Abstract
PFEIFFER Wilma; STELZLE Walter: „Spazierschwimmen zwischen Rax und Semmering – Kultur, Geschichten, Ausflüge“, Salzburg 2023
Der Titel „Spazierschwimmen“ ist dem „Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil entnommen. Musil beschrieb aber den Wörthersee und hier geht es um Berge. Musil, so die Autoren des vorliegenden Buches, meinten, dass Musil mit „Schwimmen“ auch „Muse genießen“ verstand. Der Untertitel „Kultur – Geschichten – Ausflüge“ trifft wieder den Inhalt ganz, denn man wird in die Geschichte der Gegend eingeführt, aber auch „Gschichteln“ werden erzählt. Natürlich wird auch der Kultur Rechnung getragen und Anleitungen für Ausflüge gegeben.
Nachdem erzählt wird, wie die Sommerfrische entstand, werden die Orte Reichenau, Prein an der Rax, Rax, Payerbach und Semmering vorgestellt.
Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert war diese Region die bedeutendste Sommerfrische der Habsburgermonarchie. Der „Motor“ dafür war die Südbahn, die die Städter aus Wien in die frische Luft der Alpen brachte. Villen und Hotels entstanden. Da hier aber vorwiegend Juden investierten, fiel die Gegend 1938 wegen der Judenverfolgung in einen Dornröschenschlaf, der in manchen Orten noch immer herrscht.
In Reichenau kam es auch zu einem Wettstreit beim Bau von Villen zwischen dem Kaiserhaus und einer angesehenen und reichen jüdischen Familie. Zwar hatte der Kaiser 1867 die Gleichstellung der Juden veranlasst, aber gesellschaftlich waren sie das nicht in vollem Umfang. Sie mussten sich beweisen und Baron Rothschild tat dies mit dem Bau eines kleinen Schlosses, mit dem er den kaiserlichen Sitz in den Schatten stellte. Die Autoren nennen diesen Zwist den „Schlösserkrieg“. Gebaut wurden nicht nur Villen, auch das Fuhrwerksgewerbe nahm zu. Die Remise in Reichenau bot Platz für 35 Kutschen. 70 Pferde mussten untergebracht werden. Große Bedeutung haben heute noch die Reichenauer Sommerfestspiele, die wieder Besucher aus Wien und der Umgebung anlocken.
Das Preiner Gscheid ist ein fast 1000 Meter hoher Paßübergang zwischen Niederösterreich und der Steiermark. Prein hat keinen bäuerlichen Background, sondern war ein Bergbaugebiet. Ende des 19. Jahrhunderts rentierte sich dieses Geschäft nicht mehr. Die Bergwerke und Schmelzöfen wurden stillgelegt. Ein geschäftstüchtiger Mann konvertierte die Anlagen in Hotels.
Rax kam nicht nur wegen des nahen Bahnanschlusses zu Bedeutung, sondern durch den Seilbahnbau. 1926 nahm die Raxseilbahn als erste österreichische Seilschwebebahn ihren Betrieb auf und erlaubte den ungeübten Städtern einen problemlosen Aufstieg in die Berge. Bedingt durch die erbaute Seilbahn wurde 1926 auch die bestehende Materialeisenbahn für den Personentransport zugelassen.
Die Rax wird wegen dreier Persönlichkeiten auch „Berg der Psychotherapie“ genannt. Sigmund Freud, Viktor Frankl und Alfred Adler urlaubten hier.
Erwähnt wird von den Autoren auch der Bau der Wiener Hochquellenwasserleitung, der den Wienern frisches Trinkwasser aus den Bergen lieferte. Als Karl VI. bei einem Jagdausflug eine frische Quelle fand, ließ er einen ständigen Wassertransport mit Reitern einrichten, um in Wien frisches Quellwasser zu haben.
Payerbach: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Bahnhof Payerbach zu einem der meist frequentierten der Monarchie. 60 Fiaker erwarteten am Vorplatz die ankommenden Gäste. Auch der Kaiser nützte die Vorzüge der Eisenbahn und so fuhr er oft nur für einen Tag zum Jagen nach Payerbach.
Payerbach positionierte sich mit Wintersport gegenüber den umliegenden Gemeinden und engagierte den Schipionier Mathias Zdarsky aus Lilienfeld.
Während der Weltausstellung in Wien, flüchtete Kaiserin Sisi vor den vielen Repräsentationen nach Payerbach.
Erwähnt wird auch das Haus des Mayonnaisefabrikanten Kuhnert, der sich vom Wiener Architekten Loos eine Villa bauen ließ. Leider lebte er nur zwei Jahre darin. Heute ist es ein beliebtes Restaurant, das im „The Hotel Book. Great Europe“ zu den nobelsten Fünfsternehotels gezählt wird.
Und letztlich wird auch dem Semmering ein Kapitel gewidmet. 1842 hatte der Bau der Südbahn den Ort Gloggnitz erreicht. 1851 war Payerbach angeschlossen und drei Jahre später erreichten die Züge den Semmering. Zu verdanken ist dies dem Planer Carl von Ghega. 1848 wurde mit dem Bau begonnen, an dem bis zu 20.000 Arbeiter beschäftigt waren. 2.000 kamen auch ums Leben. Die meisten aber an Seuchen. Die Strecke von Gloggnitz nach Mürzzuschlag ist 42 Kilometer lang, führt durch 15 Tunnels und überquert 16 große und 118 kleine Brücken. Es ist ein Wunderwerk, das 1998 als UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Auch den Hotels am Semmering wird Platz gewidmet und so manche Schnurre der Hoteliers erzählt.
Das Buch bringt die Region dem Leser näher und bietet neben reinen historischen Zahlen auch viele informelle Informationen.
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Um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert war diese Region die bedeutendste Sommerfrische der Habsburgermonarchie. Der „Motor“ dafür war die Südbahn, die die Städter aus Wien in die frische Luft der Alpen brachte. Villen und Hotels entstanden. Da hier aber vorwiegend Juden investierten, fiel die Gegend 1938 wegen der Judenverfolgung in einen Dornröschenschlaf, der in manchen Orten noch immer herrscht. In Reichenau kam es auch zu einem Wettstreit beim Bau von Villen zwischen dem Kaiserhaus und einer angesehenen und reichen jüdischen Familie. Zwar hatte der Kaiser 1867 die Gleichstellung der Juden veranlasst, aber gesellschaftlich waren sie das nicht in vollem Umfang. Sie mussten sich beweisen und Baron Rothschild tat dies mit dem Bau eines kleinen Schlosses, mit dem er den kaiserlichen Sitz in den Schatten stellte. Die Autoren nennen diesen Zwist den „Schlösserkrieg“. Gebaut wurden nicht nur Villen, auch das Fuhrwerksgewerbe nahm zu. Die Remise in Reichenau bot Platz für 35 Kutschen. 70 Pferde mussten untergebracht werden. Große Bedeutung haben heute noch die Reichenauer Sommerfestspiele, die wieder Besucher aus Wien und der Umgebung anlocken. Das Preiner Gscheid ist ein fast 1000 Meter hoher Paßübergang zwischen Niederösterreich und der Steiermark. Prein hat keinen bäuerlichen Background, sondern war ein Bergbaugebiet. Ende des 19. Jahrhunderts rentierte sich dieses Geschäft nicht mehr. Die Bergwerke und Schmelzöfen wurden stillgelegt. Ein geschäftstüchtiger Mann konvertierte die Anlagen in Hotels. Rax kam nicht nur wegen des nahen Bahnanschlusses zu Bedeutung, sondern durch den Seilbahnbau. 1926 nahm die Raxseilbahn als erste österreichische Seilschwebebahn ihren Betrieb auf und erlaubte den ungeübten Städtern einen problemlosen Aufstieg in die Berge. Bedingt durch die erbaute Seilbahn wurde 1926 auch die bestehende Materialeisenbahn für den Personentransport zugelassen. Die Rax wird wegen dreier Persönlichkeiten auch „Berg der Psychotherapie“ genannt. Sigmund Freud, Viktor Frankl und Alfred Adler urlaubten hier. Erwähnt wird von den Autoren auch der Bau der Wiener Hochquellenwasserleitung, der den Wienern frisches Trinkwasser aus den Bergen lieferte. Als Karl VI. bei einem Jagdausflug eine frische Quelle fand, ließ er einen ständigen Wassertransport mit Reitern einrichten, um in Wien frisches Quellwasser zu haben. Payerbach: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Bahnhof Payerbach zu einem der meist frequentierten der Monarchie. 60 Fiaker erwarteten am Vorplatz die ankommenden Gäste. Auch der Kaiser nützte die Vorzüge der Eisenbahn und so fuhr er oft nur für einen Tag zum Jagen nach Payerbach. Payerbach positionierte sich mit Wintersport gegenüber den umliegenden Gemeinden und engagierte den Schipionier Mathias Zdarsky aus Lilienfeld. Während der Weltausstellung in Wien, flüchtete Kaiserin Sisi vor den vielen Repräsentationen nach Payerbach. Erwähnt wird auch das Haus des Mayonnaisefabrikanten Kuhnert, der sich vom Wiener Architekten Loos eine Villa bauen ließ. Leider lebte er nur zwei Jahre darin. Heute ist es ein beliebtes Restaurant, das im „The Hotel Book. Great Europe“ zu den nobelsten Fünfsternehotels gezählt wird. Und letztlich wird auch dem Semmering ein Kapitel gewidmet. 1842 hatte der Bau der Südbahn den Ort Gloggnitz erreicht. 1851 war Payerbach angeschlossen und drei Jahre später erreichten die Züge den Semmering. Zu verdanken ist dies dem Planer Carl von Ghega. 1848 wurde mit dem Bau begonnen, an dem bis zu 20.000 Arbeiter beschäftigt waren. 2.000 kamen auch ums Leben. Die meisten aber an Seuchen. Die Strecke von Gloggnitz nach Mürzzuschlag ist 42 Kilometer lang, führt durch 15 Tunnels und überquert 16 große und 118 kleine Brücken. 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