Abstract
HESSE, Hermann: „Die Morgenlandfahrt“, Frankfurt 1959
Es ist dies nicht eine physische Reise etwa in den Orient, nein es ist eine geistige Reise. Künstler und Intellektuelle haben sich zusammen gefunden und Hesse versucht die Karawane zu beschreiben. Wobei er hinterfragt, inwieweit man überhaupt etwas beschreiben kann:
„Wer weit gereist, wird oftmals Dinge schauen,
Sehr fern von dem, was er für Wahrheit hielt.
Erzählt er´s dann in seiner Heimat Auen,
So wird ihm oft als Lügner mitgespielt.
Denn das verstockte Volk will ihm nicht trauen,
Wenn es nicht sieht und klar und deutlich fühlt.
Die Unerfahrenheit, ich kann´s mir denken,
Wird meinem Sange wenig Glauben schenken.“
Inwieweit ist es überhaupt wichtig Dinge aufzuschreiben? Wie wichtig sind Dinge im Leben? Das muss ich mich als Tagebuchschreiber auch fragen. Hesse meint, dass es „eine bekannte menschliche Schwäche ist, dass uns ein Gegenstand im Augenblick, wo wir ihn vermissen, übertrieben wertvoll und weniger entbehrlich scheint als jeder, den wir in Händen halten.“
Viele solcher Gedankengänge sind in der Reise ins Morgenland, das nie erreicht wird verpackt und wert gelesen zu werden.
Im Grunde genommen beschreibt Hesse hier gar keine Reise, sondern argumentiert, warum er diese Reise nicht beschreiben kann und gerade mit der Aussage, dass man es nicht in Worte fassen kann vermittelt der das großartige. Obwohl viele seiner Worte und Sätze einmalig sind.
Als er etwa ein Archiv besucht und dieses mit den Worten beschreibt: „Mit jedem neuen Versuch aber begann ich mehr und mehr einzusehen, welche ungehörte Fülle von Material, an Wissen, an magischen Formulierungen dieses Archiv enthalte. Es enthielt, so schien mir, schlechthin die ganze Welt.“ Was würde da Hesse heute zu einer Suchmaschine wie Google sagen? Er kann den Satz beibehalten!
Hesse hadert auch mit sich selbst und dem Schreiben; dem Wiedergeben von Erlebtem: „…ich war zum bersten voll von Bildern, die Filmrolle in meinem Gehirn schien tausend Kilometer lang zu sein – aber als ich am Schreibtisch saß, auf einem Stuhl, an einem Tisch, unter einem Dach, eine Feder in der Hand, … da war das alles ganz unsäglich weit fort, war nur geträumt, hatte zu nichts Beziehung und war nirgends zu fassen.“
(Prishtina, 05.05.2007)
Links
BibTeX (Download)
@book{Hermann2007, title = {Morgenlandschaft}, author = {HESSE Hermann}, year = {2007}, date = {2007-05-05}, abstract = {HESSE, Hermann: „Die Morgenlandfahrt“, Frankfurt 1959 Es ist dies nicht eine physische Reise etwa in den Orient, nein es ist eine geistige Reise. Künstler und Intellektuelle haben sich zusammen gefunden und Hesse versucht die Karawane zu beschreiben. Wobei er hinterfragt, inwieweit man überhaupt etwas beschreiben kann: „Wer weit gereist, wird oftmals Dinge schauen, Sehr fern von dem, was er für Wahrheit hielt. Erzählt er´s dann in seiner Heimat Auen, So wird ihm oft als Lügner mitgespielt. Denn das verstockte Volk will ihm nicht trauen, Wenn es nicht sieht und klar und deutlich fühlt. Die Unerfahrenheit, ich kann´s mir denken, Wird meinem Sange wenig Glauben schenken.“ Inwieweit ist es überhaupt wichtig Dinge aufzuschreiben? Wie wichtig sind Dinge im Leben? Das muss ich mich als Tagebuchschreiber auch fragen. Hesse meint, dass es „eine bekannte menschliche Schwäche ist, dass uns ein Gegenstand im Augenblick, wo wir ihn vermissen, übertrieben wertvoll und weniger entbehrlich scheint als jeder, den wir in Händen halten.“ Viele solcher Gedankengänge sind in der Reise ins Morgenland, das nie erreicht wird verpackt und wert gelesen zu werden. Im Grunde genommen beschreibt Hesse hier gar keine Reise, sondern argumentiert, warum er diese Reise nicht beschreiben kann und gerade mit der Aussage, dass man es nicht in Worte fassen kann vermittelt der das großartige. Obwohl viele seiner Worte und Sätze einmalig sind. Als er etwa ein Archiv besucht und dieses mit den Worten beschreibt: „Mit jedem neuen Versuch aber begann ich mehr und mehr einzusehen, welche ungehörte Fülle von Material, an Wissen, an magischen Formulierungen dieses Archiv enthalte. Es enthielt, so schien mir, schlechthin die ganze Welt.“ Was würde da Hesse heute zu einer Suchmaschine wie Google sagen? Er kann den Satz beibehalten! Hesse hadert auch mit sich selbst und dem Schreiben; dem Wiedergeben von Erlebtem: „…ich war zum bersten voll von Bildern, die Filmrolle in meinem Gehirn schien tausend Kilometer lang zu sein – aber als ich am Schreibtisch saß, auf einem Stuhl, an einem Tisch, unter einem Dach, eine Feder in der Hand, … da war das alles ganz unsäglich weit fort, war nur geträumt, hatte zu nichts Beziehung und war nirgends zu fassen.“ (Prishtina, 05.05.2007) }, keywords = {Geistige Reise, Karawane}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} }