Abstract
GANGHOFER, Ludwig: „Tarantella“, Novelle, Stuttgart 1899
Meine Eltern haben die Bücher Ganghofers mit Leidenschaft gelesen. Daher war es für uns Kinder eine „No Go Literatur“. Erst jetzt im Alter habe ich positive Kritik über Ganghofer gelesen und meine Schwester schenkte mir dieses Buch aus dem Jahr 1899. Eine Novelle, die sich in der Nähe von Neapel abspielt. Die erzählende Person – der Dichter – beschreibt die Region und die Schönheit der Landschaft. Auch sein Kontakt mit den Einheimischen des Dorfes. So lernte er ein bettelndes Mädchen kennen. Er sah sie tanzen. Ihre Mutter war eine berühmte Tänzerin und wurde nach einem Unfall gelähmt. Sie trainierte die Tochter zum typischen Tanz, dem Tarantella. Als in der besten Tanzgruppe ein Streit des Hauptpaares zu einer Trennung führte und die Truppe plötzlich ohne Tänzerin dastand vermittelte der Fremde das Mädchen. Ihr erster Auftritt war ein voller Erfolg. Sie ist dem „Vermittler“ sehr dankbar und prostet ihm zu „Auf eure Gesundheit, Herr! Hundert gesunde Jahre wünsch ich euch … ohne die bösen Tage, die ihr nicht haben wollt!“ (Seite 162)
Einer der Künstler der Truppe – Mommino – verliebte sich in sie. Auch sie fühlte sich zu ihm hingezogen und die Tarantella, die sie leidenschaftlich tanzte, widmete sie ihm. Einer der Zuschauer des Abends, ein reicher Ausländer, war begeistert von Nannina, der jungen Tänzerin. Schon während der Vorführung hatte er kräftig applaudiert. Letztlich ging sie mit ihm. Sie fuhren nach Capri. Dort musste sie immer für ihn tanzen. Er beschenkte sie mit Kleidern und gab ihr Geld für die Mutter. Als sie zurück ins Dorf kam, zeigte sie all ihre Erwerbungen Mommino am Hauptplatz, dessen Herz vor Liebe gebrochen war. Nannina trennte sich vom ausländischen Liebhaber. Viel Geld hatte sie von ihm bekommen und alles der Mutter gegeben, die sich neu eingerichtet hatte und sich Dinge leistete, von denen sie lange geträumt hatte. Auch eine Magd stand ihr zur Seite und gegen Bezahlung vertrieb ein Bub die Vögel im Garten, damit sie nicht die Früchte des Hausbesitzers fraßen.
Nannina wollte wieder zurück zur Tanzgruppe, aber deren Chef verwehrte es. Nannina suchte Unterstützung beim Erzähler dieser Geschichte. Gemeinsam versuchten sie den Chef der Tanztruppe zu überreden. Ergebnislos. Da tanzte Nannia unaufgefordert. Das Publikum war begeistert. Letztlich sang sie auch noch. Ein Lied vom Tod. Sie hatte es sehr inbrünstig vorgetragen und im Anschluss an die Vorstellung gab es noch einen Streit mit Mommino, der sie aber ablehnte. Dann beging sie Selbstmord. Mommino kündigte seinen Job und ermöglichte durch eine großzügige Spende an die Kirche, dass Nannina als Selbstmörderin ein kirchliches Begräbnis bekam. Letztlich rechnete er noch mit der Mutter ab. Er gab ihr all seine Ersparnisse, damit sie ein schönes Leben führen könne. Im Gegenzug musste sie ihm das Geld des ausländischen Verführers geben. Dieses Geld verbrannte er. Das war – wie er sagte – die halbe Rechnung, denn anschließend ging er ins Hotel, wo sie am Vortag eine Vorführung hatten und ermordete einen Kellner. Als ihn die Polizei abführte sang er ein Liebeslied.
Eine sehr romantische Geschichte, die im Ziel der Zeit und in der Ausdrucksform Ganghofers noch emotioneller wirkt.
Ich brauchte einige Zeit, um mich in die Art des Buches einzulesen. In die doch verschiedenen Buchstaben, bei denen ein s so ähnlich aussieht wie ein f. Auch die Rechtschreibung ist anders. Ware heißt hier Waare. Die Tat wird noch mit h geschrieben: That.
Auch der Stil ist ein anderer als in unserem Jahrhundert. Romantisch und ausgeschmückt werden die Dinge erzählt. Dazu viele Redewendungen und Vergleiche. Als der Maurer Mommino bei Regenwetter, als am Bau nicht gearbeitet wurde, von Zeche zu Zeche eilte sagte er „Da schont man den Sessel zu Hause, aber nicht das Geld im Sack.“ (Seite 278)
Nannina bereute, das was sie getan hatte und Ganghofer lässt sie sagen „Denn hätt ichs gewußt … bei meiner ewigen Seele, Seniorr, lieber hätte ich mir das Fleisch aus meinen Armen gebissen und hätt es der Mutter gekocht, wenn ich gewußt hätt, was ich euch anthu … euch und mir!“ (Seite 253)
Als das dünne Mädchen in den Kleidern ihrer Vorgängerin stand meinte einer der Tänzer „Sie ist freilich ein Fisch, der nur Gräten hat, aber sie wird schwimmen.“ (Seite 122) Damit meinte er, dass ihr Busen viel kleiner war als jener der Vorgängerin. Als man ihr das Kleid anpasste sagte der Chef der Gruppe „Und jetzt stecken sie das magere Ding hinein! Die wird drin aussehen wie ein Kinderfuß im Schlappschuh der Großmutter!“ (Seite 120/121)
Aber, es ist interessant ein 100 Jahre altes Buch zu lesen und zu erfahren, wie man damals formulierte und wie damals der Geschmack der Leser war. Mit über 100 Jahren ist das Buch schon eine Rarität. Ein schöner Einband und geschmackvolle Abbildungen ergänzen den Text.
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@book{GANGHOFER2021, title = {Tarantella}, author = {Ludwig GANGHOFER }, year = {2021}, date = {2021-02-23}, abstract = {GANGHOFER, Ludwig: „Tarantella“, Novelle, Stuttgart 1899 Meine Eltern haben die Bücher Ganghofers mit Leidenschaft gelesen. Daher war es für uns Kinder eine „No Go Literatur“. Erst jetzt im Alter habe ich positive Kritik über Ganghofer gelesen und meine Schwester schenkte mir dieses Buch aus dem Jahr 1899. Eine Novelle, die sich in der Nähe von Neapel abspielt. Die erzählende Person – der Dichter – beschreibt die Region und die Schönheit der Landschaft. Auch sein Kontakt mit den Einheimischen des Dorfes. So lernte er ein bettelndes Mädchen kennen. Er sah sie tanzen. Ihre Mutter war eine berühmte Tänzerin und wurde nach einem Unfall gelähmt. Sie trainierte die Tochter zum typischen Tanz, dem Tarantella. Als in der besten Tanzgruppe ein Streit des Hauptpaares zu einer Trennung führte und die Truppe plötzlich ohne Tänzerin dastand vermittelte der Fremde das Mädchen. Ihr erster Auftritt war ein voller Erfolg. Sie ist dem „Vermittler“ sehr dankbar und prostet ihm zu „Auf eure Gesundheit, Herr! Hundert gesunde Jahre wünsch ich euch … ohne die bösen Tage, die ihr nicht haben wollt!“ (Seite 162) Einer der Künstler der Truppe – Mommino – verliebte sich in sie. Auch sie fühlte sich zu ihm hingezogen und die Tarantella, die sie leidenschaftlich tanzte, widmete sie ihm. Einer der Zuschauer des Abends, ein reicher Ausländer, war begeistert von Nannina, der jungen Tänzerin. Schon während der Vorführung hatte er kräftig applaudiert. Letztlich ging sie mit ihm. Sie fuhren nach Capri. Dort musste sie immer für ihn tanzen. Er beschenkte sie mit Kleidern und gab ihr Geld für die Mutter. Als sie zurück ins Dorf kam, zeigte sie all ihre Erwerbungen Mommino am Hauptplatz, dessen Herz vor Liebe gebrochen war. Nannina trennte sich vom ausländischen Liebhaber. Viel Geld hatte sie von ihm bekommen und alles der Mutter gegeben, die sich neu eingerichtet hatte und sich Dinge leistete, von denen sie lange geträumt hatte. Auch eine Magd stand ihr zur Seite und gegen Bezahlung vertrieb ein Bub die Vögel im Garten, damit sie nicht die Früchte des Hausbesitzers fraßen. Nannina wollte wieder zurück zur Tanzgruppe, aber deren Chef verwehrte es. Nannina suchte Unterstützung beim Erzähler dieser Geschichte. Gemeinsam versuchten sie den Chef der Tanztruppe zu überreden. Ergebnislos. Da tanzte Nannia unaufgefordert. Das Publikum war begeistert. Letztlich sang sie auch noch. Ein Lied vom Tod. Sie hatte es sehr inbrünstig vorgetragen und im Anschluss an die Vorstellung gab es noch einen Streit mit Mommino, der sie aber ablehnte. Dann beging sie Selbstmord. Mommino kündigte seinen Job und ermöglichte durch eine großzügige Spende an die Kirche, dass Nannina als Selbstmörderin ein kirchliches Begräbnis bekam. Letztlich rechnete er noch mit der Mutter ab. Er gab ihr all seine Ersparnisse, damit sie ein schönes Leben führen könne. Im Gegenzug musste sie ihm das Geld des ausländischen Verführers geben. Dieses Geld verbrannte er. Das war – wie er sagte – die halbe Rechnung, denn anschließend ging er ins Hotel, wo sie am Vortag eine Vorführung hatten und ermordete einen Kellner. Als ihn die Polizei abführte sang er ein Liebeslied. Eine sehr romantische Geschichte, die im Ziel der Zeit und in der Ausdrucksform Ganghofers noch emotioneller wirkt. Ich brauchte einige Zeit, um mich in die Art des Buches einzulesen. In die doch verschiedenen Buchstaben, bei denen ein s so ähnlich aussieht wie ein f. Auch die Rechtschreibung ist anders. Ware heißt hier Waare. Die Tat wird noch mit h geschrieben: That. Auch der Stil ist ein anderer als in unserem Jahrhundert. Romantisch und ausgeschmückt werden die Dinge erzählt. Dazu viele Redewendungen und Vergleiche. Als der Maurer Mommino bei Regenwetter, als am Bau nicht gearbeitet wurde, von Zeche zu Zeche eilte sagte er „Da schont man den Sessel zu Hause, aber nicht das Geld im Sack.“ (Seite 278) Nannina bereute, das was sie getan hatte und Ganghofer lässt sie sagen „Denn hätt ichs gewußt … bei meiner ewigen Seele, Seniorr, lieber hätte ich mir das Fleisch aus meinen Armen gebissen und hätt es der Mutter gekocht, wenn ich gewußt hätt, was ich euch anthu … euch und mir!“ (Seite 253) Als das dünne Mädchen in den Kleidern ihrer Vorgängerin stand meinte einer der Tänzer „Sie ist freilich ein Fisch, der nur Gräten hat, aber sie wird schwimmen.“ (Seite 122) Damit meinte er, dass ihr Busen viel kleiner war als jener der Vorgängerin. Als man ihr das Kleid anpasste sagte der Chef der Gruppe „Und jetzt stecken sie das magere Ding hinein! Die wird drin aussehen wie ein Kinderfuß im Schlappschuh der Großmutter!“ (Seite 120/121) Aber, es ist interessant ein 100 Jahre altes Buch zu lesen und zu erfahren, wie man damals formulierte und wie damals der Geschmack der Leser war. Mit über 100 Jahren ist das Buch schon eine Rarität. Ein schöner Einband und geschmackvolle Abbildungen ergänzen den Text. }, keywords = {Liebesaffairen, Neapel, Romantisch}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} }