Meister-Erzählungen

BACHMANN, Ingeborg: Meister-Erzählungen. 2018.

Abstract

BACHMANN, Ingeborg: „Meister-Erzählungen“, München 1961
Zwölf Erzählungen von Ingeborg Bachmann, die aus den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts stammen. Ihre ersten Prosaarbeiten. Es sind eigentlich keine normalen Erzählungen, sondern wie der Buchtitel sagt „Meister-Erzählungen“. Geniale Wortspiele und Formulierungen, die auch im Laufe der Zeit nicht an Eindruck und Wert verloren haben.
• „Jugend in einer österreichischen Stadt“
Hier wird Klagenfurt beschrieben. Das Klagenfurt ihrer Kindheits- und Jugendjahre. Den Kriegsjahren und was Kinder so bewegte.
• „Das dreißigste Jahr“
In dieser Geschichte schlüpft Bachmann in die Figur eines Mannes der 30 Jahre alt wird. Wo er zwar von anderen – vor allem älteren - noch als jung bezeichnet wird, aber bei sich selbst doch eine Veränderung sieht. Dass sie es selbst ist verrät sie mit dem Geburtsdatum des Mannes – Juni – und der Übersiedlung nach Rom, so wie sie selbst.
• „Alles“: Ein Kind wird geboren. Das junge Ehepaar verändert ihr Verhalten. Sie entfernen sich geistig. Dem Kind treten sie anders entgegen. Neues wollte man machen und dann wird es so wie bei allen anderen Kindern. Sie wünschten sich – wie wahrscheinlich alle Eltern – ein außergewöhnliches Kind und dann mussten sie feststellen, dass es „nämlich nur ein ganz gewöhnliches Kind“ (Seite 84) wurde.
• Die Geschichte „Unter Mördern und Irren“ spielt nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine Männerrunde findet sich regelmäßig zu einem Treffen im Gasthaus. Bis in die Morgenstunden trinken und reden sie während ihre Frauen traurig alleine – meist bei den Kindern - zu Hause sind. Sie sind unterschiedlich: ehemalige Nazis und Juden. Und trotzdem fanden sie sich zusammen. „Damals, nach 45, habe ich auch gedacht, die Welt sei geschieden, und für immer, in Gute und Böse, aber die Welt scheidet sich jetzt schon wieder und wieder anders.“ (Seite 107) Da saßen Opfer und Täter beisammen. Bachmann schreibt hier einen weisen Satz: „Man ist nicht auf Lebenszeit ein Opfer“ (Seite 110) und das unmittelbar nach den Vorgängen des Deutschen Reichs.
• „Ein Schritt nach Gomorrha“: Eine Beziehungsgeschichte zwischen zwei Frauen. Heute wird über so ein Thema offen geredet. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts ein heikles Thema, dem sich Bachmann stellte.
• „Ein Wildermuth“: Es geht in dieser Erzählung um „Wahrheit“. Wahrheit in allen Details, dargestellt am Leben eines Richters dessen ganzes Leben von diesem Wort beeinflusst wurde. Sein Großvater hatte an der Fassade des Hauses in einem Spruch „Wahrheit“ gefordert. Sein Vater hat es weitergelebt und den Sohn dazu erzogen. Übertriebene, detaillierte Wahrheitsfindung, die ihn als späteren Richter in den Wahnsinn getrieben hat.
• „Undine geht“: Die erste Geschichte des Buches, die aus der Sicht einer Frau erzählt ist, in der sie einen Mann (ihren Mann?) als Ungeheuer beschreibt. Trotzdem findet sie auch positive Eigenschaft beim Mann.
• „Simultan“: Bei einem Kongress in Rom lernt eine Dolmetscherin einen Mann kennen, mit dem sie noch einige Tage ans Meer fährt. Beide stammen aus Wien und finden so einen gemeinsamen Hintergrund.
• „Probleme Probleme“: Eine junge Frau, die ohne Arbeit ist und in einem Zimmer bei Verwandten wohnt. Die meiste Zeit verbringt sie mit schlafen. Sie hat einen 15 Jahre älteren verheirateten Freund, Ihr einziges Vergnügen ist es zum Frisör zu gehen. In der vorliegenden Geschichte geht auch das Erlebnis Frisör daneben.
• „Ihr glücklichen Augen“: Eine Frau, deren Augenkraft nachlässt und immer wieder ihre Brillen verlegt und nicht findet sieht im Verlust des Augenlichts auch etwas Positives: sie muss als die hässlichen und unschönen Dinge nicht sehen. Deswegen nimmt sie oft die Brille nicht mit um davor verschont zu werden, auch wenn sie dadurch so manchen Sturz und Zusammenprall erleidet. Zusätzlich muss sie ansehen, wie sie einen Freund verliert.
• Jede Erzählung führt in ein anderes Milieu und das ist die Genialität von Bachmann: sie zieht den Leser in die jeweilige Umgebung hinein. In der Geschichte „Das Gebell“ ist es eine alte, alleinlebende bescheidene Frau, deren Sohn ein berühmter Mediziner geworden ist. Viele Frauen hatte er, aber mit einer jungen, die er geheiratet hatte verstand sich die alte Frau sehr gut und die Beziehung der beiden Frauen ist das Thema der Geschichte.
• „Drei Wege zum See“: Die international bekannt gewordene und in Paris lebende Tochter kommt heim zu ihrem Vater nach Kärnten. Es ist ein ausruhen und Nachdenken über ihr Leben, das in dieser Erzählung ihren Niederschlag findet.
Jede Geschichte ist anders. Jede erzählt anderes. Jede kommt aus einem anderen Bereich. Ein Buch, dass die Größe von Ingeborg Bachmann wiedergibt und dem Leser ein Lesevergnügen schenkt.

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    •	„Jugend in einer österreichischen Stadt“
    Hier wird Klagenfurt beschrieben. Das Klagenfurt ihrer Kindheits- und Jugendjahre. Den Kriegsjahren und was Kinder so bewegte.
    •	„Das dreißigste Jahr“
    In dieser Geschichte schlüpft Bachmann in die Figur eines Mannes der 30 Jahre alt wird. Wo er zwar von anderen – vor allem älteren - noch als jung bezeichnet wird, aber bei sich selbst doch eine Veränderung sieht. Dass sie es selbst ist verrät sie mit dem Geburtsdatum des Mannes – Juni – und der Übersiedlung nach Rom, so wie sie selbst. 
    •	„Alles“: Ein Kind wird geboren. Das junge Ehepaar verändert ihr Verhalten. Sie entfernen sich geistig. Dem Kind treten sie anders entgegen. Neues wollte man machen und dann wird es so wie bei allen anderen Kindern. Sie wünschten sich – wie wahrscheinlich alle Eltern – ein außergewöhnliches Kind und dann mussten sie feststellen, dass es „nämlich nur ein ganz gewöhnliches Kind“ (Seite 84) wurde. 
    •	Die Geschichte „Unter Mördern und Irren“ spielt nach dem Zweiten Weltkrieg. Eine Männerrunde findet sich regelmäßig zu einem Treffen im Gasthaus. Bis in die Morgenstunden trinken und reden sie während ihre Frauen traurig alleine – meist bei den Kindern - zu Hause sind. Sie sind unterschiedlich: ehemalige Nazis und Juden. Und trotzdem fanden sie sich zusammen. „Damals, nach 45, habe ich auch gedacht, die Welt sei geschieden, und für immer, in Gute und Böse, aber die Welt scheidet sich jetzt schon wieder und wieder anders.“ (Seite 107) Da saßen Opfer und Täter beisammen. Bachmann schreibt hier einen weisen Satz: „Man ist nicht auf Lebenszeit ein Opfer“ (Seite 110) und das unmittelbar nach den Vorgängen des Deutschen Reichs. 
    •	„Ein Schritt nach Gomorrha“: Eine Beziehungsgeschichte zwischen zwei Frauen. Heute wird über so ein Thema offen geredet. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts ein heikles Thema, dem sich Bachmann stellte.
    •	„Ein Wildermuth“: Es geht in dieser Erzählung um „Wahrheit“. Wahrheit in allen Details, dargestellt am Leben eines Richters dessen ganzes Leben von diesem Wort beeinflusst wurde. Sein Großvater hatte an der Fassade des Hauses in einem Spruch „Wahrheit“ gefordert. Sein Vater hat es weitergelebt und den Sohn dazu erzogen. Übertriebene, detaillierte Wahrheitsfindung, die ihn als späteren Richter in den Wahnsinn getrieben hat.
    •	„Undine geht“: Die erste Geschichte des Buches, die aus der Sicht einer Frau erzählt ist, in der sie einen Mann (ihren Mann?) als Ungeheuer beschreibt. Trotzdem findet sie auch positive Eigenschaft beim Mann.
    •	„Simultan“: Bei einem Kongress in Rom lernt eine Dolmetscherin einen Mann kennen, mit dem sie noch einige Tage ans Meer fährt. Beide stammen aus Wien und finden so einen gemeinsamen Hintergrund.
    •	„Probleme Probleme“: Eine junge Frau, die ohne Arbeit ist und in einem Zimmer bei Verwandten wohnt. Die meiste Zeit verbringt sie mit schlafen. Sie hat einen 15 Jahre älteren verheirateten Freund, Ihr einziges Vergnügen ist es zum Frisör zu gehen. In der vorliegenden Geschichte geht auch das Erlebnis Frisör daneben.
    •	„Ihr glücklichen Augen“: Eine Frau, deren Augenkraft nachlässt und immer wieder ihre Brillen verlegt und nicht findet sieht im Verlust des Augenlichts auch etwas Positives: sie muss als die hässlichen und unschönen Dinge nicht sehen. Deswegen nimmt sie oft die Brille nicht mit um davor verschont zu werden, auch wenn sie dadurch so manchen Sturz und Zusammenprall erleidet. Zusätzlich muss sie ansehen, wie sie einen Freund verliert.
    •	Jede Erzählung führt in ein anderes Milieu und das ist die Genialität von Bachmann: sie zieht den Leser in die jeweilige Umgebung hinein. In der Geschichte „Das Gebell“ ist es eine alte, alleinlebende bescheidene Frau, deren Sohn ein berühmter Mediziner geworden ist. Viele Frauen hatte er, aber mit einer jungen, die er geheiratet hatte verstand sich die alte Frau sehr gut und die Beziehung der beiden Frauen ist das Thema der Geschichte.
    •	„Drei Wege zum See“: Die international bekannt gewordene und in Paris lebende Tochter kommt heim zu ihrem Vater nach Kärnten. Es ist ein ausruhen und Nachdenken über ihr Leben, das in dieser Erzählung ihren Niederschlag findet.
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