Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen

Guy de MAUPASSANT: Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen. 2021.

Abstract

MAUPASSANT, Guy de: „Mademoiselle Fifi. Die schönsten Novellen“, Wiesbaden 2017
300 Novellen hat Maupassant in seinem Leben geschrieben. 20 befinden sich im vorliegenden Buch. Die erste gab dem Buch den Titel. Fifi ist ein Offizier. Die Geschichte spielt im 19. Jahrhundert. Preußen hat Frankreich besetzt und die preußischen Soldaten – hier in der Normandie – gebärden sich als Wüstlinge. Wohnen in einem Schloss und zerstören vieles. Den Offizieren ist langweilig und sie holen sich aus der Stadt Huren, mit denen sie zuerst Abendessen. Alle sind dann betrunken. Die Soldaten führen patriotische Sprüche und sprechen von ihrer Unterwerfung Frankreichs. Als sie dann auch riefen, dass alle französische Frauen ihnen gehören, wurde eine der Huren aggressiv. Sie sei keine Frau, sondern eine Hure und die Frauen gehören den Franzosen und nicht den Deutschen. Im Zuge dieses Gefechts ergriff sie ein Messer und stach dem Offizier Fifi, der das große Wort führte in den Hals. Sie selbst flüchtete mit einem Sprung aus dem Fenster und der Offizier verstarb wenig später. Der Kommandant sendete alle Soldaten aus, um die entflohene Hure zu finden. Sie bedrohten sich aber nur selbst und es gab bei der Suche Tote und Verletzte aus den eigenen Reihen. Die Hure war unauffindbar. Am Schluss der Geschichte stellt sich heraus, dass die Hure vom Pfarrer im Glockenturm versteckt wurde. Eine Geschichte über das unrühmliche Verhalten von Soldaten, wenn sie die Sieger sind.
Duchaux – die zweite Novelle – stellt einen Baron dar, der ein überzeugter Single ist. Er dachte nie an Heirat, da „dieses fürchterliche Dasein zu zweien, in dem Mann und Frau, da sie immer beieinander sind, sich allmählich so genau kennen, dass sie kein Wort mehr sagen können, das der andere nicht schon vorher weiß, wobei sie keine Bewegung machen können, die der andere nicht voraussieht, nichts mehr denken, wünschen, urteilen können, das der andere nicht schon vorher ahnt.“ (Seite 23) Im Alter fühlt er aber die Einsamkeit. Er hat einen unehelichen Sohn den er aufsucht, ohne sich erkennen zu geben. Der Sohn ist Immobilienmakler und er gibt vor ein Grundstück am Meer kaufen zu wollen. Enttäuscht sieht er, was aus dem Sohn mit seiner Familie geworden ist und er fährt nach Paris zurück, um sein bisheriges Leben fortzusetzen.
Dann folgen zwei nette Liebesgeschichten. In einer wirft der Mann seiner Geliebten vor, mit ihrem Reden die Liebe zu zerstören. In der zweiten war die Geliebte gestorben. Er verbringt eine Nacht am Grab. Um Mitternacht stehen alle Toten aus ihren Gräbern und ändern die Texte am Grabstein. Die Geliebte löschte die ursprüngliche Zeile „Sie liebte, ward geliebt und starb“ und ersetzt sie mit „Eines Tages ging sie aus, um ihren Geliebten zu hintergehen, erkältete sich bei Regenwetter und starb.“
In der Geschichte „Der Kleine“ wird gezeigt, wie es einem Mann ergeht, dessen Frau bei der Geburt des Sohnes stirbt und er Alleinerzieher wird, um später zu erfahren, dass der Sohn nicht seiner ist, sondern der Vater sein Freund ist.
Die längste Geschichte in diesem Buch ist das „Dickchen“. Eine Kutsche verlässt mit Flüchtlingen das von den deutschen Truppen besetzte Rouen in Richtung Westen; weg von den Besatzern. In einer Nacht auf der Flucht fallen sie wieder Deutschen in die Hände. Der zuständige Offizier hält sie so lange fest, bis die mitreisende junge Frau – das Dickchen – ihm Liebesdienste leistet. Ein interessanter Diskurs.
Die Novelle „Das Geständnis“ ist ein Testament, das der Vater seinen Kindern hinterlässt und in dem er ein früheres Verhältnis und den Mord seines unehelichen Sohnes gesteht.
„Der Schnurrbart“ ist ein Brief einer Frau an ihre Freundin, wo sie beschreibt wie unmännlich ihr Mann aussieht, nachdem er sich seinen Schnurrbart abrasiert hatte. „.. lass dich niemals von einem Mann ohne Schnurrbart küssen. Die Küsse haben gar keinen Geschmack, nicht mehr dieses Reizende, dieses durch Mark und Bein gehende, … Der Schnurrbart ist die Würze des Kusses. Denk dir, dass man dir auf die Lippen ein Stück trockenes Pergament – oder auch feuchtes – legt. Da hast du den Kuss eines schnurrbartlosen Mannes. Er lohnt wirklich nicht der Mühe.“ (Seite 113)
Der Vater einer Bäuerin liegt im Sterben. Es ist aber viel Arbeit am Bauernhof. Sie entschließen sich das Begräbnis auf einen Sonntag zu legen, damit sie keine Arbeitszeit verlieren. Leute werden zum Begräbnis eingeladen, aber der Alte lebt noch …
In „Rogers Mittel“ gibt der Autor Tipps, wie man dem Versagen in der Hochzeitsnacht begegnen kann.
Zum Thema „Träume“ rät ein Arzt seinen Freunden nicht ein Rauschgift, sondern Äther zu nehmen.
„Onkel Jules“ ist mit der Erbschaft seines Bruders nach Amerika abgehauen. Er schreibt reich zu sein und die Schuld zurückzuzahlen. Die Familie des Bruders hofft, aber auf einem Fährschiff entdecken sie ihn als verarmten Matrosen.
Maupassant kann Details sehr genau schildern. So auch den Zwist eines Ehepaares, das sich bei einem Spaziergang verlaufen hatte (in „Erinnerung“). Eine ähnliche Beziehungsgeschichtenanalyse liefert die Novelle „Die Probe“.
Viele Themen nehmen Bezug auf die Besetzung Frankreichs von den Deutschen. Mit Mutter Sauvage wird eine mutige Bäuerin vorgestellt, die, nachdem sie die Verständigung bekam, dass ihr einziger Sohn im Krieg gefallen war, ihr Haus, in dem vier deutsche Soldaten untergebracht waren, anzündete. Die deutschen Soldaten verbrannten. Sie stand zu ihrer Tat und wurde erschossen.
Jeder hatte es schon und konnte nicht schlafen. Maupassant beschreibt es sehr ausführlich und detailliert in der Novelle „Der Horla“.
In einer aristokratischen Familie liegt der Bruder der Frau im Sterben. Er hatte sich der Kirche abgewandt und wohnte mit Dirnen zusammen. „Als ehemaliger Pair von Frankreich, einstiger Kavallerieoberst, glaubte er, wie behauptet wurde, weder an Gott noch Teufel.“ (Seite 203) Für die Familie wäre es eine Schande gewesen, wenn er ohne letzte Ölung gestorben wäre. Aber man schaffte es, auch wenn nicht sicher war, ob er bei der heiligen Handlung nicht schon tot war und so nicht mehr widersprechen konnte.
In der Geschichte „Liebe“ erwartet man eine Liebesbeziehung. Tatsächlich handelt es sich aber um Enten. Als die Jagdgesellschaft das Weibchen abgeschossen hatte, flog das Männchen nicht weiter, bis man auch dieses erschossen hatte.
In der letzten Geschichte steht ein Dienstmädchen vor Gericht, das ihr Kind nach der Geburt ermordet und im Garten vergraben hat. Nach ihrer Schilderung des Hergangs wurde sie freigesprochen.
Maupassant gibt mit allen seinen Geschichten einen sehr guten Einblick in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Frankreich. Patriotisch schwingt auch durch, wie die Gesellschaft unter der deutschen Besatzung litt. Ein sehr gutes Zeitzeugnis Frankreichs.

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    300 Novellen hat Maupassant in seinem Leben geschrieben. 20 befinden sich im vorliegenden Buch. Die erste gab dem Buch den Titel. Fifi ist ein Offizier. Die Geschichte spielt im 19. Jahrhundert. Preußen hat Frankreich besetzt und die preußischen Soldaten – hier in der Normandie – gebärden sich als Wüstlinge. Wohnen in einem Schloss und zerstören vieles. Den Offizieren ist langweilig und sie holen sich aus der Stadt Huren, mit denen sie zuerst Abendessen. Alle sind dann betrunken. Die Soldaten führen patriotische Sprüche und sprechen von ihrer Unterwerfung Frankreichs. Als sie dann auch riefen, dass alle französische Frauen ihnen gehören, wurde eine der Huren aggressiv. Sie sei keine Frau, sondern eine Hure und die Frauen gehören den Franzosen und nicht den Deutschen. Im Zuge dieses Gefechts ergriff sie ein Messer und stach dem Offizier Fifi, der das große Wort führte in den Hals. Sie selbst flüchtete mit einem Sprung aus dem Fenster und der Offizier verstarb wenig später. Der Kommandant sendete alle Soldaten aus, um die entflohene Hure zu finden. Sie bedrohten sich aber nur selbst und es gab bei der Suche Tote und Verletzte aus den eigenen Reihen. Die Hure war unauffindbar. Am Schluss der Geschichte stellt sich heraus, dass die Hure vom Pfarrer im Glockenturm versteckt wurde. Eine Geschichte über das unrühmliche Verhalten von Soldaten, wenn sie die Sieger sind. 
    Duchaux – die zweite Novelle – stellt einen Baron dar, der ein überzeugter Single ist. Er dachte nie an Heirat, da „dieses fürchterliche Dasein zu zweien, in dem Mann und Frau, da sie immer beieinander sind, sich allmählich so genau kennen, dass sie kein Wort mehr sagen können, das der andere nicht schon vorher weiß, wobei sie keine Bewegung machen können, die der andere nicht voraussieht, nichts mehr denken, wünschen, urteilen können, das der andere nicht schon vorher ahnt.“ (Seite 23) Im Alter fühlt er aber die Einsamkeit. Er hat einen unehelichen Sohn den er aufsucht, ohne sich erkennen zu geben. Der Sohn ist Immobilienmakler und er gibt vor ein Grundstück am Meer kaufen zu wollen. Enttäuscht sieht er, was aus dem Sohn mit seiner Familie geworden ist und er fährt nach Paris zurück, um sein bisheriges Leben fortzusetzen.
    Dann folgen zwei nette Liebesgeschichten. In einer wirft der Mann seiner Geliebten vor, mit ihrem Reden die Liebe zu zerstören. In der zweiten war die Geliebte gestorben. Er verbringt eine Nacht am Grab. Um Mitternacht stehen alle Toten aus ihren Gräbern und ändern die Texte am Grabstein. Die Geliebte löschte die ursprüngliche Zeile „Sie liebte, ward geliebt und starb“ und ersetzt sie mit „Eines Tages ging sie aus, um ihren Geliebten zu hintergehen, erkältete sich bei Regenwetter und starb.“
    In der Geschichte „Der Kleine“ wird gezeigt, wie es einem Mann ergeht, dessen Frau bei der Geburt des Sohnes stirbt und er Alleinerzieher wird, um später zu erfahren, dass der Sohn nicht seiner ist, sondern der Vater sein Freund ist.
    Die längste Geschichte in diesem Buch ist das „Dickchen“. Eine Kutsche verlässt mit Flüchtlingen das von den deutschen Truppen besetzte Rouen in Richtung Westen; weg von den Besatzern. In einer Nacht auf der Flucht fallen sie wieder Deutschen in die Hände. Der zuständige Offizier hält sie so lange fest, bis die mitreisende junge Frau – das Dickchen – ihm Liebesdienste leistet. Ein interessanter Diskurs.
    Die Novelle „Das Geständnis“ ist ein Testament, das der Vater seinen Kindern hinterlässt und in dem er ein früheres Verhältnis und den Mord seines unehelichen Sohnes gesteht.
    „Der Schnurrbart“ ist ein Brief einer Frau an ihre Freundin, wo sie beschreibt wie unmännlich ihr Mann aussieht, nachdem er sich seinen Schnurrbart abrasiert hatte. „.. lass dich niemals von einem Mann ohne Schnurrbart küssen. Die Küsse haben gar keinen Geschmack, nicht mehr dieses Reizende, dieses durch Mark und Bein gehende, … Der Schnurrbart ist die Würze des Kusses. Denk dir, dass man dir auf die Lippen ein Stück trockenes Pergament – oder auch feuchtes – legt. Da hast du den Kuss eines schnurrbartlosen Mannes. Er lohnt wirklich nicht der Mühe.“ (Seite 113)
    Der Vater einer Bäuerin liegt im Sterben. Es ist aber viel Arbeit am Bauernhof. Sie entschließen sich das Begräbnis auf einen Sonntag zu legen, damit sie keine Arbeitszeit verlieren. Leute werden zum Begräbnis eingeladen, aber der Alte lebt noch …
    In „Rogers Mittel“ gibt der Autor Tipps, wie man dem Versagen in der Hochzeitsnacht begegnen kann.
    Zum Thema „Träume“ rät ein Arzt seinen Freunden nicht ein Rauschgift, sondern Äther zu nehmen. 
    „Onkel Jules“ ist mit der Erbschaft seines Bruders nach Amerika abgehauen. Er schreibt reich zu sein und die Schuld zurückzuzahlen. Die Familie des Bruders hofft, aber auf einem Fährschiff entdecken sie ihn als verarmten Matrosen. 
    Maupassant kann Details sehr genau schildern. So auch den Zwist eines Ehepaares, das sich bei einem Spaziergang verlaufen hatte (in „Erinnerung“). Eine ähnliche Beziehungsgeschichtenanalyse liefert die Novelle „Die Probe“.
    Viele Themen nehmen Bezug auf die Besetzung Frankreichs von den Deutschen. Mit Mutter Sauvage wird eine mutige Bäuerin vorgestellt, die, nachdem sie die Verständigung bekam, dass ihr einziger Sohn im Krieg gefallen war, ihr Haus, in dem vier deutsche Soldaten untergebracht waren, anzündete. Die deutschen Soldaten verbrannten. Sie stand zu ihrer Tat und wurde erschossen.
    Jeder hatte es schon und konnte nicht schlafen. Maupassant beschreibt es sehr ausführlich und detailliert in der Novelle „Der Horla“.
    In einer aristokratischen Familie liegt der Bruder der Frau im Sterben. Er hatte sich der Kirche abgewandt und wohnte mit Dirnen zusammen. „Als ehemaliger Pair von Frankreich, einstiger Kavallerieoberst, glaubte er, wie behauptet wurde, weder an Gott noch Teufel.“ (Seite 203) Für die Familie wäre es eine Schande gewesen, wenn er ohne letzte Ölung gestorben wäre. Aber man schaffte es, auch wenn nicht sicher war, ob er bei der heiligen Handlung nicht schon tot war und so nicht mehr widersprechen konnte. 
    In der Geschichte „Liebe“ erwartet man eine Liebesbeziehung. Tatsächlich handelt es sich aber um Enten. Als die Jagdgesellschaft das Weibchen abgeschossen hatte, flog das Männchen nicht weiter, bis man auch dieses erschossen hatte.
    In der letzten Geschichte steht ein Dienstmädchen vor Gericht, das ihr Kind nach der Geburt ermordet und im Garten vergraben hat. Nach ihrer Schilderung des Hergangs wurde sie freigesprochen.
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