Abstract
FRANZEN, Jonathan: „Schweres Beben“, Hamburg 2010
In Amerika ist vieles größer. So auch Romane. Fast 700 Paperbackseiten sind hier vollgedruckt. Ein ausholender Stil, der aber Spaß macht beim Lesen. Schöne und ausführliche Formulierungen, die man sich auf der Zunge zergehen lassen kann. Viele würde ich gerne zitieren, aber das soll jeder selbst lesen. Passagen wie „Die Englischlehrerin der höheren Klassen … hatte die Geheimnisse der Aussprache weiterzugeben versucht, als sprängen sie wie Bazillen über, und dass ihre Schüler über ein starkes Immunsystem verfügen, stieß bei ihr auf eigentümlich taube Ohren.“ (Seite 321) oder „Über Nahant standen Düsenflugzeuge ohne erkennbare Bewegung am graublauen Firmament, dem ihre Triebwerke neues Grau hinzufügten.“ (Seite 259) Der Umfang des Buches ergibt sich aus ausufernden Formulierungen wie dieser: „Melanie konnte ihre Stimme wie auf Knopfdruck sanft klingen lassen. Sie hörte sich an wie ein Bächlein im Wiesengrund, das durch Schatten und Sonne plätschert und unter Weiden Tümpel bildet – einer jener klaren Bäche, aus denen man Wasser schöpfen und trinken will, ohne einen Gedanken an die Hirschkadaver und die Viehweiden zu verschwenden, die ihn weiter oben vielleicht verschmutzten.“ (Seite 357/358)
Eingebettet in eine Familiengeschichte, in der die Mutter der Familie durch den Tod ihrer eigenen Mutter reiche Erbin wird, erfährt man viel über Seismologie. Die Großmutter kam bei einem Erdbeben um. Eine junge Forscherin vermutet tiefe Erdbohrungen eines Chemiekonzerns, in den Abwässer geleitet werde, die wiederum zu regelmäßigen Erdbeben führen. Der Sohn der Erbin verliebt sich in die Forscherin und verlässt sie wegen einer jüngeren Freundin. Als die Forscherin nach einer Abtreibung niedergeschossen wird kümmert er sich um sie und sie kommen wieder zusammen.
Mehrere Themen kreuzen das Buch: Seismologie, Abtreibungsgegner, Firmengeschichte eines Chemiekonzern, Machenschaften der Industrie und ein Familiendrama.
Beim Lesen solcher übersetzten Werke habe ich immer das Gefühl nicht den wirklichen Autor zu spüren. Da ist etwas dazwischen: der Übersetzer und vieles geht verloren….
(Wuhan Hinterbrühl, 18.11.2011)
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