen immer seltener miteinander essen, werden sie immer fetter, leiden unter allen möglichen Allergien und Verdauungsstörungen.“ (Seite 235/236)
Was die Schwangerschaft für eine Frau bedeuten kann: „Ich wollte spüren, wie meine Brüste spannten und etwas in mir zu wachsen begann, das ich neun Monate ganz für mich haben würde. Es reizt mich, zu spüren, dass da etwas in mir steckte, das nicht ich und nicht der Penis von Vedat war. (Seite 250/251)
Das Generationenproblem: „Die letzten zwei Generationen haben sich dermaßen an unserer Zukunft vergriffen, besser gesagt, sie geplündert, dass es zur ausgleichenden Gerechtigkeit gehört, wenn ihnen jetzt die Börse etwas lockerer sitzt.“ (Seite 271)
Über den Sinn des Lebens: „Das Nicht-sein ist immer gegeben, aber wenn man das Da-sein nicht begreift, ist man schon zu Lebzeiten im Nicht-sein, unfähig, im Wirklichen zu leben.“ (Seite 302)
Über die Wirklichkeit: „Weiß man tatsächlich, wie es wirklich war, nur weil man dabei gewesen ist? Wenn das so wäre, würden doch alle dasselbe erzählen, aber es erzählt jeder etwas anderes.“ (Seite 356)
Man kann nicht alle schönen Sätze und Ideen hier zitieren. Es würde bedeuten die 367 Seiten abzuschreiben.

Der Roman ist ein Betrachten des eigenen Lebens. Ein Rückblick in die Vergangenheit mit der Erzählung der Gegenwart und des Iststands.
Ein Roman, dessen Hauptfiguren Frauen sind. Frauen aus drei Generationen. Frauen, die ihre Männer oder Geliebte verloren haben. Die Autorin zeigt die Bewältigung dieses Verlustes auf. Wie in verschiedensten Zeitfenstern dasselbe seelische Problem zu lösen war.
Beim Lesen hat man das Gefühl, dass es sich bei der Autorin um eine 30-jährige handelt. Sie spricht Themen an, die man von einer älteren Frau nicht erwarten würde. Aber gerade das Alter hat die Erfahrung und sie gibt es mit jugendlichem Charme und frischer Energie wieder.
Ich mache nicht gerne Reihungen oder ein Ranking, aber ich muss es sagen: das ist vielleicht das beste Frischmuthbuch.
(Hinterbrühl, 19.09.2012)

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    Die Übergewichtigkeit der modernen Gesellschaft auf die fehlende Gemeinschaft zurück geführt: „Gemeinsam zu essen gehört zu den tröstlichsten Dingen dieser Welt, und das seit Menschengedenken. Seit die Menschen immer seltener miteinander essen, werden sie immer fetter, leiden unter allen möglichen Allergien und Verdauungsstörungen.“ (Seite 235/236)
    Was die Schwangerschaft für eine Frau bedeuten kann: „Ich wollte spüren, wie meine Brüste spannten und etwas in mir zu wachsen begann, das ich neun Monate ganz für mich haben würde. Es reizt mich, zu spüren, dass da etwas in mir steckte, das nicht ich und nicht der Penis von Vedat war. (Seite 250/251)
    Das Generationenproblem: „Die letzten zwei Generationen haben sich dermaßen an unserer Zukunft vergriffen, besser gesagt, sie geplündert, dass es zur ausgleichenden Gerechtigkeit gehört, wenn ihnen jetzt die Börse etwas lockerer sitzt.“ (Seite 271)
    Über den Sinn des Lebens: „Das Nicht-sein ist immer gegeben, aber wenn man das Da-sein nicht begreift, ist man schon zu Lebzeiten im Nicht-sein, unfähig, im Wirklichen zu leben.“ (Seite 302)
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    Der Roman ist ein Betrachten des eigenen Lebens. Ein Rückblick in die Vergangenheit mit der Erzählung der Gegenwart und des Iststands.
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    Beim Lesen hat man das Gefühl, dass es sich bei der Autorin um eine 30-jährige handelt. Sie spricht Themen an, die man von einer älteren Frau nicht erwarten würde. Aber gerade das Alter hat die Erfahrung und sie gibt es mit jugendlichem Charme und frischer Energie wieder.
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