Ich lese viel und schreibe bei vielen Büchern eine Rezension, die hier veröffentlicht ist. Ich schreibe solche Kritiken auch für mehrere Verlage und deren Bücher. |
Suche in der Lesestoffsammlung 1. KLEMM, Gertraud Einzeller Buch 2023. @book{KLEMM2023, KLEMM, Gertraud: „Einzeller“, Wien 2023 Eigentlich hatte sie eine Trilogie zum Thema Feminismus geplant. Aber dann kam Corona und vieles wurde anders. So auch ihr Schreiben und das Ergebnis wurde kleiner: der vorliegende Roman „Einzeller“. Klemm unterscheidet zwischen „Netzfeminismus“ und „Alltagsfeminismus“. Diskussionen in sozialen Medien sind für sie abgehoben und nicht Realität. In diesem Buch versucht sie Situationen zu schildern, die am Alltag hängen. Sie nennt das „Gummistiefel-Feminismus“. Zu diesem Thema fühlt sie sich als zur „Brückengeneration“ gehörend berufen. Vorangegangene Generationen sind anders damit umgegangen als heutige. Sie, als 1971 geborene, stehe da zwischen diesen beiden Weltanschauungen. Es geht um eine Wohngemeinschaft – WG – von fünf unterschiedlichen Frauen. Geschrieben ist die Erzählung aus der Perspektive von zwei Personen: der 24-jährigen Lilly und der 60-jährigen Simone. Aus der Unterschiedlichkeit der Personen ergibt sich ein Spannungsfeld, das Einblick in die Szene der Feministinnen gibt. Irgendwie ist das Buch schon männerfeindlich. Und doch wieder nicht: die älteste der WG, Simone, hat einen Freund. Einen Minister den sie aus Jugendtagen kennt. Er stammt aus einer Bauernfamilie und hat sich innerhalb der Partei bis zum Minister hochgearbeitet. Sie trifft sich regelmäßig mit ihm in einer kleinen geheimen Wohnung. Sie haben Sex mitsammen, er ist aber auch ein Gesprächspartner und Ratgeber für sie. Er ist ein Konservativer und trotzdem schätzt sie ihn. Er hat eine Vorzeigefamilie und obwohl sie von der politischen Einstellung anders ist, tauschen sie sich aus und schätzen einander. Die Jüngste – Lilly – verlässt bald die WG und siedelt zu einer anderen WG. Ihre WG hat sich vertraglich für eine Talkshow verpflichtet. Es wird in ihrer Wohnung gefilmt. Simone ist die Älteste und der Profi unter ihnen. Sie organisiert viele Aktionen für die Freiheit der Frauen. Nicht alle goutieren das. Simone hat viele Feinde im Netz und bekommt viele Hasspostings. Im Zweiten Teil des Buches kippt die Szene. Lilly wird schwanger und geht eine normale Ehe ein, bei er es auch zu Zwist und Schlägerei mit dem Partner kommt. Sie bekommt das Baby und verlobt sich mit ihrem Freund, der eigentlich der beste Freund ihres Freundes war. Simone bekommt noch einen Preis als erfolgreiche und aktive Feministin. Viele beneiden sie dafür. Andere hassen sie noch mehr. Sie aber hat beschlossen auszusteigen und ein ruhiges Leben ohne feministisches Engagement zu beginnen. Sie besucht ihre Tochter in Berlin und kommt zur Preisverleihung nach Wien zurück, wo sie vorher noch ein exklusives Interview hat. Beim Verlassen des Studios wird sie von Unbekannten niedergeschlagen. Sie wird in Tiefschlaf versetzt, verstirbt aber. Das Begräbnis ist das Ende des Buchs. Der erste Teil ist extrem feministisch und man erfährt als Leser, wie diese Frauen ticken. Im zweiten Teil dann fast ein Happy End, das zwar mit dem Tod von Simone endet, aber doch eine Umkehr der zwei Hauptperson brachte. Neue Generationen übernehmen das Gebiet. 2. HALLER, Günther Die Welt Chinas Booklet 2023. @booklet{HALLER2023, Die Presse (Hg): „Die Welt Chinas“, Wien 2022 In der Booklet-Reihe „Geschichte“ erschien der Band über China. Eine sehr systematisch aufbereitete und leicht lesbare Geschichte über China. Es werden alle Dynastien vorgestellt, wobei die erste, die Qin Dynastie, dem Land den Namen – China – gab und die vielen kleinen Fürstentümer friedlich vereinte. Es entstand das riesige Reich, das man mit jenen der Römer oder dem von Alexander dem Großen vergleichen kann. Der Kaiser Qin Shi Huangdi war Gott gleichgestellt. Der Name heißt „Erster Erhabener Gotteskaiser von Qin“. Daraus leitet sich auch ab, dass er nicht an ein Land gebunden ist, sondern weltweit als Gott Anspruch auf Ländereien besitzt. Er führte Gewichtsmaße, eine einheitliche Schrift ein und begann mit dem Bau der „chinesischen Mauer“, die eine Trennung zu den Nomaden – Barbaren – war. Die nachfolgende Han-Dynastie zentralisierte das Reich und teilte es in Provinzen ein, die mit einem ausgeklügelten Beamtensystem regiert wurden. Über die Seidenstraße entstand Handel mit der restlichen Welt. Viele Erfindungen, wie die des Papiers, stammen aus dieser Zeit. Immer wieder kam es zu Veränderungen, Streitereien und neue Herrscher versuchten eine Vereinigung. Erst 1912 wurde das Kaiserreich gestürzt. China war durch ausländische Kräfte geschwächt worden. Es kam zum Bürgerkrieg zwischen Nationalisten und Kommunisten und im Zweiten Weltkrieg zu Eingriffen der Japaner. Millionen Menschen starben in diesen Kriegen. Mao Zedong profitierte vom Bürgerkrieg und gründete die Volksrepublik China. Viele seiner Experimente hatten verheerende Auswirkungen. Er sagte etwa „Revolution ist keine Dinnerparty. Sie kann nicht elegant und sanft durchgeführt werden.“ Im Kapitel „Der Ritt auf dem Tiger“ wird die Reform von Deng Xiaoping, die den Aufstieg des Landes zur heutigen Macht brachte, beschrieben. Außenpolitische Annäherungen folgten. Innenpolitisch kam es zum Konflikt mit Tibet, der noch heute anhält, obwohl allen Minderheiten viele Sonderrechte eingeräumt werden. So wird in diesem Booklet auch die Rolle Taiwans und Hongkongs abgehandelt. Der letzte Abschnitt befasst sich mit dem globalen Machtanspruch von Präsident Xi-Jinping. Auf etwa 100 Seiten wird so die Geschichte Chinas mit seinen Hintergründen dokumentiert. 3. HÜLMBAUER, Cornelia Oft Manchmal Nie Buch 2023. @book{HÜLMBAUER2023, HÜLMBAUER, Cornelia: „Oft Manchmal Nie“, Salzburg Wien 2023 Ein köstliches Buch. Vieles erinnert an die eigene Kindheit und Jugend. Wobei der Unterschied zwischen Stadt und Land zum Vorschein kommt. Am Land kam so manches später. Cornelia Hülmbauer beschreibt in ihrem Buch Momentaufnahmen aus ihrer Kindheit und Jugend am Land. Das Leben im Elternhaus. Einem Mechanikerbetrieb. Es sind Gedächtnisbilder, die aber die Realität sehr schön ausdrücken. Zeitzeugnisse für die Zukunft und nächste Generationen. Würde Peter Rosegger heute leben, würde er so schreiben wie Cornelia Hülmbauer. Auch er hätte, so wie sie, alle Wörter klein geschrieben. Es ist zu hoffen, dass es in Zukunft noch mehr von dieser Autorin zum Lesen geben wird. Die Erzählungen des Buches enden, als sie mit einem Studium begann. 4. KLAR, Elisabeth Es gibt uns Buch 2023. @book{KLAR2023, KLAR, Elisabeth: „Es gibt uns“, Salzburg Wien 2023 Es ist eine Theateraufführung in einem Schloss. Wie es so viele Festivals gibt. Dieses Buch ist aber nicht ein Theaterstück, sondern die Beschreibung einer Theateraufführung. Die Darsteller sind seltene Figuren. Es wird eine Welt beschrieben und gespielt, die aus tierischen und pflanzlichen Mischwesen besteht. Es geht hier viel um Schmerz, Leid, um Tumore und eine Seuche, aber trotzdem wird gefeiert und getanzt. „Komplexes Leben ist im Niedergang, schon seit langer Zeit. Der Schleim hingegen, ja der Schleim … der Schleim wird siegen, wo wir verlieren.“ Es ist ein Utopie Roman, der in der Stadt Anemos, einer apokalyptischen Stadt, die verstrahlt ist spielt. In ihr leben diese Mischwesen. Damit sie überleben können, brauchen sie die Leuchtqualle Oberon. Sie stellt sicher, dass die Wasserversorgung für die Stadt funktioniert. Titania organisierte große Feste. Bei so einem Fest stirbt Oberon bei einem Liebesspiel. Ein kleines Schleimtierchen – Müxerl – übernimmt seinen Job. Die Parole ist „Was du kaputt machst, musst du richten.“ Indirekt versucht Elisabeth Klar zu hinterfragen, welche Gesetze, welche Regeln eine Gesellschaft braucht, um widrige Umstände zu überstehen. 5. MÜNKLER, Herfried Strategie ! Von der Kunst, mit Ungewissheit umzugehen Booklet 2023. @booklet{MÜNKLER2023, MÜNKLER, Herfried: „Strategie ! Von der Kunst, mit Ungewissheit umzugehen“, Zürich 2023 Regelmäßig lässt die Vontobel Stiftung in Zürich Wissenschaftler und Schriftsteller im Rahmen einer Schriftenreihe (Broschüren) zu Wort kommen. Im März 2023 zum Thema Strategie. Unter den derzeitigen Verhältnissen mit Russland wird zu Beginn gleich das Vorgehen Putins besprochen und dass es durch solche unvorhergesehenen Vorfällen – so auch COVID19 – zu keiner sicheren Zukunftsplanung kommen kann. „Die Planungseuphorie der 1960er und 1970er Jahre ist schon länger vorbei.“ (Seite 6) Der Autor erinnert auch daran, dass der Begriff „Strategie“ im Militärbereich entwickelt wurde und erst später in der Wirtschaft und Politik übernommen wurde. Im Zuge der politischen und gesellschaftlichen Resilienz sind Analysen von Bedrohungen nicht mehr ausreichend. Das Sicherheitssystem kann nicht an Experten ausgelagert werden. Strategie wird aus der Sicht verschiedener Kulturen und Zeiten beschrieben. Beginnend in der griechischen Klassik bei Homer und Thukydides, aus denen heraus Machiavelli und Clausewitz ihre Theorien abgeleitet haben. Beide waren eng mit dem Militär verbunden: Machiavelli war mit der Neuorganisation des Florentiner Militärwesens befasst und Clausewitz war sein ganzes Leben lang Soldat. In Asien dagegen entwickelten Zivilisten die Strategie weiter und auch in der heutigen Wirtschaft haben asiatische Unternehmen einen anderen, friedlicheren Zugang zum Begriff Strategie. Auf Staatsebene wird von der „Grand Strategy“ gesprochen. Das bedeutet, dass der Staat frei entscheiden kann. Diese kann sich militärisch mit einer Gebietserweiterung des eigenen Landes befassen oder sich als Friedensvermittler in anderen Ländern einmischen. Oft hat dieses „Einmischen“ aber das Ziel Einfluss zu bekommen. So hatte sich die Sowjetunion in Afghanistan, Großbritannien bei den Falkland Inseln und die USA im Irak engagieren. In den westlichen Demokratien hat aber die militärische Strategie an Bedeutung verloren. Man bedient sich mehr der wirtschaftlichen und ideologischen Macht. Humanitär motivierte militärische Interventionen haben in den letzten Jahrzehnten aber nie zum Erfolg geführt. Der Balkan, Syrien, Nordafrika, die Sahelzone sind alles gescheiterte Missionen. Aus dem westlichen Denken heraus, kam es zunehmend zu Wirtschaftssanktionen, bei denen die Politik sich weitgehend auf „symbolisches Handeln beschränkt, bei dem man eigene wirtschaftliche Nachteile in Kauf nimmt, ohne dass dem ein erkennbares Einwirken auf der anderen Seite gegenübersteht.“ (Seite 45) Die in der Zeit von 2014 bis 2021 verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland hatten nichts bewirkt. Im Gegenteil: Russland wurde mehr und mehr in die Arme Chinas getrieben, was für den Westen längerfristig sehr viel bedrohlicher ist. Das Modell, des Friedenschaffens mit immer weniger Waffen ist kläglich gescheitert. Die Folge davon ist eine Rückkehr zu mehr Bedeutung militärischer Kräfte. 6. Franzobel, Einsteins Hirn Buch 2023. @book{Franzobel2023, Franzobel: „Einsteins Hirn“, Wien 2023 Der Titel signalisiert Einstein, aber praktisch ist es eine Biografie des Pathologen Thomas Harvey. Einstein starb 1955 in einem kleinen Spital in New Jersey. Thomas Harvey führte auf Anweisung der Spitalsdirektion eine Obduktion durch. Dabei kam er auf die Idee, sich das Hirn des Wissenschaftlers zu behalten. Der Leichnam Einsteins wurde verbrannt und seine Asche von einer Verwandten an einem unbekannten Ort verstreut. Der ursprüngliche Ansatz des Pathologen war es, im Hirn Einsteins seine Genialität nachweisen zu können. Dazu fehlte ihm aber die Ausbildung. Über 40 Jahre ist dieses Hirn an seiner Seite, ohne dass es zu wissenschaftlichen Erkenntnissen kommt. Wie gesagt: das Buch ist eine Biografie des Pathologen Thoms Harvey, der wegen seines intensiven Bezugs zum Hirn, das mit ihm auch redete, mehrere gescheiterte Ehen hatte. Immer wieder war die Eifersucht zum Hirn der Scheidungsgrund. Harvey übersiedelte sehr oft in „Kleinstädte, die es nie in einen Reiseführer schafften, weil es dort nichts gab das eine Erwähnung lohnte, nichts, womit man Touristen locken konnte.“ (Seite 364) Immer wieder begann er mit einem neuen Job. Viele Aushilfsarbeiten übernahm er, bis er schließlich Landarzt in einer kleinen Gemeinde wurde. Aber auch hier ereilte ihn die Trennung von der Ehefrau. Letztlich verlor er auch seine Arztlizenz und musste als bald 80-jähriger als Hilfsarbeiter Geld. Geld, das er für Zahlungen an seine geschiedenen Frauen und Kinder brauchte. Verarmt lebte er am Schluss in einem stationären Wohnwagen. „Im Dauercampingplatz lebten Leute, denen die Armut bis zur Unterkante der Oberlippe stand: kinderreiche Einwanderer, Alkoholiker, Verrückte. Es gab dreizehnjährige Mütter, die sich für zwei Dollar prostituierten, mexikanische Crackdealer und greise Hippies. Für die meisten die letzte Station vor der Obdachlosigkeit.“ (Seite 500) Zum 41. Todestag Einsteins brachte er das Hirn in jenes kleine Krankenhaus in New Jersey, in dem Einstein verstorben war. Harvey war ein gläubiger Mensch und aktiver Quäker. Da er mit dem Hirn reden konnte, versuchte er Einstein zum Glauben zu bekehrten. Das Hirn lehnte aber Religionen ab, weil alles wissenschaftlich begründbar sei. Dieser Diskurs zieht sich im Hintergrund durch das ganze Buch. „Da das Universum vor dreizehn Komma irgendetwas Milliarden Jahren entstanden ist, stellt sich die Frage, wo war Gott davor? Wenn Gott ein Teil des Universums ist, ist auch er endlich. Oder ist er außerhalb?“ (Seite 431) Viele Fragen und Diskussionen, die zu keinem Ergebnis führen. Das Hirn wird mit verschiedensten Religionen konfrontiert. Es kommt aber zu keiner Annäherung. Das Ende der Kommunikation tritt erst ein, als eine Formel preisgegeben wird, die der Pathologe von einer Ex-Freundin Einsteins in Russland besorgt hatte. Dann entschied er sich, das Hirn wegzugeben, aber niemand wollte es. „Die Laboratorien waren mehr an Hirnen von kriminellen interessiert.“ (Seite 528) Der Roman mit über 500 Seiten hat viele Lesegenüsse zu bieten, etwa wenn Franzobel den Beruf des Pathologen beschreibt: „Pathologe ist wie Pianist in einem Bordell. Sie können noch so hervorragend spielen, es kommt trotzdem niemand wegen der Musik.“ (Seite 61) Oder wenn er die negativen Seiten des Fortschritts anhand des Menschen definiert und sagt „dass der Grund vieler Erkrankungen im aufrechten Gang begründet liegt. … Krampfadern, Hämorrhoiden, Sodbrennen, Meniskus, Hüftabnützung. Hätten unsere Vorfahren nicht entschieden, den Kopf höher zu tragen, wären uns viele Zivilisationskrankheiten erspart geblieben …“ (Seite 110) „Der Mensch ist eine Fehlkonstruktion – zu enger Gebärkanal, Haltungsschäden, schlechte Zähne. Selbst der ärgste Dilettant hätte das besser hinbekommen als Gott.“ (Seite 180) In den einzelnen Abschnitten wird immer wieder Bezug auf das Weltgeschehen genommen. Etwa der Ermordung Kennedys, das Ende der Beatles, Jimi Hendrix Tod und dass 1978 ein Pole Papst wurde und in Persien Muslime die Regierung übernahmen. Einsteins Leben ist in diesem Roman nur Hintergrundmusik. Durch den Kontakt des Pathologen mit Verwandten Einsteins und durch Gespräche mit dem Hirn werden nur einzelne Lebensabschnitte beschrieben. Als Autor ist Franzobel auch selbstkritisch, wenn er meint Theater ist „etwas für Leute, die zu faul zum Lesen sind, lauter Stoffe, die zu schlecht sind für Verfilmungen.“ (Seite 457) Thomas Harvey wurde 85 Jahre alt und verbrachte beinahe sein halbes Leben mit Hirn. Er hatte seine Ehen, seine Kinder, seine Freundschaften, alles dem Hirn untergeordnet. Der Dichter Franzobel widmete ihm mit diesem Buch ein Denkmal. 7. SCHLICK, Christoph Was meinem Leben echten Sinn gibt Buch 2023. @book{SCHLICK2023, SCHLICK, Christoph: „Was meinem Leben echten Sinn gibt. Die wichtigsten Lebensfragen klären“, München 2017 Zuerst einige Worte zum Autor: für den Familienbetrieb als Nachfolger in der Rechtsanwaltskanzlei vorgesehen ging er ins Kloster und war über 20 Jahre Benediktinermönch. Danach begann er ein neues Leben, heiratete und bekam ein Kind. Die Frau war zwar mit Zwillingen schwanger, aber eines starb, das andere war behindert. Nach einigen Jahren beging die Frau Selbstmord. Jahre später heiratete er wieder und ist heute als Unternehmensberater und Coach tätig. Mit so vielen negativen Lebenserfahrungen rechnet man nicht mit einem positiven Menschen. Ich erlebte ihn bei einem Vortrag und er war motivierend und strahlte Positives aus. Viele Menschen kommen erst am Ende ihres Lebens darauf, über ihr Sein nachzudenken. Das will der Autor mit seinem Buch verändern und den Leser, die Leserin anregen sich laufend mit dem Sinn des Lebens auseinanderzusetzen. Im Vorwort sagt er: „Ich möchte ihnen Orientierung auf ihrem Entwicklungsweg und Lösungen geben, und es tut gut, sie sich anzusehen.“ (Seite 14) Er nähert sich dem Leser über verschiedene Fragen: • Die Frage nach dem Sinn des Lebens und dem WOFÜR • Das Menschliche, was uns ausmacht • Um sinnvoll zu leben, soll man zuerst die Werte erkennen • Sehnsucht ist wichtig beim Finden des Sinns Der Autor zeigt dann fünf Lebenssinn-Beziehungen auf und versucht dann zu erklären, wie diese das eigene Leben stärken können. Die Veränderung im Leben erscheint ihm wichtig, dass der Mensch sich in jedem Alter auf Neues einlassen soll. Erst wenn man einen Sinn im Leben hat, findet man Mut und Lebensfreude. Christoph Schlick versucht hier einen Ratgeber in Form eines „psychologischen Kochbuchs“ zu geben, aus dem man die eine oder andere Anregung ins eigene Leben aufnehmen kann. 8. RANSMAYR, Christoph Der fliegende Berg Buch 2023. @book{RANSMAYR2023, RANSMAYR, Christoph: „Der fliegende Berg“, Frankfurt 2020 Ransmayr zeigt sich bei diesem Buch als Kenner Irlands, wo er lange Zeit lebte, und gleichzeitig bringt er seine Erfahrungen aus dem Himalaya ein. Er verbindet diese beiden Gebiete durch zwei junge irische Männer, Brüder, die als Jugendliche in den Klippen der irischen Küste kletterten. Ihre Interessen trennten sie: der eine wurde Seemann und der andere blieb sesshaft. Er errichtete das Farmhaus seiner Eltern und lebte als Landwirt auf einer irischen Insel. Den Bruder wollte er immer wieder zurückholen. Letztlich gelang es und sie planten eine gemeinsame Expedition in den Himalaya. Sie wollten einen Berg besteigen, der nach Recherchen ein noch nicht entdeckter ist. Da es sich um tibetisches Gebiet handelte, mussten sie eine offizielle Reise buchen, die sie später verließen und auf eigene Faust illegal zu „ihrem“ Berg aufbrachen. Zuerst mit einem fahrenden Händler auf einem Pickup und später wandernd mit Nomaden und deren Yakherde. Wochenlang waren sie unterwegs in Richtung höher gelegener Weidegründe. Von dort erst brachen sie allein und unerlaubt zu einem Gipfel – den Phur-Ri, den fliegenden Berg - auf. Die Nomaden rieten von dieser Besteigung ab. Berge seien etwas Heiliges. Berge, so erzählten sie, hätten „sich aus dem Funkenschwarm der Sterne gelöst und würden wie Lichtflöße durch die Himmelsnacht treiben, bis sie schließlich herabschweben auf die Ebenen einer Welt, die flach war.“ (Seite 138) Keiner dieser Berge, so die Erzählung, bleibe in der Welt der Menschen. Sie alle würden irgendwann wieder aufsteigen in den Himmel. Der jüngere Bruder hatte sich in die Erzählerin dieser Sage, einer Frau, einer Witwe der Nomaden verliebt und wollte gar nicht mehr auf den Berg. Er hatte sich mit seinem Bruder schon zerstritten. Dieser versuchte Alleingänge. Als er von so einer Besteigung nicht zurückkam, brach der Bruder – trotz Zwist – auf, um ihn zu suchen. Dabei stürzte er in eine Gletscherspalte und wäre fast selbst umgekommen. Letztlich bestiegen sie gemeinsam den ersehnten Gipfel. Das Wetter schlug um. Sie kamen in Schwierigkeiten, bei denen der ältere und erfahrenere Bruder starb. Verletzt überlebte der Erzähler, der erst beim Räumen des Bauernhofs in Irland vieles über seinen Bruder erfuhr. Selbst litt er unter dem Tod des Bruders und dachte „Ich habe meinen Bruder getötet.“ (Seite 342) Ransmayr entführt den Leser in eine ihm vielleicht unbekannte Welt. Eine Welt des Hochgebirges, des Himalaya. Einer Welt der Gefahren, die er sehr gut zu beschreiben versteht, sodass man glaubt selbst durch Eis und Schnee zu gehen. Auch ich bin zu Beginn dem Irrtum unterlegen, dass das Buch in Gedichtform geschrieben sei. Dem ist nicht so. Es ist ein freier Rhythmus. Die Texte sind frei von Versen. Es ist ein Flattersatz. Ransmayr nennt es einen „fliegenden Satz“, der aber angenehm zum Lesen ist. Ich fand sogar, dass die Sätze in diesem Format vornehmer wirkten als im traditionellen Satz. 9. KÖHLMEIER, Michael Frankie Buch 2023. @book{KÖHLMEIER2023, KÖHLMEIER, Michael: „Frankie“, München 2023 Erstaunlich, wo Köhlmeier seine Themen für einen Roman immer herholt. Diesmal geht es in die Strafvollzugsanstalt Stein und nach Wien, wo Köhlmeier abwechselnd zu Vorarlberg wohnt. Der Titel „Frankie“ ist dem 14-jährigen Buben dieser Handlung gewidmet. Zur Hauptperson, beziehungsweise Aktion auslösenden Person wird aber der Großvater Frankies, der über 20 Jahre seines Lebens im Gefängnis saß. Frankie wohnt mit seiner Mutter zusammen. Sie haben ein gutes Zusammenleben. Nun tritt als Dritter der Opa in ihr Leben. Die Mutter will nicht, dass ihr Sohn mit dem „Verbrecher“ Opa Beziehungen hat. Opa wohnt nach Haftentlassung nur wenige Tage mit der Tochter und dem Enkel in deren Wohnung. Dann bekommt er eine eigene Wohnung zugewiesen. Frankie aber hält weiter Kontakt mit ihm. Obwohl er nicht weiß, „Wie Opa heißt. Nicht einmal seinen Vornamen kenne ich.“ (Seite 54) Das schriftstellerische Interesse Köhlmeiers flackert kurz auf, als Opa seinen Enkel fragt, ob er aus seinem Leben ein Buch schreiben kann. Der Neffe aber meint „Ich sei sicher gut im Rechtschreiben, er nämlich nicht. Nur die Idioten erzählen, was sie wirklich getan haben. Und nur die Vollidioten glauben, was man ihnen erzählt. So gesehen sei ich der Vollidiot in der Geschichte, die er mir aufgebunden hat.“ (Seite 75) Das Leben im Gefängnis sei ein sehr einfaches, so erklärt Opa das seinem Enkel: „Du brauchst nicht nachzudenken, wann und was es Essen gibt. Du brauchst nicht nachdenken, wo du schlafen sollst. Wann du arbeiten sollst. Wann du ins Freie sollst. Wann es ausnahmsweise Obst gibt. Wann es ausnahmsweise ein Glas Wein gibt. Über alles wird für dich nachgedacht. …. Erst die letzten zehn Jahre habe ich mir eigene Gedanken gemacht.“ (Seite 87) Opa führt Frankie indirekt ins Verbrecherleben ein, sodass dieser am Ende den eigenen Opa erschießt, aber nicht erwischt wird; womit ich die Pointe eines Krimis vorweggenommen habe. Aber es ist ja kein Krimi, sondern ein Roman. Letztlich führt er sogar seinen leiblichen Vater, zu dem die Mutter keinen Kontakt mehr hat, hinters Licht. Als Leser stellt man sich am Ende die Frage „Wird eine verbrecherische Veranlagung vererbt?“ 10. Sempé, Jean-Jacques Das Geheimnis des Fahrradhändlers Buch 2023. @book{Sempé2023, Sempé, Jean-Jacques: „Das Geheimnis des Fahrradhändlers“, übersetzt von Patrick Süskind; Zürich 2005 Es ist eine Geschichte, die von einem ortsbekannten Fahrradmechaniker handelt, der aber selbst nicht Radfahren kann. Nur weiß das Niemand. Trotzdem wird er berühmt. Sein Dorf wird durch ihn weltbekannt. Es ist eine einfache, aber nette Geschichte. Aber das wesentliche an diesem Buch sind die Zeichnungen von Sempé, weshalb man es kauft. Treffend auch die deutsche Übersetzung von Patrick Süskind. Das Buch ist ein „Schau- und Lesevergnügen“. 11. KIM, Anna Die Bilderspur Buch 2023. @book{KIM2023b, KIM, Anna: „Die Bilderspur“, Wien 2004 Das antiquarisch erworbene Buch trägt eine persönliche Widmung von Anna für ihre „liebsten Schwiegereltern“. Es ist das Erstlingswerk der Dichterin Anna Kim. Es ist ein nicht leicht lesbarer Schreibstil, aber man kann sich die angedachten Handlungen erarbeiten. So geht es im ersten Kapitel „Suchen“ um den Vater, der immer wieder abreist, der ein Fremder ist und der letztlich einen Schlaganfall bekommt. Er lebt noch drei Jahre. „Im dritten Jahr: Haut und Knochen mein Vater, nur noch Ohren und Hände, die leben. … Wäre sein Atem nicht an die Maschinen gebunden, würden wir sein Sterben vergessen.“ (Seite 30) Das zweite Kapitel heißt „Finden“ und im dritten – „Verlieren“ - geht es ums Abschiednehmen. Der Vater hat noch einen zweiten Schlafanfall. Inzwischen stirbt auch die Mutter. Sie kommt zu einem Abschiedsfest des Vaters, der sterben will. Bei diesem Buch ist der Inhalt unwichtig. Die abstrakte Textkonstruktion tritt in den Vordergrund. Macht das Lesen schwer. Manchmal ist Lesen so wie das Erledigen einer unangenehmen Arbeit. Mir ging es bei diesem Buch so. Ich kannte alle folgenden Bücher von Anna Kim und schätze sie. So wollte ich auch ihr Erstlingswerk kennenlernen. Es ist literarisch außergewöhnlich, aber schwer zum Lesen. 12. BUSEK, Erhard Österreich und der Balkan. Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas Buch 2023. @book{BUSEK2023, BUSEK, Erhard: „Österreich und der Balkan. Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas“, Wien 1999 Das Buch ist ja nicht das neueste. Noch dazu auf einem Gebiet, auf dem sich so viel verändert. Trotzdem war es lesenswert, da Erhard Busek die Situation sehr gut analysiert und Prognosen stellt, die heute – 25 Jahre später – noch gültig sind. Das Buch soll ein Handbuch für diesen Teil Europas sein. Bereits bei der Überschrift schlägt er vor, den Begriff „Balkan“ gegen „Südosteuropa“ zu ersetzen. Er selbst hat sich nach seinem Ausscheiden aus der österreichhischen Politik sehr stark für die Länder Südosteuropas eingesetzt. Das Engagement wurde aber unterschiedlich gesehen: „Die einen anerkennen meine Tätigkeit, die anderen sind froh, wenn es ein anderer tut, die dritten wieder glauben, dass es ganz gut ist, wenn es einzelne Menschen gibt, die sich engagieren. Nicht zu vergessen sind jene, die einem noch immer vorhalten, nichts besseres zu tun zu haben, als ich mit dem „Gesindel“ abzugeben.“ (Seite 23) Busek sieht es aber als eine Herausforderung sich für diesen Teil Europas einzusetzen. „Ich vertrete die Meinung, dass über kurz oder lang alle Staaten der EU angehören sollten.“ (Seite 47) Die Abhängigkeit der europäischen Staaten ist sehr hoch und daher muss man integrieren. Mehrere Hemmschuhe verhindern dies derzeit: die geschichtliche Vergangenheit, die Sprachenvielfalt und die Spannung zwischen den verschiedenen Kirchen. Viele internationale Interessen wirken auf diese Region ein: Europa, USA und Russland. Der Einfluss Russlands wird dabei nicht unterschätzt und Busek schrieb bereits 1999: „Der Traum, eine Supermacht zu sein, besteht zweifellos in vielen russischen Hirnen und Herzen.“ (Seite 54) Zur Verbesserung der Beziehung der europäischen Länder mit jenen Südosteuropas schlägt der Autor Kooperationen auf den Gebieten Kultur, Kunst und Bildung vor. Vor allem interntionale Austauschprogramme können das gegenseitige Verständnis verstärken. Aus der Geschichte abgeleitet weist er auch auf die Integration via Protektorat hin. Die Österreichisch-Ungarische Monarchie verwaltete provisorisch von 1878 bis 1908 Bosnien auf Basis eines Protektorats. Protektorats-Überlegungen könnten auch für das eine oder andere Land Südosteuropas angewandt werden. Leider fehlen für einen Integrationsprozess Strategien und Pläne. „Zu stark war die Meinung, es wäre Aufgabe der „Transformations“-Staaten, mit sich selbst zurecht zu kommen.“ (Seite 143) Damit wurde nationaler Egoismus verstärkt. Im Kapitel „Praktische Maßnahmen – Schritt um Schritt“ werden auch Vorschläge wie die Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Grenzerleichterungen, Aufbau einer Transportinfrastruktur und Bildungszusammenarbeit vorgeschlagen. Alles Ansätze, die noch heute – 25 Jahre später – ihre Gültigkeit haben. 13. KIM, Anna 2023. @book{KIM2023, KIM, Anna: „Invasionen des Privaten“, Graz Wien 2011 Das Buch entstand während eines längeren Aufenthalts in Grönland, bei dem sie Kontakt mit Einheimischen – Grönländern und Dänen – hatte und diese in Bezug sie ihrer eigenen Identität bringt: die Koreanerin als Österreicherin. Grönland, ein Teil Dänemarks, mit weniger als 60.000 Einwohnern, von denen 15.000 in der Hauptstadt Nuuk leben. Kim versucht die Geschichte des Landes, von der Kolonialbesetzung bis hin zur Einbindung Dänemarks aufzuarbeiten. Sie halt auch Kontakte zu lokalen Menschen, um deren Geschichte und Empfindungen festzuhalten. Während ihres Grönlandaufenthalts wohnt sie sowohl in der Hauptstadt Nuuk, als auch am Land, zwei Flugstunden nördlich. Obwohl Grönland ein fast unbewohntes Land ist, wirkt die Hauptstadt „wie jede andere Stadt … frei von Natur.“ (Seite 10) Die Vergangenheit des Landes ist in seiner Architektur abgebildet: norwegische Bauten und dann, nach der Übernahme Dänemarks, dänischer Stil. Der Kolonialismus ging mit den Einheimischen sehr brutal um. „Luxus Waren“ wie Kaffee, Alkohol, Tee oder Gewürze wurden an Grönländer nicht verkauft. Sie wurden zweitklassig behandelt und man versuchte sie zu Beginn in ihrer Funktion, dem Jagen von Roben und Walen zu halten. Als dann im Zweiten Weltkrieg amerikanische Militärbasen errichtet wurden, siedelte man die Inuit um. Sie bekamen kleinere Jagdgebiete, in denen sie mit ihrer Kultur nicht mehr überleben konnten. Zehn Jahre lang hatte man grönländische Kinder für ein oder zwei Jahre nach Dänemark gebracht, um ihre Kultur anzugleichen. Die Kinder kamen heimatlos zurück. Hatten ihre eigene Sprache verlernt und dänisch gelernt. Eine Gesprächspartnerin, die auf so einem Dänemarkaufenthalt war, meinte: „Dänisch fließend zu sprechen bedeutet somit, besser zu sein als der (grönländische) Durchschnitt.“ (Seite 36) In den Schulen Grönland gibt es nur Bücher in dänischer Sprache. Für grönländische Bücher ist das Volumen zu klein. Auch die Schilderungen der Landschaft sind interessant: „Wir sind so wenige, dass wir uns innerhalb von Minuten aus den Augen verlieren, obwohl wir nicht gehen, sondern tapsen. Schließlich stehe ich allein in der Landschaft, die keine ist. Ich stehe in einem weißen, leeren Raum, ich bin umgeben von Stille, meine Beine sind eben erst geboren, und vielleicht denke ich, auch mein Körper, vielleicht bin ich gerade erst auf die Welt gekommen?“ (Seite 75) 14. ERNAUX, Annie Der junge Mann Buch 2023. @book{ERNAUX2023d, ERNAUX, Annie: „Der junge Mann“; Berlin 2023 Als frisch gekürte Nobelpreisträgerin erwartet das Lesevolk neue Bücher von ihr. Ein Druck, den sie mit der Auffrischung einer alten Geschichte nachkam. Die heute 83-jährige erzählt eine Geschichte, die sie mit Mitte 50 mit einem jungen Liebhaber gehabt hatte. Eigentlich ließ sie sich in dieses Verhältnis mit einem jungen Mann, der jünger als ihre eigenen Kinder war ein, um neue Energie zum Schreiben eines Buches zu bekommen. Die Beziehung wurde intensiver, als sich der Liebhaber von seiner gleichaltrigen Freundin trennte. Er wohnte in Rouen und sie übersiedelte jedes Wochenende in seine Wohnung, wo sie hauptsächlich dem gemeinsamen Sex frönten. Sie hatte seinerzeit in Rouen studiert und konnte ihm vieles zeigen und dabei selbst wieder ihre eigenen Jugenderinnerungen auffrischen. Er war für sie „die verkörperte Vergangenheit. Mit ihm durchlief ich alle Alter des Lebens, alle Alter meines Lebens.“ (Seite 21) Die Art, wie der junge Mann lebte, erinnerte sie auch an die eigene Jugend. Sie kam aus einfachen Verhältnissen und änderte sich erst im Laufe des Lebens zu einem anderen Lebensstil. „Bei meinem Mann hatte ich mich als Proletin gefühlt, bei ihm war ich Bildungsbürgerin.“ (Seite 21) Der Liebhaber kam aus einfachen Verhältnissen und hatte wenig Geld. Er musste genau haushalten. Auch liebte er es nicht zu arbeiten und sie, die inzwischen erfolgreiche Schriftstellerin, finanzierte sein Leben. Sie machten viele Reisen. Es war eine sich ergänzende Partnerschaft: sie erlebte Sex, wie sie ihn in diesem Alter nicht mehr erwartete und er bekam ein finanziertes Dasein. „Man konnte unsere Beziehung als Zweckbeziehung sehen. Er bereitete mir Lust, und dank ihm erlebte ich Dinge, die noch einmal zu erleben ich nie geglaubt hätte. Dass ich ihn auf Reisen einlud und er sich meinetwegen keine Arbeit suchen musste, denn dann hätte er weniger Zeit für mich gehabt, erschien mir ein fairer Handel, ein gutes Geschäft, zumal ich diejenige war, die die Regeln bestimmte.“ (Seite 25) Bei öffentlichen Auftritten wurden sie von den Menschen „anstößiger als ein homosexuelles Paar“ betrachtet. Sie fand es unfair, dass man einen älteren Mann mit einer jungen Freundin gesellschaftlich akzeptierte, dies aber einer älteren Frau nicht zugestand. Sex war aber doch kein lebensfüllendes Programm und man redete über vergangene Erlebnisse, wobei die Vergangenheit der Frau vor jener des jungen Mannes lag. „Mir war, als würde ich ewig leben und zugleich tot sein.“ (Seite 29) Die Autorin begann die Beziehung, um einen Kick zum Schreiben eines Romans zu bekommen. Es war die Erzählung einer heimlichen Abtreibung. So wie sie das Ungeborene wegnehmen ließ, löste sie sich vom Liebhaber. „Als wollte ich ihn von mir lösen und abstoßen, so wie ich es gut dreißig Jahre zuvor mit dem Embryo getan hatte.“ (Seite 40) So schloss sich der Kreis: der Freund war weg, hatte seine Dienste getan und das neue Manuskript war fertig geschrieben. Die vorliegende Geschichte ist aber nur ein schmaler Band mit 40 Seiten, so wie viele der Bücher von Annie Ernaux. 15. Hell, Bodo Auffahrt Buch 2023. @book{Hell2023, HELL, Bodo: „Auffahrt“, Graz Wien 2019 Es sind 27 Essays, bei denen sich der Autor primär mit Heiligen auseinandersetzt und diese in ein anderes Licht rückt, als es die offizielle Kirche macht. Gleich zu Beginn stellt er viele Interpretationsvarianten des Habsburgischen Spruchs für AEIOU vor. In Anlehnung an seinen Dichterkollegen Julian Schutting bezieht er sich auf die abgeschnittenen Brüste der heiligen Agatha. Die heilige Barbara leitet er sogar vom Begriff „Barbarin“ her. Drei heilige Christinas werden gegenübergestellt. Die Geschichte über die Christmette legt er in die Neuzeit und in den ersten Wiener Gemeindebezirk zur Stephanskirche. In Salzburg widmet er sich dem Nonnberg Kloster und beim heiligen Florian fällt ihm nur ein brandlegender Feuerwehrmann ein, der selbst Brände auslöst, um sie dann eifrig mitlöschen zu können. Eine Litanei, die jeweils aus einem Wort besteht, besetzt über zehn Seiten des Buches. Die wenigen Wienern bekannte Johanneskapelle am stark befahrenen Gürtel bekommt ebenso einen Platz in einem Essay wie alle Marienfeiertage eines Jahres. Am Ende der teilweise skurrilen Erzählungen, kehrt er wieder nach Wien zur Virgil Kapelle am Stephansplatz zurück und endet mit einer „Wetterheiligenlitanei für den Almsommer“. Der in Salzburg geborene Dichter lebt in Wien und betreibt im Sommer eine Almwirtschaft am Dachstein. Diese entspricht auch der Themenwahl dieses Buches. Warum ich mir dieses Buch einmal gekauft hatte, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Ich lege aber fast nie ein Buch ungelesen weg. Manchmal – so wie in diesem Fall – muss ich eben mehrmals beginnen. 16. Reinhold, Bernadette Oskar Kokoschka und Österreich Buch 2023. @book{Reinhold2023, REINHOLD, Bernadette: „Oskar Kokoschka und Österreich“, Wien 2023 Viele Biografien wurden über Kokoschka schon geschrieben. Allein das Literaturverzeichnis dieses Buches zitiert auf über 20 Seiten in kleiner Schrift Werke über den Künstler Kokoschka. Und doch gelang es der Autorin Bernadette Reinhold eine andere Art von Biografie zu schreiben, die sich von allem bisherigen unterscheidet. Sie legt einerseits den Schwerpunkt auf das Verhältnis Kokoschkas zu Österreich und andererseits kündigt sie ihren Stil im Untertitel mit „Facetten einer politischen Biografie“ an. Es wurde also nicht eine weitere Biografie, sondern eine andere. Natürlich gehen die Fakten des Lebens nicht verloren und das Geburtsjahr bleibt 1886, genauso wie der Geburtsort Pöchlarn, aber es werden Verhältnis zwischen dem Maler und anderen Personen und Städten hergestellt. Vor allem das zwiespältige Verhältnis zu Österreich, wo er im Ständestadt ein Vorzeigekünstler war, der verehrt wurde und auf den man stolz war, aber dann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zuerst nach Prag ging und dann britischer Staatsbürger wurde. Wobei die Autorin festhält, dass die Übersiedlung nach Prag keine Flucht war, sondern eine Abkehr zu Wien. Aus politischen Gründen hätte er 1934 Wien nicht verlassen müssen. Es waren vielmehr wirtschaftliche Gründe. Prag war eine reichere Stadt als Wien und bot dem Künstler einen besseren Absatzmarkt für seine Werke. „Persönlich und politisch enttäuscht wandte er sich von Österreich ab und legte vielfältig sein Bekenntnis zur Tschechoslowakei ab.“ (Seite 97) Hitler hatte in Deutschland bereits die Macht ergriffen und Kokoschkas Bilder wurden 1937 und 1938 in München in der Ausstellung „Entartete Kunst-Schau“ gezeigt, die von zwei Millionen Menschen besucht wurde. Nach seiner Flucht aus Prag ließ er sich in London nieder und engagierte sich für humanitäre Projekte. Kokoschka war als tschechischer Staatsbürger nach England gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor er seine tschechische Staatsbürgerschaft, bekam aber die britische. Er hatte gute Beziehungen zu den Sowjets und dies war der Grund, ihn aus der Tschechoslowakei „hinauszuschmeißen“. Als am 8. Mai 1945 der Krieg aus war, konnte er es noch nicht glauben und hatte Sorgen um seine zurückgebliebene Schwester mit ihrem Mann. Erst 1947 betrat er wieder österreichischen Boden. Hier stand er bald wieder im Fokus des öffentlichen Interesses, wenngleich er nicht von allen anerkannt wurde. Lange brauchte es, bis es wieder eine Ausstellung von ihm in seiner Heimat gab. Viele internationale Ausstellungen folgten, die erste in Österreich fand aber nicht in Wien, sondern in Linz statt, obwohl ihn in Wien der kommunistische Stadtrat Matejka unterstützte. Schon 1946 drängte er seine Mitpolitiker dazu Kokoschka auszuzeichnen, aber es dauerte noch 15 Jahre, bis es dazu kam. Eine Ehrenbürgerschaft erreichte keine Mehrheit und so schlug man ihm einen Ehrenring vor, den er mit dem Grund ablegte, prinzipiell keine Ringe zu tragen. In Wien bekam er auch keine Professur, wie es ihm eigentlich zustand. Dafür engagierte sich Salzburg, wo er die „Schule des Sehens“ gründete. Dies war auch der Hauptgrund meines Interesses an diesem Buch. Meine Cousine, eine aufstrebende Künstlerin, war Studentin von Kokoschka in Salzburg und ich besitze noch Aquarelle aus dieser Zeit. Aufträge bekam er in Österreich zu Beginn wenige. Es wurden immer noch Künstler aus der Nationalsozialistischen Zeit bevorzugt, wie etwa bei der Ausführung des Vorhangs in der renovierten Oper. Von ihm wollte man ein Bild von der Eröffnungsfeier, dem er aber nicht in diesem Sinne nachkam. Er schuf eine Außenansicht der neu renovierten Oper. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu mehreren Ehrungen. Die größte Ausstellung seiner Werke fand erst 1958 in Wien im Künstlerhaus statt. 1955 bezeichnete ihn der damalige Unterrichtsminister Drimmel als den „bedeutendsten lebenden österreichischen Künstler“. (Seite 289) Auch Thomas Bernhard würdigt ihn, wenn er sagte „Heute kostet selbst ein schwaches Klimtkitschgemälde mehrere Millionen Pfund, sagte Reger, das ist widerwärtig. Schiele ist nicht ein Kitsch, aber ein ganz großer Maler ist Schiele natürlich auch nicht. In der Qualität Schieles hat es in diesem Jahrhundert mehrere österreichische Maler gegeben, aber außer Kokoschka keinen einzigen wirklich bedeutenden, sozusagen wirklich großen.“ (Seite 297) Letztlich war es Kreisky, der ihn zu sich in seine private Wohnung einlud, ihn hier als Wohnsitz anmeldete und ihm die österreichische Staatsbürgerschaft verlieh. Nach einer österreichischen, einer tschechischen und britischen war er wieder Österreicher geworden. 17. KURKOW, Andrej 2023. @book{KURKOW2023, KURKOW, Andrej: „Samson und Nadjeschka”, Zürich 2022 Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Fall des Zarenreiches sah die Ukraine eine Chance zur Selbstständigkeit, die aber 2018 durch die Besetzung der Rotarmisten (Russen und Chinesen) wieder ins russische Reich, der Sowjetunion eingegliedert wurde. In diese Zeit fällt die Geschichte des neuen Romans von Andrej Kurkow „Samson und Nadjeschda“. Anhand dieser beiden jungen Personen erzählt Kurkow die Situation in Kiew. Samsons Mutter und Schwester waren schon früh verstorben. Er wuchs mit dem Vater auf. Bei einem Überfall wurde der Vater getötet und ihm, dem Sohn Samson ein Ohr abgeschlagen. Allein brachte er sich durch Leben und nahm letztlich einen Job in der neu geformten sowjetischen Polizei an. Er hatte ein technisches Studium und war daher den kriminalistischen Anforderungen nicht gewachsen. Sein verständnisvolle Chef sah darüber hinweg. Seine Tätigkeit wurde im Buch in eine Art Kriminalroman gegossen. Er verfolgt eine Bande und kann letztlich deren Vergehen aufklären, wenngleich der Umgang mit Kriminellen brutaler vor sich ging als in Friedenszeiten. Es gab viele Tote. Parallel dazu verkuppelt ihn seine Hausmeisterin mit einer jungen Frau, die auch in seine große Wohnung einzog. Kurkow hatte dieses Buch noch vor dem Krieg mit Russland geschrieben. Das Thema und die kriegerischen Auseinandersetzungen passen aber in die heutige Zeit, wenngleich der Waffeneinsatz 1919 ein anderer war als heute im 21. Jahrhundert. Kurkow ist in Sankt Petersburg geboren und spricht russisch. All seine Bücher schreibt er in russischer Sprache, die seine Muttersprache ist. Gleichzeitig setzt er sich auch für den Rechtsstaat „Ukraine“ ein. Zum derzeitigen Krieg in der Ukraine meint er: „Putin zerstöre „nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland und die russische Sprache.“ Ähnlich motiviert habe der 1961 geborene Autor selbst „einst das Deutsche als Fremdsprache verweigert, weil die Nazis seinen Großvater ermordet hatten.“ 18. DROUVE, Andreas Jakobsweg per Rad Buch 2023. @book{DROUVE2023, DROUVE, Andreas: „Jakobsweg per Rad”, Neuenhagen 2008 Es gibt viele Bücher über das Wandern am Jakobsweg. Von meiner Schwester bekam ich jetzt – nachdem ich am Knie operiert wurde und wandern nicht mehr so einfach sein wird – ein Buch, wie man mit dem Fahrrad den Jakobsweg bewältigt. Der Autor ist ein Insider und hat längere Zeit in Spanien gewohnt. So gibt er im „Vorspann“ einen Überblick über „Land und Leute“ und „Das Reisen“. Der Kern des Buches beschäftigt sich aber mit den Regionen, durch die die Reise führt und für den Radfahrer gibt es Vorschläge für Tagesetappen. Es sind 18 Etappen, also 18 Rad Tage. Aus meiner persönlichen Erfahrung beim Fahren von Langstrecken kann ich aber sagen, dass man das auch in 9 Tagen ohne großen Stress fahren kann. Aber vielleicht sollte doch mehr Mystik und Entspannung in eine Strecke, wie die des Pilgerwegs gelegt werden. Wenn man auch den Weg zurück mit dem Rad zurücklegen will, wird im Buch eine Strecke entlang der Küste im Norden vorgeschlagen. 19. ERNAUX, Annie Die Scham Abschlussarbeit 2023. @mastersthesis{ERNAUX2023c, ERNAUX, Annie: „Scham“, Berlin 2022 Das Buch wurde 1995 geschrieben. Seine Erzählung ging ins Jahr 1952 zurück, als der Vater die Mutter mit einem Beil töten wollte. Es war ein Sonntag. Die Tochter (=Erzählerin) war in der Messe. Als sie heimkam stritten die Eltern. Sie zog sich zurück und hörte die Mutter aus der Vorratskammer schreien, wo sie der Vater hielt und eine Hacke in der Hand hatte. Er tötete sie aber nicht. Das Erlebnis blieb aber im Kopf des damals zwölfjährigen Mädchens. 43 Jahre später verarbeitete sie es in diesem vorliegenden Buch. Sie lebte als Kind lange in der Angst, dass sich diese Szene wiederholen könnte. Wie in allen Büchern, die ich von dieser Autorin bisher gelesen habe, nimmt sie Bezug auf Fotos aus der Vergangenheit und Erinnerungen aus dem eigenen Leben. So auch in dieser Erzählung. Diesmal steigt sie aber sofort in das Geschehnis, den eigentlichen Schluss ein und beginnt mit der geplanten Tat des Vaters. So, als würde man einen Kriminalroman mit der Preisgabe des Mörders beginnen und dann erst den Hergang aufrollen. Das, 1996 geschriebene Buch bezieht sich ausschließlich auf das Jahr 1952, in dem das beschriebene Mädchen zwölf Jahre alt war. Damit es die Tochter einmal besser haben würde, schickten die Eltern sie auf eine katholische Privatschule. Alles war auf Religion ausgerichtet. Die Wissensvermittlung war zweitrangig. Als Mädchen erschien ihr dies selbstverständlich. Erst beim Schreiben dieses Buches konnte sie die Situation besser einstufen. Die streng gläubige Mutter hatte unmittelbar nach dem Krieg eine Pilgerreise nach Lourdes gemacht; aus Dankbarkeit, dass sie ihre Familie heil über die Kriegsjahre gebracht hatte. Den nicht gläubigen Vater schickte sie mit der Tochter 1952 auf eine Busreise nach Lourdes. Das war die erste Reise, die sie aus ihrem engeren Umkreis hinausführte. Die Mitreisenden waren fast ausschließlich aus gesellschaftlich besser gestellten Kreisen. Die Beiden fühlten sich nicht sehr wohl. Natürlich war auch Scham dabei, die sie damals aber noch nicht so bezeichnete. Scham erfuhr sie erstmals bewusst, als sie von einem Schulausflug spätabends heimkam. Die Lehrerin begleitete sie wegen der späten Stunde nach Hause und die Mutter öffnete im Nachthemd. Die Mutter verwendete das Nachthemd auch zum Reinigen nach einem Toilettenbesuch, was dieses ekelig und schmutzig machte. Die Tochter schämte sich für die Mutter und lief schnell ins Haus. Von nun an war vieles mit Scham besetzt: das Pissoir am Hof, das Schlafzimmer gemeinsam mit den Eltern, betrunkene Gäste der Kneipe, Geldsorgen der Eltern und deren Arbeitervergangenheit. 20. ERNAUX, Annie Die Jahre Buch 2023. @book{ERNAUX2023b, ERNAUX, Annie: „Die Jahre“, Berlin 2022 Die Autorin beschreibt rückblickend ihr Leben und dessen Veränderungen. Es ist aber ein Spiegelbild der Generation, die noch während des Zweiten Weltkriegs zur Welt kamen. Menschen, die all die Veränderungen in den Nachkriegsjahren, der folgenden Konsumgeneration und Wohlstands miterlebten. Es ist ein Spiegelbild der französischen Gesellschaft und ist doch nicht das Leben der Autorin, sondern gilt für diese Generation. Auch in anderen europäischen Ländern verlief die Veränderung ähnlich und man fühlt sich bei vielen Punkten persönlich angesprochen. So wird noch von den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, dem Wiederaufbau und der neuen Generation erzählt. Wie durch die Babypille das sexuelle Verhältnis sich änderte und Revolutionen, wie jene von 1968, die Gesellschaft anders machte. Auch die beschriebene Person wird anders als ihre Eltern und doch wieder in vielen Dingen konservativ: verheiratet, Kindererzieherin, Konsumorientiert. Die eigenen Kinder wurden Erwachsene. Sie waren im Wohlstand aufgewachsen und taten sich schwer von zu Hause auszuziehen. Als sie geschieden war, überlegte sie erstmals ein Buch über die Jahre von 1940 (Geburt) bis 1985 (Scheidung und wieder Alleinsein) zu schreiben. Als die Autorin sich der Gegenwart, den „Nullerjahren“ des 21. Jahrhunderts näherte, lief sie zu einem wahrlich literarischen Höhepunkt auf. Jetzt beschrieb sie die Zeit, in der sie gerade unmittelbar lebte und charakterisierte ihre Umgebung „nobelpreisträchtig“ genau und schön. Die Überflutung mit Information durch das Internet gibt aber kein Wissen wieder, das beim Leben hilft. Sie beklagt auch, dass zwar die Religion durch die Muslime zurück im Leben sei, aber der Rosenkranz, der Fisch am Freitag und Kirchenlieder der eigenen Religion verloren gingen. Als geschiedene Frau hat sie einen jungen Liebhaber, der ihr die Jugend nicht geben kann und ihr gleichzeitig ihr Alter nimmt. Es ist keine Biografie der Autorin geworden, sondern ein Stück Zeitgeschichte, das sie anhand einer Person beschrieb. „In dem, was sie als unpersönliche Autobiografie begreift, gibt es kein „ich“, sondern ein „man“ oder „wir“. (Seite 253) Sie empfand es selbst als Lust jetzt im Alter über das Leben zu schreiben. Ein großartiges Buch in nobelpreiswürdigem Niveau. Die Erzählung über einer Generation. |
Die komplette Liste
2023
KLEMM, Gertraud
Einzeller Buch
2023.
@book{KLEMM2023,
title = {Einzeller},
author = {Gertraud KLEMM},
year = {2023},
date = {2023-03-18},
urldate = {2023-03-18},
abstract = {KLEMM, Gertraud: „Einzeller“, Wien 2023
Eigentlich hatte sie eine Trilogie zum Thema Feminismus geplant. Aber dann kam Corona und vieles wurde anders. So auch ihr Schreiben und das Ergebnis wurde kleiner: der vorliegende Roman „Einzeller“. Klemm unterscheidet zwischen „Netzfeminismus“ und „Alltagsfeminismus“. Diskussionen in sozialen Medien sind für sie abgehoben und nicht Realität. In diesem Buch versucht sie Situationen zu schildern, die am Alltag hängen. Sie nennt das „Gummistiefel-Feminismus“. Zu diesem Thema fühlt sie sich als zur „Brückengeneration“ gehörend berufen. Vorangegangene Generationen sind anders damit umgegangen als heutige. Sie, als 1971 geborene, stehe da zwischen diesen beiden Weltanschauungen.
Es geht um eine Wohngemeinschaft – WG – von fünf unterschiedlichen Frauen. Geschrieben ist die Erzählung aus der Perspektive von zwei Personen: der 24-jährigen Lilly und der 60-jährigen Simone. Aus der Unterschiedlichkeit der Personen ergibt sich ein Spannungsfeld, das Einblick in die Szene der Feministinnen gibt.
Irgendwie ist das Buch schon männerfeindlich. Und doch wieder nicht: die älteste der WG, Simone, hat einen Freund. Einen Minister den sie aus Jugendtagen kennt. Er stammt aus einer Bauernfamilie und hat sich innerhalb der Partei bis zum Minister hochgearbeitet. Sie trifft sich regelmäßig mit ihm in einer kleinen geheimen Wohnung. Sie haben Sex mitsammen, er ist aber auch ein Gesprächspartner und Ratgeber für sie. Er ist ein Konservativer und trotzdem schätzt sie ihn. Er hat eine Vorzeigefamilie und obwohl sie von der politischen Einstellung anders ist, tauschen sie sich aus und schätzen einander.
Die Jüngste – Lilly – verlässt bald die WG und siedelt zu einer anderen WG. Ihre WG hat sich vertraglich für eine Talkshow verpflichtet. Es wird in ihrer Wohnung gefilmt. Simone ist die Älteste und der Profi unter ihnen. Sie organisiert viele Aktionen für die Freiheit der Frauen. Nicht alle goutieren das. Simone hat viele Feinde im Netz und bekommt viele Hasspostings.
Im Zweiten Teil des Buches kippt die Szene. Lilly wird schwanger und geht eine normale Ehe ein, bei er es auch zu Zwist und Schlägerei mit dem Partner kommt. Sie bekommt das Baby und verlobt sich mit ihrem Freund, der eigentlich der beste Freund ihres Freundes war.
Simone bekommt noch einen Preis als erfolgreiche und aktive Feministin. Viele beneiden sie dafür. Andere hassen sie noch mehr. Sie aber hat beschlossen auszusteigen und ein ruhiges Leben ohne feministisches Engagement zu beginnen. Sie besucht ihre Tochter in Berlin und kommt zur Preisverleihung nach Wien zurück, wo sie vorher noch ein exklusives Interview hat. Beim Verlassen des Studios wird sie von Unbekannten niedergeschlagen. Sie wird in Tiefschlaf versetzt, verstirbt aber. Das Begräbnis ist das Ende des Buchs.
Der erste Teil ist extrem feministisch und man erfährt als Leser, wie diese Frauen ticken. Im zweiten Teil dann fast ein Happy End, das zwar mit dem Tod von Simone endet, aber doch eine Umkehr der zwei Hauptperson brachte. Neue Generationen übernehmen das Gebiet.
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Eigentlich hatte sie eine Trilogie zum Thema Feminismus geplant. Aber dann kam Corona und vieles wurde anders. So auch ihr Schreiben und das Ergebnis wurde kleiner: der vorliegende Roman „Einzeller“. Klemm unterscheidet zwischen „Netzfeminismus“ und „Alltagsfeminismus“. Diskussionen in sozialen Medien sind für sie abgehoben und nicht Realität. In diesem Buch versucht sie Situationen zu schildern, die am Alltag hängen. Sie nennt das „Gummistiefel-Feminismus“. Zu diesem Thema fühlt sie sich als zur „Brückengeneration“ gehörend berufen. Vorangegangene Generationen sind anders damit umgegangen als heutige. Sie, als 1971 geborene, stehe da zwischen diesen beiden Weltanschauungen.
Es geht um eine Wohngemeinschaft – WG – von fünf unterschiedlichen Frauen. Geschrieben ist die Erzählung aus der Perspektive von zwei Personen: der 24-jährigen Lilly und der 60-jährigen Simone. Aus der Unterschiedlichkeit der Personen ergibt sich ein Spannungsfeld, das Einblick in die Szene der Feministinnen gibt.
Irgendwie ist das Buch schon männerfeindlich. Und doch wieder nicht: die älteste der WG, Simone, hat einen Freund. Einen Minister den sie aus Jugendtagen kennt. Er stammt aus einer Bauernfamilie und hat sich innerhalb der Partei bis zum Minister hochgearbeitet. Sie trifft sich regelmäßig mit ihm in einer kleinen geheimen Wohnung. Sie haben Sex mitsammen, er ist aber auch ein Gesprächspartner und Ratgeber für sie. Er ist ein Konservativer und trotzdem schätzt sie ihn. Er hat eine Vorzeigefamilie und obwohl sie von der politischen Einstellung anders ist, tauschen sie sich aus und schätzen einander.
Die Jüngste – Lilly – verlässt bald die WG und siedelt zu einer anderen WG. Ihre WG hat sich vertraglich für eine Talkshow verpflichtet. Es wird in ihrer Wohnung gefilmt. Simone ist die Älteste und der Profi unter ihnen. Sie organisiert viele Aktionen für die Freiheit der Frauen. Nicht alle goutieren das. Simone hat viele Feinde im Netz und bekommt viele Hasspostings.
Im Zweiten Teil des Buches kippt die Szene. Lilly wird schwanger und geht eine normale Ehe ein, bei er es auch zu Zwist und Schlägerei mit dem Partner kommt. Sie bekommt das Baby und verlobt sich mit ihrem Freund, der eigentlich der beste Freund ihres Freundes war.
Simone bekommt noch einen Preis als erfolgreiche und aktive Feministin. Viele beneiden sie dafür. Andere hassen sie noch mehr. Sie aber hat beschlossen auszusteigen und ein ruhiges Leben ohne feministisches Engagement zu beginnen. Sie besucht ihre Tochter in Berlin und kommt zur Preisverleihung nach Wien zurück, wo sie vorher noch ein exklusives Interview hat. Beim Verlassen des Studios wird sie von Unbekannten niedergeschlagen. Sie wird in Tiefschlaf versetzt, verstirbt aber. Das Begräbnis ist das Ende des Buchs.
Der erste Teil ist extrem feministisch und man erfährt als Leser, wie diese Frauen ticken. Im zweiten Teil dann fast ein Happy End, das zwar mit dem Tod von Simone endet, aber doch eine Umkehr der zwei Hauptperson brachte. Neue Generationen übernehmen das Gebiet.
HALLER, Günther
Die Welt Chinas Booklet
2023.
@booklet{HALLER2023,
title = {Die Welt Chinas},
author = {Günther HALLER},
editor = {Die Presse},
year = {2023},
date = {2023-03-12},
urldate = {2023-03-12},
abstract = {Die Presse (Hg): „Die Welt Chinas“, Wien 2022
In der Booklet-Reihe „Geschichte“ erschien der Band über China. Eine sehr systematisch aufbereitete und leicht lesbare Geschichte über China. Es werden alle Dynastien vorgestellt, wobei die erste, die Qin Dynastie, dem Land den Namen – China – gab und die vielen kleinen Fürstentümer friedlich vereinte. Es entstand das riesige Reich, das man mit jenen der Römer oder dem von Alexander dem Großen vergleichen kann. Der Kaiser Qin Shi Huangdi war Gott gleichgestellt. Der Name heißt „Erster Erhabener Gotteskaiser von Qin“. Daraus leitet sich auch ab, dass er nicht an ein Land gebunden ist, sondern weltweit als Gott Anspruch auf Ländereien besitzt. Er führte Gewichtsmaße, eine einheitliche Schrift ein und begann mit dem Bau der „chinesischen Mauer“, die eine Trennung zu den Nomaden – Barbaren – war. Die nachfolgende Han-Dynastie zentralisierte das Reich und teilte es in Provinzen ein, die mit einem ausgeklügelten Beamtensystem regiert wurden. Über die Seidenstraße entstand Handel mit der restlichen Welt. Viele Erfindungen, wie die des Papiers, stammen aus dieser Zeit. Immer wieder kam es zu Veränderungen, Streitereien und neue Herrscher versuchten eine Vereinigung. Erst 1912 wurde das Kaiserreich gestürzt. China war durch ausländische Kräfte geschwächt worden. Es kam zum Bürgerkrieg zwischen Nationalisten und Kommunisten und im Zweiten Weltkrieg zu Eingriffen der Japaner. Millionen Menschen starben in diesen Kriegen. Mao Zedong profitierte vom Bürgerkrieg und gründete die Volksrepublik China. Viele seiner Experimente hatten verheerende Auswirkungen. Er sagte etwa „Revolution ist keine Dinnerparty. Sie kann nicht elegant und sanft durchgeführt werden.“
Im Kapitel „Der Ritt auf dem Tiger“ wird die Reform von Deng Xiaoping, die den Aufstieg des Landes zur heutigen Macht brachte, beschrieben. Außenpolitische Annäherungen folgten. Innenpolitisch kam es zum Konflikt mit Tibet, der noch heute anhält, obwohl allen Minderheiten viele Sonderrechte eingeräumt werden. So wird in diesem Booklet auch die Rolle Taiwans und Hongkongs abgehandelt. Der letzte Abschnitt befasst sich mit dem globalen Machtanspruch von Präsident Xi-Jinping.
Auf etwa 100 Seiten wird so die Geschichte Chinas mit seinen Hintergründen dokumentiert.
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In der Booklet-Reihe „Geschichte“ erschien der Band über China. Eine sehr systematisch aufbereitete und leicht lesbare Geschichte über China. Es werden alle Dynastien vorgestellt, wobei die erste, die Qin Dynastie, dem Land den Namen – China – gab und die vielen kleinen Fürstentümer friedlich vereinte. Es entstand das riesige Reich, das man mit jenen der Römer oder dem von Alexander dem Großen vergleichen kann. Der Kaiser Qin Shi Huangdi war Gott gleichgestellt. Der Name heißt „Erster Erhabener Gotteskaiser von Qin“. Daraus leitet sich auch ab, dass er nicht an ein Land gebunden ist, sondern weltweit als Gott Anspruch auf Ländereien besitzt. Er führte Gewichtsmaße, eine einheitliche Schrift ein und begann mit dem Bau der „chinesischen Mauer“, die eine Trennung zu den Nomaden – Barbaren – war. Die nachfolgende Han-Dynastie zentralisierte das Reich und teilte es in Provinzen ein, die mit einem ausgeklügelten Beamtensystem regiert wurden. Über die Seidenstraße entstand Handel mit der restlichen Welt. Viele Erfindungen, wie die des Papiers, stammen aus dieser Zeit. Immer wieder kam es zu Veränderungen, Streitereien und neue Herrscher versuchten eine Vereinigung. Erst 1912 wurde das Kaiserreich gestürzt. China war durch ausländische Kräfte geschwächt worden. Es kam zum Bürgerkrieg zwischen Nationalisten und Kommunisten und im Zweiten Weltkrieg zu Eingriffen der Japaner. Millionen Menschen starben in diesen Kriegen. Mao Zedong profitierte vom Bürgerkrieg und gründete die Volksrepublik China. Viele seiner Experimente hatten verheerende Auswirkungen. Er sagte etwa „Revolution ist keine Dinnerparty. Sie kann nicht elegant und sanft durchgeführt werden.“
Im Kapitel „Der Ritt auf dem Tiger“ wird die Reform von Deng Xiaoping, die den Aufstieg des Landes zur heutigen Macht brachte, beschrieben. Außenpolitische Annäherungen folgten. Innenpolitisch kam es zum Konflikt mit Tibet, der noch heute anhält, obwohl allen Minderheiten viele Sonderrechte eingeräumt werden. So wird in diesem Booklet auch die Rolle Taiwans und Hongkongs abgehandelt. Der letzte Abschnitt befasst sich mit dem globalen Machtanspruch von Präsident Xi-Jinping.
Auf etwa 100 Seiten wird so die Geschichte Chinas mit seinen Hintergründen dokumentiert.
HÜLMBAUER, Cornelia
Oft Manchmal Nie Buch
2023.
@book{HÜLMBAUER2023,
title = {Oft Manchmal Nie},
author = {Cornelia HÜLMBAUER},
year = {2023},
date = {2023-03-11},
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abstract = {HÜLMBAUER, Cornelia: „Oft Manchmal Nie“, Salzburg Wien 2023
Ein köstliches Buch. Vieles erinnert an die eigene Kindheit und Jugend. Wobei der Unterschied zwischen Stadt und Land zum Vorschein kommt. Am Land kam so manches später. Cornelia Hülmbauer beschreibt in ihrem Buch Momentaufnahmen aus ihrer Kindheit und Jugend am Land. Das Leben im Elternhaus. Einem Mechanikerbetrieb. Es sind Gedächtnisbilder, die aber die Realität sehr schön ausdrücken. Zeitzeugnisse für die Zukunft und nächste Generationen. Würde Peter Rosegger heute leben, würde er so schreiben wie Cornelia Hülmbauer. Auch er hätte, so wie sie, alle Wörter klein geschrieben. Es ist zu hoffen, dass es in Zukunft noch mehr von dieser Autorin zum Lesen geben wird. Die Erzählungen des Buches enden, als sie mit einem Studium begann.
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Ein köstliches Buch. Vieles erinnert an die eigene Kindheit und Jugend. Wobei der Unterschied zwischen Stadt und Land zum Vorschein kommt. Am Land kam so manches später. Cornelia Hülmbauer beschreibt in ihrem Buch Momentaufnahmen aus ihrer Kindheit und Jugend am Land. Das Leben im Elternhaus. Einem Mechanikerbetrieb. Es sind Gedächtnisbilder, die aber die Realität sehr schön ausdrücken. Zeitzeugnisse für die Zukunft und nächste Generationen. Würde Peter Rosegger heute leben, würde er so schreiben wie Cornelia Hülmbauer. Auch er hätte, so wie sie, alle Wörter klein geschrieben. Es ist zu hoffen, dass es in Zukunft noch mehr von dieser Autorin zum Lesen geben wird. Die Erzählungen des Buches enden, als sie mit einem Studium begann.
KLAR, Elisabeth
Es gibt uns Buch
2023.
@book{KLAR2023,
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author = {Elisabeth KLAR},
year = {2023},
date = {2023-03-10},
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abstract = {KLAR, Elisabeth: „Es gibt uns“, Salzburg Wien 2023
Es ist eine Theateraufführung in einem Schloss. Wie es so viele Festivals gibt. Dieses Buch ist aber nicht ein Theaterstück, sondern die Beschreibung einer Theateraufführung. Die Darsteller sind seltene Figuren. Es wird eine Welt beschrieben und gespielt, die aus tierischen und pflanzlichen Mischwesen besteht. Es geht hier viel um Schmerz, Leid, um Tumore und eine Seuche, aber trotzdem wird gefeiert und getanzt. „Komplexes Leben ist im Niedergang, schon seit langer Zeit. Der Schleim hingegen, ja der Schleim … der Schleim wird siegen, wo wir verlieren.“
Es ist ein Utopie Roman, der in der Stadt Anemos, einer apokalyptischen Stadt, die verstrahlt ist spielt. In ihr leben diese Mischwesen. Damit sie überleben können, brauchen sie die Leuchtqualle Oberon. Sie stellt sicher, dass die Wasserversorgung für die Stadt funktioniert. Titania organisierte große Feste. Bei so einem Fest stirbt Oberon bei einem Liebesspiel. Ein kleines Schleimtierchen – Müxerl – übernimmt seinen Job. Die Parole ist „Was du kaputt machst, musst du richten.“
Indirekt versucht Elisabeth Klar zu hinterfragen, welche Gesetze, welche Regeln eine Gesellschaft braucht, um widrige Umstände zu überstehen.
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Es ist eine Theateraufführung in einem Schloss. Wie es so viele Festivals gibt. Dieses Buch ist aber nicht ein Theaterstück, sondern die Beschreibung einer Theateraufführung. Die Darsteller sind seltene Figuren. Es wird eine Welt beschrieben und gespielt, die aus tierischen und pflanzlichen Mischwesen besteht. Es geht hier viel um Schmerz, Leid, um Tumore und eine Seuche, aber trotzdem wird gefeiert und getanzt. „Komplexes Leben ist im Niedergang, schon seit langer Zeit. Der Schleim hingegen, ja der Schleim … der Schleim wird siegen, wo wir verlieren.“
Es ist ein Utopie Roman, der in der Stadt Anemos, einer apokalyptischen Stadt, die verstrahlt ist spielt. In ihr leben diese Mischwesen. Damit sie überleben können, brauchen sie die Leuchtqualle Oberon. Sie stellt sicher, dass die Wasserversorgung für die Stadt funktioniert. Titania organisierte große Feste. Bei so einem Fest stirbt Oberon bei einem Liebesspiel. Ein kleines Schleimtierchen – Müxerl – übernimmt seinen Job. Die Parole ist „Was du kaputt machst, musst du richten.“
Indirekt versucht Elisabeth Klar zu hinterfragen, welche Gesetze, welche Regeln eine Gesellschaft braucht, um widrige Umstände zu überstehen.
MÜNKLER, Herfried
Strategie ! Von der Kunst, mit Ungewissheit umzugehen Booklet
2023.
@booklet{MÜNKLER2023,
title = {Strategie ! Von der Kunst, mit Ungewissheit umzugehen},
author = {MÜNKLER, Herfried},
editor = {Vontobel Stiftung},
year = {2023},
date = {2023-03-07},
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abstract = {MÜNKLER, Herfried: „Strategie ! Von der Kunst, mit Ungewissheit umzugehen“, Zürich 2023
Regelmäßig lässt die Vontobel Stiftung in Zürich Wissenschaftler und Schriftsteller im Rahmen einer Schriftenreihe (Broschüren) zu Wort kommen. Im März 2023 zum Thema Strategie.
Unter den derzeitigen Verhältnissen mit Russland wird zu Beginn gleich das Vorgehen Putins besprochen und dass es durch solche unvorhergesehenen Vorfällen – so auch COVID19 – zu keiner sicheren Zukunftsplanung kommen kann. „Die Planungseuphorie der 1960er und 1970er Jahre ist schon länger vorbei.“ (Seite 6) Der Autor erinnert auch daran, dass der Begriff „Strategie“ im Militärbereich entwickelt wurde und erst später in der Wirtschaft und Politik übernommen wurde. Im Zuge der politischen und gesellschaftlichen Resilienz sind Analysen von Bedrohungen nicht mehr ausreichend. Das Sicherheitssystem kann nicht an Experten ausgelagert werden.
Strategie wird aus der Sicht verschiedener Kulturen und Zeiten beschrieben. Beginnend in der griechischen Klassik bei Homer und Thukydides, aus denen heraus Machiavelli und Clausewitz ihre Theorien abgeleitet haben. Beide waren eng mit dem Militär verbunden: Machiavelli war mit der Neuorganisation des Florentiner Militärwesens befasst und Clausewitz war sein ganzes Leben lang Soldat. In Asien dagegen entwickelten Zivilisten die Strategie weiter und auch in der heutigen Wirtschaft haben asiatische Unternehmen einen anderen, friedlicheren Zugang zum Begriff Strategie.
Auf Staatsebene wird von der „Grand Strategy“ gesprochen. Das bedeutet, dass der Staat frei entscheiden kann. Diese kann sich militärisch mit einer Gebietserweiterung des eigenen Landes befassen oder sich als Friedensvermittler in anderen Ländern einmischen. Oft hat dieses „Einmischen“ aber das Ziel Einfluss zu bekommen. So hatte sich die Sowjetunion in Afghanistan, Großbritannien bei den Falkland Inseln und die USA im Irak engagieren.
In den westlichen Demokratien hat aber die militärische Strategie an Bedeutung verloren. Man bedient sich mehr der wirtschaftlichen und ideologischen Macht. Humanitär motivierte militärische Interventionen haben in den letzten Jahrzehnten aber nie zum Erfolg geführt. Der Balkan, Syrien, Nordafrika, die Sahelzone sind alles gescheiterte Missionen. Aus dem westlichen Denken heraus, kam es zunehmend zu Wirtschaftssanktionen, bei denen die Politik sich weitgehend auf „symbolisches Handeln beschränkt, bei dem man eigene wirtschaftliche Nachteile in Kauf nimmt, ohne dass dem ein erkennbares Einwirken auf der anderen Seite gegenübersteht.“ (Seite 45) Die in der Zeit von 2014 bis 2021 verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland hatten nichts bewirkt. Im Gegenteil: Russland wurde mehr und mehr in die Arme Chinas getrieben, was für den Westen längerfristig sehr viel bedrohlicher ist. Das Modell, des Friedenschaffens mit immer weniger Waffen ist kläglich gescheitert. Die Folge davon ist eine Rückkehr zu mehr Bedeutung militärischer Kräfte.
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Regelmäßig lässt die Vontobel Stiftung in Zürich Wissenschaftler und Schriftsteller im Rahmen einer Schriftenreihe (Broschüren) zu Wort kommen. Im März 2023 zum Thema Strategie.
Unter den derzeitigen Verhältnissen mit Russland wird zu Beginn gleich das Vorgehen Putins besprochen und dass es durch solche unvorhergesehenen Vorfällen – so auch COVID19 – zu keiner sicheren Zukunftsplanung kommen kann. „Die Planungseuphorie der 1960er und 1970er Jahre ist schon länger vorbei.“ (Seite 6) Der Autor erinnert auch daran, dass der Begriff „Strategie“ im Militärbereich entwickelt wurde und erst später in der Wirtschaft und Politik übernommen wurde. Im Zuge der politischen und gesellschaftlichen Resilienz sind Analysen von Bedrohungen nicht mehr ausreichend. Das Sicherheitssystem kann nicht an Experten ausgelagert werden.
Strategie wird aus der Sicht verschiedener Kulturen und Zeiten beschrieben. Beginnend in der griechischen Klassik bei Homer und Thukydides, aus denen heraus Machiavelli und Clausewitz ihre Theorien abgeleitet haben. Beide waren eng mit dem Militär verbunden: Machiavelli war mit der Neuorganisation des Florentiner Militärwesens befasst und Clausewitz war sein ganzes Leben lang Soldat. In Asien dagegen entwickelten Zivilisten die Strategie weiter und auch in der heutigen Wirtschaft haben asiatische Unternehmen einen anderen, friedlicheren Zugang zum Begriff Strategie.
Auf Staatsebene wird von der „Grand Strategy“ gesprochen. Das bedeutet, dass der Staat frei entscheiden kann. Diese kann sich militärisch mit einer Gebietserweiterung des eigenen Landes befassen oder sich als Friedensvermittler in anderen Ländern einmischen. Oft hat dieses „Einmischen“ aber das Ziel Einfluss zu bekommen. So hatte sich die Sowjetunion in Afghanistan, Großbritannien bei den Falkland Inseln und die USA im Irak engagieren.
In den westlichen Demokratien hat aber die militärische Strategie an Bedeutung verloren. Man bedient sich mehr der wirtschaftlichen und ideologischen Macht. Humanitär motivierte militärische Interventionen haben in den letzten Jahrzehnten aber nie zum Erfolg geführt. Der Balkan, Syrien, Nordafrika, die Sahelzone sind alles gescheiterte Missionen. Aus dem westlichen Denken heraus, kam es zunehmend zu Wirtschaftssanktionen, bei denen die Politik sich weitgehend auf „symbolisches Handeln beschränkt, bei dem man eigene wirtschaftliche Nachteile in Kauf nimmt, ohne dass dem ein erkennbares Einwirken auf der anderen Seite gegenübersteht.“ (Seite 45) Die in der Zeit von 2014 bis 2021 verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland hatten nichts bewirkt. Im Gegenteil: Russland wurde mehr und mehr in die Arme Chinas getrieben, was für den Westen längerfristig sehr viel bedrohlicher ist. Das Modell, des Friedenschaffens mit immer weniger Waffen ist kläglich gescheitert. Die Folge davon ist eine Rückkehr zu mehr Bedeutung militärischer Kräfte.
Franzobel,
Einsteins Hirn Buch
2023.
@book{Franzobel2023,
title = {Einsteins Hirn},
author = {Franzobel},
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date = {2023-03-05},
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abstract = {Franzobel: „Einsteins Hirn“, Wien 2023
Der Titel signalisiert Einstein, aber praktisch ist es eine Biografie des Pathologen Thomas Harvey. Einstein starb 1955 in einem kleinen Spital in New Jersey. Thomas Harvey führte auf Anweisung der Spitalsdirektion eine Obduktion durch. Dabei kam er auf die Idee, sich das Hirn des Wissenschaftlers zu behalten. Der Leichnam Einsteins wurde verbrannt und seine Asche von einer Verwandten an einem unbekannten Ort verstreut. Der ursprüngliche Ansatz des Pathologen war es, im Hirn Einsteins seine Genialität nachweisen zu können. Dazu fehlte ihm aber die Ausbildung. Über 40 Jahre ist dieses Hirn an seiner Seite, ohne dass es zu wissenschaftlichen Erkenntnissen kommt. Wie gesagt: das Buch ist eine Biografie des Pathologen Thoms Harvey, der wegen seines intensiven Bezugs zum Hirn, das mit ihm auch redete, mehrere gescheiterte Ehen hatte. Immer wieder war die Eifersucht zum Hirn der Scheidungsgrund. Harvey übersiedelte sehr oft in „Kleinstädte, die es nie in einen Reiseführer schafften, weil es dort nichts gab das eine Erwähnung lohnte, nichts, womit man Touristen locken konnte.“ (Seite 364) Immer wieder begann er mit einem neuen Job. Viele Aushilfsarbeiten übernahm er, bis er schließlich Landarzt in einer kleinen Gemeinde wurde. Aber auch hier ereilte ihn die Trennung von der Ehefrau. Letztlich verlor er auch seine Arztlizenz und musste als bald 80-jähriger als Hilfsarbeiter Geld. Geld, das er für Zahlungen an seine geschiedenen Frauen und Kinder brauchte. Verarmt lebte er am Schluss in einem stationären Wohnwagen. „Im Dauercampingplatz lebten Leute, denen die Armut bis zur Unterkante der Oberlippe stand: kinderreiche Einwanderer, Alkoholiker, Verrückte. Es gab dreizehnjährige Mütter, die sich für zwei Dollar prostituierten, mexikanische Crackdealer und greise Hippies. Für die meisten die letzte Station vor der Obdachlosigkeit.“ (Seite 500)
Zum 41. Todestag Einsteins brachte er das Hirn in jenes kleine Krankenhaus in New Jersey, in dem Einstein verstorben war.
Harvey war ein gläubiger Mensch und aktiver Quäker. Da er mit dem Hirn reden konnte, versuchte er Einstein zum Glauben zu bekehrten. Das Hirn lehnte aber Religionen ab, weil alles wissenschaftlich begründbar sei. Dieser Diskurs zieht sich im Hintergrund durch das ganze Buch. „Da das Universum vor dreizehn Komma irgendetwas Milliarden Jahren entstanden ist, stellt sich die Frage, wo war Gott davor? Wenn Gott ein Teil des Universums ist, ist auch er endlich. Oder ist er außerhalb?“ (Seite 431) Viele Fragen und Diskussionen, die zu keinem Ergebnis führen. Das Hirn wird mit verschiedensten Religionen konfrontiert. Es kommt aber zu keiner Annäherung. Das Ende der Kommunikation tritt erst ein, als eine Formel preisgegeben wird, die der Pathologe von einer Ex-Freundin Einsteins in Russland besorgt hatte. Dann entschied er sich, das Hirn wegzugeben, aber niemand wollte es. „Die Laboratorien waren mehr an Hirnen von kriminellen interessiert.“ (Seite 528)
Der Roman mit über 500 Seiten hat viele Lesegenüsse zu bieten, etwa wenn Franzobel den Beruf des Pathologen beschreibt: „Pathologe ist wie Pianist in einem Bordell. Sie können noch so hervorragend spielen, es kommt trotzdem niemand wegen der Musik.“ (Seite 61) Oder wenn er die negativen Seiten des Fortschritts anhand des Menschen definiert und sagt „dass der Grund vieler Erkrankungen im aufrechten Gang begründet liegt. … Krampfadern, Hämorrhoiden, Sodbrennen, Meniskus, Hüftabnützung. Hätten unsere Vorfahren nicht entschieden, den Kopf höher zu tragen, wären uns viele Zivilisationskrankheiten erspart geblieben …“ (Seite 110) „Der Mensch ist eine Fehlkonstruktion – zu enger Gebärkanal, Haltungsschäden, schlechte Zähne. Selbst der ärgste Dilettant hätte das besser hinbekommen als Gott.“ (Seite 180)
In den einzelnen Abschnitten wird immer wieder Bezug auf das Weltgeschehen genommen. Etwa der Ermordung Kennedys, das Ende der Beatles, Jimi Hendrix Tod und dass 1978 ein Pole Papst wurde und in Persien Muslime die Regierung übernahmen.
Einsteins Leben ist in diesem Roman nur Hintergrundmusik. Durch den Kontakt des Pathologen mit Verwandten Einsteins und durch Gespräche mit dem Hirn werden nur einzelne Lebensabschnitte beschrieben.
Als Autor ist Franzobel auch selbstkritisch, wenn er meint Theater ist „etwas für Leute, die zu faul zum Lesen sind, lauter Stoffe, die zu schlecht sind für Verfilmungen.“ (Seite 457)
Thomas Harvey wurde 85 Jahre alt und verbrachte beinahe sein halbes Leben mit Hirn. Er hatte seine Ehen, seine Kinder, seine Freundschaften, alles dem Hirn untergeordnet. Der Dichter Franzobel widmete ihm mit diesem Buch ein Denkmal.
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Der Titel signalisiert Einstein, aber praktisch ist es eine Biografie des Pathologen Thomas Harvey. Einstein starb 1955 in einem kleinen Spital in New Jersey. Thomas Harvey führte auf Anweisung der Spitalsdirektion eine Obduktion durch. Dabei kam er auf die Idee, sich das Hirn des Wissenschaftlers zu behalten. Der Leichnam Einsteins wurde verbrannt und seine Asche von einer Verwandten an einem unbekannten Ort verstreut. Der ursprüngliche Ansatz des Pathologen war es, im Hirn Einsteins seine Genialität nachweisen zu können. Dazu fehlte ihm aber die Ausbildung. Über 40 Jahre ist dieses Hirn an seiner Seite, ohne dass es zu wissenschaftlichen Erkenntnissen kommt. Wie gesagt: das Buch ist eine Biografie des Pathologen Thoms Harvey, der wegen seines intensiven Bezugs zum Hirn, das mit ihm auch redete, mehrere gescheiterte Ehen hatte. Immer wieder war die Eifersucht zum Hirn der Scheidungsgrund. Harvey übersiedelte sehr oft in „Kleinstädte, die es nie in einen Reiseführer schafften, weil es dort nichts gab das eine Erwähnung lohnte, nichts, womit man Touristen locken konnte.“ (Seite 364) Immer wieder begann er mit einem neuen Job. Viele Aushilfsarbeiten übernahm er, bis er schließlich Landarzt in einer kleinen Gemeinde wurde. Aber auch hier ereilte ihn die Trennung von der Ehefrau. Letztlich verlor er auch seine Arztlizenz und musste als bald 80-jähriger als Hilfsarbeiter Geld. Geld, das er für Zahlungen an seine geschiedenen Frauen und Kinder brauchte. Verarmt lebte er am Schluss in einem stationären Wohnwagen. „Im Dauercampingplatz lebten Leute, denen die Armut bis zur Unterkante der Oberlippe stand: kinderreiche Einwanderer, Alkoholiker, Verrückte. Es gab dreizehnjährige Mütter, die sich für zwei Dollar prostituierten, mexikanische Crackdealer und greise Hippies. Für die meisten die letzte Station vor der Obdachlosigkeit.“ (Seite 500)
Zum 41. Todestag Einsteins brachte er das Hirn in jenes kleine Krankenhaus in New Jersey, in dem Einstein verstorben war.
Harvey war ein gläubiger Mensch und aktiver Quäker. Da er mit dem Hirn reden konnte, versuchte er Einstein zum Glauben zu bekehrten. Das Hirn lehnte aber Religionen ab, weil alles wissenschaftlich begründbar sei. Dieser Diskurs zieht sich im Hintergrund durch das ganze Buch. „Da das Universum vor dreizehn Komma irgendetwas Milliarden Jahren entstanden ist, stellt sich die Frage, wo war Gott davor? Wenn Gott ein Teil des Universums ist, ist auch er endlich. Oder ist er außerhalb?“ (Seite 431) Viele Fragen und Diskussionen, die zu keinem Ergebnis führen. Das Hirn wird mit verschiedensten Religionen konfrontiert. Es kommt aber zu keiner Annäherung. Das Ende der Kommunikation tritt erst ein, als eine Formel preisgegeben wird, die der Pathologe von einer Ex-Freundin Einsteins in Russland besorgt hatte. Dann entschied er sich, das Hirn wegzugeben, aber niemand wollte es. „Die Laboratorien waren mehr an Hirnen von kriminellen interessiert.“ (Seite 528)
Der Roman mit über 500 Seiten hat viele Lesegenüsse zu bieten, etwa wenn Franzobel den Beruf des Pathologen beschreibt: „Pathologe ist wie Pianist in einem Bordell. Sie können noch so hervorragend spielen, es kommt trotzdem niemand wegen der Musik.“ (Seite 61) Oder wenn er die negativen Seiten des Fortschritts anhand des Menschen definiert und sagt „dass der Grund vieler Erkrankungen im aufrechten Gang begründet liegt. … Krampfadern, Hämorrhoiden, Sodbrennen, Meniskus, Hüftabnützung. Hätten unsere Vorfahren nicht entschieden, den Kopf höher zu tragen, wären uns viele Zivilisationskrankheiten erspart geblieben …“ (Seite 110) „Der Mensch ist eine Fehlkonstruktion – zu enger Gebärkanal, Haltungsschäden, schlechte Zähne. Selbst der ärgste Dilettant hätte das besser hinbekommen als Gott.“ (Seite 180)
In den einzelnen Abschnitten wird immer wieder Bezug auf das Weltgeschehen genommen. Etwa der Ermordung Kennedys, das Ende der Beatles, Jimi Hendrix Tod und dass 1978 ein Pole Papst wurde und in Persien Muslime die Regierung übernahmen.
Einsteins Leben ist in diesem Roman nur Hintergrundmusik. Durch den Kontakt des Pathologen mit Verwandten Einsteins und durch Gespräche mit dem Hirn werden nur einzelne Lebensabschnitte beschrieben.
Als Autor ist Franzobel auch selbstkritisch, wenn er meint Theater ist „etwas für Leute, die zu faul zum Lesen sind, lauter Stoffe, die zu schlecht sind für Verfilmungen.“ (Seite 457)
Thomas Harvey wurde 85 Jahre alt und verbrachte beinahe sein halbes Leben mit Hirn. Er hatte seine Ehen, seine Kinder, seine Freundschaften, alles dem Hirn untergeordnet. Der Dichter Franzobel widmete ihm mit diesem Buch ein Denkmal.
SCHLICK, Christoph
Was meinem Leben echten Sinn gibt Buch
2023.
@book{SCHLICK2023,
title = {Was meinem Leben echten Sinn gibt},
author = {Christoph SCHLICK},
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date = {2023-02-19},
urldate = {2023-02-19},
abstract = {SCHLICK, Christoph: „Was meinem Leben echten Sinn gibt. Die wichtigsten Lebensfragen klären“, München 2017
Zuerst einige Worte zum Autor: für den Familienbetrieb als Nachfolger in der Rechtsanwaltskanzlei vorgesehen ging er ins Kloster und war über 20 Jahre Benediktinermönch. Danach begann er ein neues Leben, heiratete und bekam ein Kind. Die Frau war zwar mit Zwillingen schwanger, aber eines starb, das andere war behindert. Nach einigen Jahren beging die Frau Selbstmord. Jahre später heiratete er wieder und ist heute als Unternehmensberater und Coach tätig. Mit so vielen negativen Lebenserfahrungen rechnet man nicht mit einem positiven Menschen. Ich erlebte ihn bei einem Vortrag und er war motivierend und strahlte Positives aus.
Viele Menschen kommen erst am Ende ihres Lebens darauf, über ihr Sein nachzudenken. Das will der Autor mit seinem Buch verändern und den Leser, die Leserin anregen sich laufend mit dem Sinn des Lebens auseinanderzusetzen. Im Vorwort sagt er: „Ich möchte ihnen Orientierung auf ihrem Entwicklungsweg und Lösungen geben, und es tut gut, sie sich anzusehen.“ (Seite 14)
Er nähert sich dem Leser über verschiedene Fragen:
• Die Frage nach dem Sinn des Lebens und dem WOFÜR
• Das Menschliche, was uns ausmacht
• Um sinnvoll zu leben, soll man zuerst die Werte erkennen
• Sehnsucht ist wichtig beim Finden des Sinns
Der Autor zeigt dann fünf Lebenssinn-Beziehungen auf und versucht dann zu erklären, wie diese das eigene Leben stärken können. Die Veränderung im Leben erscheint ihm wichtig, dass der Mensch sich in jedem Alter auf Neues einlassen soll. Erst wenn man einen Sinn im Leben hat, findet man Mut und Lebensfreude.
Christoph Schlick versucht hier einen Ratgeber in Form eines „psychologischen Kochbuchs“ zu geben, aus dem man die eine oder andere Anregung ins eigene Leben aufnehmen kann.
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Zuerst einige Worte zum Autor: für den Familienbetrieb als Nachfolger in der Rechtsanwaltskanzlei vorgesehen ging er ins Kloster und war über 20 Jahre Benediktinermönch. Danach begann er ein neues Leben, heiratete und bekam ein Kind. Die Frau war zwar mit Zwillingen schwanger, aber eines starb, das andere war behindert. Nach einigen Jahren beging die Frau Selbstmord. Jahre später heiratete er wieder und ist heute als Unternehmensberater und Coach tätig. Mit so vielen negativen Lebenserfahrungen rechnet man nicht mit einem positiven Menschen. Ich erlebte ihn bei einem Vortrag und er war motivierend und strahlte Positives aus.
Viele Menschen kommen erst am Ende ihres Lebens darauf, über ihr Sein nachzudenken. Das will der Autor mit seinem Buch verändern und den Leser, die Leserin anregen sich laufend mit dem Sinn des Lebens auseinanderzusetzen. Im Vorwort sagt er: „Ich möchte ihnen Orientierung auf ihrem Entwicklungsweg und Lösungen geben, und es tut gut, sie sich anzusehen.“ (Seite 14)
Er nähert sich dem Leser über verschiedene Fragen:
• Die Frage nach dem Sinn des Lebens und dem WOFÜR
• Das Menschliche, was uns ausmacht
• Um sinnvoll zu leben, soll man zuerst die Werte erkennen
• Sehnsucht ist wichtig beim Finden des Sinns
Der Autor zeigt dann fünf Lebenssinn-Beziehungen auf und versucht dann zu erklären, wie diese das eigene Leben stärken können. Die Veränderung im Leben erscheint ihm wichtig, dass der Mensch sich in jedem Alter auf Neues einlassen soll. Erst wenn man einen Sinn im Leben hat, findet man Mut und Lebensfreude.
Christoph Schlick versucht hier einen Ratgeber in Form eines „psychologischen Kochbuchs“ zu geben, aus dem man die eine oder andere Anregung ins eigene Leben aufnehmen kann.
RANSMAYR, Christoph
Der fliegende Berg Buch
2023.
@book{RANSMAYR2023,
title = {Der fliegende Berg},
author = {Christoph RANSMAYR},
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date = {2023-02-16},
urldate = {2023-02-16},
abstract = {RANSMAYR, Christoph: „Der fliegende Berg“, Frankfurt 2020
Ransmayr zeigt sich bei diesem Buch als Kenner Irlands, wo er lange Zeit lebte, und gleichzeitig bringt er seine Erfahrungen aus dem Himalaya ein. Er verbindet diese beiden Gebiete durch zwei junge irische Männer, Brüder, die als Jugendliche in den Klippen der irischen Küste kletterten. Ihre Interessen trennten sie: der eine wurde Seemann und der andere blieb sesshaft. Er errichtete das Farmhaus seiner Eltern und lebte als Landwirt auf einer irischen Insel. Den Bruder wollte er immer wieder zurückholen. Letztlich gelang es und sie planten eine gemeinsame Expedition in den Himalaya. Sie wollten einen Berg besteigen, der nach Recherchen ein noch nicht entdeckter ist. Da es sich um tibetisches Gebiet handelte, mussten sie eine offizielle Reise buchen, die sie später verließen und auf eigene Faust illegal zu „ihrem“ Berg aufbrachen. Zuerst mit einem fahrenden Händler auf einem Pickup und später wandernd mit Nomaden und deren Yakherde. Wochenlang waren sie unterwegs in Richtung höher gelegener Weidegründe. Von dort erst brachen sie allein und unerlaubt zu einem Gipfel – den Phur-Ri, den fliegenden Berg - auf.
Die Nomaden rieten von dieser Besteigung ab. Berge seien etwas Heiliges. Berge, so erzählten sie, hätten „sich aus dem Funkenschwarm der Sterne gelöst und würden wie Lichtflöße durch die Himmelsnacht treiben, bis sie schließlich herabschweben auf die Ebenen einer Welt, die flach war.“ (Seite 138) Keiner dieser Berge, so die Erzählung, bleibe in der Welt der Menschen. Sie alle würden irgendwann wieder aufsteigen in den Himmel.
Der jüngere Bruder hatte sich in die Erzählerin dieser Sage, einer Frau, einer Witwe der Nomaden verliebt und wollte gar nicht mehr auf den Berg. Er hatte sich mit seinem Bruder schon zerstritten. Dieser versuchte Alleingänge. Als er von so einer Besteigung nicht zurückkam, brach der Bruder – trotz Zwist – auf, um ihn zu suchen. Dabei stürzte er in eine Gletscherspalte und wäre fast selbst umgekommen. Letztlich bestiegen sie gemeinsam den ersehnten Gipfel. Das Wetter schlug um. Sie kamen in Schwierigkeiten, bei denen der ältere und erfahrenere Bruder starb. Verletzt überlebte der Erzähler, der erst beim Räumen des Bauernhofs in Irland vieles über seinen Bruder erfuhr. Selbst litt er unter dem Tod des Bruders und dachte „Ich habe meinen Bruder getötet.“ (Seite 342)
Ransmayr entführt den Leser in eine ihm vielleicht unbekannte Welt. Eine Welt des Hochgebirges, des Himalaya. Einer Welt der Gefahren, die er sehr gut zu beschreiben versteht, sodass man glaubt selbst durch Eis und Schnee zu gehen.
Auch ich bin zu Beginn dem Irrtum unterlegen, dass das Buch in Gedichtform geschrieben sei. Dem ist nicht so. Es ist ein freier Rhythmus. Die Texte sind frei von Versen. Es ist ein Flattersatz. Ransmayr nennt es einen „fliegenden Satz“, der aber angenehm zum Lesen ist. Ich fand sogar, dass die Sätze in diesem Format vornehmer wirkten als im traditionellen Satz.
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Ransmayr zeigt sich bei diesem Buch als Kenner Irlands, wo er lange Zeit lebte, und gleichzeitig bringt er seine Erfahrungen aus dem Himalaya ein. Er verbindet diese beiden Gebiete durch zwei junge irische Männer, Brüder, die als Jugendliche in den Klippen der irischen Küste kletterten. Ihre Interessen trennten sie: der eine wurde Seemann und der andere blieb sesshaft. Er errichtete das Farmhaus seiner Eltern und lebte als Landwirt auf einer irischen Insel. Den Bruder wollte er immer wieder zurückholen. Letztlich gelang es und sie planten eine gemeinsame Expedition in den Himalaya. Sie wollten einen Berg besteigen, der nach Recherchen ein noch nicht entdeckter ist. Da es sich um tibetisches Gebiet handelte, mussten sie eine offizielle Reise buchen, die sie später verließen und auf eigene Faust illegal zu „ihrem“ Berg aufbrachen. Zuerst mit einem fahrenden Händler auf einem Pickup und später wandernd mit Nomaden und deren Yakherde. Wochenlang waren sie unterwegs in Richtung höher gelegener Weidegründe. Von dort erst brachen sie allein und unerlaubt zu einem Gipfel – den Phur-Ri, den fliegenden Berg - auf.
Die Nomaden rieten von dieser Besteigung ab. Berge seien etwas Heiliges. Berge, so erzählten sie, hätten „sich aus dem Funkenschwarm der Sterne gelöst und würden wie Lichtflöße durch die Himmelsnacht treiben, bis sie schließlich herabschweben auf die Ebenen einer Welt, die flach war.“ (Seite 138) Keiner dieser Berge, so die Erzählung, bleibe in der Welt der Menschen. Sie alle würden irgendwann wieder aufsteigen in den Himmel.
Der jüngere Bruder hatte sich in die Erzählerin dieser Sage, einer Frau, einer Witwe der Nomaden verliebt und wollte gar nicht mehr auf den Berg. Er hatte sich mit seinem Bruder schon zerstritten. Dieser versuchte Alleingänge. Als er von so einer Besteigung nicht zurückkam, brach der Bruder – trotz Zwist – auf, um ihn zu suchen. Dabei stürzte er in eine Gletscherspalte und wäre fast selbst umgekommen. Letztlich bestiegen sie gemeinsam den ersehnten Gipfel. Das Wetter schlug um. Sie kamen in Schwierigkeiten, bei denen der ältere und erfahrenere Bruder starb. Verletzt überlebte der Erzähler, der erst beim Räumen des Bauernhofs in Irland vieles über seinen Bruder erfuhr. Selbst litt er unter dem Tod des Bruders und dachte „Ich habe meinen Bruder getötet.“ (Seite 342)
Ransmayr entführt den Leser in eine ihm vielleicht unbekannte Welt. Eine Welt des Hochgebirges, des Himalaya. Einer Welt der Gefahren, die er sehr gut zu beschreiben versteht, sodass man glaubt selbst durch Eis und Schnee zu gehen.
Auch ich bin zu Beginn dem Irrtum unterlegen, dass das Buch in Gedichtform geschrieben sei. Dem ist nicht so. Es ist ein freier Rhythmus. Die Texte sind frei von Versen. Es ist ein Flattersatz. Ransmayr nennt es einen „fliegenden Satz“, der aber angenehm zum Lesen ist. Ich fand sogar, dass die Sätze in diesem Format vornehmer wirkten als im traditionellen Satz.
KÖHLMEIER, Michael
Frankie Buch
2023.
@book{KÖHLMEIER2023,
title = {Frankie},
author = {Michael KÖHLMEIER},
year = {2023},
date = {2023-02-09},
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abstract = {KÖHLMEIER, Michael: „Frankie“, München 2023
Erstaunlich, wo Köhlmeier seine Themen für einen Roman immer herholt. Diesmal geht es in die Strafvollzugsanstalt Stein und nach Wien, wo Köhlmeier abwechselnd zu Vorarlberg wohnt. Der Titel „Frankie“ ist dem 14-jährigen Buben dieser Handlung gewidmet. Zur Hauptperson, beziehungsweise Aktion auslösenden Person wird aber der Großvater Frankies, der über 20 Jahre seines Lebens im Gefängnis saß. Frankie wohnt mit seiner Mutter zusammen. Sie haben ein gutes Zusammenleben. Nun tritt als Dritter der Opa in ihr Leben. Die Mutter will nicht, dass ihr Sohn mit dem „Verbrecher“ Opa Beziehungen hat. Opa wohnt nach Haftentlassung nur wenige Tage mit der Tochter und dem Enkel in deren Wohnung. Dann bekommt er eine eigene Wohnung zugewiesen. Frankie aber hält weiter Kontakt mit ihm. Obwohl er nicht weiß, „Wie Opa heißt. Nicht einmal seinen Vornamen kenne ich.“ (Seite 54) Das schriftstellerische Interesse Köhlmeiers flackert kurz auf, als Opa seinen Enkel fragt, ob er aus seinem Leben ein Buch schreiben kann. Der Neffe aber meint „Ich sei sicher gut im Rechtschreiben, er nämlich nicht. Nur die Idioten erzählen, was sie wirklich getan haben. Und nur die Vollidioten glauben, was man ihnen erzählt. So gesehen sei ich der Vollidiot in der Geschichte, die er mir aufgebunden hat.“ (Seite 75) Das Leben im Gefängnis sei ein sehr einfaches, so erklärt Opa das seinem Enkel: „Du brauchst nicht nachzudenken, wann und was es Essen gibt. Du brauchst nicht nachdenken, wo du schlafen sollst. Wann du arbeiten sollst. Wann du ins Freie sollst. Wann es ausnahmsweise Obst gibt. Wann es ausnahmsweise ein Glas Wein gibt. Über alles wird für dich nachgedacht. …. Erst die letzten zehn Jahre habe ich mir eigene Gedanken gemacht.“ (Seite 87)
Opa führt Frankie indirekt ins Verbrecherleben ein, sodass dieser am Ende den eigenen Opa erschießt, aber nicht erwischt wird; womit ich die Pointe eines Krimis vorweggenommen habe. Aber es ist ja kein Krimi, sondern ein Roman. Letztlich führt er sogar seinen leiblichen Vater, zu dem die Mutter keinen Kontakt mehr hat, hinters Licht. Als Leser stellt man sich am Ende die Frage „Wird eine verbrecherische Veranlagung vererbt?“
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Erstaunlich, wo Köhlmeier seine Themen für einen Roman immer herholt. Diesmal geht es in die Strafvollzugsanstalt Stein und nach Wien, wo Köhlmeier abwechselnd zu Vorarlberg wohnt. Der Titel „Frankie“ ist dem 14-jährigen Buben dieser Handlung gewidmet. Zur Hauptperson, beziehungsweise Aktion auslösenden Person wird aber der Großvater Frankies, der über 20 Jahre seines Lebens im Gefängnis saß. Frankie wohnt mit seiner Mutter zusammen. Sie haben ein gutes Zusammenleben. Nun tritt als Dritter der Opa in ihr Leben. Die Mutter will nicht, dass ihr Sohn mit dem „Verbrecher“ Opa Beziehungen hat. Opa wohnt nach Haftentlassung nur wenige Tage mit der Tochter und dem Enkel in deren Wohnung. Dann bekommt er eine eigene Wohnung zugewiesen. Frankie aber hält weiter Kontakt mit ihm. Obwohl er nicht weiß, „Wie Opa heißt. Nicht einmal seinen Vornamen kenne ich.“ (Seite 54) Das schriftstellerische Interesse Köhlmeiers flackert kurz auf, als Opa seinen Enkel fragt, ob er aus seinem Leben ein Buch schreiben kann. Der Neffe aber meint „Ich sei sicher gut im Rechtschreiben, er nämlich nicht. Nur die Idioten erzählen, was sie wirklich getan haben. Und nur die Vollidioten glauben, was man ihnen erzählt. So gesehen sei ich der Vollidiot in der Geschichte, die er mir aufgebunden hat.“ (Seite 75) Das Leben im Gefängnis sei ein sehr einfaches, so erklärt Opa das seinem Enkel: „Du brauchst nicht nachzudenken, wann und was es Essen gibt. Du brauchst nicht nachdenken, wo du schlafen sollst. Wann du arbeiten sollst. Wann du ins Freie sollst. Wann es ausnahmsweise Obst gibt. Wann es ausnahmsweise ein Glas Wein gibt. Über alles wird für dich nachgedacht. …. Erst die letzten zehn Jahre habe ich mir eigene Gedanken gemacht.“ (Seite 87)
Opa führt Frankie indirekt ins Verbrecherleben ein, sodass dieser am Ende den eigenen Opa erschießt, aber nicht erwischt wird; womit ich die Pointe eines Krimis vorweggenommen habe. Aber es ist ja kein Krimi, sondern ein Roman. Letztlich führt er sogar seinen leiblichen Vater, zu dem die Mutter keinen Kontakt mehr hat, hinters Licht. Als Leser stellt man sich am Ende die Frage „Wird eine verbrecherische Veranlagung vererbt?“
Sempé, Jean-Jacques
Das Geheimnis des Fahrradhändlers Buch
2023.
@book{Sempé2023,
title = {Das Geheimnis des Fahrradhändlers},
author = {Jean-Jacques Sempé},
year = {2023},
date = {2023-02-03},
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abstract = {Sempé, Jean-Jacques: „Das Geheimnis des Fahrradhändlers“, übersetzt von Patrick Süskind;
Zürich 2005
Es ist eine Geschichte, die von einem ortsbekannten Fahrradmechaniker handelt, der aber selbst nicht Radfahren kann. Nur weiß das Niemand. Trotzdem wird er berühmt. Sein Dorf wird durch ihn weltbekannt. Es ist eine einfache, aber nette Geschichte. Aber das wesentliche an diesem Buch sind die Zeichnungen von Sempé, weshalb man es kauft. Treffend auch die deutsche Übersetzung von Patrick Süskind. Das Buch ist ein „Schau- und Lesevergnügen“.
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Zürich 2005
Es ist eine Geschichte, die von einem ortsbekannten Fahrradmechaniker handelt, der aber selbst nicht Radfahren kann. Nur weiß das Niemand. Trotzdem wird er berühmt. Sein Dorf wird durch ihn weltbekannt. Es ist eine einfache, aber nette Geschichte. Aber das wesentliche an diesem Buch sind die Zeichnungen von Sempé, weshalb man es kauft. Treffend auch die deutsche Übersetzung von Patrick Süskind. Das Buch ist ein „Schau- und Lesevergnügen“.
KIM, Anna
Die Bilderspur Buch
2023.
@book{KIM2023b,
title = {Die Bilderspur},
author = {Anna KIM},
year = {2023},
date = {2023-02-02},
urldate = {2023-02-02},
abstract = {KIM, Anna: „Die Bilderspur“, Wien 2004
Das antiquarisch erworbene Buch trägt eine persönliche Widmung von Anna für ihre „liebsten Schwiegereltern“. Es ist das Erstlingswerk der Dichterin Anna Kim. Es ist ein nicht leicht lesbarer Schreibstil, aber man kann sich die angedachten Handlungen erarbeiten. So geht es im ersten Kapitel „Suchen“ um den Vater, der immer wieder abreist, der ein Fremder ist und der letztlich einen Schlaganfall bekommt. Er lebt noch drei Jahre. „Im dritten Jahr: Haut und Knochen mein Vater, nur noch Ohren und Hände, die leben. … Wäre sein Atem nicht an die Maschinen gebunden, würden wir sein Sterben vergessen.“ (Seite 30)
Das zweite Kapitel heißt „Finden“ und im dritten – „Verlieren“ - geht es ums Abschiednehmen. Der Vater hat noch einen zweiten Schlafanfall. Inzwischen stirbt auch die Mutter. Sie kommt zu einem Abschiedsfest des Vaters, der sterben will.
Bei diesem Buch ist der Inhalt unwichtig. Die abstrakte Textkonstruktion tritt in den Vordergrund. Macht das Lesen schwer. Manchmal ist Lesen so wie das Erledigen einer unangenehmen Arbeit. Mir ging es bei diesem Buch so. Ich kannte alle folgenden Bücher von Anna Kim und schätze sie. So wollte ich auch ihr Erstlingswerk kennenlernen. Es ist literarisch außergewöhnlich, aber schwer zum Lesen.
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Das antiquarisch erworbene Buch trägt eine persönliche Widmung von Anna für ihre „liebsten Schwiegereltern“. Es ist das Erstlingswerk der Dichterin Anna Kim. Es ist ein nicht leicht lesbarer Schreibstil, aber man kann sich die angedachten Handlungen erarbeiten. So geht es im ersten Kapitel „Suchen“ um den Vater, der immer wieder abreist, der ein Fremder ist und der letztlich einen Schlaganfall bekommt. Er lebt noch drei Jahre. „Im dritten Jahr: Haut und Knochen mein Vater, nur noch Ohren und Hände, die leben. … Wäre sein Atem nicht an die Maschinen gebunden, würden wir sein Sterben vergessen.“ (Seite 30)
Das zweite Kapitel heißt „Finden“ und im dritten – „Verlieren“ - geht es ums Abschiednehmen. Der Vater hat noch einen zweiten Schlafanfall. Inzwischen stirbt auch die Mutter. Sie kommt zu einem Abschiedsfest des Vaters, der sterben will.
Bei diesem Buch ist der Inhalt unwichtig. Die abstrakte Textkonstruktion tritt in den Vordergrund. Macht das Lesen schwer. Manchmal ist Lesen so wie das Erledigen einer unangenehmen Arbeit. Mir ging es bei diesem Buch so. Ich kannte alle folgenden Bücher von Anna Kim und schätze sie. So wollte ich auch ihr Erstlingswerk kennenlernen. Es ist literarisch außergewöhnlich, aber schwer zum Lesen.
BUSEK, Erhard
Österreich und der Balkan. Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas Buch
2023.
@book{BUSEK2023,
title = {Österreich und der Balkan. Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas},
author = {Erhard BUSEK},
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date = {2023-02-01},
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abstract = {BUSEK, Erhard: „Österreich und der Balkan. Vom Umgang mit dem Pulverfaß Europas“, Wien 1999
Das Buch ist ja nicht das neueste. Noch dazu auf einem Gebiet, auf dem sich so viel verändert. Trotzdem war es lesenswert, da Erhard Busek die Situation sehr gut analysiert und Prognosen stellt, die heute – 25 Jahre später – noch gültig sind.
Das Buch soll ein Handbuch für diesen Teil Europas sein. Bereits bei der Überschrift schlägt er vor, den Begriff „Balkan“ gegen „Südosteuropa“ zu ersetzen. Er selbst hat sich nach seinem Ausscheiden aus der österreichhischen Politik sehr stark für die Länder Südosteuropas eingesetzt. Das Engagement wurde aber unterschiedlich gesehen: „Die einen anerkennen meine Tätigkeit, die anderen sind froh, wenn es ein anderer tut, die dritten wieder glauben, dass es ganz gut ist, wenn es einzelne Menschen gibt, die sich engagieren. Nicht zu vergessen sind jene, die einem noch immer vorhalten, nichts besseres zu tun zu haben, als ich mit dem „Gesindel“ abzugeben.“ (Seite 23) Busek sieht es aber als eine Herausforderung sich für diesen Teil Europas einzusetzen. „Ich vertrete die Meinung, dass über kurz oder lang alle Staaten der EU angehören sollten.“ (Seite 47) Die Abhängigkeit der europäischen Staaten ist sehr hoch und daher muss man integrieren. Mehrere Hemmschuhe verhindern dies derzeit: die geschichtliche Vergangenheit, die Sprachenvielfalt und die Spannung zwischen den verschiedenen Kirchen. Viele internationale Interessen wirken auf diese Region ein: Europa, USA und Russland. Der Einfluss Russlands wird dabei nicht unterschätzt und Busek schrieb bereits 1999: „Der Traum, eine Supermacht zu sein, besteht zweifellos in vielen russischen Hirnen und Herzen.“ (Seite 54)
Zur Verbesserung der Beziehung der europäischen Länder mit jenen Südosteuropas schlägt der Autor Kooperationen auf den Gebieten Kultur, Kunst und Bildung vor. Vor allem interntionale Austauschprogramme können das gegenseitige Verständnis verstärken.
Aus der Geschichte abgeleitet weist er auch auf die Integration via Protektorat hin. Die Österreichisch-Ungarische Monarchie verwaltete provisorisch von 1878 bis 1908 Bosnien auf Basis eines Protektorats. Protektorats-Überlegungen könnten auch für das eine oder andere Land Südosteuropas angewandt werden.
Leider fehlen für einen Integrationsprozess Strategien und Pläne. „Zu stark war die Meinung, es wäre Aufgabe der „Transformations“-Staaten, mit sich selbst zurecht zu kommen.“ (Seite 143) Damit wurde nationaler Egoismus verstärkt.
Im Kapitel „Praktische Maßnahmen – Schritt um Schritt“ werden auch Vorschläge wie die Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Grenzerleichterungen, Aufbau einer Transportinfrastruktur und Bildungszusammenarbeit vorgeschlagen. Alles Ansätze, die noch heute – 25 Jahre später – ihre Gültigkeit haben.
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Das Buch ist ja nicht das neueste. Noch dazu auf einem Gebiet, auf dem sich so viel verändert. Trotzdem war es lesenswert, da Erhard Busek die Situation sehr gut analysiert und Prognosen stellt, die heute – 25 Jahre später – noch gültig sind.
Das Buch soll ein Handbuch für diesen Teil Europas sein. Bereits bei der Überschrift schlägt er vor, den Begriff „Balkan“ gegen „Südosteuropa“ zu ersetzen. Er selbst hat sich nach seinem Ausscheiden aus der österreichhischen Politik sehr stark für die Länder Südosteuropas eingesetzt. Das Engagement wurde aber unterschiedlich gesehen: „Die einen anerkennen meine Tätigkeit, die anderen sind froh, wenn es ein anderer tut, die dritten wieder glauben, dass es ganz gut ist, wenn es einzelne Menschen gibt, die sich engagieren. Nicht zu vergessen sind jene, die einem noch immer vorhalten, nichts besseres zu tun zu haben, als ich mit dem „Gesindel“ abzugeben.“ (Seite 23) Busek sieht es aber als eine Herausforderung sich für diesen Teil Europas einzusetzen. „Ich vertrete die Meinung, dass über kurz oder lang alle Staaten der EU angehören sollten.“ (Seite 47) Die Abhängigkeit der europäischen Staaten ist sehr hoch und daher muss man integrieren. Mehrere Hemmschuhe verhindern dies derzeit: die geschichtliche Vergangenheit, die Sprachenvielfalt und die Spannung zwischen den verschiedenen Kirchen. Viele internationale Interessen wirken auf diese Region ein: Europa, USA und Russland. Der Einfluss Russlands wird dabei nicht unterschätzt und Busek schrieb bereits 1999: „Der Traum, eine Supermacht zu sein, besteht zweifellos in vielen russischen Hirnen und Herzen.“ (Seite 54)
Zur Verbesserung der Beziehung der europäischen Länder mit jenen Südosteuropas schlägt der Autor Kooperationen auf den Gebieten Kultur, Kunst und Bildung vor. Vor allem interntionale Austauschprogramme können das gegenseitige Verständnis verstärken.
Aus der Geschichte abgeleitet weist er auch auf die Integration via Protektorat hin. Die Österreichisch-Ungarische Monarchie verwaltete provisorisch von 1878 bis 1908 Bosnien auf Basis eines Protektorats. Protektorats-Überlegungen könnten auch für das eine oder andere Land Südosteuropas angewandt werden.
Leider fehlen für einen Integrationsprozess Strategien und Pläne. „Zu stark war die Meinung, es wäre Aufgabe der „Transformations“-Staaten, mit sich selbst zurecht zu kommen.“ (Seite 143) Damit wurde nationaler Egoismus verstärkt.
Im Kapitel „Praktische Maßnahmen – Schritt um Schritt“ werden auch Vorschläge wie die Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Grenzerleichterungen, Aufbau einer Transportinfrastruktur und Bildungszusammenarbeit vorgeschlagen. Alles Ansätze, die noch heute – 25 Jahre später – ihre Gültigkeit haben.
KIM, Anna
2023.
@book{KIM2023,
title = {Invasionen des Privaten},
author = {Anna KIM},
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date = {2023-01-30},
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abstract = {KIM, Anna: „Invasionen des Privaten“, Graz Wien 2011
Das Buch entstand während eines längeren Aufenthalts in Grönland, bei dem sie Kontakt mit Einheimischen – Grönländern und Dänen – hatte und diese in Bezug sie ihrer eigenen Identität bringt: die Koreanerin als Österreicherin.
Grönland, ein Teil Dänemarks, mit weniger als 60.000 Einwohnern, von denen 15.000 in der Hauptstadt Nuuk leben. Kim versucht die Geschichte des Landes, von der Kolonialbesetzung bis hin zur Einbindung Dänemarks aufzuarbeiten. Sie halt auch Kontakte zu lokalen Menschen, um deren Geschichte und Empfindungen festzuhalten. Während ihres Grönlandaufenthalts wohnt sie sowohl in der Hauptstadt Nuuk, als auch am Land, zwei Flugstunden nördlich.
Obwohl Grönland ein fast unbewohntes Land ist, wirkt die Hauptstadt „wie jede andere Stadt … frei von Natur.“ (Seite 10) Die Vergangenheit des Landes ist in seiner Architektur abgebildet: norwegische Bauten und dann, nach der Übernahme Dänemarks, dänischer Stil.
Der Kolonialismus ging mit den Einheimischen sehr brutal um. „Luxus Waren“ wie Kaffee, Alkohol, Tee oder Gewürze wurden an Grönländer nicht verkauft. Sie wurden zweitklassig behandelt und man versuchte sie zu Beginn in ihrer Funktion, dem Jagen von Roben und Walen zu halten. Als dann im Zweiten Weltkrieg amerikanische Militärbasen errichtet wurden, siedelte man die Inuit um. Sie bekamen kleinere Jagdgebiete, in denen sie mit ihrer Kultur nicht mehr überleben konnten. Zehn Jahre lang hatte man grönländische Kinder für ein oder zwei Jahre nach Dänemark gebracht, um ihre Kultur anzugleichen. Die Kinder kamen heimatlos zurück. Hatten ihre eigene Sprache verlernt und dänisch gelernt. Eine Gesprächspartnerin, die auf so einem Dänemarkaufenthalt war, meinte: „Dänisch fließend zu sprechen bedeutet somit, besser zu sein als der (grönländische) Durchschnitt.“ (Seite 36) In den Schulen Grönland gibt es nur Bücher in dänischer Sprache. Für grönländische Bücher ist das Volumen zu klein.
Auch die Schilderungen der Landschaft sind interessant: „Wir sind so wenige, dass wir uns innerhalb von Minuten aus den Augen verlieren, obwohl wir nicht gehen, sondern tapsen. Schließlich stehe ich allein in der Landschaft, die keine ist. Ich stehe in einem weißen, leeren Raum, ich bin umgeben von Stille, meine Beine sind eben erst geboren, und vielleicht denke ich, auch mein Körper, vielleicht bin ich gerade erst auf die Welt gekommen?“ (Seite 75)
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Das Buch entstand während eines längeren Aufenthalts in Grönland, bei dem sie Kontakt mit Einheimischen – Grönländern und Dänen – hatte und diese in Bezug sie ihrer eigenen Identität bringt: die Koreanerin als Österreicherin.
Grönland, ein Teil Dänemarks, mit weniger als 60.000 Einwohnern, von denen 15.000 in der Hauptstadt Nuuk leben. Kim versucht die Geschichte des Landes, von der Kolonialbesetzung bis hin zur Einbindung Dänemarks aufzuarbeiten. Sie halt auch Kontakte zu lokalen Menschen, um deren Geschichte und Empfindungen festzuhalten. Während ihres Grönlandaufenthalts wohnt sie sowohl in der Hauptstadt Nuuk, als auch am Land, zwei Flugstunden nördlich.
Obwohl Grönland ein fast unbewohntes Land ist, wirkt die Hauptstadt „wie jede andere Stadt … frei von Natur.“ (Seite 10) Die Vergangenheit des Landes ist in seiner Architektur abgebildet: norwegische Bauten und dann, nach der Übernahme Dänemarks, dänischer Stil.
Der Kolonialismus ging mit den Einheimischen sehr brutal um. „Luxus Waren“ wie Kaffee, Alkohol, Tee oder Gewürze wurden an Grönländer nicht verkauft. Sie wurden zweitklassig behandelt und man versuchte sie zu Beginn in ihrer Funktion, dem Jagen von Roben und Walen zu halten. Als dann im Zweiten Weltkrieg amerikanische Militärbasen errichtet wurden, siedelte man die Inuit um. Sie bekamen kleinere Jagdgebiete, in denen sie mit ihrer Kultur nicht mehr überleben konnten. Zehn Jahre lang hatte man grönländische Kinder für ein oder zwei Jahre nach Dänemark gebracht, um ihre Kultur anzugleichen. Die Kinder kamen heimatlos zurück. Hatten ihre eigene Sprache verlernt und dänisch gelernt. Eine Gesprächspartnerin, die auf so einem Dänemarkaufenthalt war, meinte: „Dänisch fließend zu sprechen bedeutet somit, besser zu sein als der (grönländische) Durchschnitt.“ (Seite 36) In den Schulen Grönland gibt es nur Bücher in dänischer Sprache. Für grönländische Bücher ist das Volumen zu klein.
Auch die Schilderungen der Landschaft sind interessant: „Wir sind so wenige, dass wir uns innerhalb von Minuten aus den Augen verlieren, obwohl wir nicht gehen, sondern tapsen. Schließlich stehe ich allein in der Landschaft, die keine ist. Ich stehe in einem weißen, leeren Raum, ich bin umgeben von Stille, meine Beine sind eben erst geboren, und vielleicht denke ich, auch mein Körper, vielleicht bin ich gerade erst auf die Welt gekommen?“ (Seite 75)
ERNAUX, Annie
Der junge Mann Buch
2023.
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title = {Der junge Mann},
author = {Annie ERNAUX},
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abstract = {ERNAUX, Annie: „Der junge Mann“; Berlin 2023
Als frisch gekürte Nobelpreisträgerin erwartet das Lesevolk neue Bücher von ihr. Ein Druck, den sie mit der Auffrischung einer alten Geschichte nachkam. Die heute 83-jährige erzählt eine Geschichte, die sie mit Mitte 50 mit einem jungen Liebhaber gehabt hatte. Eigentlich ließ sie sich in dieses Verhältnis mit einem jungen Mann, der jünger als ihre eigenen Kinder war ein, um neue Energie zum Schreiben eines Buches zu bekommen. Die Beziehung wurde intensiver, als sich der Liebhaber von seiner gleichaltrigen Freundin trennte. Er wohnte in Rouen und sie übersiedelte jedes Wochenende in seine Wohnung, wo sie hauptsächlich dem gemeinsamen Sex frönten. Sie hatte seinerzeit in Rouen studiert und konnte ihm vieles zeigen und dabei selbst wieder ihre eigenen Jugenderinnerungen auffrischen. Er war für sie „die verkörperte Vergangenheit. Mit ihm durchlief ich alle Alter des Lebens, alle Alter meines Lebens.“ (Seite 21)
Die Art, wie der junge Mann lebte, erinnerte sie auch an die eigene Jugend. Sie kam aus einfachen Verhältnissen und änderte sich erst im Laufe des Lebens zu einem anderen Lebensstil. „Bei meinem Mann hatte ich mich als Proletin gefühlt, bei ihm war ich Bildungsbürgerin.“ (Seite 21) Der Liebhaber kam aus einfachen Verhältnissen und hatte wenig Geld. Er musste genau haushalten. Auch liebte er es nicht zu arbeiten und sie, die inzwischen erfolgreiche Schriftstellerin, finanzierte sein Leben. Sie machten viele Reisen. Es war eine sich ergänzende Partnerschaft: sie erlebte Sex, wie sie ihn in diesem Alter nicht mehr erwartete und er bekam ein finanziertes Dasein. „Man konnte unsere Beziehung als Zweckbeziehung sehen. Er bereitete mir Lust, und dank ihm erlebte ich Dinge, die noch einmal zu erleben ich nie geglaubt hätte. Dass ich ihn auf Reisen einlud und er sich meinetwegen keine Arbeit suchen musste, denn dann hätte er weniger Zeit für mich gehabt, erschien mir ein fairer Handel, ein gutes Geschäft, zumal ich diejenige war, die die Regeln bestimmte.“ (Seite 25)
Bei öffentlichen Auftritten wurden sie von den Menschen „anstößiger als ein homosexuelles Paar“ betrachtet. Sie fand es unfair, dass man einen älteren Mann mit einer jungen Freundin gesellschaftlich akzeptierte, dies aber einer älteren Frau nicht zugestand. Sex war aber doch kein lebensfüllendes Programm und man redete über vergangene Erlebnisse, wobei die Vergangenheit der Frau vor jener des jungen Mannes lag. „Mir war, als würde ich ewig leben und zugleich tot sein.“ (Seite 29)
Die Autorin begann die Beziehung, um einen Kick zum Schreiben eines Romans zu bekommen. Es war die Erzählung einer heimlichen Abtreibung. So wie sie das Ungeborene wegnehmen ließ, löste sie sich vom Liebhaber. „Als wollte ich ihn von mir lösen und abstoßen, so wie ich es gut dreißig Jahre zuvor mit dem Embryo getan hatte.“ (Seite 40) So schloss sich der Kreis: der Freund war weg, hatte seine Dienste getan und das neue Manuskript war fertig geschrieben.
Die vorliegende Geschichte ist aber nur ein schmaler Band mit 40 Seiten, so wie viele der Bücher von Annie Ernaux.
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Als frisch gekürte Nobelpreisträgerin erwartet das Lesevolk neue Bücher von ihr. Ein Druck, den sie mit der Auffrischung einer alten Geschichte nachkam. Die heute 83-jährige erzählt eine Geschichte, die sie mit Mitte 50 mit einem jungen Liebhaber gehabt hatte. Eigentlich ließ sie sich in dieses Verhältnis mit einem jungen Mann, der jünger als ihre eigenen Kinder war ein, um neue Energie zum Schreiben eines Buches zu bekommen. Die Beziehung wurde intensiver, als sich der Liebhaber von seiner gleichaltrigen Freundin trennte. Er wohnte in Rouen und sie übersiedelte jedes Wochenende in seine Wohnung, wo sie hauptsächlich dem gemeinsamen Sex frönten. Sie hatte seinerzeit in Rouen studiert und konnte ihm vieles zeigen und dabei selbst wieder ihre eigenen Jugenderinnerungen auffrischen. Er war für sie „die verkörperte Vergangenheit. Mit ihm durchlief ich alle Alter des Lebens, alle Alter meines Lebens.“ (Seite 21)
Die Art, wie der junge Mann lebte, erinnerte sie auch an die eigene Jugend. Sie kam aus einfachen Verhältnissen und änderte sich erst im Laufe des Lebens zu einem anderen Lebensstil. „Bei meinem Mann hatte ich mich als Proletin gefühlt, bei ihm war ich Bildungsbürgerin.“ (Seite 21) Der Liebhaber kam aus einfachen Verhältnissen und hatte wenig Geld. Er musste genau haushalten. Auch liebte er es nicht zu arbeiten und sie, die inzwischen erfolgreiche Schriftstellerin, finanzierte sein Leben. Sie machten viele Reisen. Es war eine sich ergänzende Partnerschaft: sie erlebte Sex, wie sie ihn in diesem Alter nicht mehr erwartete und er bekam ein finanziertes Dasein. „Man konnte unsere Beziehung als Zweckbeziehung sehen. Er bereitete mir Lust, und dank ihm erlebte ich Dinge, die noch einmal zu erleben ich nie geglaubt hätte. Dass ich ihn auf Reisen einlud und er sich meinetwegen keine Arbeit suchen musste, denn dann hätte er weniger Zeit für mich gehabt, erschien mir ein fairer Handel, ein gutes Geschäft, zumal ich diejenige war, die die Regeln bestimmte.“ (Seite 25)
Bei öffentlichen Auftritten wurden sie von den Menschen „anstößiger als ein homosexuelles Paar“ betrachtet. Sie fand es unfair, dass man einen älteren Mann mit einer jungen Freundin gesellschaftlich akzeptierte, dies aber einer älteren Frau nicht zugestand. Sex war aber doch kein lebensfüllendes Programm und man redete über vergangene Erlebnisse, wobei die Vergangenheit der Frau vor jener des jungen Mannes lag. „Mir war, als würde ich ewig leben und zugleich tot sein.“ (Seite 29)
Die Autorin begann die Beziehung, um einen Kick zum Schreiben eines Romans zu bekommen. Es war die Erzählung einer heimlichen Abtreibung. So wie sie das Ungeborene wegnehmen ließ, löste sie sich vom Liebhaber. „Als wollte ich ihn von mir lösen und abstoßen, so wie ich es gut dreißig Jahre zuvor mit dem Embryo getan hatte.“ (Seite 40) So schloss sich der Kreis: der Freund war weg, hatte seine Dienste getan und das neue Manuskript war fertig geschrieben.
Die vorliegende Geschichte ist aber nur ein schmaler Band mit 40 Seiten, so wie viele der Bücher von Annie Ernaux.
Hell, Bodo
Auffahrt Buch
2023.
@book{Hell2023,
title = {Auffahrt},
author = {Bodo Hell},
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date = {2023-01-19},
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abstract = {HELL, Bodo: „Auffahrt“, Graz Wien 2019
Es sind 27 Essays, bei denen sich der Autor primär mit Heiligen auseinandersetzt und diese in ein anderes Licht rückt, als es die offizielle Kirche macht.
Gleich zu Beginn stellt er viele Interpretationsvarianten des Habsburgischen Spruchs für AEIOU vor. In Anlehnung an seinen Dichterkollegen Julian Schutting bezieht er sich auf die abgeschnittenen Brüste der heiligen Agatha. Die heilige Barbara leitet er sogar vom Begriff „Barbarin“ her. Drei heilige Christinas werden gegenübergestellt. Die Geschichte über die Christmette legt er in die Neuzeit und in den ersten Wiener Gemeindebezirk zur Stephanskirche. In Salzburg widmet er sich dem Nonnberg Kloster und beim heiligen Florian fällt ihm nur ein brandlegender Feuerwehrmann ein, der selbst Brände auslöst, um sie dann eifrig mitlöschen zu können. Eine Litanei, die jeweils aus einem Wort besteht, besetzt über zehn Seiten des Buches. Die wenigen Wienern bekannte Johanneskapelle am stark befahrenen Gürtel bekommt ebenso einen Platz in einem Essay wie alle Marienfeiertage eines Jahres. Am Ende der teilweise skurrilen Erzählungen, kehrt er wieder nach Wien zur Virgil Kapelle am Stephansplatz zurück und endet mit einer „Wetterheiligenlitanei für den Almsommer“.
Der in Salzburg geborene Dichter lebt in Wien und betreibt im Sommer eine Almwirtschaft am Dachstein. Diese entspricht auch der Themenwahl dieses Buches.
Warum ich mir dieses Buch einmal gekauft hatte, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Ich lege aber fast nie ein Buch ungelesen weg. Manchmal – so wie in diesem Fall – muss ich eben mehrmals beginnen.
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Es sind 27 Essays, bei denen sich der Autor primär mit Heiligen auseinandersetzt und diese in ein anderes Licht rückt, als es die offizielle Kirche macht.
Gleich zu Beginn stellt er viele Interpretationsvarianten des Habsburgischen Spruchs für AEIOU vor. In Anlehnung an seinen Dichterkollegen Julian Schutting bezieht er sich auf die abgeschnittenen Brüste der heiligen Agatha. Die heilige Barbara leitet er sogar vom Begriff „Barbarin“ her. Drei heilige Christinas werden gegenübergestellt. Die Geschichte über die Christmette legt er in die Neuzeit und in den ersten Wiener Gemeindebezirk zur Stephanskirche. In Salzburg widmet er sich dem Nonnberg Kloster und beim heiligen Florian fällt ihm nur ein brandlegender Feuerwehrmann ein, der selbst Brände auslöst, um sie dann eifrig mitlöschen zu können. Eine Litanei, die jeweils aus einem Wort besteht, besetzt über zehn Seiten des Buches. Die wenigen Wienern bekannte Johanneskapelle am stark befahrenen Gürtel bekommt ebenso einen Platz in einem Essay wie alle Marienfeiertage eines Jahres. Am Ende der teilweise skurrilen Erzählungen, kehrt er wieder nach Wien zur Virgil Kapelle am Stephansplatz zurück und endet mit einer „Wetterheiligenlitanei für den Almsommer“.
Der in Salzburg geborene Dichter lebt in Wien und betreibt im Sommer eine Almwirtschaft am Dachstein. Diese entspricht auch der Themenwahl dieses Buches.
Warum ich mir dieses Buch einmal gekauft hatte, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Ich lege aber fast nie ein Buch ungelesen weg. Manchmal – so wie in diesem Fall – muss ich eben mehrmals beginnen.
Reinhold, Bernadette
Oskar Kokoschka und Österreich Buch
2023.
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title = {Oskar Kokoschka und Österreich},
author = {Bernadette Reinhold},
year = {2023},
date = {2023-01-18},
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abstract = {REINHOLD, Bernadette: „Oskar Kokoschka und Österreich“, Wien 2023
Viele Biografien wurden über Kokoschka schon geschrieben. Allein das Literaturverzeichnis dieses Buches zitiert auf über 20 Seiten in kleiner Schrift Werke über den Künstler Kokoschka. Und doch gelang es der Autorin Bernadette Reinhold eine andere Art von Biografie zu schreiben, die sich von allem bisherigen unterscheidet. Sie legt einerseits den Schwerpunkt auf das Verhältnis Kokoschkas zu Österreich und andererseits kündigt sie ihren Stil im Untertitel mit „Facetten einer politischen Biografie“ an. Es wurde also nicht eine weitere Biografie, sondern eine andere. Natürlich gehen die Fakten des Lebens nicht verloren und das Geburtsjahr bleibt 1886, genauso wie der Geburtsort Pöchlarn, aber es werden Verhältnis zwischen dem Maler und anderen Personen und Städten hergestellt. Vor allem das zwiespältige Verhältnis zu Österreich, wo er im Ständestadt ein Vorzeigekünstler war, der verehrt wurde und auf den man stolz war, aber dann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zuerst nach Prag ging und dann britischer Staatsbürger wurde. Wobei die Autorin festhält, dass die Übersiedlung nach Prag keine Flucht war, sondern eine Abkehr zu Wien. Aus politischen Gründen hätte er 1934 Wien nicht verlassen müssen. Es waren vielmehr wirtschaftliche Gründe. Prag war eine reichere Stadt als Wien und bot dem Künstler einen besseren Absatzmarkt für seine Werke. „Persönlich und politisch enttäuscht wandte er sich von Österreich ab und legte vielfältig sein Bekenntnis zur Tschechoslowakei ab.“ (Seite 97) Hitler hatte in Deutschland bereits die Macht ergriffen und Kokoschkas Bilder wurden 1937 und 1938 in München in der Ausstellung „Entartete Kunst-Schau“ gezeigt, die von zwei Millionen Menschen besucht wurde. Nach seiner Flucht aus Prag ließ er sich in London nieder und engagierte sich für humanitäre Projekte.
Kokoschka war als tschechischer Staatsbürger nach England gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor er seine tschechische Staatsbürgerschaft, bekam aber die britische. Er hatte gute Beziehungen zu den Sowjets und dies war der Grund, ihn aus der Tschechoslowakei „hinauszuschmeißen“. Als am 8. Mai 1945 der Krieg aus war, konnte er es noch nicht glauben und hatte Sorgen um seine zurückgebliebene Schwester mit ihrem Mann.
Erst 1947 betrat er wieder österreichischen Boden. Hier stand er bald wieder im Fokus des öffentlichen Interesses, wenngleich er nicht von allen anerkannt wurde. Lange brauchte es, bis es wieder eine Ausstellung von ihm in seiner Heimat gab. Viele internationale Ausstellungen folgten, die erste in Österreich fand aber nicht in Wien, sondern in Linz statt, obwohl ihn in Wien der kommunistische Stadtrat Matejka unterstützte. Schon 1946 drängte er seine Mitpolitiker dazu Kokoschka auszuzeichnen, aber es dauerte noch 15 Jahre, bis es dazu kam. Eine Ehrenbürgerschaft erreichte keine Mehrheit und so schlug man ihm einen Ehrenring vor, den er mit dem Grund ablegte, prinzipiell keine Ringe zu tragen. In Wien bekam er auch keine Professur, wie es ihm eigentlich zustand. Dafür engagierte sich Salzburg, wo er die „Schule des Sehens“ gründete. Dies war auch der Hauptgrund meines Interesses an diesem Buch. Meine Cousine, eine aufstrebende Künstlerin, war Studentin von Kokoschka in Salzburg und ich besitze noch Aquarelle aus dieser Zeit. Aufträge bekam er in Österreich zu Beginn wenige. Es wurden immer noch Künstler aus der Nationalsozialistischen Zeit bevorzugt, wie etwa bei der Ausführung des Vorhangs in der renovierten Oper. Von ihm wollte man ein Bild von der Eröffnungsfeier, dem er aber nicht in diesem Sinne nachkam. Er schuf eine Außenansicht der neu renovierten Oper. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu mehreren Ehrungen. Die größte Ausstellung seiner Werke fand erst 1958 in Wien im Künstlerhaus statt. 1955 bezeichnete ihn der damalige Unterrichtsminister Drimmel als den „bedeutendsten lebenden österreichischen Künstler“. (Seite 289) Auch Thomas Bernhard würdigt ihn, wenn er sagte „Heute kostet selbst ein schwaches Klimtkitschgemälde mehrere Millionen Pfund, sagte Reger, das ist widerwärtig. Schiele ist nicht ein Kitsch, aber ein ganz großer Maler ist Schiele natürlich auch nicht. In der Qualität Schieles hat es in diesem Jahrhundert mehrere österreichische Maler gegeben, aber außer Kokoschka keinen einzigen wirklich bedeutenden, sozusagen wirklich großen.“ (Seite 297)
Letztlich war es Kreisky, der ihn zu sich in seine private Wohnung einlud, ihn hier als Wohnsitz anmeldete und ihm die österreichische Staatsbürgerschaft verlieh. Nach einer österreichischen, einer tschechischen und britischen war er wieder Österreicher geworden.
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Viele Biografien wurden über Kokoschka schon geschrieben. Allein das Literaturverzeichnis dieses Buches zitiert auf über 20 Seiten in kleiner Schrift Werke über den Künstler Kokoschka. Und doch gelang es der Autorin Bernadette Reinhold eine andere Art von Biografie zu schreiben, die sich von allem bisherigen unterscheidet. Sie legt einerseits den Schwerpunkt auf das Verhältnis Kokoschkas zu Österreich und andererseits kündigt sie ihren Stil im Untertitel mit „Facetten einer politischen Biografie“ an. Es wurde also nicht eine weitere Biografie, sondern eine andere. Natürlich gehen die Fakten des Lebens nicht verloren und das Geburtsjahr bleibt 1886, genauso wie der Geburtsort Pöchlarn, aber es werden Verhältnis zwischen dem Maler und anderen Personen und Städten hergestellt. Vor allem das zwiespältige Verhältnis zu Österreich, wo er im Ständestadt ein Vorzeigekünstler war, der verehrt wurde und auf den man stolz war, aber dann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zuerst nach Prag ging und dann britischer Staatsbürger wurde. Wobei die Autorin festhält, dass die Übersiedlung nach Prag keine Flucht war, sondern eine Abkehr zu Wien. Aus politischen Gründen hätte er 1934 Wien nicht verlassen müssen. Es waren vielmehr wirtschaftliche Gründe. Prag war eine reichere Stadt als Wien und bot dem Künstler einen besseren Absatzmarkt für seine Werke. „Persönlich und politisch enttäuscht wandte er sich von Österreich ab und legte vielfältig sein Bekenntnis zur Tschechoslowakei ab.“ (Seite 97) Hitler hatte in Deutschland bereits die Macht ergriffen und Kokoschkas Bilder wurden 1937 und 1938 in München in der Ausstellung „Entartete Kunst-Schau“ gezeigt, die von zwei Millionen Menschen besucht wurde. Nach seiner Flucht aus Prag ließ er sich in London nieder und engagierte sich für humanitäre Projekte.
Kokoschka war als tschechischer Staatsbürger nach England gekommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor er seine tschechische Staatsbürgerschaft, bekam aber die britische. Er hatte gute Beziehungen zu den Sowjets und dies war der Grund, ihn aus der Tschechoslowakei „hinauszuschmeißen“. Als am 8. Mai 1945 der Krieg aus war, konnte er es noch nicht glauben und hatte Sorgen um seine zurückgebliebene Schwester mit ihrem Mann.
Erst 1947 betrat er wieder österreichischen Boden. Hier stand er bald wieder im Fokus des öffentlichen Interesses, wenngleich er nicht von allen anerkannt wurde. Lange brauchte es, bis es wieder eine Ausstellung von ihm in seiner Heimat gab. Viele internationale Ausstellungen folgten, die erste in Österreich fand aber nicht in Wien, sondern in Linz statt, obwohl ihn in Wien der kommunistische Stadtrat Matejka unterstützte. Schon 1946 drängte er seine Mitpolitiker dazu Kokoschka auszuzeichnen, aber es dauerte noch 15 Jahre, bis es dazu kam. Eine Ehrenbürgerschaft erreichte keine Mehrheit und so schlug man ihm einen Ehrenring vor, den er mit dem Grund ablegte, prinzipiell keine Ringe zu tragen. In Wien bekam er auch keine Professur, wie es ihm eigentlich zustand. Dafür engagierte sich Salzburg, wo er die „Schule des Sehens“ gründete. Dies war auch der Hauptgrund meines Interesses an diesem Buch. Meine Cousine, eine aufstrebende Künstlerin, war Studentin von Kokoschka in Salzburg und ich besitze noch Aquarelle aus dieser Zeit. Aufträge bekam er in Österreich zu Beginn wenige. Es wurden immer noch Künstler aus der Nationalsozialistischen Zeit bevorzugt, wie etwa bei der Ausführung des Vorhangs in der renovierten Oper. Von ihm wollte man ein Bild von der Eröffnungsfeier, dem er aber nicht in diesem Sinne nachkam. Er schuf eine Außenansicht der neu renovierten Oper. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu mehreren Ehrungen. Die größte Ausstellung seiner Werke fand erst 1958 in Wien im Künstlerhaus statt. 1955 bezeichnete ihn der damalige Unterrichtsminister Drimmel als den „bedeutendsten lebenden österreichischen Künstler“. (Seite 289) Auch Thomas Bernhard würdigt ihn, wenn er sagte „Heute kostet selbst ein schwaches Klimtkitschgemälde mehrere Millionen Pfund, sagte Reger, das ist widerwärtig. Schiele ist nicht ein Kitsch, aber ein ganz großer Maler ist Schiele natürlich auch nicht. In der Qualität Schieles hat es in diesem Jahrhundert mehrere österreichische Maler gegeben, aber außer Kokoschka keinen einzigen wirklich bedeutenden, sozusagen wirklich großen.“ (Seite 297)
Letztlich war es Kreisky, der ihn zu sich in seine private Wohnung einlud, ihn hier als Wohnsitz anmeldete und ihm die österreichische Staatsbürgerschaft verlieh. Nach einer österreichischen, einer tschechischen und britischen war er wieder Österreicher geworden.
KURKOW, Andrej
2023.
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abstract = {KURKOW, Andrej: „Samson und Nadjeschka”, Zürich 2022
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Fall des Zarenreiches sah die Ukraine eine Chance zur Selbstständigkeit, die aber 2018 durch die Besetzung der Rotarmisten (Russen und Chinesen) wieder ins russische Reich, der Sowjetunion eingegliedert wurde. In diese Zeit fällt die Geschichte des neuen Romans von Andrej Kurkow „Samson und Nadjeschda“. Anhand dieser beiden jungen Personen erzählt Kurkow die Situation in Kiew. Samsons Mutter und Schwester waren schon früh verstorben. Er wuchs mit dem Vater auf. Bei einem Überfall wurde der Vater getötet und ihm, dem Sohn Samson ein Ohr abgeschlagen. Allein brachte er sich durch Leben und nahm letztlich einen Job in der neu geformten sowjetischen Polizei an. Er hatte ein technisches Studium und war daher den kriminalistischen Anforderungen nicht gewachsen. Sein verständnisvolle Chef sah darüber hinweg. Seine Tätigkeit wurde im Buch in eine Art Kriminalroman gegossen. Er verfolgt eine Bande und kann letztlich deren Vergehen aufklären, wenngleich der Umgang mit Kriminellen brutaler vor sich ging als in Friedenszeiten. Es gab viele Tote. Parallel dazu verkuppelt ihn seine Hausmeisterin mit einer jungen Frau, die auch in seine große Wohnung einzog.
Kurkow hatte dieses Buch noch vor dem Krieg mit Russland geschrieben. Das Thema und die kriegerischen Auseinandersetzungen passen aber in die heutige Zeit, wenngleich der Waffeneinsatz 1919 ein anderer war als heute im 21. Jahrhundert.
Kurkow ist in Sankt Petersburg geboren und spricht russisch. All seine Bücher schreibt er in russischer Sprache, die seine Muttersprache ist. Gleichzeitig setzt er sich auch für den Rechtsstaat „Ukraine“ ein. Zum derzeitigen Krieg in der Ukraine meint er: „Putin zerstöre „nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland und die russische Sprache.“ Ähnlich motiviert habe der 1961 geborene Autor selbst „einst das Deutsche als Fremdsprache verweigert, weil die Nazis seinen Großvater ermordet hatten.“
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Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Fall des Zarenreiches sah die Ukraine eine Chance zur Selbstständigkeit, die aber 2018 durch die Besetzung der Rotarmisten (Russen und Chinesen) wieder ins russische Reich, der Sowjetunion eingegliedert wurde. In diese Zeit fällt die Geschichte des neuen Romans von Andrej Kurkow „Samson und Nadjeschda“. Anhand dieser beiden jungen Personen erzählt Kurkow die Situation in Kiew. Samsons Mutter und Schwester waren schon früh verstorben. Er wuchs mit dem Vater auf. Bei einem Überfall wurde der Vater getötet und ihm, dem Sohn Samson ein Ohr abgeschlagen. Allein brachte er sich durch Leben und nahm letztlich einen Job in der neu geformten sowjetischen Polizei an. Er hatte ein technisches Studium und war daher den kriminalistischen Anforderungen nicht gewachsen. Sein verständnisvolle Chef sah darüber hinweg. Seine Tätigkeit wurde im Buch in eine Art Kriminalroman gegossen. Er verfolgt eine Bande und kann letztlich deren Vergehen aufklären, wenngleich der Umgang mit Kriminellen brutaler vor sich ging als in Friedenszeiten. Es gab viele Tote. Parallel dazu verkuppelt ihn seine Hausmeisterin mit einer jungen Frau, die auch in seine große Wohnung einzog.
Kurkow hatte dieses Buch noch vor dem Krieg mit Russland geschrieben. Das Thema und die kriegerischen Auseinandersetzungen passen aber in die heutige Zeit, wenngleich der Waffeneinsatz 1919 ein anderer war als heute im 21. Jahrhundert.
Kurkow ist in Sankt Petersburg geboren und spricht russisch. All seine Bücher schreibt er in russischer Sprache, die seine Muttersprache ist. Gleichzeitig setzt er sich auch für den Rechtsstaat „Ukraine“ ein. Zum derzeitigen Krieg in der Ukraine meint er: „Putin zerstöre „nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland und die russische Sprache.“ Ähnlich motiviert habe der 1961 geborene Autor selbst „einst das Deutsche als Fremdsprache verweigert, weil die Nazis seinen Großvater ermordet hatten.“
DROUVE, Andreas
Jakobsweg per Rad Buch
2023.
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title = {Jakobsweg per Rad},
author = {Andreas DROUVE},
year = {2023},
date = {2023-01-12},
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abstract = {DROUVE, Andreas: „Jakobsweg per Rad”, Neuenhagen 2008
Es gibt viele Bücher über das Wandern am Jakobsweg. Von meiner Schwester bekam ich jetzt – nachdem ich am Knie operiert wurde und wandern nicht mehr so einfach sein wird – ein Buch, wie man mit dem Fahrrad den Jakobsweg bewältigt. Der Autor ist ein Insider und hat längere Zeit in Spanien gewohnt. So gibt er im „Vorspann“ einen Überblick über „Land und Leute“ und „Das Reisen“. Der Kern des Buches beschäftigt sich aber mit den Regionen, durch die die Reise führt und für den Radfahrer gibt es Vorschläge für Tagesetappen. Es sind 18 Etappen, also 18 Rad Tage. Aus meiner persönlichen Erfahrung beim Fahren von Langstrecken kann ich aber sagen, dass man das auch in 9 Tagen ohne großen Stress fahren kann. Aber vielleicht sollte doch mehr Mystik und Entspannung in eine Strecke, wie die des Pilgerwegs gelegt werden. Wenn man auch den Weg zurück mit dem Rad zurücklegen will, wird im Buch eine Strecke entlang der Küste im Norden vorgeschlagen.
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Es gibt viele Bücher über das Wandern am Jakobsweg. Von meiner Schwester bekam ich jetzt – nachdem ich am Knie operiert wurde und wandern nicht mehr so einfach sein wird – ein Buch, wie man mit dem Fahrrad den Jakobsweg bewältigt. Der Autor ist ein Insider und hat längere Zeit in Spanien gewohnt. So gibt er im „Vorspann“ einen Überblick über „Land und Leute“ und „Das Reisen“. Der Kern des Buches beschäftigt sich aber mit den Regionen, durch die die Reise führt und für den Radfahrer gibt es Vorschläge für Tagesetappen. Es sind 18 Etappen, also 18 Rad Tage. Aus meiner persönlichen Erfahrung beim Fahren von Langstrecken kann ich aber sagen, dass man das auch in 9 Tagen ohne großen Stress fahren kann. Aber vielleicht sollte doch mehr Mystik und Entspannung in eine Strecke, wie die des Pilgerwegs gelegt werden. Wenn man auch den Weg zurück mit dem Rad zurücklegen will, wird im Buch eine Strecke entlang der Küste im Norden vorgeschlagen.
ERNAUX, Annie
Die Scham Abschlussarbeit
2023.
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title = {Die Scham},
author = {Annie ERNAUX },
year = {2023},
date = {2023-01-06},
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abstract = {ERNAUX, Annie: „Scham“, Berlin 2022
Das Buch wurde 1995 geschrieben. Seine Erzählung ging ins Jahr 1952 zurück, als der Vater die Mutter mit einem Beil töten wollte. Es war ein Sonntag. Die Tochter (=Erzählerin) war in der Messe. Als sie heimkam stritten die Eltern. Sie zog sich zurück und hörte die Mutter aus der Vorratskammer schreien, wo sie der Vater hielt und eine Hacke in der Hand hatte. Er tötete sie aber nicht. Das Erlebnis blieb aber im Kopf des damals zwölfjährigen Mädchens. 43 Jahre später verarbeitete sie es in diesem vorliegenden Buch. Sie lebte als Kind lange in der Angst, dass sich diese Szene wiederholen könnte.
Wie in allen Büchern, die ich von dieser Autorin bisher gelesen habe, nimmt sie Bezug auf Fotos aus der Vergangenheit und Erinnerungen aus dem eigenen Leben. So auch in dieser Erzählung. Diesmal steigt sie aber sofort in das Geschehnis, den eigentlichen Schluss ein und beginnt mit der geplanten Tat des Vaters. So, als würde man einen Kriminalroman mit der Preisgabe des Mörders beginnen und dann erst den Hergang aufrollen.
Das, 1996 geschriebene Buch bezieht sich ausschließlich auf das Jahr 1952, in dem das beschriebene Mädchen zwölf Jahre alt war.
Damit es die Tochter einmal besser haben würde, schickten die Eltern sie auf eine katholische Privatschule. Alles war auf Religion ausgerichtet. Die Wissensvermittlung war zweitrangig. Als Mädchen erschien ihr dies selbstverständlich. Erst beim Schreiben dieses Buches konnte sie die Situation besser einstufen.
Die streng gläubige Mutter hatte unmittelbar nach dem Krieg eine Pilgerreise nach Lourdes gemacht; aus Dankbarkeit, dass sie ihre Familie heil über die Kriegsjahre gebracht hatte. Den nicht gläubigen Vater schickte sie mit der Tochter 1952 auf eine Busreise nach Lourdes. Das war die erste Reise, die sie aus ihrem engeren Umkreis hinausführte. Die Mitreisenden waren fast ausschließlich aus gesellschaftlich besser gestellten Kreisen. Die Beiden fühlten sich nicht sehr wohl. Natürlich war auch Scham dabei, die sie damals aber noch nicht so bezeichnete.
Scham erfuhr sie erstmals bewusst, als sie von einem Schulausflug spätabends heimkam. Die Lehrerin begleitete sie wegen der späten Stunde nach Hause und die Mutter öffnete im Nachthemd. Die Mutter verwendete das Nachthemd auch zum Reinigen nach einem Toilettenbesuch, was dieses ekelig und schmutzig machte. Die Tochter schämte sich für die Mutter und lief schnell ins Haus. Von nun an war vieles mit Scham besetzt: das Pissoir am Hof, das Schlafzimmer gemeinsam mit den Eltern, betrunkene Gäste der Kneipe, Geldsorgen der Eltern und deren Arbeitervergangenheit.
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Das Buch wurde 1995 geschrieben. Seine Erzählung ging ins Jahr 1952 zurück, als der Vater die Mutter mit einem Beil töten wollte. Es war ein Sonntag. Die Tochter (=Erzählerin) war in der Messe. Als sie heimkam stritten die Eltern. Sie zog sich zurück und hörte die Mutter aus der Vorratskammer schreien, wo sie der Vater hielt und eine Hacke in der Hand hatte. Er tötete sie aber nicht. Das Erlebnis blieb aber im Kopf des damals zwölfjährigen Mädchens. 43 Jahre später verarbeitete sie es in diesem vorliegenden Buch. Sie lebte als Kind lange in der Angst, dass sich diese Szene wiederholen könnte.
Wie in allen Büchern, die ich von dieser Autorin bisher gelesen habe, nimmt sie Bezug auf Fotos aus der Vergangenheit und Erinnerungen aus dem eigenen Leben. So auch in dieser Erzählung. Diesmal steigt sie aber sofort in das Geschehnis, den eigentlichen Schluss ein und beginnt mit der geplanten Tat des Vaters. So, als würde man einen Kriminalroman mit der Preisgabe des Mörders beginnen und dann erst den Hergang aufrollen.
Das, 1996 geschriebene Buch bezieht sich ausschließlich auf das Jahr 1952, in dem das beschriebene Mädchen zwölf Jahre alt war.
Damit es die Tochter einmal besser haben würde, schickten die Eltern sie auf eine katholische Privatschule. Alles war auf Religion ausgerichtet. Die Wissensvermittlung war zweitrangig. Als Mädchen erschien ihr dies selbstverständlich. Erst beim Schreiben dieses Buches konnte sie die Situation besser einstufen.
Die streng gläubige Mutter hatte unmittelbar nach dem Krieg eine Pilgerreise nach Lourdes gemacht; aus Dankbarkeit, dass sie ihre Familie heil über die Kriegsjahre gebracht hatte. Den nicht gläubigen Vater schickte sie mit der Tochter 1952 auf eine Busreise nach Lourdes. Das war die erste Reise, die sie aus ihrem engeren Umkreis hinausführte. Die Mitreisenden waren fast ausschließlich aus gesellschaftlich besser gestellten Kreisen. Die Beiden fühlten sich nicht sehr wohl. Natürlich war auch Scham dabei, die sie damals aber noch nicht so bezeichnete.
Scham erfuhr sie erstmals bewusst, als sie von einem Schulausflug spätabends heimkam. Die Lehrerin begleitete sie wegen der späten Stunde nach Hause und die Mutter öffnete im Nachthemd. Die Mutter verwendete das Nachthemd auch zum Reinigen nach einem Toilettenbesuch, was dieses ekelig und schmutzig machte. Die Tochter schämte sich für die Mutter und lief schnell ins Haus. Von nun an war vieles mit Scham besetzt: das Pissoir am Hof, das Schlafzimmer gemeinsam mit den Eltern, betrunkene Gäste der Kneipe, Geldsorgen der Eltern und deren Arbeitervergangenheit.
ERNAUX, Annie
Die Jahre Buch
2023.
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title = {Die Jahre},
author = {Annie ERNAUX},
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abstract = {ERNAUX, Annie: „Die Jahre“, Berlin 2022
Die Autorin beschreibt rückblickend ihr Leben und dessen Veränderungen. Es ist aber ein Spiegelbild der Generation, die noch während des Zweiten Weltkriegs zur Welt kamen. Menschen, die all die Veränderungen in den Nachkriegsjahren, der folgenden Konsumgeneration und Wohlstands miterlebten. Es ist ein Spiegelbild der französischen Gesellschaft und ist doch nicht das Leben der Autorin, sondern gilt für diese Generation. Auch in anderen europäischen Ländern verlief die Veränderung ähnlich und man fühlt sich bei vielen Punkten persönlich angesprochen.
So wird noch von den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, dem Wiederaufbau und der neuen Generation erzählt. Wie durch die Babypille das sexuelle Verhältnis sich änderte und Revolutionen, wie jene von 1968, die Gesellschaft anders machte. Auch die beschriebene Person wird anders als ihre Eltern und doch wieder in vielen Dingen konservativ: verheiratet, Kindererzieherin, Konsumorientiert.
Die eigenen Kinder wurden Erwachsene. Sie waren im Wohlstand aufgewachsen und taten sich schwer von zu Hause auszuziehen. Als sie geschieden war, überlegte sie erstmals ein Buch über die Jahre von 1940 (Geburt) bis 1985 (Scheidung und wieder Alleinsein) zu schreiben.
Als die Autorin sich der Gegenwart, den „Nullerjahren“ des 21. Jahrhunderts näherte, lief sie zu einem wahrlich literarischen Höhepunkt auf. Jetzt beschrieb sie die Zeit, in der sie gerade unmittelbar lebte und charakterisierte ihre Umgebung „nobelpreisträchtig“ genau und schön. Die Überflutung mit Information durch das Internet gibt aber kein Wissen wieder, das beim Leben hilft. Sie beklagt auch, dass zwar die Religion durch die Muslime zurück im Leben sei, aber der Rosenkranz, der Fisch am Freitag und Kirchenlieder der eigenen Religion verloren gingen. Als geschiedene Frau hat sie einen jungen Liebhaber, der ihr die Jugend nicht geben kann und ihr gleichzeitig ihr Alter nimmt.
Es ist keine Biografie der Autorin geworden, sondern ein Stück Zeitgeschichte, das sie anhand einer Person beschrieb. „In dem, was sie als unpersönliche Autobiografie begreift, gibt es kein „ich“, sondern ein „man“ oder „wir“. (Seite 253) Sie empfand es selbst als Lust jetzt im Alter über das Leben zu schreiben.
Ein großartiges Buch in nobelpreiswürdigem Niveau. Die Erzählung über einer Generation.
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Die Autorin beschreibt rückblickend ihr Leben und dessen Veränderungen. Es ist aber ein Spiegelbild der Generation, die noch während des Zweiten Weltkriegs zur Welt kamen. Menschen, die all die Veränderungen in den Nachkriegsjahren, der folgenden Konsumgeneration und Wohlstands miterlebten. Es ist ein Spiegelbild der französischen Gesellschaft und ist doch nicht das Leben der Autorin, sondern gilt für diese Generation. Auch in anderen europäischen Ländern verlief die Veränderung ähnlich und man fühlt sich bei vielen Punkten persönlich angesprochen.
So wird noch von den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, dem Wiederaufbau und der neuen Generation erzählt. Wie durch die Babypille das sexuelle Verhältnis sich änderte und Revolutionen, wie jene von 1968, die Gesellschaft anders machte. Auch die beschriebene Person wird anders als ihre Eltern und doch wieder in vielen Dingen konservativ: verheiratet, Kindererzieherin, Konsumorientiert.
Die eigenen Kinder wurden Erwachsene. Sie waren im Wohlstand aufgewachsen und taten sich schwer von zu Hause auszuziehen. Als sie geschieden war, überlegte sie erstmals ein Buch über die Jahre von 1940 (Geburt) bis 1985 (Scheidung und wieder Alleinsein) zu schreiben.
Als die Autorin sich der Gegenwart, den „Nullerjahren“ des 21. Jahrhunderts näherte, lief sie zu einem wahrlich literarischen Höhepunkt auf. Jetzt beschrieb sie die Zeit, in der sie gerade unmittelbar lebte und charakterisierte ihre Umgebung „nobelpreisträchtig“ genau und schön. Die Überflutung mit Information durch das Internet gibt aber kein Wissen wieder, das beim Leben hilft. Sie beklagt auch, dass zwar die Religion durch die Muslime zurück im Leben sei, aber der Rosenkranz, der Fisch am Freitag und Kirchenlieder der eigenen Religion verloren gingen. Als geschiedene Frau hat sie einen jungen Liebhaber, der ihr die Jugend nicht geben kann und ihr gleichzeitig ihr Alter nimmt.
Es ist keine Biografie der Autorin geworden, sondern ein Stück Zeitgeschichte, das sie anhand einer Person beschrieb. „In dem, was sie als unpersönliche Autobiografie begreift, gibt es kein „ich“, sondern ein „man“ oder „wir“. (Seite 253) Sie empfand es selbst als Lust jetzt im Alter über das Leben zu schreiben.
Ein großartiges Buch in nobelpreiswürdigem Niveau. Die Erzählung über einer Generation.
ERNAUX, Annie
Die Jahre Buch
2023.
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Die Autorin beschreibt rückblickend ihr Leben und dessen Veränderungen. Es ist aber ein Spiegelbild der Generation, die noch während des Zweiten Weltkriegs zur Welt kamen. Menschen, die all die Veränderungen in den Nachkriegsjahren, der folgenden Konsumgeneration und Wohlstands miterlebten. Es ist ein Spiegelbild der französischen Gesellschaft und ist doch nicht das Leben der Autorin, sondern gilt für diese Generation. Auch in anderen europäischen Ländern verlief die Veränderung ähnlich und man fühlt sich bei vielen Punkten persönlich angesprochen.
So wird noch von den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, dem Wiederaufbau und der neuen Generation erzählt. Wie durch die Babypille das sexuelle Verhältnis sich änderte und Revolutionen, wie jene von 1968, die Gesellschaft anders machte. Auch die beschriebene Person wird anders als ihre Eltern und doch wieder in vielen Dingen konservativ: verheiratet, Kindererzieherin, Konsumorientiert.
Die eigenen Kinder wurden Erwachsene. Sie waren im Wohlstand aufgewachsen und taten sich schwer von zu Hause auszuziehen. Als sie geschieden war, überlegte sie erstmals ein Buch über die Jahre von 1940 (Geburt) bis 1985 (Scheidung und wieder Alleinsein) zu schreiben.
Als die Autorin sich der Gegenwart, den „Nullerjahren“ des 21. Jahrhunderts näherte, lief sie zu einem wahrlich literarischen Höhepunkt auf. Jetzt beschrieb sie die Zeit, in der sie gerade unmittelbar lebte und charakterisierte ihre Umgebung „nobelpreisträchtig“ genau und schön. Die Überflutung mit Information durch das Internet gibt aber kein Wissen wieder, das beim Leben hilft. Sie beklagt auch, dass zwar die Religion durch die Muslime zurück im Leben sei, aber der Rosenkranz, der Fisch am Freitag und Kirchenlieder der eigenen Religion verloren gingen. Als geschiedene Frau hat sie einen jungen Liebhaber, der ihr die Jugend nicht geben kann und ihr gleichzeitig ihr Alter nimmt.
Es ist keine Biografie der Autorin geworden, sondern ein Stück Zeitgeschichte, das sie anhand einer Person beschrieb. „In dem, was sie als unpersönliche Autobiografie begreift, gibt es kein „ich“, sondern ein „man“ oder „wir“. (Seite 253) Sie empfand es selbst als Lust jetzt im Alter über das Leben zu schreiben.
Ein großartiges Buch in nobelpreiswürdigem Niveau. Die Erzählung über einer Generation.
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Die Autorin beschreibt rückblickend ihr Leben und dessen Veränderungen. Es ist aber ein Spiegelbild der Generation, die noch während des Zweiten Weltkriegs zur Welt kamen. Menschen, die all die Veränderungen in den Nachkriegsjahren, der folgenden Konsumgeneration und Wohlstands miterlebten. Es ist ein Spiegelbild der französischen Gesellschaft und ist doch nicht das Leben der Autorin, sondern gilt für diese Generation. Auch in anderen europäischen Ländern verlief die Veränderung ähnlich und man fühlt sich bei vielen Punkten persönlich angesprochen.
So wird noch von den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, dem Wiederaufbau und der neuen Generation erzählt. Wie durch die Babypille das sexuelle Verhältnis sich änderte und Revolutionen, wie jene von 1968, die Gesellschaft anders machte. Auch die beschriebene Person wird anders als ihre Eltern und doch wieder in vielen Dingen konservativ: verheiratet, Kindererzieherin, Konsumorientiert.
Die eigenen Kinder wurden Erwachsene. Sie waren im Wohlstand aufgewachsen und taten sich schwer von zu Hause auszuziehen. Als sie geschieden war, überlegte sie erstmals ein Buch über die Jahre von 1940 (Geburt) bis 1985 (Scheidung und wieder Alleinsein) zu schreiben.
Als die Autorin sich der Gegenwart, den „Nullerjahren“ des 21. Jahrhunderts näherte, lief sie zu einem wahrlich literarischen Höhepunkt auf. Jetzt beschrieb sie die Zeit, in der sie gerade unmittelbar lebte und charakterisierte ihre Umgebung „nobelpreisträchtig“ genau und schön. Die Überflutung mit Information durch das Internet gibt aber kein Wissen wieder, das beim Leben hilft. Sie beklagt auch, dass zwar die Religion durch die Muslime zurück im Leben sei, aber der Rosenkranz, der Fisch am Freitag und Kirchenlieder der eigenen Religion verloren gingen. Als geschiedene Frau hat sie einen jungen Liebhaber, der ihr die Jugend nicht geben kann und ihr gleichzeitig ihr Alter nimmt.
Es ist keine Biografie der Autorin geworden, sondern ein Stück Zeitgeschichte, das sie anhand einer Person beschrieb. „In dem, was sie als unpersönliche Autobiografie begreift, gibt es kein „ich“, sondern ein „man“ oder „wir“. (Seite 253) Sie empfand es selbst als Lust jetzt im Alter über das Leben zu schreiben.
Ein großartiges Buch in nobelpreiswürdigem Niveau. Die Erzählung über einer Generation.
2022
MENASSE, Robert
Die Erweiterung Buch
2022.
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title = {Die Erweiterung},
author = {Robert MENASSE},
year = {2022},
date = {2022-12-21},
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abstract = {MENASSE, Robert: „Die Erweiterung“, Berlin 2022
Mit großer Sachkenntnis beschreibt Menasse die Situation der Verwaltung der Europäischen Union und des Beitrittskandidaten Albanien, der stellvertretend für die Balkanländer steht. Es ist ein Roman und dementsprechend sind es handelnde Personen, anhand derer man die Situation erfährt. Diese handelnden Personen aus Brüssel, Polen, Österreich und Albaniens werden nicht nur in ihrer agierenden Funktion vorgestellt, sondern auch deren Hintergrund bis zur Kindheit zurück und erfährt damit auch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte. So etwa der Pressesprecher des albanischen Premierministers, dessen Eltern einflussreiche Menschen in der Zeit der Diktatur Enver Hoxhas waren. Als diese Diktatur zu Ende ging begingen sie Selbstmord und der Bub wurde zum Waisen. In einem Kinderheim ist er dann aufgewachsen. Er war nur mit Buben zusammen, worauf er seine fehlende Erfahrung mit Frauen zurückführt. Homosexuell wurde er aber nicht. Nachdem das neue Regime zu Ende ging tauchte seine Tante auf und holte ihn aus dem Kinderheim. Sie erzog ihn, dass er auch zu einem Hochschulabschluss kam, aber Liebe oder Mütterlichkeit konnte sie ihm nicht bieten.
So erfährt man auch von der Kindheit eines EU-Beamten, der in der Frühzeit der Solidarnosc im Untergrund aktiv war. Sein bester Freund aus dieser Zeit wurde Premierminister und verwarf alle Jugendtugenden. Enttäuscht musste der engagierte EU-Beamte das zur Kenntnis nehmen. Eigentlich wollte er sich revanchieren und den ehemaligen Freund bloßstellen.
Diese detaillierten Beschreibungen waren dem Autor wichtig, wie er selbst sagte: „Der Erzähler aber zeigte nicht die Oberfläche, sondern setzte das Wesen ins Bild, hält nicht nur den Moment fest, sondern lasse ihn fließen, vom Grund zur Wirkung. Erst der Anspruch des Beschreibens habe das Unbeschreibliche zur Welt gebracht, während wir alles erzählen können, letztlich auch das Unbeschreibliche.“ (Seite 388)
Der Helm des albanischen Führers Skanderbeg ist ein Faktor, der sich durch den ganzen Roman zieht. Er wird aus dem Wiener Museum gestohlen. Der albanische Premierminister ließ sich unabhängig vom Kunstraub eine Kopie erstellen, die er sich aufsetzen wollte und sich so zum Oberhaupt aller Albaner zu machen. Auch jenen, die im Kosovo, in Nordmazedonien und Montenegro leben. Da Albaniens Aufnahme in die EU von Frankreich beeinsprucht wurde, will er sein kleines (unbedeutendes) Land größer machen, indem er „Großalbanien“ ins Spiel bringt. Der Premierminister meinte „Mit diesem Helm betteln wir nicht mehr um den Beitritt in die Europäische Union, sondern überlegen kühl und sachlich, ob wir die EU in ein geeintes Albanien eintreten lassen.“ (Seite 317)
Der Höhepunkt des Romans findet dann auf einem neuen Kreuzfahrtschiff, das Albanien in Betrieb nahm, statt. Es hatte den Namen SS Skanderbeg, nach dem Nationalheiligen Albaniens. Menasse klärt aber auch auf, dass es im Zweiten Weltkrieg in Albanien eine eigene SS-Einheit mit dem Namen Skanderbeg gab. „Im Kampf gegen die Jugoslawische Volksbefreiungsarmee, die Tito-Partisanen, war die Skanderbeg-Division nicht sehr erfolgreich.“ (Seite 171)
Der Stapellauf des Schiffs fand zum Nationalfeiertag Albaniens statt. Eingeladen wurden auch Vertreter aus den Nachbarländern und aus der EU. Man hielt am Schiff eine Konferenz über die Integration der Balkanländer in die EU ab, obwohl einige Wochen später eine solche in Polen geplant war. Da Polen gegen eine EU-Erweiterung ist, hat man diese Konferenz vorgezogen, um positive Stimmung zu erzeugen. Die Jungfernfahrt fand also mit allen Spitzenpolitikern der Europäischen Union statt.
Bis dahin fand ich es als sehr gutes Buch und wollte es schon Freunden zum Lesen empfehlen. Aber ab Seite 600 ändert es sich. Dann wird es chaotisch, abgehoben und irreal. Auch der Schreibstil ändert sich und wirkt wie ein Stakkato von kurzen Sätzen. Bei einem Kriminalroman nimmt man in der Beschreibung den Schluss nicht vorweg und so will ich es auch hier halten. Die Situation am Schiff eskaliert zu einer unvorstellbaren Form. Meiner Meinung leidet das Buch darunter. 50 Seiten machen die vorangegangenen 600 schlecht. Aber Menasse wollte mit diesem Stilwechsel und überhöhter Beschreibung die Situation der Europäischen Union kritisch beleuchten.
Ein großartiges Buch, in dem man die letzten 50 Seiten akzeptieren muss.
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Mit großer Sachkenntnis beschreibt Menasse die Situation der Verwaltung der Europäischen Union und des Beitrittskandidaten Albanien, der stellvertretend für die Balkanländer steht. Es ist ein Roman und dementsprechend sind es handelnde Personen, anhand derer man die Situation erfährt. Diese handelnden Personen aus Brüssel, Polen, Österreich und Albaniens werden nicht nur in ihrer agierenden Funktion vorgestellt, sondern auch deren Hintergrund bis zur Kindheit zurück und erfährt damit auch die Entwicklung der letzten Jahrzehnte. So etwa der Pressesprecher des albanischen Premierministers, dessen Eltern einflussreiche Menschen in der Zeit der Diktatur Enver Hoxhas waren. Als diese Diktatur zu Ende ging begingen sie Selbstmord und der Bub wurde zum Waisen. In einem Kinderheim ist er dann aufgewachsen. Er war nur mit Buben zusammen, worauf er seine fehlende Erfahrung mit Frauen zurückführt. Homosexuell wurde er aber nicht. Nachdem das neue Regime zu Ende ging tauchte seine Tante auf und holte ihn aus dem Kinderheim. Sie erzog ihn, dass er auch zu einem Hochschulabschluss kam, aber Liebe oder Mütterlichkeit konnte sie ihm nicht bieten.
So erfährt man auch von der Kindheit eines EU-Beamten, der in der Frühzeit der Solidarnosc im Untergrund aktiv war. Sein bester Freund aus dieser Zeit wurde Premierminister und verwarf alle Jugendtugenden. Enttäuscht musste der engagierte EU-Beamte das zur Kenntnis nehmen. Eigentlich wollte er sich revanchieren und den ehemaligen Freund bloßstellen.
Diese detaillierten Beschreibungen waren dem Autor wichtig, wie er selbst sagte: „Der Erzähler aber zeigte nicht die Oberfläche, sondern setzte das Wesen ins Bild, hält nicht nur den Moment fest, sondern lasse ihn fließen, vom Grund zur Wirkung. Erst der Anspruch des Beschreibens habe das Unbeschreibliche zur Welt gebracht, während wir alles erzählen können, letztlich auch das Unbeschreibliche.“ (Seite 388)
Der Helm des albanischen Führers Skanderbeg ist ein Faktor, der sich durch den ganzen Roman zieht. Er wird aus dem Wiener Museum gestohlen. Der albanische Premierminister ließ sich unabhängig vom Kunstraub eine Kopie erstellen, die er sich aufsetzen wollte und sich so zum Oberhaupt aller Albaner zu machen. Auch jenen, die im Kosovo, in Nordmazedonien und Montenegro leben. Da Albaniens Aufnahme in die EU von Frankreich beeinsprucht wurde, will er sein kleines (unbedeutendes) Land größer machen, indem er „Großalbanien“ ins Spiel bringt. Der Premierminister meinte „Mit diesem Helm betteln wir nicht mehr um den Beitritt in die Europäische Union, sondern überlegen kühl und sachlich, ob wir die EU in ein geeintes Albanien eintreten lassen.“ (Seite 317)
Der Höhepunkt des Romans findet dann auf einem neuen Kreuzfahrtschiff, das Albanien in Betrieb nahm, statt. Es hatte den Namen SS Skanderbeg, nach dem Nationalheiligen Albaniens. Menasse klärt aber auch auf, dass es im Zweiten Weltkrieg in Albanien eine eigene SS-Einheit mit dem Namen Skanderbeg gab. „Im Kampf gegen die Jugoslawische Volksbefreiungsarmee, die Tito-Partisanen, war die Skanderbeg-Division nicht sehr erfolgreich.“ (Seite 171)
Der Stapellauf des Schiffs fand zum Nationalfeiertag Albaniens statt. Eingeladen wurden auch Vertreter aus den Nachbarländern und aus der EU. Man hielt am Schiff eine Konferenz über die Integration der Balkanländer in die EU ab, obwohl einige Wochen später eine solche in Polen geplant war. Da Polen gegen eine EU-Erweiterung ist, hat man diese Konferenz vorgezogen, um positive Stimmung zu erzeugen. Die Jungfernfahrt fand also mit allen Spitzenpolitikern der Europäischen Union statt.
Bis dahin fand ich es als sehr gutes Buch und wollte es schon Freunden zum Lesen empfehlen. Aber ab Seite 600 ändert es sich. Dann wird es chaotisch, abgehoben und irreal. Auch der Schreibstil ändert sich und wirkt wie ein Stakkato von kurzen Sätzen. Bei einem Kriminalroman nimmt man in der Beschreibung den Schluss nicht vorweg und so will ich es auch hier halten. Die Situation am Schiff eskaliert zu einer unvorstellbaren Form. Meiner Meinung leidet das Buch darunter. 50 Seiten machen die vorangegangenen 600 schlecht. Aber Menasse wollte mit diesem Stilwechsel und überhöhter Beschreibung die Situation der Europäischen Union kritisch beleuchten.
Ein großartiges Buch, in dem man die letzten 50 Seiten akzeptieren muss.
BUCHINGER, Günther
Gozzoburg Krems - Fragen und Antworten Booklet
2022.
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title = {Gozzoburg Krems - Fragen und Antworten},
author = {Günther BUCHINGER},
editor = {Kulturamt der Stadt Krems},
year = {2022},
date = {2022-12-07},
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abstract = {Kulturamt der Stadt Krems (Hg): „Gozzoburg Krems“, Krems 2021
Die mittelalterliche Stadt Krems hatte am Hohen Markt einen Palast, den der damalige Stadtrichter Gozzo errichten ließ. In der Vergangenheit nahm man an, dass es sich um eine Burg handelt. Als solche wurde auch ein erstes Gebäude von den Kuenringern erbaut. Gozzo ließ aber alles umbauen und erweitern und schuf einen ansehnlichen Palast.
Das vom heutigen Besitzer – der Stadtgemeinde Krems – herausgegebene Buch ist mit Fragen und deren Antworten aufgebaut. Die Titel der einzelnen Kapitel sind Fragen, die dann in der Folge von Experten beantwortet werden. Ein interessanter und unüblicher Aufbau eines Kunstführers.
Der angesehene Bürger Gozzo war zum Großteil seines Lebens als Stadtrichter aktiv. Nach seinem Tod übernahm den Palast sein Sohn. Später ging er in den Besitz der Habsburger über. Im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Kaiser Friedrich III und dem ungarischen König Matthias Corvinus wurde auch Krems belagert. Die Stadt verteidigte sich tapfer und bekam als Dank viele Rechte, wie die Einhebung von Steuern. Unter Kaiser Maximilian I. kam es zu einer Teilung der Anlage. Im östlichen Teil war eine lutherische Schule untergebracht, die bald verboten wurde. Den anderen Teil erwarb der Stadtrichter.
Im 17. Jahrhundert wurde die Stadt Besitzer. In einem Teil war bis ins 19. Jahrhundert – mit vielen Umbauten – eine Bierbrauerei eingerichtet. In einem anderen Teil eine Fleischerei. Vieles wurde im 19. Jahrhundert zerstört, als das Gebäude in privaten Besitz kam und zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. So wurde etwa in der Kapelle eine Zwischendecke eingezogen, um zwei Wohngeschosse zu gewinnen. Die Wandmalereien der Kapelle wurden dabei zerstört. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhundert begann man mit der Renovierung, die bis in die 60er Jahre dauerte. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden die beiden Gebäudekomplexe wieder zusammengeführt und einer Generalsanierung unterzogen. Heute beherbergt die Gozzoburg neben einem Gasthaus das Bundesdenkmalamt für Niederösterreich und einen Teil der Fachhochschule IMC Krems.
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Die mittelalterliche Stadt Krems hatte am Hohen Markt einen Palast, den der damalige Stadtrichter Gozzo errichten ließ. In der Vergangenheit nahm man an, dass es sich um eine Burg handelt. Als solche wurde auch ein erstes Gebäude von den Kuenringern erbaut. Gozzo ließ aber alles umbauen und erweitern und schuf einen ansehnlichen Palast.
Das vom heutigen Besitzer – der Stadtgemeinde Krems – herausgegebene Buch ist mit Fragen und deren Antworten aufgebaut. Die Titel der einzelnen Kapitel sind Fragen, die dann in der Folge von Experten beantwortet werden. Ein interessanter und unüblicher Aufbau eines Kunstführers.
Der angesehene Bürger Gozzo war zum Großteil seines Lebens als Stadtrichter aktiv. Nach seinem Tod übernahm den Palast sein Sohn. Später ging er in den Besitz der Habsburger über. Im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Kaiser Friedrich III und dem ungarischen König Matthias Corvinus wurde auch Krems belagert. Die Stadt verteidigte sich tapfer und bekam als Dank viele Rechte, wie die Einhebung von Steuern. Unter Kaiser Maximilian I. kam es zu einer Teilung der Anlage. Im östlichen Teil war eine lutherische Schule untergebracht, die bald verboten wurde. Den anderen Teil erwarb der Stadtrichter.
Im 17. Jahrhundert wurde die Stadt Besitzer. In einem Teil war bis ins 19. Jahrhundert – mit vielen Umbauten – eine Bierbrauerei eingerichtet. In einem anderen Teil eine Fleischerei. Vieles wurde im 19. Jahrhundert zerstört, als das Gebäude in privaten Besitz kam und zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. So wurde etwa in der Kapelle eine Zwischendecke eingezogen, um zwei Wohngeschosse zu gewinnen. Die Wandmalereien der Kapelle wurden dabei zerstört. Erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhundert begann man mit der Renovierung, die bis in die 60er Jahre dauerte. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden die beiden Gebäudekomplexe wieder zusammengeführt und einer Generalsanierung unterzogen. Heute beherbergt die Gozzoburg neben einem Gasthaus das Bundesdenkmalamt für Niederösterreich und einen Teil der Fachhochschule IMC Krems.
ERNAUX, Annie
Der Platz Buch
2022.
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title = {Der Platz},
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abstract = {ERNAUX, Annie: „Der Platz“, Berlin 2022
Die Nobelpreisträgerin erzählt in diesem Buch vom Leben ihrer Großeltern und Eltern. Ein Leben, wie es auch in Österreich oder einem anderen Land sein hätte können. So gesehen war die Welt schon früher global. Es beginnt mit dem Tod des Vaters. Wie er stirbt, welchen Eindruck der Gestorbene auf die Autorin machte und wie er dann für das Begräbnis gewaschen und gekleidet wird. Verwandte reisen an und bald geht das Alltagsleben weiter und die Mutter steht allein im eigenen Geschäft.
Annie Ernaux ist als Arbeiterkind aufgewachsen und durfte – weil die Eltern wollten, dass es dem Kind einmal besser gehe – studieren. Der Vater verstand das nicht mehr. Mit autobiografischen Romanen und Erzählungen wurde sie berühmt und bekam letztlich 2022 den Nobelpreis. Der vorliegende Roman „Der Platz“ war der erste, der ausschließlich aus ihrem eigenen Leben handelte. Sie wollte einen Roman über ihren Vater schreiben und nahm sich des Themas sehr vorsichtig an. „Ich schreibe langsam. Bei dem Versuch, die bedeutsamen Etappen eines Lebens freizulegen, das Zusammenspiel aus Gegebenheiten und Entscheidungen, habe ich den Eindruck, dass mir die Einzigartigkeit meines Vaters mehr und mehr abhandenkommt.“ (Seite 37/38)
Die Beschreibung des Vaters beginnt aus der Sicht des Kindes und wie sie sich selbst dann aus dem Milieu der Eltern wegentwickelte und so den Vater aus einem anderen Blickwinkel sah. Mit dem Tod des Vaters beginnt das Buch und mit dem Begräbnis endet es. Dazwischen ist sein Leben direkt und indirekt beschrieben.
Der Titel „Der Platz“ bezieht sich nicht auf eine physische Stelle, sondern auf die Position, die der Vater in seinem Leben einnahm. Respekt vor den Intellektuellen und Reichen. „Oberste Regel: Dem kritischen Blick der anderen zuvorkommen, durch Höflichkeit, durch die Abwesenheit einer eigenen Meinung, für ein feines Gespür der Launen der anderen, die einen treffen könnten.“ (Seite 51) Er war gegenüber neumodischen Dingen skeptisch und verstand nicht, warum man ständig „sicher nicht“ sagte und „warum man zwei Wörter kombinierte, die einander widersprachen.“ (Seite 53)
Auch wenn eine Geschichte wie diese autobiografisch, also aus dem Leben der Autorin geschrieben ist, kann man als Leser viel Allgemeines und vielleicht sogar selbst Erlebtes herauslesen.
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Die Nobelpreisträgerin erzählt in diesem Buch vom Leben ihrer Großeltern und Eltern. Ein Leben, wie es auch in Österreich oder einem anderen Land sein hätte können. So gesehen war die Welt schon früher global. Es beginnt mit dem Tod des Vaters. Wie er stirbt, welchen Eindruck der Gestorbene auf die Autorin machte und wie er dann für das Begräbnis gewaschen und gekleidet wird. Verwandte reisen an und bald geht das Alltagsleben weiter und die Mutter steht allein im eigenen Geschäft.
Annie Ernaux ist als Arbeiterkind aufgewachsen und durfte – weil die Eltern wollten, dass es dem Kind einmal besser gehe – studieren. Der Vater verstand das nicht mehr. Mit autobiografischen Romanen und Erzählungen wurde sie berühmt und bekam letztlich 2022 den Nobelpreis. Der vorliegende Roman „Der Platz“ war der erste, der ausschließlich aus ihrem eigenen Leben handelte. Sie wollte einen Roman über ihren Vater schreiben und nahm sich des Themas sehr vorsichtig an. „Ich schreibe langsam. Bei dem Versuch, die bedeutsamen Etappen eines Lebens freizulegen, das Zusammenspiel aus Gegebenheiten und Entscheidungen, habe ich den Eindruck, dass mir die Einzigartigkeit meines Vaters mehr und mehr abhandenkommt.“ (Seite 37/38)
Die Beschreibung des Vaters beginnt aus der Sicht des Kindes und wie sie sich selbst dann aus dem Milieu der Eltern wegentwickelte und so den Vater aus einem anderen Blickwinkel sah. Mit dem Tod des Vaters beginnt das Buch und mit dem Begräbnis endet es. Dazwischen ist sein Leben direkt und indirekt beschrieben.
Der Titel „Der Platz“ bezieht sich nicht auf eine physische Stelle, sondern auf die Position, die der Vater in seinem Leben einnahm. Respekt vor den Intellektuellen und Reichen. „Oberste Regel: Dem kritischen Blick der anderen zuvorkommen, durch Höflichkeit, durch die Abwesenheit einer eigenen Meinung, für ein feines Gespür der Launen der anderen, die einen treffen könnten.“ (Seite 51) Er war gegenüber neumodischen Dingen skeptisch und verstand nicht, warum man ständig „sicher nicht“ sagte und „warum man zwei Wörter kombinierte, die einander widersprachen.“ (Seite 53)
Auch wenn eine Geschichte wie diese autobiografisch, also aus dem Leben der Autorin geschrieben ist, kann man als Leser viel Allgemeines und vielleicht sogar selbst Erlebtes herauslesen.
Kohlenberger, Judith
Die Couragierten. Über die transformative Kraft der Zivilgesellschft Booklet
2022.
@booklet{Kohlenberger2022,
title = {Die Couragierten. Über die transformative Kraft der Zivilgesellschft},
author = {Judith Kohlenberger},
editor = {GlobArt},
year = {2022},
date = {2022-12-01},
urldate = {2022-12-01},
abstract = {KOHLENBERGER, Judith: „Die Couragierten. Über die transformative Kraft der Zivilgesellschaft“, Wien 2022
Der Herausgeber dieser kleinen Broschüre ist GlobArt. Wikipedia definiert GlobArt als „eine Denkfabrik in Wien. Der Verein befasst sich mit Zukunftsthemen. Prominenten Künstlern und Philosophen wird eine Plattform geboten, um mit Referenten aus Wissenschaft und Wirtschaft in einen Diskurs zu treten und gesellschaftsrelevante Themen zu diskutieren.“ Selbst nennt sich GlobArt nicht „Denkfabrik“. Sie sind es einfach. Sie brauchen sich nicht den Namen „Denkfabrik“ zu geben.
Viel verbindet mich mit GlobArt. Schon vor seiner Gründung kontaktierte mich der damalige Abt von Geras an der Donau-Universität und lud mich zu einem Austausch ein. Lange Jahre war ich dann im Vorstand. Die letzten Jahre habe ich den Kontakt verloren, die Generalsekretärin und Freundin Heide Dobner, informiert mich aber regelmäßig und so bekam ich diese Broschüre. Sie zeigt wieder das Vordenkertum des Vereins.
Die Autorin Judith Kohlenberger ist Migrationsforscherin an der Wirtschafts-Universität Wien. Sie beleuchtet sehr anschaulich wie wichtig die Zivilgesellschaft und mutige Menschen sind.
Untermauert mit guter Literatur wendet sie sich dem Thema mit einem persönlichen Geständnis zu: „Ich bin einer der ängstlichen Menschen, die ich kenne. Ich habe Angst vor Krankheiten (sehr gemütlich während einer Pandemie), vor langen Reisen, vor bösen Menschen, vor Schmerzen und Trägheit, vor schlaflosen Nächten, vor Einsamkeit, vorm Zahnarzt und seinen Gerätschaften, vor Übergewicht, Pickel und Haarausfall, vor Nachtfaltern, die sich in Innenräumen verirren und nicht mehr hinausfinden, vor dem Versagen und Scheitern, vor dem Tod geliebter Menschen.“ (Seite 9/10) Unsere Leistungsgesellschaft ist aber nicht dafür angelegt, dass man seine Ängste artikuliert und kommuniziert. In Zeiten mit Krieg, Teuerung, Seuchen und Flucht, trauen sich die Menschen aber doch mehr zu ihren Ängsten zu stehen. Trotz allem sehen Millionen von Menschen eine Zukunft und fordern Veränderung. Es sind die Couragierten, die sich öffentlich engagieren. Sie sind nicht Teil der Machtträger und trotzdem haben sie als Angehörige der Zivilgesellschaft Einfluss. Aus der Geschichte lernend kann man feststellen, dass nur friedliche Proteste Erfolg haben. Digitale Medien verändern die Gesellschaft sowohl zum Guten als auch zum Schlechten. Sie erzeugen aber auch eine größere Distanz zum Nächsten. Die letzten Jahre der Corona-Pandemie haben die Risse in der Gesellschaft verstärkt zum Vorschein gebracht. „Couragiertsein“ ist das Gegenteil von Furchtlosigkeit. Couragierte agieren, weil sie sich fürchten.
GlobArt und die Autorin zeigen damit die heute in Gang gesetzte Zeitenwende für die Zivilgesellschaft mit Platz für Neuem auf.
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Der Herausgeber dieser kleinen Broschüre ist GlobArt. Wikipedia definiert GlobArt als „eine Denkfabrik in Wien. Der Verein befasst sich mit Zukunftsthemen. Prominenten Künstlern und Philosophen wird eine Plattform geboten, um mit Referenten aus Wissenschaft und Wirtschaft in einen Diskurs zu treten und gesellschaftsrelevante Themen zu diskutieren.“ Selbst nennt sich GlobArt nicht „Denkfabrik“. Sie sind es einfach. Sie brauchen sich nicht den Namen „Denkfabrik“ zu geben.
Viel verbindet mich mit GlobArt. Schon vor seiner Gründung kontaktierte mich der damalige Abt von Geras an der Donau-Universität und lud mich zu einem Austausch ein. Lange Jahre war ich dann im Vorstand. Die letzten Jahre habe ich den Kontakt verloren, die Generalsekretärin und Freundin Heide Dobner, informiert mich aber regelmäßig und so bekam ich diese Broschüre. Sie zeigt wieder das Vordenkertum des Vereins.
Die Autorin Judith Kohlenberger ist Migrationsforscherin an der Wirtschafts-Universität Wien. Sie beleuchtet sehr anschaulich wie wichtig die Zivilgesellschaft und mutige Menschen sind.
Untermauert mit guter Literatur wendet sie sich dem Thema mit einem persönlichen Geständnis zu: „Ich bin einer der ängstlichen Menschen, die ich kenne. Ich habe Angst vor Krankheiten (sehr gemütlich während einer Pandemie), vor langen Reisen, vor bösen Menschen, vor Schmerzen und Trägheit, vor schlaflosen Nächten, vor Einsamkeit, vorm Zahnarzt und seinen Gerätschaften, vor Übergewicht, Pickel und Haarausfall, vor Nachtfaltern, die sich in Innenräumen verirren und nicht mehr hinausfinden, vor dem Versagen und Scheitern, vor dem Tod geliebter Menschen.“ (Seite 9/10) Unsere Leistungsgesellschaft ist aber nicht dafür angelegt, dass man seine Ängste artikuliert und kommuniziert. In Zeiten mit Krieg, Teuerung, Seuchen und Flucht, trauen sich die Menschen aber doch mehr zu ihren Ängsten zu stehen. Trotz allem sehen Millionen von Menschen eine Zukunft und fordern Veränderung. Es sind die Couragierten, die sich öffentlich engagieren. Sie sind nicht Teil der Machtträger und trotzdem haben sie als Angehörige der Zivilgesellschaft Einfluss. Aus der Geschichte lernend kann man feststellen, dass nur friedliche Proteste Erfolg haben. Digitale Medien verändern die Gesellschaft sowohl zum Guten als auch zum Schlechten. Sie erzeugen aber auch eine größere Distanz zum Nächsten. Die letzten Jahre der Corona-Pandemie haben die Risse in der Gesellschaft verstärkt zum Vorschein gebracht. „Couragiertsein“ ist das Gegenteil von Furchtlosigkeit. Couragierte agieren, weil sie sich fürchten.
GlobArt und die Autorin zeigen damit die heute in Gang gesetzte Zeitenwende für die Zivilgesellschaft mit Platz für Neuem auf.
HESSE, Hermann
Narziss und Goldmund Buch
2022.
@book{HESSE2022,
title = {Narziss und Goldmund},
author = {Hermann HESSE},
year = {2022},
date = {2022-11-29},
urldate = {2022-11-29},
abstract = {HESSE, Hermann: „Narziss und Goldmund“, Baden Baden 1989
Manchmal gibt es einen Anlass, ein schon vor langer Zeit gelesenes Buch wieder aus dem Regal zu nehmen und erneut zu lesen. Mit anderem Zugang, anders als vor einigen Jahrzehnten. Der Anlass für das Wiederlesen des Buches „Narziss und Goldmund“ war eine ausgezeichnete Verfilmung dieses Romans. Obwohl ein Film nicht vergleichbar mit einem Buch ist. Ein Film ist eben anders als ein Buch. Aber die Idee dahinter ist dieselbe. Da ist der junge zielstrebige Kleriker und Mönch Narziss, der schon als Schüler zum Lehrer wird. Dann tritt ein junger Mann ins Kloster ein. Der Vater bringt ihn, weil ihm seine Ehefrau, die Mutter des Knaben abhandengekommen ist. Sie hat Schuld auf sich geladen und der Vater denkt, dass diese Schuld getilgt werden kann, wenn der Sohn Mönch wird. Das Leben dieser beiden jungen Männer - Narziss und Goldmund - kreuzt sich, Sie werden Freunde, obwohl sie grundverschieden waren. Narziss hat die Gabe Menschen sehr gut analysieren zu können. So erkennt er das Andersartige in Goldmund, akzeptiert und schätzt es. Mit seinen analytischen Kenntnissen bringt er ihn vom Weg, selbst Mönch zu werden ab. Die Freundschaft, die nur eine temporäre war, ging zu Ende und beide gingen ihre eigenen Wege. Narziss jenen des Intellektuellen, des Klostermenschen und Goldmund zog es in die Welt hinaus. Mit vielen Frauen schläft er. Er ist vogelfrei. Im Winter kommt er zu einem Ritter, der seine Schreibkunst schätzt und ihn zum Niederschreiben seines Lebens engagiert. Er hat zwei Töchter. In eine verliebt er sich. Die zweite erfährt von diesem Verhältnis und die Geliebte informiert den Vater, der Goldmund vertreibt. Er ist wieder allein unterwegs. Es ist Winter. Die Geliebte hatte ihm einen Reiter mit wärmender Jacke und einem Goldstück nachgeschickt. Er machte Bekanntschaft mit einem Wanderprediger, der sich mit fatalen Tricks durchs Leben schlug. In einer Nacht wollte dieser ihn bestehlen. In der Verteidigung töte er ihn. Schuld auf sich geladen lief er wirr durch die Gegend. In einem Dorf fand man ihn bewusstlos. Eine Frau, mit der er auch geschlafen hatte, brachte ihn in einem Stall in Sicherheit und päppelte ihn wieder auf. In seinen Wanderjahren traf er auf verschiedenste Menschen. Zwei Mal begleitete ihn ein Mann. Den ersten – er wollte ihn bestehlen – erdrosselte er und schlug so Schuld auf sich.
Die Pest war ausgebrochen. Ganze Städte waren ausgestorben. Häuser standen leer. Menschen lagen, ohne begraben zu werden und verwesten. Einerseits gab es viel zum Stehlen. Kühe standen ungemolken auf der Wiese, weil alle Mitglieder des Bauern verstorben waren. Mit einem Mädchen und einem Pilger bezog er im Wald eine Hütte. Sie bauten sich ein Zuhause auf. Ein Mann vergewaltigte seine Liebschaft. Er hörte ihre Hilferufe und brachte den Mann um. Sein zweiter Mord. Letztlich erkrankte die Geliebte an der Pest. Als sie gestorben war, zündete er die Hütte mit ihrem Leichnam an und begab sich wieder auf Wanderschaft. Diesmal war das Ziel sein ehemaliger Meister. Am Weg wieder viele leere Ort. Die Pest hat viele Menschenleben gekostet. Enttäuscht musste er, am Ziel angekommen, feststellen, dass sein Meister verstorben war. Die Tochter hatte Pest. Er pflegte sie. Er starb und die Tochter überlebte. Unfreundlich wurde er abgewiesen. Die Werkstatt war geschlossen. In der Stadt erkannte ihn aber die Tochter seines ehemaligen Zimmervermieters. Enttäuscht suche er eine Kirche auf und wollte beichten, aber alle Priester waren verstorben oder abgezogen und geflüchtet. So kniete er vor einem leeren Beichtstuhl bekannte seine Schuld. In dieser Formulierung sieht man auch die Größe des Dichters Hermann Hesse. Ein alter Text, der noch heute seine Wirkung hat: „Ich komme aus der Welt zurück und bin ein schlechter und unnützer Mensch geworden, ich habe meine jungen Jahre vertan wie ein Verschwender, wenig ist übriggeblieben. Ich habe getötet, ich habe gestohlen, ich habe gehurt, ich bin müßig gegangen und habe anderen das Brot weggegessen. Lieber Gott, warum hast du uns so geschaffen, warum führst du uns solche Wege? Sind wir nicht deine Kinder? Ist nicht dein Sohn für uns gestorben? Gibt es nicht Heilige und Engel uns zu leiten? Oder sind das alles hübsche erfundene Geschichten, die man den Kindern erzählt und über die die Pfaffen selber lachen? Ich bin irr an dir geworden, Gottvater, du hast die Welt übel geschaffen, schlecht hältst du sie in Ordnung. Ich habe Häuser und Gassen voll von Toten liegen sehen, ich habe gesehen, wie die Reichen sich in ihren Häusern verschanzt haben oder geflohen sind und wie die Armen ihre Brüder unbegraben haben liegenlassen, wie sie einer dem anderen verdächtigt und die Juden wie Vieh totgeschlagen haben. Ich habe so viele Unschuldige leiden und untergehen sehen und so viel Böse im Wohlleben schwimmen. Hast du uns denn ganz vergessen und verlassen, ist dir deine Schöpfung ganz entleidet, willst du uns alle zugrunde gehen lassen?“ (Seite 303)
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Manchmal gibt es einen Anlass, ein schon vor langer Zeit gelesenes Buch wieder aus dem Regal zu nehmen und erneut zu lesen. Mit anderem Zugang, anders als vor einigen Jahrzehnten. Der Anlass für das Wiederlesen des Buches „Narziss und Goldmund“ war eine ausgezeichnete Verfilmung dieses Romans. Obwohl ein Film nicht vergleichbar mit einem Buch ist. Ein Film ist eben anders als ein Buch. Aber die Idee dahinter ist dieselbe. Da ist der junge zielstrebige Kleriker und Mönch Narziss, der schon als Schüler zum Lehrer wird. Dann tritt ein junger Mann ins Kloster ein. Der Vater bringt ihn, weil ihm seine Ehefrau, die Mutter des Knaben abhandengekommen ist. Sie hat Schuld auf sich geladen und der Vater denkt, dass diese Schuld getilgt werden kann, wenn der Sohn Mönch wird. Das Leben dieser beiden jungen Männer - Narziss und Goldmund - kreuzt sich, Sie werden Freunde, obwohl sie grundverschieden waren. Narziss hat die Gabe Menschen sehr gut analysieren zu können. So erkennt er das Andersartige in Goldmund, akzeptiert und schätzt es. Mit seinen analytischen Kenntnissen bringt er ihn vom Weg, selbst Mönch zu werden ab. Die Freundschaft, die nur eine temporäre war, ging zu Ende und beide gingen ihre eigenen Wege. Narziss jenen des Intellektuellen, des Klostermenschen und Goldmund zog es in die Welt hinaus. Mit vielen Frauen schläft er. Er ist vogelfrei. Im Winter kommt er zu einem Ritter, der seine Schreibkunst schätzt und ihn zum Niederschreiben seines Lebens engagiert. Er hat zwei Töchter. In eine verliebt er sich. Die zweite erfährt von diesem Verhältnis und die Geliebte informiert den Vater, der Goldmund vertreibt. Er ist wieder allein unterwegs. Es ist Winter. Die Geliebte hatte ihm einen Reiter mit wärmender Jacke und einem Goldstück nachgeschickt. Er machte Bekanntschaft mit einem Wanderprediger, der sich mit fatalen Tricks durchs Leben schlug. In einer Nacht wollte dieser ihn bestehlen. In der Verteidigung töte er ihn. Schuld auf sich geladen lief er wirr durch die Gegend. In einem Dorf fand man ihn bewusstlos. Eine Frau, mit der er auch geschlafen hatte, brachte ihn in einem Stall in Sicherheit und päppelte ihn wieder auf. In seinen Wanderjahren traf er auf verschiedenste Menschen. Zwei Mal begleitete ihn ein Mann. Den ersten – er wollte ihn bestehlen – erdrosselte er und schlug so Schuld auf sich.
Die Pest war ausgebrochen. Ganze Städte waren ausgestorben. Häuser standen leer. Menschen lagen, ohne begraben zu werden und verwesten. Einerseits gab es viel zum Stehlen. Kühe standen ungemolken auf der Wiese, weil alle Mitglieder des Bauern verstorben waren. Mit einem Mädchen und einem Pilger bezog er im Wald eine Hütte. Sie bauten sich ein Zuhause auf. Ein Mann vergewaltigte seine Liebschaft. Er hörte ihre Hilferufe und brachte den Mann um. Sein zweiter Mord. Letztlich erkrankte die Geliebte an der Pest. Als sie gestorben war, zündete er die Hütte mit ihrem Leichnam an und begab sich wieder auf Wanderschaft. Diesmal war das Ziel sein ehemaliger Meister. Am Weg wieder viele leere Ort. Die Pest hat viele Menschenleben gekostet. Enttäuscht musste er, am Ziel angekommen, feststellen, dass sein Meister verstorben war. Die Tochter hatte Pest. Er pflegte sie. Er starb und die Tochter überlebte. Unfreundlich wurde er abgewiesen. Die Werkstatt war geschlossen. In der Stadt erkannte ihn aber die Tochter seines ehemaligen Zimmervermieters. Enttäuscht suche er eine Kirche auf und wollte beichten, aber alle Priester waren verstorben oder abgezogen und geflüchtet. So kniete er vor einem leeren Beichtstuhl bekannte seine Schuld. In dieser Formulierung sieht man auch die Größe des Dichters Hermann Hesse. Ein alter Text, der noch heute seine Wirkung hat: „Ich komme aus der Welt zurück und bin ein schlechter und unnützer Mensch geworden, ich habe meine jungen Jahre vertan wie ein Verschwender, wenig ist übriggeblieben. Ich habe getötet, ich habe gestohlen, ich habe gehurt, ich bin müßig gegangen und habe anderen das Brot weggegessen. Lieber Gott, warum hast du uns so geschaffen, warum führst du uns solche Wege? Sind wir nicht deine Kinder? Ist nicht dein Sohn für uns gestorben? Gibt es nicht Heilige und Engel uns zu leiten? Oder sind das alles hübsche erfundene Geschichten, die man den Kindern erzählt und über die die Pfaffen selber lachen? Ich bin irr an dir geworden, Gottvater, du hast die Welt übel geschaffen, schlecht hältst du sie in Ordnung. Ich habe Häuser und Gassen voll von Toten liegen sehen, ich habe gesehen, wie die Reichen sich in ihren Häusern verschanzt haben oder geflohen sind und wie die Armen ihre Brüder unbegraben haben liegenlassen, wie sie einer dem anderen verdächtigt und die Juden wie Vieh totgeschlagen haben. Ich habe so viele Unschuldige leiden und untergehen sehen und so viel Böse im Wohlleben schwimmen. Hast du uns denn ganz vergessen und verlassen, ist dir deine Schöpfung ganz entleidet, willst du uns alle zugrunde gehen lassen?“ (Seite 303)
STREERUWITZ, Marlene
Partygirl Buch
2022.
@book{STREERUWITZ2022,
title = {Partygirl},
author = {Marlene STREERUWITZ},
year = {2022},
date = {2022-11-21},
urldate = {2022-11-21},
abstract = {STREERUWITZ, Marlene: „Partygirl“, Frankfurt 2011
Mehrmals habe ich dieses Buch zur Hand genommen, um mit dem Lesen zu beginnen. Immer wieder habe ich es wieder weggelegt. Es war schwierig der Erzählung zu folgen. Ein eigenartiger Schreibstil. Manche Sätze bestehen nur aus zwei Wörtern. Alles wirkt beim Lesen sehr abgehackt. Sehr detailgenau werden Eindrücke und Erlebnisse erzählt. Letztlich habe ich es aber doch geschafft.
Die Hauptfigur des Romans ist Madeline. Ihr Leben wird auf einer umgekehrten Zeitachse erzählt. Das Buch beginnt in Chicago im Jahr 2000. Madeline arbeitet in einem Kleiderreinigungsgeschäft. Dann springt die Erzählung zurück ins Jahr 1997, wo sich Madeline mit Freunden in Havanna befindet, um dann 1994 aus Berlin zu berichten. 1989 ist Madeline in Santa Barbara in Kalifornien unterwegs. Durch intensives in die Sonne Schauen verliert sie kurzfristig ihr Sehvermögen. Die Freunde sind besorgt und versuchen sie wieder zu heilen. 1984 ist sie in Kreta. Sie wollte einige Wochen ausspannen und Urlaub machen, wurde aber mit der machoistischen Gepflogenheit der Männer konfrontiert. Es kam zu einer Vergewaltigung. Das Kapitel aus dem Jahr 1981 spielt in Arezzo im Ferienhaus eines Freundes. Sie ist die einzige Frau und muss sich mit dem fremden Verhalten der Männer zurechtfinden. Es ist eine Männergruppe aus Wien, die aus besseren Kreisen stammt und die sich im Urlaub in Italien ausgelassen geben. Es geht dann auf der Zeitachse weiter zurück ins Jahr 1976. Die Geschichte spielt in Wien. Das Nachtleben in verschiedenen Bars. Männer versuchen sie zu verführen. Sie flieht aus einem Auto und fährt mit dem Taxi heim. Und dann dreht die Autorin die Zeit nochmals zurück. Auf das Jahr 1973. Es spielt wieder in Wien. Madeline hat eine Wohnung mit ihrem Bruder in Wien im Zentrum. Sie ist von ihren Eltern weggezogen. Hat sich selbstständig gemacht. „Dass sie unbekannt war. Und sie hat sich das gewünscht. Weg von Baden. Weg aus diesem vertratschten Kaff.“ (Seite 229) Es ist die Zeit der Ölkrise. Energie war teuer. Die Wohnung schlecht geheizt. Sie hat eine Therapeutin. „Die verschrieb Emanzipation wir Schnupfentropfen. Wollte einen in die Emanzipation loswerden.“ (Seite 235) Warum sie eine Therapie bekam, konnte man als Leser nicht feststellen, weil die Geschichte ja gegen die Zeit läuft. 1968 geht auf eine Periode in Baden zurück. Es spielt im Elternhaus, einer alten Villa. Die Mutter von Madeline ist schwer krank. Ein Arzt, der Onkel, behandelt sie. Er will die Tochter, die ihre Mutter pflegt auf andere Gedanken bringen und fährt mit ihr in einen Nachtklub. Der Onkel meinte „Sie müsse aus dem Haus. Wahrscheinlich sei sie seit Wochen nicht aus dem Haus gewesen.“ (Seite 269) Madelines Bruder Rick sei bei Grabungen in Kleinasien, und so fiele die Betreuung der Mutter ihr zu. Der Onkel wollte im Restaurant mit ihr anbandeln. Sie bestand darauf heimgeführt zu werden. Der Mutter könnte etwas passieren. Als sie zum Haus kommen, sind alle Fenster beleuchtet, in jedem Raum das Licht aufgedreht. In der Küche findet sie einen Zettel: der Bruder war unangekündigt hier und habe alle Lichter aufgedreht.
Im nächsten Kapitel – es ist das Jahr 1965 – ist Madeline als junge Frau auf einem Sprachkurs in der italienischen Stadt Perugia. Ihr Bruder war auch da. Sie vereinbarten ein Treffen, aber er kam nicht. Ein Freund des Bruders holte sie ab. Im angegebenen Treffpunkt ist der Bruder nicht. Sie fahren weiter. Auch dort nicht. Ein anderer Freund übernimmt sie. Sie kommt in eine andere Gesellschaft. Eine Frau aus der Runde bringt sie in ein Zimmer, wo ein Mann mit einer Hure Geschlechtsverkehr hat. Die junge Frau Madeline flüchtet.
Die Erzählung geht weiter zurück ins Jahr 1960 und wieder nach Wien. Madeline besucht ihre Tante Lilly in Wien. Ihre Monatsregel auf der Fahrt im Bus wird ausführlich beschrieben. Die Tante erwartet, dass Madeline während ihres bevorstehenden Studiums bei ihr wohnt. Sie aber sagt ab.
Und die Zeit dreht sich weiter auf das Jahr 1957 in Baden zurück. Sie geht in die Maturaklasse und ist eine schlechte Schülerin. Rick half ihr in Latein. Im Bad wartete sie auf ihn. Ihn, den sie liebte.
Das Buch endet mit dem Jahr 1950. Madeline macht die Aufnahmeprüfung in die Mittelschule. Die anderen Bewerberinnen wurden von ihren Eltern begleitet. Madeline war allein und sie wurde auch als letzte im Klassenzimmer vergessen. Als man sie dann fand, war die Direktorin und die Lehrer sehr freundlich zu ihr. Sie wurde aufgenommen.
Die einzelnen Kapitel sind Stationen im Leben von Madeline. Man muss sich als Leser aus diesen Momentaufnahmen die Gesamtheit des Lebens der Frau zusammendenken, praktisch von vorne nach hinten durcharbeiten. Das der rote Faden eine inzestuöse Beziehung zu Madelines Bruder sein soll ist nur schwer herauszulesen.
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Mehrmals habe ich dieses Buch zur Hand genommen, um mit dem Lesen zu beginnen. Immer wieder habe ich es wieder weggelegt. Es war schwierig der Erzählung zu folgen. Ein eigenartiger Schreibstil. Manche Sätze bestehen nur aus zwei Wörtern. Alles wirkt beim Lesen sehr abgehackt. Sehr detailgenau werden Eindrücke und Erlebnisse erzählt. Letztlich habe ich es aber doch geschafft.
Die Hauptfigur des Romans ist Madeline. Ihr Leben wird auf einer umgekehrten Zeitachse erzählt. Das Buch beginnt in Chicago im Jahr 2000. Madeline arbeitet in einem Kleiderreinigungsgeschäft. Dann springt die Erzählung zurück ins Jahr 1997, wo sich Madeline mit Freunden in Havanna befindet, um dann 1994 aus Berlin zu berichten. 1989 ist Madeline in Santa Barbara in Kalifornien unterwegs. Durch intensives in die Sonne Schauen verliert sie kurzfristig ihr Sehvermögen. Die Freunde sind besorgt und versuchen sie wieder zu heilen. 1984 ist sie in Kreta. Sie wollte einige Wochen ausspannen und Urlaub machen, wurde aber mit der machoistischen Gepflogenheit der Männer konfrontiert. Es kam zu einer Vergewaltigung. Das Kapitel aus dem Jahr 1981 spielt in Arezzo im Ferienhaus eines Freundes. Sie ist die einzige Frau und muss sich mit dem fremden Verhalten der Männer zurechtfinden. Es ist eine Männergruppe aus Wien, die aus besseren Kreisen stammt und die sich im Urlaub in Italien ausgelassen geben. Es geht dann auf der Zeitachse weiter zurück ins Jahr 1976. Die Geschichte spielt in Wien. Das Nachtleben in verschiedenen Bars. Männer versuchen sie zu verführen. Sie flieht aus einem Auto und fährt mit dem Taxi heim. Und dann dreht die Autorin die Zeit nochmals zurück. Auf das Jahr 1973. Es spielt wieder in Wien. Madeline hat eine Wohnung mit ihrem Bruder in Wien im Zentrum. Sie ist von ihren Eltern weggezogen. Hat sich selbstständig gemacht. „Dass sie unbekannt war. Und sie hat sich das gewünscht. Weg von Baden. Weg aus diesem vertratschten Kaff.“ (Seite 229) Es ist die Zeit der Ölkrise. Energie war teuer. Die Wohnung schlecht geheizt. Sie hat eine Therapeutin. „Die verschrieb Emanzipation wir Schnupfentropfen. Wollte einen in die Emanzipation loswerden.“ (Seite 235) Warum sie eine Therapie bekam, konnte man als Leser nicht feststellen, weil die Geschichte ja gegen die Zeit läuft. 1968 geht auf eine Periode in Baden zurück. Es spielt im Elternhaus, einer alten Villa. Die Mutter von Madeline ist schwer krank. Ein Arzt, der Onkel, behandelt sie. Er will die Tochter, die ihre Mutter pflegt auf andere Gedanken bringen und fährt mit ihr in einen Nachtklub. Der Onkel meinte „Sie müsse aus dem Haus. Wahrscheinlich sei sie seit Wochen nicht aus dem Haus gewesen.“ (Seite 269) Madelines Bruder Rick sei bei Grabungen in Kleinasien, und so fiele die Betreuung der Mutter ihr zu. Der Onkel wollte im Restaurant mit ihr anbandeln. Sie bestand darauf heimgeführt zu werden. Der Mutter könnte etwas passieren. Als sie zum Haus kommen, sind alle Fenster beleuchtet, in jedem Raum das Licht aufgedreht. In der Küche findet sie einen Zettel: der Bruder war unangekündigt hier und habe alle Lichter aufgedreht.
Im nächsten Kapitel – es ist das Jahr 1965 – ist Madeline als junge Frau auf einem Sprachkurs in der italienischen Stadt Perugia. Ihr Bruder war auch da. Sie vereinbarten ein Treffen, aber er kam nicht. Ein Freund des Bruders holte sie ab. Im angegebenen Treffpunkt ist der Bruder nicht. Sie fahren weiter. Auch dort nicht. Ein anderer Freund übernimmt sie. Sie kommt in eine andere Gesellschaft. Eine Frau aus der Runde bringt sie in ein Zimmer, wo ein Mann mit einer Hure Geschlechtsverkehr hat. Die junge Frau Madeline flüchtet.
Die Erzählung geht weiter zurück ins Jahr 1960 und wieder nach Wien. Madeline besucht ihre Tante Lilly in Wien. Ihre Monatsregel auf der Fahrt im Bus wird ausführlich beschrieben. Die Tante erwartet, dass Madeline während ihres bevorstehenden Studiums bei ihr wohnt. Sie aber sagt ab.
Und die Zeit dreht sich weiter auf das Jahr 1957 in Baden zurück. Sie geht in die Maturaklasse und ist eine schlechte Schülerin. Rick half ihr in Latein. Im Bad wartete sie auf ihn. Ihn, den sie liebte.
Das Buch endet mit dem Jahr 1950. Madeline macht die Aufnahmeprüfung in die Mittelschule. Die anderen Bewerberinnen wurden von ihren Eltern begleitet. Madeline war allein und sie wurde auch als letzte im Klassenzimmer vergessen. Als man sie dann fand, war die Direktorin und die Lehrer sehr freundlich zu ihr. Sie wurde aufgenommen.
Die einzelnen Kapitel sind Stationen im Leben von Madeline. Man muss sich als Leser aus diesen Momentaufnahmen die Gesamtheit des Lebens der Frau zusammendenken, praktisch von vorne nach hinten durcharbeiten. Das der rote Faden eine inzestuöse Beziehung zu Madelines Bruder sein soll ist nur schwer herauszulesen.
ERNAUX, Annie
Das andere Mädchen Buch
2022.
@book{ERNAUX2022,
title = {Das andere Mädchen},
author = {Annie ERNAUX},
year = {2022},
date = {2022-11-08},
urldate = {2022-11-08},
abstract = {ERNAUX, Annie: „Das andere Mädchen“, Berlin 2022
Annie Ernaux hat heuer – 2022 – den Nobelpreis für Literatur bekommen. Das regte mich an ein Buch von ihr, das lieferbar war, zu lesen (nach einer Nobelpreisverleihung sind die Bücher der Preisträger schnell vergriffen). Beim „anderen Mädchen“ handelt es sich um eine Schwester der Erzählerin. Eine Schwester, die einige Jahre vor ihrer Geburt verstorben war. „Bei meiner Geburt warst du schon zweieinhalb Jahre tot. Du bist das Kind im Himmel, das unsichtbare kleine Mädchen, über das nie geredet wurde, die Abwesende aller Gespräche. Das Geheimnis.“ (Seite 14)
Sie wusste nichts von ihrer Schwester. Erst bei einem Gespräch ihrer Mutter mit einer Kundin hörte sie davon. Sie war nur „der Ersatz“ für die verstorbene Schwester. „Ich wurde geboren, weil du gestorben warst, ich habe dich ersetzt.“ (Seite 57) Die Schwester hatte denselben Namen wie sie. Die Verstorbene wurde geliebt. Liebe – so hat sie das Gefühl – ist bei ihr, der Lebenden, nicht angebracht.
Im Alter besucht sie das Grab und schreibt diesen „Brief“ in Buchform an die unbekannte, verstorbene Schwester.
Am Ende des Buches wendet sie sich direkt an die Verstorbene: „Selbstverständlich ist dieses Buch nicht an dich gerichtet, und du wirst ihn nicht lesen. Andere Menschen, Leserinnen und Leser, die beim Schreiben für mich genauso unsichtbar sind wie du, werden ihn in den Händen halten. Trotzdem gibt es in mir einen Rest magischen Denkens, und so stelle ich mir vor, er könnte dich auf irgendeinem verschlungenen Weg erreichen…“
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keywords = {},
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Annie Ernaux hat heuer – 2022 – den Nobelpreis für Literatur bekommen. Das regte mich an ein Buch von ihr, das lieferbar war, zu lesen (nach einer Nobelpreisverleihung sind die Bücher der Preisträger schnell vergriffen). Beim „anderen Mädchen“ handelt es sich um eine Schwester der Erzählerin. Eine Schwester, die einige Jahre vor ihrer Geburt verstorben war. „Bei meiner Geburt warst du schon zweieinhalb Jahre tot. Du bist das Kind im Himmel, das unsichtbare kleine Mädchen, über das nie geredet wurde, die Abwesende aller Gespräche. Das Geheimnis.“ (Seite 14)
Sie wusste nichts von ihrer Schwester. Erst bei einem Gespräch ihrer Mutter mit einer Kundin hörte sie davon. Sie war nur „der Ersatz“ für die verstorbene Schwester. „Ich wurde geboren, weil du gestorben warst, ich habe dich ersetzt.“ (Seite 57) Die Schwester hatte denselben Namen wie sie. Die Verstorbene wurde geliebt. Liebe – so hat sie das Gefühl – ist bei ihr, der Lebenden, nicht angebracht.
Im Alter besucht sie das Grab und schreibt diesen „Brief“ in Buchform an die unbekannte, verstorbene Schwester.
Am Ende des Buches wendet sie sich direkt an die Verstorbene: „Selbstverständlich ist dieses Buch nicht an dich gerichtet, und du wirst ihn nicht lesen. Andere Menschen, Leserinnen und Leser, die beim Schreiben für mich genauso unsichtbar sind wie du, werden ihn in den Händen halten. Trotzdem gibt es in mir einen Rest magischen Denkens, und so stelle ich mir vor, er könnte dich auf irgendeinem verschlungenen Weg erreichen…“
KIM, Anna
Die grosse Heimkehr Buch
2022.
@book{KIM2022b,
title = {Die grosse Heimkehr},
author = {Anna KIM},
year = {2022},
date = {2022-11-07},
urldate = {2022-11-07},
abstract = {KIM, Anna: „Die grosse Heimkehr“, Berlin 2017
Anna Kim, die in Südkorea geboren wurde und mit 2 Jahren nach Deutschland beziehungsweise mit 5 Jahren nach Wien kam, ist eine Schriftstellerin, die viel Abwechslung bietet. In ihrem letzten Roman „Geschichte eines Kindes“ hadert sie noch mit sich selbst, zu welchem Kulturkreis sie gehöre. Dem Aussehen nach zur asiatischen, in der Art des Denkens aber zur europäischen Kultur. Im Roman der „großen Heimkehr“ zeigt sie sich aber koreanisch und bietet viel Wissen und Informationen der jüngeren Vergangenheit des Landes an. Das Wissen schöpft sie aus vielen Gesprächen mit dem Koreaner Yunho. Er blickt zurück auf seine Erlebnisse mit den Veränderungen Koreas. Die Autorin des vorliegenden Buchs schreibt mit Personen, Proponenten des Romans, die Geschichte Koreas. Es ist ein historischer Roman, der gespickt ist mit Spionagegeschichten und der Erzählung politischer Ereignisse. Es geht um die Teilung in Nord- und Südkorea, wie sich die Großmächte Sowjetunion und USA ihre Einflussbereiche teilten und die ehemaligen Besatzer, die Japaner vertrieben. Diktatur herrschte aber auf beiden Seiten der neu gezogenen Grenze. Zu Beginn mehr im Süden des Landes. Erst mit fortschreitender Regentschaft von Kim Il Sung und seiner Nachfolger verschärfte sich die Diktatur und im Süden wechselte sie zu Demokratie.
Die drei Hauptakteure des Romans sind Johnny Kim, Eve Moon und der Erzähler Yunho Kang. Im April 1969 müssen sie vor der, unter dem Schutz der Regierung stehenden antikommunistischen, paramilitärischen Schlägertruppe nach Japan flüchten. Sie geben sich als Geschwister aus und tauchen in einem koreanischen Exilviertel Japans unter. Nordkorea, das sich als das „wahre“ Korea ansieht bietet koreanischen Asylanten in Japan die Rückkehr an. 90.000 folgen dem Aufruf. Im Vergleich dazu verließen 1945 500.000 Menschen den Norden, um in Südkorea einen neuen Anfang zu schaffen. Viele haben ihre Heimat und ihr Glück auch in Nordkorea gefunden, aber viele wurden ausgenutzt, verfolgt und vernichtet. Johnny nimmt von dieser Heimkehr Gebrauch und verschwindet mit der Tochter eines exilkoreanischen, in Japan etablierten Geschäftsmanns. Der Erzähler hat von ihm nie mehr etwas gehört. Auch die vereinbarten Geheimbotschaften, die Zensur überstehen sollten, kamen nicht. Eve, die er liebte und die ihn später verraten hatte und sich als Spionin entpuppte, traf er in Soul, wo er in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zurückgekehrt war, wieder. Sie war mit einem Amerikaner verheiratet und übersiedelte in die USA. Von seinen Freunden, die nach Nordkorea gingen und das Heimkehr-Angebot annahmen hofft er das beste: „Er zieht es vor, zu glauben, dass er, Tomoko, Eiko und Yunsu einander trafen und halfen, über Hungersnöte, Dürreperioden und Überschwemmungen hinweg, dass sie ein glückliches Leben führen und noch immer führen.“ (Seite 552) Aber auch der Erzähler, Yunho, hatte keine leichte Heimkehr nach Südkorea. Auch in seiner Heimat musste er untertauchen, um nicht verfolgt zu werden. Nach verschiedenen Aushilfsarbeiten, mit denen er sich über Wasser hielt, ging er in ein Leprakrankenzentrum, wo niemand hineinwollte, er aber sicher war. Mit den Geheilten wurden Farmen aufgebaut. Erst 1975 verließ er das Lepradorf.
Für den Erzähler war es ein Loslassen der Vergangenheit und die Autorin Anna Kim machte daraus einen sehr lesenswerten Roman, der nicht nur spannend ist, sondern Leute aus dem Westen in die historischen Verhältnisse dieser asiatischen Region einführt.
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Anna Kim, die in Südkorea geboren wurde und mit 2 Jahren nach Deutschland beziehungsweise mit 5 Jahren nach Wien kam, ist eine Schriftstellerin, die viel Abwechslung bietet. In ihrem letzten Roman „Geschichte eines Kindes“ hadert sie noch mit sich selbst, zu welchem Kulturkreis sie gehöre. Dem Aussehen nach zur asiatischen, in der Art des Denkens aber zur europäischen Kultur. Im Roman der „großen Heimkehr“ zeigt sie sich aber koreanisch und bietet viel Wissen und Informationen der jüngeren Vergangenheit des Landes an. Das Wissen schöpft sie aus vielen Gesprächen mit dem Koreaner Yunho. Er blickt zurück auf seine Erlebnisse mit den Veränderungen Koreas. Die Autorin des vorliegenden Buchs schreibt mit Personen, Proponenten des Romans, die Geschichte Koreas. Es ist ein historischer Roman, der gespickt ist mit Spionagegeschichten und der Erzählung politischer Ereignisse. Es geht um die Teilung in Nord- und Südkorea, wie sich die Großmächte Sowjetunion und USA ihre Einflussbereiche teilten und die ehemaligen Besatzer, die Japaner vertrieben. Diktatur herrschte aber auf beiden Seiten der neu gezogenen Grenze. Zu Beginn mehr im Süden des Landes. Erst mit fortschreitender Regentschaft von Kim Il Sung und seiner Nachfolger verschärfte sich die Diktatur und im Süden wechselte sie zu Demokratie.
Die drei Hauptakteure des Romans sind Johnny Kim, Eve Moon und der Erzähler Yunho Kang. Im April 1969 müssen sie vor der, unter dem Schutz der Regierung stehenden antikommunistischen, paramilitärischen Schlägertruppe nach Japan flüchten. Sie geben sich als Geschwister aus und tauchen in einem koreanischen Exilviertel Japans unter. Nordkorea, das sich als das „wahre“ Korea ansieht bietet koreanischen Asylanten in Japan die Rückkehr an. 90.000 folgen dem Aufruf. Im Vergleich dazu verließen 1945 500.000 Menschen den Norden, um in Südkorea einen neuen Anfang zu schaffen. Viele haben ihre Heimat und ihr Glück auch in Nordkorea gefunden, aber viele wurden ausgenutzt, verfolgt und vernichtet. Johnny nimmt von dieser Heimkehr Gebrauch und verschwindet mit der Tochter eines exilkoreanischen, in Japan etablierten Geschäftsmanns. Der Erzähler hat von ihm nie mehr etwas gehört. Auch die vereinbarten Geheimbotschaften, die Zensur überstehen sollten, kamen nicht. Eve, die er liebte und die ihn später verraten hatte und sich als Spionin entpuppte, traf er in Soul, wo er in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zurückgekehrt war, wieder. Sie war mit einem Amerikaner verheiratet und übersiedelte in die USA. Von seinen Freunden, die nach Nordkorea gingen und das Heimkehr-Angebot annahmen hofft er das beste: „Er zieht es vor, zu glauben, dass er, Tomoko, Eiko und Yunsu einander trafen und halfen, über Hungersnöte, Dürreperioden und Überschwemmungen hinweg, dass sie ein glückliches Leben führen und noch immer führen.“ (Seite 552) Aber auch der Erzähler, Yunho, hatte keine leichte Heimkehr nach Südkorea. Auch in seiner Heimat musste er untertauchen, um nicht verfolgt zu werden. Nach verschiedenen Aushilfsarbeiten, mit denen er sich über Wasser hielt, ging er in ein Leprakrankenzentrum, wo niemand hineinwollte, er aber sicher war. Mit den Geheilten wurden Farmen aufgebaut. Erst 1975 verließ er das Lepradorf.
Für den Erzähler war es ein Loslassen der Vergangenheit und die Autorin Anna Kim machte daraus einen sehr lesenswerten Roman, der nicht nur spannend ist, sondern Leute aus dem Westen in die historischen Verhältnisse dieser asiatischen Region einführt.
KIM, Anna
2022.
@book{KIM2022,
title = {Geschichte eines Kindes},
author = {Anna KIM},
year = {2022},
date = {2022-10-31},
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abstract = {KIM, Anna: „Geschichte eines Kindes“, Berlin 2022
„Als Autorin werden mir von Zeit zu Zeit Geschichten geschenkt. Geschichten, die mehr sind als Geschichten, Geschichten, die Welten in sich tragen.“ So beschreibt die Autorin das vorliegende Buch in ihrer Einleitung. Sie sieht es als ein „äußerst kostbares Geschenk“, solche Texte zu bekommen und sie fühlt sich auch verpflichtet damit verantwortungsvoll und respektvoll umzugehen. Im ersten Kapitel erzählt sie dann, dass sie 2013 ein Semester als „Writer in Residence“ im mittleren Westen der USA verbrachte. Mit der ihr angebotenen Gästewohnung der Universität war sie unzufrieden und übersiedelte in ein Zimmer einer alten Dame, von der sie die Protokolle aus der Kindheit ihres Mannes bekam.
Der Ehemann dieser Frau war ein weggelegtes Kind. Seine junge Mutter gab das Kind zur Adoption frei. Da sich aber herausstellte, dass es eventuell einen „colored“ Vater hatte und die Mutter nicht bereit war den Namen des Mannes zu nennen, wurde die Adoption beziehungsweise das Sorgerecht für das Kind sehr kompliziert. Experten arbeiteten an einer rassistischen Zuordnung, die aus heutiger Sicht befremdend wirkt. „Daniel hat nun eine leichte Trichternase, sie ist etwas breiter und derber im Vergleich zu unserer Nase. Die Obernase ist jedoch dabei, sich zu erheben. An ihr ist gut erkennbar, dass es sich bei ihm um ein Rassengemisch handelt – sein Gesicht erinnert an unseres, obwohl noch Primitives darin zu spüren ist.“ (Seite53) Für Adoptiv- oder Pflegeeltern ist es ein Hindernis, ein andersfärbiges Kind anzunehmen. So wird etwa bei einem interessierten Pflegeelternpaar vermerkt: „Ein farbiges Kind sei ein Risiko: Walt, der in einer Stadtverwaltung arbeite, habe einen Ruf zu verlieren. Es würde viel Gerede um Daniel (dem Baby) geben.“ (Seite 58) Selbst die katholische Einrichtung fand es „unverantwortlich, ein herrenloses Kind in eine bestehende, gesunde Familie zu bringen.“ (Seite 62) Die Verschiedenheit im Aussehen ruft auch bei der Autorin, deren Mutter Asiatin und der Vater Europäer ist, viel Nachdenkliches hervor, dem sie im Text Platz einräumt.
Eine aus Wien stammende Sozialarbeiterin war mit der Betreuung des Mischling-Babys verantwortlich. Bis zur Klärung der Vaterschaft blieb es in der Obhut eines kirchlichen Hauses. Die junge Sozialarbeiterin arbeitete sehr genau und dokumentierte alles. Als Kim die Protokolle bekommt, ist der 1953 geborene Mann allerdings ein Pflegefall geworden.
Anna Kim arbeitete sich durch die übergebenen Unterlagen, führte viele Gespräche und fand in Wien die Tochter der ehemaligen Sozialarbeiterin. Aus all dem Material wurde dieses sehr spannende Buch zusammengestellt. Es zeigte auch, dass die Rasse eines Menschen in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht nur unter den Nationalsozialisten Deutschlands wichtig war, sondern auch im so freien Amerika.
Im Buch sind die Texte der Protokolle unverändert abgedruckt. Sie geben dadurch einen Einblick in die Denkweise der damaligen Zeit. In Amerika wurden andere Rassen – wie in Deutschland die Juden – nicht ermordet, aber doch gemieden.
Normalerweise ist die Zeit eines „Writers in Residence“ dazu da, um ungestört an einem Manuskript zu arbeiten. Anna Kim kam aber mit viel neuem Material aus ihrem USA Aufenthalt zurück und letztlich entstand dieses Buch. Ein Zeitzeugnis, das sich über zwei Kontinente erstreckt. Ob man sich dieses wertvollen Ergebnisses auch im Gastgeberland bewusst ist ?
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„Als Autorin werden mir von Zeit zu Zeit Geschichten geschenkt. Geschichten, die mehr sind als Geschichten, Geschichten, die Welten in sich tragen.“ So beschreibt die Autorin das vorliegende Buch in ihrer Einleitung. Sie sieht es als ein „äußerst kostbares Geschenk“, solche Texte zu bekommen und sie fühlt sich auch verpflichtet damit verantwortungsvoll und respektvoll umzugehen. Im ersten Kapitel erzählt sie dann, dass sie 2013 ein Semester als „Writer in Residence“ im mittleren Westen der USA verbrachte. Mit der ihr angebotenen Gästewohnung der Universität war sie unzufrieden und übersiedelte in ein Zimmer einer alten Dame, von der sie die Protokolle aus der Kindheit ihres Mannes bekam.
Der Ehemann dieser Frau war ein weggelegtes Kind. Seine junge Mutter gab das Kind zur Adoption frei. Da sich aber herausstellte, dass es eventuell einen „colored“ Vater hatte und die Mutter nicht bereit war den Namen des Mannes zu nennen, wurde die Adoption beziehungsweise das Sorgerecht für das Kind sehr kompliziert. Experten arbeiteten an einer rassistischen Zuordnung, die aus heutiger Sicht befremdend wirkt. „Daniel hat nun eine leichte Trichternase, sie ist etwas breiter und derber im Vergleich zu unserer Nase. Die Obernase ist jedoch dabei, sich zu erheben. An ihr ist gut erkennbar, dass es sich bei ihm um ein Rassengemisch handelt – sein Gesicht erinnert an unseres, obwohl noch Primitives darin zu spüren ist.“ (Seite53) Für Adoptiv- oder Pflegeeltern ist es ein Hindernis, ein andersfärbiges Kind anzunehmen. So wird etwa bei einem interessierten Pflegeelternpaar vermerkt: „Ein farbiges Kind sei ein Risiko: Walt, der in einer Stadtverwaltung arbeite, habe einen Ruf zu verlieren. Es würde viel Gerede um Daniel (dem Baby) geben.“ (Seite 58) Selbst die katholische Einrichtung fand es „unverantwortlich, ein herrenloses Kind in eine bestehende, gesunde Familie zu bringen.“ (Seite 62) Die Verschiedenheit im Aussehen ruft auch bei der Autorin, deren Mutter Asiatin und der Vater Europäer ist, viel Nachdenkliches hervor, dem sie im Text Platz einräumt.
Eine aus Wien stammende Sozialarbeiterin war mit der Betreuung des Mischling-Babys verantwortlich. Bis zur Klärung der Vaterschaft blieb es in der Obhut eines kirchlichen Hauses. Die junge Sozialarbeiterin arbeitete sehr genau und dokumentierte alles. Als Kim die Protokolle bekommt, ist der 1953 geborene Mann allerdings ein Pflegefall geworden.
Anna Kim arbeitete sich durch die übergebenen Unterlagen, führte viele Gespräche und fand in Wien die Tochter der ehemaligen Sozialarbeiterin. Aus all dem Material wurde dieses sehr spannende Buch zusammengestellt. Es zeigte auch, dass die Rasse eines Menschen in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht nur unter den Nationalsozialisten Deutschlands wichtig war, sondern auch im so freien Amerika.
Im Buch sind die Texte der Protokolle unverändert abgedruckt. Sie geben dadurch einen Einblick in die Denkweise der damaligen Zeit. In Amerika wurden andere Rassen – wie in Deutschland die Juden – nicht ermordet, aber doch gemieden.
Normalerweise ist die Zeit eines „Writers in Residence“ dazu da, um ungestört an einem Manuskript zu arbeiten. Anna Kim kam aber mit viel neuem Material aus ihrem USA Aufenthalt zurück und letztlich entstand dieses Buch. Ein Zeitzeugnis, das sich über zwei Kontinente erstreckt. Ob man sich dieses wertvollen Ergebnisses auch im Gastgeberland bewusst ist ?
BULGAKOW, Michail
Der Meister und Margarita Buch
2022.
@book{BULGAKOW2022,
title = {Der Meister und Margarita},
author = {Michail BULGAKOW},
year = {2022},
date = {2022-10-28},
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abstract = {BULGAKOW, Michail: „Der Meister und Margarita“, München 2021
Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war meine erste Reaktion „Ein verrückter Roman“. Dem folgte aber die zweite Reaktion mit „Grandios verrückt“. Es geht hier einerseits um verrückt gewordene Menschen, die aber andererseits im Rahmen einer Diktatur, wie sie eben unter Stalin war, eine gesellschaftliche Situation auszudrücken versuchten.
Moskau wurde vom Teufel heimgesucht. Mit Gehilfen treibt er sein Unwesen. Menschen sterben, werden verführt. Mit Zaubertricks stürzt er die Gesellschaft ins Chaos. So wird das Leben in der Stadt Moskau der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts geschildert. Bulgakow setzt sich aber auch mit „Gut“ und „Böse“, „Gott“ und „Teufel“ und „Leben“ und „Tod“ auseinander. „Was würde das Gute anfangen, wenn es das Böse nicht gäbe? Wie würde die Erde aussehen, wenn die Schatten von ihr verschwänden? Es sind schließlich Dinge und Menschen, die Schatten werfen. … Willst du die ganze Erde verwüsten, alles Grün und alles Leben von ihr reißen, weil du die Grille hast, reines Licht zu genießen? Dumm bist du.“ (Seite 499/500)
Einer der Proponenten ist ein junger Dichter, der einen Roman über die letzten Tage von Pontius Pilatus und seiner Auseinandersetzung mit Jesus, den er verurteilt hatte, schrieb. In verschiedenen Kapiteln des Buches scheint diese Erzählung auf. Und damit stellt er auch den Bezug zwischen den Moskauer Bürgern und Pontius Pilatus her: es ist die Feigheit sich aufzulehnen und nicht systemkonform zu handeln.
Zum Schluss gehen sie alle in die „ewigen Jagdgründe“ ein. Sowohl Pilatus als auch die Hauptproponenten des Teufels gehen in das „ewige Haus“.
Bulgakow ist wohl der berühmteste russische Dichter des 20. Jahrhunderts, wenngleich er erst nach seinem Tod weit verbreitet wurde. Er hatte Probleme mit der Diktatur und Stalin. Eigentlich war er ausgebildeter Arzt, quittierte diesen Beruf aber, um nicht in den Krieg (Erster Weltkrieg) einrücken zu müssen. 1920 wurde er Schriftsteller. Der in Kiew geborene Russe zieht nach Moskau, wo er auch sein ganzes Leben wegen Reiseeinschränkungen lebte. Am Roman „Der Meister und Margarita“ schrieb er zwölf Jahre. Es gab verschiedenste Fassungen. Erst nach seinem Tod (er starb 1940) erschien 1966 eine erste, von der Zensur stark verkürzte Version. Die erste unzensurierte Version erschien 1973 und erst in den 1990er Jahren kamen es zu einer millionenfachen Auflage.
Im „Nachtrag“ gesteht die Übersetzerin, dass sie ohne dieses Buch nicht existieren würde. Ihr Vater hatte sich bei einer Frau, die später ihre Mutter wurde, das Buch ausgeborgt …
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Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war meine erste Reaktion „Ein verrückter Roman“. Dem folgte aber die zweite Reaktion mit „Grandios verrückt“. Es geht hier einerseits um verrückt gewordene Menschen, die aber andererseits im Rahmen einer Diktatur, wie sie eben unter Stalin war, eine gesellschaftliche Situation auszudrücken versuchten.
Moskau wurde vom Teufel heimgesucht. Mit Gehilfen treibt er sein Unwesen. Menschen sterben, werden verführt. Mit Zaubertricks stürzt er die Gesellschaft ins Chaos. So wird das Leben in der Stadt Moskau der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts geschildert. Bulgakow setzt sich aber auch mit „Gut“ und „Böse“, „Gott“ und „Teufel“ und „Leben“ und „Tod“ auseinander. „Was würde das Gute anfangen, wenn es das Böse nicht gäbe? Wie würde die Erde aussehen, wenn die Schatten von ihr verschwänden? Es sind schließlich Dinge und Menschen, die Schatten werfen. … Willst du die ganze Erde verwüsten, alles Grün und alles Leben von ihr reißen, weil du die Grille hast, reines Licht zu genießen? Dumm bist du.“ (Seite 499/500)
Einer der Proponenten ist ein junger Dichter, der einen Roman über die letzten Tage von Pontius Pilatus und seiner Auseinandersetzung mit Jesus, den er verurteilt hatte, schrieb. In verschiedenen Kapiteln des Buches scheint diese Erzählung auf. Und damit stellt er auch den Bezug zwischen den Moskauer Bürgern und Pontius Pilatus her: es ist die Feigheit sich aufzulehnen und nicht systemkonform zu handeln.
Zum Schluss gehen sie alle in die „ewigen Jagdgründe“ ein. Sowohl Pilatus als auch die Hauptproponenten des Teufels gehen in das „ewige Haus“.
Bulgakow ist wohl der berühmteste russische Dichter des 20. Jahrhunderts, wenngleich er erst nach seinem Tod weit verbreitet wurde. Er hatte Probleme mit der Diktatur und Stalin. Eigentlich war er ausgebildeter Arzt, quittierte diesen Beruf aber, um nicht in den Krieg (Erster Weltkrieg) einrücken zu müssen. 1920 wurde er Schriftsteller. Der in Kiew geborene Russe zieht nach Moskau, wo er auch sein ganzes Leben wegen Reiseeinschränkungen lebte. Am Roman „Der Meister und Margarita“ schrieb er zwölf Jahre. Es gab verschiedenste Fassungen. Erst nach seinem Tod (er starb 1940) erschien 1966 eine erste, von der Zensur stark verkürzte Version. Die erste unzensurierte Version erschien 1973 und erst in den 1990er Jahren kamen es zu einer millionenfachen Auflage.
Im „Nachtrag“ gesteht die Übersetzerin, dass sie ohne dieses Buch nicht existieren würde. Ihr Vater hatte sich bei einer Frau, die später ihre Mutter wurde, das Buch ausgeborgt …
SCHOLL, Susanne
Omas Bankraub Buch
2022.
@book{SCHOLL2022,
title = {Omas Bankraub},
author = {Susanne SCHOLL},
year = {2022},
date = {2022-10-17},
abstract = {SCHOLL, Susanne: „Omas Bankraub“, Salzburg Wien 2022
Susanne Scholl ist eine eifrige Schreiberin. Meine private Datenbank meldet, dass ich zehn Bücher von ihr habe. Ich versuche Neuerscheinung möglichst schnell zu bekommen. So auch dieses Buch, dass sich im Stil doch etwas von den neun Vorgängern, die ich bisher gelesen habe, unterscheidet. Das Buch baut primär auf Dialogen der handelnden Personen auf. Diese erzählen sich gegenseitig ihre Geschichten. Die Proponenten sind vier ältere Frauen, die sich regelmässig treffen und auch gegenseitig aushelfen. Sie kommen aus unterschiedlichen sozialen Gesellschaftsschichten. Eine ist eine pensionierte Volksschullehrerin, eine (erfolglose) Musikerin, eine Krankenschwester und die Hauptperson Anna, die eine, unter chronischem Geldmangel leidende Pensionistin aus gutbürgerlichem Haus ist. Was alle vereint ist, dass sie zu wenig Geld haben. Sie wollen das gemeinsam lösen und versuchen es auf verschiedene Weise. Sie veranstalteten einen privaten Flohmarkt, der nichts einbrachte. Dann boten sie Kurse für Kochen, Tanzen und Malen an. Auch das war wirtschaftlich kein Erfolg. Letztlich verfielen sie auf die Idee eine Bank zu überfallen. Laienhaft – fast wie in einem Kabarett – wird der Cup vorbereitet, den sie dann selbst abbrechen. Letztlichen leben alle mit ihrem „zu wenig Geld“ weiter und sorgen sich um die Kinder, Enkelkinder und andere.
Es ist ein einfacher Roman, der aber vom Konstrukt und vom Aufbau interessant ist. Vier ältere Frauen, die sich einerseits Gedanken und Überlegungen machen, wie sie zu Geld – von dem sie alle zu wenig haben - kommen können und andererseits sorgen sie sich um Dinge, auf die sie keinen Einfluss mehr haben.
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Susanne Scholl ist eine eifrige Schreiberin. Meine private Datenbank meldet, dass ich zehn Bücher von ihr habe. Ich versuche Neuerscheinung möglichst schnell zu bekommen. So auch dieses Buch, dass sich im Stil doch etwas von den neun Vorgängern, die ich bisher gelesen habe, unterscheidet. Das Buch baut primär auf Dialogen der handelnden Personen auf. Diese erzählen sich gegenseitig ihre Geschichten. Die Proponenten sind vier ältere Frauen, die sich regelmässig treffen und auch gegenseitig aushelfen. Sie kommen aus unterschiedlichen sozialen Gesellschaftsschichten. Eine ist eine pensionierte Volksschullehrerin, eine (erfolglose) Musikerin, eine Krankenschwester und die Hauptperson Anna, die eine, unter chronischem Geldmangel leidende Pensionistin aus gutbürgerlichem Haus ist. Was alle vereint ist, dass sie zu wenig Geld haben. Sie wollen das gemeinsam lösen und versuchen es auf verschiedene Weise. Sie veranstalteten einen privaten Flohmarkt, der nichts einbrachte. Dann boten sie Kurse für Kochen, Tanzen und Malen an. Auch das war wirtschaftlich kein Erfolg. Letztlich verfielen sie auf die Idee eine Bank zu überfallen. Laienhaft – fast wie in einem Kabarett – wird der Cup vorbereitet, den sie dann selbst abbrechen. Letztlichen leben alle mit ihrem „zu wenig Geld“ weiter und sorgen sich um die Kinder, Enkelkinder und andere.
Es ist ein einfacher Roman, der aber vom Konstrukt und vom Aufbau interessant ist. Vier ältere Frauen, die sich einerseits Gedanken und Überlegungen machen, wie sie zu Geld – von dem sie alle zu wenig haben - kommen können und andererseits sorgen sie sich um Dinge, auf die sie keinen Einfluss mehr haben.
GRILL, Evelyn
Der Nachlass Buch
2022.
@book{GRILL2022,
title = {Der Nachlass},
author = {Evelyn GRILL},
year = {2022},
date = {2022-10-13},
abstract = {GRILL, Evelyn: „Der Nachlass“, Salzburg Wien 2022
Eine „alte Frau“ – im Romantext wird sie auch so anonym bezeichnet - erzählt aus ihrem Leben allein und während der COVID19 Pandemie. Sie ist eine alte Frau, die „nicht mehr weiß, ob sie sich jetzt in der Außen- oder in ihrer Innenwelt befindet.“ (Seite 8) Verordnungen sagen, dass sie als alter Mensch geschützt werden muss. Nicht verstehen kann sie, warum gerade alte Menschen als vulnerabel bezeichnet werden. Die jüngeren, die noch im Arbeitsprozess stehen, sind doch die wichtigeren einer Gesellschaft. Warum sind sie nicht oberste Priorität beim „Schützen“? „Es fragte, soviel sie wusste, niemand die Vulnerablen, ob sie so vorsorglich behandelt werden wollten, ob sie ganz keimfrei aufbewahrt werden wollten, und die Frage schien auch nicht nötig, weil es jedermann klar, unhinterfragbar klar war, dass jeder Mensch jeder Behandlung zustimmen würde, die ihn vor dem Tod bewahrte, und jeder Hundertjährige verstand, dass man nicht einen einzigen Keim, kein Virus in seine Nähe lassen durfte, auch keinen kühlen Luftzug.“ (Seite 18) Viele der staatlichen Verordnung versteht die alte Frau nicht. Die Geschichte hatte solche Situationen ja auch schon in früheren Zeiten gehabt. So siniert sie und mein: „In Pestzeiten half den Menschen damals wohl Musik und nicht ein Babyelefant.“ (Seite 21) Weiters meint sie – und damit sprach sie vielen Menschen aus der Seele – „Man hat ihr die Freiheit genommen, sich zu gefährden.“ (Seite 34) Das Wort „Lockdown“ erinnert sie an ein Gefängnis und an Eingesperrtsein.
Im Laufe des Buches erlebt man die verschiedenen Stadien der Pandemie aus Sicht einer alten Frau. Etwa, wie es erste Lockerungen gibt und dann wieder schließen alle Geschäfte. Obwohl: „Wenn die Waffengeschäfte offen sind, dann sind die Buchhandlungen geschlossen, das ist hier so die Regel, die man nicht verstehen muss. Sie versteht sowieso vieles nicht mehr. Sie ist ja schon alt.“ (Seite 54)
Sie erzählt aus einem 100 Jahre alten Lehnstuhl heraus, der einer Tante gehörte, die im Zweiten Weltkrieg als Jüdin alles zurücklassen musste und ins KZ transportiert wurde, wo sie umkam. Ein Beispiel dessen, wie es alten Menschen in der Einsamkeit geht. Eine Situation die durch staatliche Verwaltungen noch verstärkt wird. Sie vergleicht ihre Situation mit der während des Hitlerregimes. In den Zeiten der Quarantänen kramt sie in alten Unterlagen und findet eine Mappe mit Briefen ihrer Vorfahren aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. So auch einen Abschiedsbrief von ihrer Tante, von der sie diesen Lehnstuhl, in dem sie sitzt geerbt hat, bevor sie ins KZ übersiedelt. In einem Brief einer Bekannten aus dem Jahr 1946 – also nach dem Krieg – erfährtt sie, dass ihre Tante Paula vergast wurde und ihre Mutter verhungert ist. Daraus schließt sie, dass sie eine „Übriggebliebene“ ist. Am Ende träumt sie in ihrem Stuhl, „Dass es geheißen hat, dass wir wieder ins Kaffeehaus gehen dürfen und Zeitungen lesen und dass die Regierung zurückgetreten ist…“ (Seite 107)
Die Autorin – selbst 80 Jahre alt – erzählt auch aus eigener Erfahrung und kann deswegen das Leben dieser Proponentin sehr gut beschreiben. Sie kann sich hineinfühlen in so ein Menschenleben. Kein wirklich spannender und schöner Roman, aber ein Zeitzeugnis einer alten Frau, die mit den staatlichen Regulierungen der COVID-Pandemie leben muss.
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Eine „alte Frau“ – im Romantext wird sie auch so anonym bezeichnet - erzählt aus ihrem Leben allein und während der COVID19 Pandemie. Sie ist eine alte Frau, die „nicht mehr weiß, ob sie sich jetzt in der Außen- oder in ihrer Innenwelt befindet.“ (Seite 8) Verordnungen sagen, dass sie als alter Mensch geschützt werden muss. Nicht verstehen kann sie, warum gerade alte Menschen als vulnerabel bezeichnet werden. Die jüngeren, die noch im Arbeitsprozess stehen, sind doch die wichtigeren einer Gesellschaft. Warum sind sie nicht oberste Priorität beim „Schützen“? „Es fragte, soviel sie wusste, niemand die Vulnerablen, ob sie so vorsorglich behandelt werden wollten, ob sie ganz keimfrei aufbewahrt werden wollten, und die Frage schien auch nicht nötig, weil es jedermann klar, unhinterfragbar klar war, dass jeder Mensch jeder Behandlung zustimmen würde, die ihn vor dem Tod bewahrte, und jeder Hundertjährige verstand, dass man nicht einen einzigen Keim, kein Virus in seine Nähe lassen durfte, auch keinen kühlen Luftzug.“ (Seite 18) Viele der staatlichen Verordnung versteht die alte Frau nicht. Die Geschichte hatte solche Situationen ja auch schon in früheren Zeiten gehabt. So siniert sie und mein: „In Pestzeiten half den Menschen damals wohl Musik und nicht ein Babyelefant.“ (Seite 21) Weiters meint sie – und damit sprach sie vielen Menschen aus der Seele – „Man hat ihr die Freiheit genommen, sich zu gefährden.“ (Seite 34) Das Wort „Lockdown“ erinnert sie an ein Gefängnis und an Eingesperrtsein.
Im Laufe des Buches erlebt man die verschiedenen Stadien der Pandemie aus Sicht einer alten Frau. Etwa, wie es erste Lockerungen gibt und dann wieder schließen alle Geschäfte. Obwohl: „Wenn die Waffengeschäfte offen sind, dann sind die Buchhandlungen geschlossen, das ist hier so die Regel, die man nicht verstehen muss. Sie versteht sowieso vieles nicht mehr. Sie ist ja schon alt.“ (Seite 54)
Sie erzählt aus einem 100 Jahre alten Lehnstuhl heraus, der einer Tante gehörte, die im Zweiten Weltkrieg als Jüdin alles zurücklassen musste und ins KZ transportiert wurde, wo sie umkam. Ein Beispiel dessen, wie es alten Menschen in der Einsamkeit geht. Eine Situation die durch staatliche Verwaltungen noch verstärkt wird. Sie vergleicht ihre Situation mit der während des Hitlerregimes. In den Zeiten der Quarantänen kramt sie in alten Unterlagen und findet eine Mappe mit Briefen ihrer Vorfahren aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. So auch einen Abschiedsbrief von ihrer Tante, von der sie diesen Lehnstuhl, in dem sie sitzt geerbt hat, bevor sie ins KZ übersiedelt. In einem Brief einer Bekannten aus dem Jahr 1946 – also nach dem Krieg – erfährtt sie, dass ihre Tante Paula vergast wurde und ihre Mutter verhungert ist. Daraus schließt sie, dass sie eine „Übriggebliebene“ ist. Am Ende träumt sie in ihrem Stuhl, „Dass es geheißen hat, dass wir wieder ins Kaffeehaus gehen dürfen und Zeitungen lesen und dass die Regierung zurückgetreten ist…“ (Seite 107)
Die Autorin – selbst 80 Jahre alt – erzählt auch aus eigener Erfahrung und kann deswegen das Leben dieser Proponentin sehr gut beschreiben. Sie kann sich hineinfühlen in so ein Menschenleben. Kein wirklich spannender und schöner Roman, aber ein Zeitzeugnis einer alten Frau, die mit den staatlichen Regulierungen der COVID-Pandemie leben muss.
MANNHART, Urs
Geschwind oder Das mutmaßlich zweckfreie Zirpen der Grillen Buch
2022.
@book{MANNHART2022,
title = {Geschwind oder Das mutmaßlich zweckfreie Zirpen der Grillen},
author = {Urs MANNHART},
year = {2022},
date = {2022-10-07},
abstract = {MANNHART, Urs: „Gschwind oder Das mutmaßlich zweckreie Zirpen der Grillen“, Berlin 2021
Der Besuch des Forums „Literatur&Wein“ im Stift Göttweig hatte sich allein mit dem Kennenlernen des Schriftstellers Mannhart aus der Schweiz bezahlt gemacht. Leider kam ich erst jetzt zum Lesen dieses Buches. Es spielt in einem Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Umwelt. Die Hauptperson – Gschwind ist ein führender Manager eines internationalen Konzerns, der sich mit dem Abbau von seltenen Mineralen beschäftigt. Der Roman beginnt damit, dass zwei Höhlenforscher nach einem unterirdischen Tauchvorgang eine seltene Erde finden, die für den Bau von Batterien wichtig sind. Sofort interessiert sich auch der Konzern für dieses Gebiet und der Generaldirektor beauftragt Gschwind, den Berg mit dem unterirdischen Schatz zu kaufen. Seiner Karriere willen scheut er auch nicht davor zurück eine Urkunde zu fälschen und sich als Landwirt auszugeben, um so das Recht zum Kauf des Bauernhofs mit dem Umland zu bekommen. Der Sohn des aufstrebenden und erfolgreichen Manager verläßt wenige Monate vor Abschluss seine Schule und gründet eine alternative Schule, die sich in einem Blockhaus ohne Strom und sanitäre Anlagen befindet. Gschwinds Frau unterstützt den Sohn bei seinem Projekt und letztlich verlässt sie ihren Mann, der nur selten zu Hause ist, auch noch. Sie sei in den Nachbarn verliebt. Für Gschwind stürzt nicht eine Welt, sondern mehrere zusammen. Sein Sohn verläßt die Schule und wird ein Wirtschaftsgegner, seine Frau will sich scheiden lassen, seine Firma steht unter schweren Vorwürfen der Bestechung, seine Mutter – eine erfahrene Bootskapitänin – setzt ein neues Schiff bei der Jungfernfahrt auf Grund. Er kann dem inneren Druck nur schwer standhalten. Nachdem er sein Bett in den Keller verlegt hatte und auch dort nicht schlafen kann, „bewaffnet“ er sich mit einer Bohrmaschien und durchlöchert den Rumpf des Bootes seines Nachbarn. Zurück von einer Dienstreise in Südamerika besucht er seine Mutter und Großmutter. Bedingt durch Probebohrungen (was nicht bewiesen werden kann), um die seltenen Erden zu lokalisieren, verliert der angrenzende See Wasser und es kommt zu schweren Erdbeben. Bei einem solchen kommt auch er mit seinem Auto zu Schaden. In seinem Auto befindet sich eine riesige Summe Schwarzgeld, die er für den Kauf des Grundstücks über den Mineralvorkommen verwenden sollte. Er erwacht im Spitalsbett und verläßt das Krankenhaus, kommt aber nicht zu seinem Auto, ja er muss zusehen, wie neuerliche Steinlawinen den Tesla total zerstören. In seinem Wohnhaus sucht er Zuflucht. Seine Frau verrät ihn und er wird verhaftet. Am Ende befindet er sich im Gefängnis. Sein Nachbar, der Liebhaber seiner Frau, ist mit dem Boot ertrunken und er, Gschwind, wegen Mordes angeklagt. Sein Chef, der wegen der Bestechung eingekerkert ist wird zur selben Zeit wie Gschwind aus der Untersuchungshaft entlassen. Sie dürfen aber die Schweiz nicht verlassen. Sie tun es aber mit einem Privatjet.
Selbst einmal im Management gearbeitet, fand ich die Beschreibung des Szenarios in diesem Bereich sehr professionell und wirklichkeitsnahe.
Ausgelöst hat dieses Spektakel um die Gewinnung eines seltenen Rohstoffs ein Amateur-Taucherpaar, die eine unerforschte Höhle fanden. Von dort nahmen sie einen Stein mit, der lange in der Wohnung der Frau lag. Sie wollte ihn schon wegwerfen, brachte ihn aber letztlich zu einer Freundin in der ETH Zürich, die ihn untersuchte und das seltene Mineral feststellte. Daraus verfasste der Autor Mannhart diese furiose Geschichte, die sich sehr gut liest.
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Der Besuch des Forums „Literatur&Wein“ im Stift Göttweig hatte sich allein mit dem Kennenlernen des Schriftstellers Mannhart aus der Schweiz bezahlt gemacht. Leider kam ich erst jetzt zum Lesen dieses Buches. Es spielt in einem Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Umwelt. Die Hauptperson – Gschwind ist ein führender Manager eines internationalen Konzerns, der sich mit dem Abbau von seltenen Mineralen beschäftigt. Der Roman beginnt damit, dass zwei Höhlenforscher nach einem unterirdischen Tauchvorgang eine seltene Erde finden, die für den Bau von Batterien wichtig sind. Sofort interessiert sich auch der Konzern für dieses Gebiet und der Generaldirektor beauftragt Gschwind, den Berg mit dem unterirdischen Schatz zu kaufen. Seiner Karriere willen scheut er auch nicht davor zurück eine Urkunde zu fälschen und sich als Landwirt auszugeben, um so das Recht zum Kauf des Bauernhofs mit dem Umland zu bekommen. Der Sohn des aufstrebenden und erfolgreichen Manager verläßt wenige Monate vor Abschluss seine Schule und gründet eine alternative Schule, die sich in einem Blockhaus ohne Strom und sanitäre Anlagen befindet. Gschwinds Frau unterstützt den Sohn bei seinem Projekt und letztlich verlässt sie ihren Mann, der nur selten zu Hause ist, auch noch. Sie sei in den Nachbarn verliebt. Für Gschwind stürzt nicht eine Welt, sondern mehrere zusammen. Sein Sohn verläßt die Schule und wird ein Wirtschaftsgegner, seine Frau will sich scheiden lassen, seine Firma steht unter schweren Vorwürfen der Bestechung, seine Mutter – eine erfahrene Bootskapitänin – setzt ein neues Schiff bei der Jungfernfahrt auf Grund. Er kann dem inneren Druck nur schwer standhalten. Nachdem er sein Bett in den Keller verlegt hatte und auch dort nicht schlafen kann, „bewaffnet“ er sich mit einer Bohrmaschien und durchlöchert den Rumpf des Bootes seines Nachbarn. Zurück von einer Dienstreise in Südamerika besucht er seine Mutter und Großmutter. Bedingt durch Probebohrungen (was nicht bewiesen werden kann), um die seltenen Erden zu lokalisieren, verliert der angrenzende See Wasser und es kommt zu schweren Erdbeben. Bei einem solchen kommt auch er mit seinem Auto zu Schaden. In seinem Auto befindet sich eine riesige Summe Schwarzgeld, die er für den Kauf des Grundstücks über den Mineralvorkommen verwenden sollte. Er erwacht im Spitalsbett und verläßt das Krankenhaus, kommt aber nicht zu seinem Auto, ja er muss zusehen, wie neuerliche Steinlawinen den Tesla total zerstören. In seinem Wohnhaus sucht er Zuflucht. Seine Frau verrät ihn und er wird verhaftet. Am Ende befindet er sich im Gefängnis. Sein Nachbar, der Liebhaber seiner Frau, ist mit dem Boot ertrunken und er, Gschwind, wegen Mordes angeklagt. Sein Chef, der wegen der Bestechung eingekerkert ist wird zur selben Zeit wie Gschwind aus der Untersuchungshaft entlassen. Sie dürfen aber die Schweiz nicht verlassen. Sie tun es aber mit einem Privatjet.
Selbst einmal im Management gearbeitet, fand ich die Beschreibung des Szenarios in diesem Bereich sehr professionell und wirklichkeitsnahe.
Ausgelöst hat dieses Spektakel um die Gewinnung eines seltenen Rohstoffs ein Amateur-Taucherpaar, die eine unerforschte Höhle fanden. Von dort nahmen sie einen Stein mit, der lange in der Wohnung der Frau lag. Sie wollte ihn schon wegwerfen, brachte ihn aber letztlich zu einer Freundin in der ETH Zürich, die ihn untersuchte und das seltene Mineral feststellte. Daraus verfasste der Autor Mannhart diese furiose Geschichte, die sich sehr gut liest.
Al-Mousli, Luna
Um mich herum Geschichten Buch
2022.
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title = {Um mich herum Geschichten},
author = {Luna Al-Mousli},
year = {2022},
date = {2022-10-02},
abstract = {AL-MOUSLI, Luna: „Um mich herum Geschichten“, Frankfurt 2022
Die Autorin ist in Damaskus geboren und lebt heute in Wien. Als Designerin und Graphikerin ist sie in Österreich integriert. Als Autorin kann sie aber ihre Erlebnisse aus der Heimat Syrien nicht verbergen. Schon ihr erstes Buch handelte von Damaskus („Eine Träne, ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus“). Im vorliegenden Buch erzählt sie in fünf Geschichten aus dem Leben von Geflüchteten. Nicht extreme Abenteuergeschichten, sondern die menschliche Seite, wenn man „verpflanzt“ wird und aus dem eigenen Land gehen muss. Al-Mousli macht es in einer sehr interessanten Form. Die Geschichten werden meist von Dingen des jeweils Betroffenen erzählt. Im ersten Kapitel ist es ein Computer, der erzählt, wie seine Besitzerin, eine ältere Frau, ihre Erlebnisse niederschreibt. Der Computer agiert wie eine Person und erzählt, wie sie, die Proponentin, als erste Frau nicht nur die Grundschule abgeschlossen hat, sondern auch an der Universität studiert hat. Im Exil verfolgt sie alle Nachrichten aus dem Radio, Fernsehen und sozialen Medien. Sie engagiert sich und ist Computersüchtig geworden. Die Töchter sorgen sich um sie. Zu Beginn flog sich noch manchmal heim, als aber dann die Flüge nach Damaskus eingestellt wurden, blieb nur mehr das Internet als Verbindung.
Im zweiten Kapitel ist es eine Abschlussurkunde der Universität, die von ihrem Besitzer erzählt. Achtlos wurde sie nach einer Übersiedlung hinter einer Tür abgestellt und bald ging das Glas in Bruch. Sie, die Urkunde, erzählt aber alles, was sie sieht.
Wie es einem Syrier ging, der flüchtete, eine Familie gründete und sich die Familie durch Scheidung wieder auflöste, erzählt seine Oud, ein Gitarre ähnliches Musikinstrument. Seiner Frau hatte er versprochen, mit ihr „in guten, wie in schlechten Zeiten zusammen zu bleiben, aufeinander aufzupassen und sich nicht aus den Augen zu verlieren.“ (Seite 47) Aber zusammenbleibt er mit seinem Musikinstrument, mit dem er öffentlich und für Freunde spielt. Das Ding Oud als Partnerin ist ihm aber zu wenig. Sein Leben kommt ins Trudeln. Er verfällt dem Alkohol und letztlich geht die Oud in Bruch.
Weiter geht es mit einem syrischen Vater, der sich zum Studienabschluss seines Sohnes einen neuen Anzug kauft, den er aber nie trägt. Seine Frau organisiert mit anderen Frauen den Schmuggel von Medikamenten in die Kriegsgebiete des Landes. Sie schweißen sie in Damenbinden ein, die von keinem Wachsoldaten geprüft werden. Die Scham eines Muslims ist dazu zu groß. Erst als sie ins Exil gehen wird ihm von einer Frau der Anzug aus dem ausgebombten Haus gebracht. Am Weg dahin wurde er gefoltert.
Ein Haustorschlüssel erzählt den Lebensweg einer Frau, wie sie trotz Kriegs blieb und wo sie ihren Bruder, der untertauchen musste, aufnimmt.
„Das Brot wurde teurer.
Sie blieb.
Ich blieb.
Neureiche wurden gefeiert.
Sie blieb.
Ich blieb.
Die Winter wurden kälter.
Wir blieben.“ (Seite 120)
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Die Autorin ist in Damaskus geboren und lebt heute in Wien. Als Designerin und Graphikerin ist sie in Österreich integriert. Als Autorin kann sie aber ihre Erlebnisse aus der Heimat Syrien nicht verbergen. Schon ihr erstes Buch handelte von Damaskus („Eine Träne, ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus“). Im vorliegenden Buch erzählt sie in fünf Geschichten aus dem Leben von Geflüchteten. Nicht extreme Abenteuergeschichten, sondern die menschliche Seite, wenn man „verpflanzt“ wird und aus dem eigenen Land gehen muss. Al-Mousli macht es in einer sehr interessanten Form. Die Geschichten werden meist von Dingen des jeweils Betroffenen erzählt. Im ersten Kapitel ist es ein Computer, der erzählt, wie seine Besitzerin, eine ältere Frau, ihre Erlebnisse niederschreibt. Der Computer agiert wie eine Person und erzählt, wie sie, die Proponentin, als erste Frau nicht nur die Grundschule abgeschlossen hat, sondern auch an der Universität studiert hat. Im Exil verfolgt sie alle Nachrichten aus dem Radio, Fernsehen und sozialen Medien. Sie engagiert sich und ist Computersüchtig geworden. Die Töchter sorgen sich um sie. Zu Beginn flog sich noch manchmal heim, als aber dann die Flüge nach Damaskus eingestellt wurden, blieb nur mehr das Internet als Verbindung.
Im zweiten Kapitel ist es eine Abschlussurkunde der Universität, die von ihrem Besitzer erzählt. Achtlos wurde sie nach einer Übersiedlung hinter einer Tür abgestellt und bald ging das Glas in Bruch. Sie, die Urkunde, erzählt aber alles, was sie sieht.
Wie es einem Syrier ging, der flüchtete, eine Familie gründete und sich die Familie durch Scheidung wieder auflöste, erzählt seine Oud, ein Gitarre ähnliches Musikinstrument. Seiner Frau hatte er versprochen, mit ihr „in guten, wie in schlechten Zeiten zusammen zu bleiben, aufeinander aufzupassen und sich nicht aus den Augen zu verlieren.“ (Seite 47) Aber zusammenbleibt er mit seinem Musikinstrument, mit dem er öffentlich und für Freunde spielt. Das Ding Oud als Partnerin ist ihm aber zu wenig. Sein Leben kommt ins Trudeln. Er verfällt dem Alkohol und letztlich geht die Oud in Bruch.
Weiter geht es mit einem syrischen Vater, der sich zum Studienabschluss seines Sohnes einen neuen Anzug kauft, den er aber nie trägt. Seine Frau organisiert mit anderen Frauen den Schmuggel von Medikamenten in die Kriegsgebiete des Landes. Sie schweißen sie in Damenbinden ein, die von keinem Wachsoldaten geprüft werden. Die Scham eines Muslims ist dazu zu groß. Erst als sie ins Exil gehen wird ihm von einer Frau der Anzug aus dem ausgebombten Haus gebracht. Am Weg dahin wurde er gefoltert.
Ein Haustorschlüssel erzählt den Lebensweg einer Frau, wie sie trotz Kriegs blieb und wo sie ihren Bruder, der untertauchen musste, aufnimmt.
„Das Brot wurde teurer.
Sie blieb.
Ich blieb.
Neureiche wurden gefeiert.
Sie blieb.
Ich blieb.
Die Winter wurden kälter.
Wir blieben.“ (Seite 120)
MEDUSA, Mieze
Was über Frauen geredet wird Buch
2022.
@book{MEDUSA2022,
title = {Was über Frauen geredet wird},
author = {Mieze MEDUSA},
year = {2022},
date = {2022-10-01},
abstract = {MEDUSA, Mieze: „Was über Frauen geredet wird“, Salzburg Wien 2022
Die Autorin mit dem Künstlernamen Mieze Medusa ist eine bekannte Rapperin. 2008 erschien ihr erster Roman. Heuer „Was über Frauen geredet wird“. Dabei kommen auch ihre Erfahrungen mit der Musik zum Vorschein: Texte der Rapperin und Musikerfahrungen. In einer Art Zugabe am Ende des Buches – sie nennt es „Bonus Track“ – liefert sie den Text zum Rapp „Strahl aus, rappe oder werde still“.
Der Titel des Buches heißt zwar „Was über Frauen geredet wird“, aber die Rolle der Frauen wird von Frauen selbst erzählt. Im Roman kommen fast ausschließlich junge Frauen vor. Sie geben Einblick in die Szene der Jüngeren. Ihren Zugang zum Leben und zum Thema Beziehungen. So wird etwa bei einer Hochzeit nicht die Braut, sondern der Bräutigam entführt. Wie ein roter Faden zieht sich die Darstellung der Benachteiligung von Frauen in unserer Gesellschaft durch. „Es gibt in Österreich mehr Bürgermeister, die Franz heißen, als Bürgermeisterinnen.“ (Seite 110)
Die Hauptschauplätze des Romans sind Innsbruck und Wien, die beide detailgenau erzählt werden. Für zwei Szenen rückt auch Venedig ins Bild. Über Wien – und da schlägt die Rapperin durch – sagt sie etwa:
„Das Schlimmste an Wien ist der Februar.
Es ist dunkel, sagt die Vernunft.
Es ist, was es ist, sagt der Winter.
Es ist Unglück, sagt die Berechnung.
Es ist nichts bis März, sagt die Angst.
Es ist aussichtslos, sagt der Nebel.
Es ist, was es ist, sagt der Winter.“ (Seite 55)
Innsbruck dagegen wird für seine Schönheit und Nähe zur Natur gelobt und beschrieben, wenngleich es eine Stadt ist, die für junge Menschen fast unerschwinglich zum Wohnen ist.
Wie schon gesagt, im Roman treten fast ausschließlich Frauen auf. Eine der Ausnahmen ist der Freund von Freds Schwester, die ihn auch heiratet. Eines der Kapitel des Buches handelt von der Hochzeit in Innsbruck. Hier kommen die beiden Frauenkreise aus Wien und Innsbruck zusammen. Fred, die eigentlich Fredericke heißt, lebt in Wien. Mit über 40 Jahren hat sie noch keine klare Lebensposition bezogen. Zwar hatte sie, als ihre Wohnungsmitbewohnerin schwanger wird und der Vater davon nichts wissen will, von dieser Freundin ein Heiratsangebot bekommen, das sie überrascht und abgelehnt hat. Die Freundschaft ging in Brüche und sie musste aus der schönen Wohnung ausziehen und eine winzige, laute Herberge direkt am Wiener Gürtel beziehen.
Bei einem Ausflug mit Freundinnen, die in Venedig einen Film drehen bleibt sie allein zurück, um über ihr Leben nachzudenken. Das Hochwasser – Aqua Alta – gibt ihr Hoffnung, denn „die Menschen hier begegnen dem Hochwasser als wäre es eine Nebensache. Wieder eine Katastrophe gemeistert, wieder gut durch eine Krisensituation gekommen.“ (Seite 260) Das Buch wurde in der Zeit von COVID19 Pandemie, hoher Inflation und Krieg in der Ukraine geschrieben. Die Erkenntnis der Akteurin Fred kann jedem Leser, jeder Leserin vielleicht auch helfen, denn sie nimmt diesen Mut aus Venedig mit:
„Wird schon.
Wirst sehen.
Muss ja.“
Auch Schriftstellerinnen haben ein Seelenleben und Mieze Medusa zeigt es als Doris Mitterbacher in ihrem abschließenden Dank. Ein Nachwort, dass sich grundlegend von Danksagungen in Büchern unterscheidet und ein literarischer Teil ist. Während der Schreibarbeiten ist ihre Mutter gestorben und sie sagt über sie:
„Meine Mutter hat viele gute Eigenschaften, über drei möchte ich hier sprechen: Sie hat außerordentlich gut Dinge mit sich selbst ausmachen können. Wenn sie darüber nachgedacht hat, die Welt zu verbessern, hat sie bei sich selbst angefangen. Und sie war richtig gut im Packen. So auch hier: ihr Tod am 2. Juni 2022 war trotz schwerer Krankheit für uns unerwartet, hat uns aber Dank ihrer Vorbereitungen und der Gespräche mit ihr, nicht unvorbereitet getroffen. Was für eine Leistung das ist, beginne ich gerade erst zu erahnen. … „Was über Frauen geredet wird“ ist das erste meiner Bücher, die sie nicht lesen wird.“ (Seite 269)
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Die Autorin mit dem Künstlernamen Mieze Medusa ist eine bekannte Rapperin. 2008 erschien ihr erster Roman. Heuer „Was über Frauen geredet wird“. Dabei kommen auch ihre Erfahrungen mit der Musik zum Vorschein: Texte der Rapperin und Musikerfahrungen. In einer Art Zugabe am Ende des Buches – sie nennt es „Bonus Track“ – liefert sie den Text zum Rapp „Strahl aus, rappe oder werde still“.
Der Titel des Buches heißt zwar „Was über Frauen geredet wird“, aber die Rolle der Frauen wird von Frauen selbst erzählt. Im Roman kommen fast ausschließlich junge Frauen vor. Sie geben Einblick in die Szene der Jüngeren. Ihren Zugang zum Leben und zum Thema Beziehungen. So wird etwa bei einer Hochzeit nicht die Braut, sondern der Bräutigam entführt. Wie ein roter Faden zieht sich die Darstellung der Benachteiligung von Frauen in unserer Gesellschaft durch. „Es gibt in Österreich mehr Bürgermeister, die Franz heißen, als Bürgermeisterinnen.“ (Seite 110)
Die Hauptschauplätze des Romans sind Innsbruck und Wien, die beide detailgenau erzählt werden. Für zwei Szenen rückt auch Venedig ins Bild. Über Wien – und da schlägt die Rapperin durch – sagt sie etwa:
„Das Schlimmste an Wien ist der Februar.
Es ist dunkel, sagt die Vernunft.
Es ist, was es ist, sagt der Winter.
Es ist Unglück, sagt die Berechnung.
Es ist nichts bis März, sagt die Angst.
Es ist aussichtslos, sagt der Nebel.
Es ist, was es ist, sagt der Winter.“ (Seite 55)
Innsbruck dagegen wird für seine Schönheit und Nähe zur Natur gelobt und beschrieben, wenngleich es eine Stadt ist, die für junge Menschen fast unerschwinglich zum Wohnen ist.
Wie schon gesagt, im Roman treten fast ausschließlich Frauen auf. Eine der Ausnahmen ist der Freund von Freds Schwester, die ihn auch heiratet. Eines der Kapitel des Buches handelt von der Hochzeit in Innsbruck. Hier kommen die beiden Frauenkreise aus Wien und Innsbruck zusammen. Fred, die eigentlich Fredericke heißt, lebt in Wien. Mit über 40 Jahren hat sie noch keine klare Lebensposition bezogen. Zwar hatte sie, als ihre Wohnungsmitbewohnerin schwanger wird und der Vater davon nichts wissen will, von dieser Freundin ein Heiratsangebot bekommen, das sie überrascht und abgelehnt hat. Die Freundschaft ging in Brüche und sie musste aus der schönen Wohnung ausziehen und eine winzige, laute Herberge direkt am Wiener Gürtel beziehen.
Bei einem Ausflug mit Freundinnen, die in Venedig einen Film drehen bleibt sie allein zurück, um über ihr Leben nachzudenken. Das Hochwasser – Aqua Alta – gibt ihr Hoffnung, denn „die Menschen hier begegnen dem Hochwasser als wäre es eine Nebensache. Wieder eine Katastrophe gemeistert, wieder gut durch eine Krisensituation gekommen.“ (Seite 260) Das Buch wurde in der Zeit von COVID19 Pandemie, hoher Inflation und Krieg in der Ukraine geschrieben. Die Erkenntnis der Akteurin Fred kann jedem Leser, jeder Leserin vielleicht auch helfen, denn sie nimmt diesen Mut aus Venedig mit:
„Wird schon.
Wirst sehen.
Muss ja.“
Auch Schriftstellerinnen haben ein Seelenleben und Mieze Medusa zeigt es als Doris Mitterbacher in ihrem abschließenden Dank. Ein Nachwort, dass sich grundlegend von Danksagungen in Büchern unterscheidet und ein literarischer Teil ist. Während der Schreibarbeiten ist ihre Mutter gestorben und sie sagt über sie:
„Meine Mutter hat viele gute Eigenschaften, über drei möchte ich hier sprechen: Sie hat außerordentlich gut Dinge mit sich selbst ausmachen können. Wenn sie darüber nachgedacht hat, die Welt zu verbessern, hat sie bei sich selbst angefangen. Und sie war richtig gut im Packen. So auch hier: ihr Tod am 2. Juni 2022 war trotz schwerer Krankheit für uns unerwartet, hat uns aber Dank ihrer Vorbereitungen und der Gespräche mit ihr, nicht unvorbereitet getroffen. Was für eine Leistung das ist, beginne ich gerade erst zu erahnen. … „Was über Frauen geredet wird“ ist das erste meiner Bücher, die sie nicht lesen wird.“ (Seite 269)
JUNG, Jochen
Das Buch. Dinge des Lebens Buch
2022.
@book{JUNG2022,
title = {Das Buch. Dinge des Lebens},
author = {Jochen JUNG},
year = {2022},
date = {2022-09-29},
abstract = {JUNG, Jochen: „Das Buch. Dinge des Lebens“, Salzburg Wien 2022
Mit einem Buch über das Buch zu schreiben. Eine echte Herausforderung. Es beginnt mit einem kurzen Abriss der Geschichte von den Anfängen der Menschheit bis zum „Sich Mitteilen“ und letztlich zum Dichten. Als erster Inhaltsschwerpunkt wird die Liebe hervorgehoben. „Die Menschen leben und lieben einander … kein Wunder, dass die damit verbundenen Themen die häufigsten der erzählenden Dichter sind.“ (Seite 8) Obwohl man beim Lesen allein ist, bekommt man Kontakt zu vielen Menschen und Gesellschaften.
Der Autor hatte in seinem Leben einen intensiven Kontakt mit Büchern. Er war Lektor und letztlich sogar Verlagsleiter in jenem Verlag, in dem dieses Buch über „Das Buch“ erschienen ist. Seine Beziehung zum Buch geht aber auf seine Familie zurück. Sein Großvater mütterlicherseits war Dichter und hinterließ viele Bücher. Die Mutter hat die Liebe zu Büchern von ihrem Vater übernommen, wie er – Jung – von ihr. Auch dem Vater waren Bücher wichtig und von ihm erbte er alte Ausgaben.
Neben der eigenen Familie war es aber sein Beruf, der ihm mit vielen Autoren Bekanntschaften und Freundschaften einbrachte. In diesem Büchl outet er sich und erzählt von seinem Verhältnis zu H.C. Artmann, Peter Handke und Thomas Bernhard.
Beruflich musste er viele Manuskripte und Bücher lesen. Viele davon fielen in die Kategorie „Arbeitspflicht“. Dem kann ich als Rezensent von bisher über 1000 Büchern nur beipflichten.
Auch ich habe viele Bücher (10.000) und schätze sie. Noch mehr schätze ich es aber, wenn sie eine Widmung des Autors tragen. Für Herrn Jung ist es auch wichtig, zu wissen, von wem er welches Buch bekommen hat. Also Widmungen vom Schenker.
Bücher sind auch ein Teil des eigenen Lebens. Bücher, die man früher gelesen hat, sagen auch etwas aus, welcher Mensch man damals war. Später ein frühes Buch zur Hand zu nehmen und wieder zu lesen ist auch ein zurückschauen in die eigene Vergangenheit.
Bücher kosten, im Vergleich zu anderen kulturellen Veranstaltungen, wenig Geld. Sie verlangen vom Konsumenten, vom Leser aber Zeit, die er sich nehmen muss, um den Content zu konsumieren, das Geschriebene zu öffnen.
Menschen, die Literarisches schreiben, haben selbst viel gelesen und müssen dann ein Verhältnis zu IHREN Lesern aufbauen, wobei Schönheit der Texte eine wichtige Eigenschaft ist.
Lyrik kommt aus dem altgriechischen Lyra, einem Musikinstrument. Musik und Text gehören zusammen. Geschriebene Texte kommen zu einem Rhythmus, einer Musik. Nicht nur der Inhalt eines Buches ist wichtig, sondern auch seine sprachliche Darstellung. In einem Postskriptum – am Ende des Buches – nimmt Jochen Jung auch Bezug auf das Lesen von Notenbüchern, von Partituren, die man beim Hören der Musik mitliest. So bekommt das Geschriebene auch Töne.
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Mit einem Buch über das Buch zu schreiben. Eine echte Herausforderung. Es beginnt mit einem kurzen Abriss der Geschichte von den Anfängen der Menschheit bis zum „Sich Mitteilen“ und letztlich zum Dichten. Als erster Inhaltsschwerpunkt wird die Liebe hervorgehoben. „Die Menschen leben und lieben einander … kein Wunder, dass die damit verbundenen Themen die häufigsten der erzählenden Dichter sind.“ (Seite 8) Obwohl man beim Lesen allein ist, bekommt man Kontakt zu vielen Menschen und Gesellschaften.
Der Autor hatte in seinem Leben einen intensiven Kontakt mit Büchern. Er war Lektor und letztlich sogar Verlagsleiter in jenem Verlag, in dem dieses Buch über „Das Buch“ erschienen ist. Seine Beziehung zum Buch geht aber auf seine Familie zurück. Sein Großvater mütterlicherseits war Dichter und hinterließ viele Bücher. Die Mutter hat die Liebe zu Büchern von ihrem Vater übernommen, wie er – Jung – von ihr. Auch dem Vater waren Bücher wichtig und von ihm erbte er alte Ausgaben.
Neben der eigenen Familie war es aber sein Beruf, der ihm mit vielen Autoren Bekanntschaften und Freundschaften einbrachte. In diesem Büchl outet er sich und erzählt von seinem Verhältnis zu H.C. Artmann, Peter Handke und Thomas Bernhard.
Beruflich musste er viele Manuskripte und Bücher lesen. Viele davon fielen in die Kategorie „Arbeitspflicht“. Dem kann ich als Rezensent von bisher über 1000 Büchern nur beipflichten.
Auch ich habe viele Bücher (10.000) und schätze sie. Noch mehr schätze ich es aber, wenn sie eine Widmung des Autors tragen. Für Herrn Jung ist es auch wichtig, zu wissen, von wem er welches Buch bekommen hat. Also Widmungen vom Schenker.
Bücher sind auch ein Teil des eigenen Lebens. Bücher, die man früher gelesen hat, sagen auch etwas aus, welcher Mensch man damals war. Später ein frühes Buch zur Hand zu nehmen und wieder zu lesen ist auch ein zurückschauen in die eigene Vergangenheit.
Bücher kosten, im Vergleich zu anderen kulturellen Veranstaltungen, wenig Geld. Sie verlangen vom Konsumenten, vom Leser aber Zeit, die er sich nehmen muss, um den Content zu konsumieren, das Geschriebene zu öffnen.
Menschen, die Literarisches schreiben, haben selbst viel gelesen und müssen dann ein Verhältnis zu IHREN Lesern aufbauen, wobei Schönheit der Texte eine wichtige Eigenschaft ist.
Lyrik kommt aus dem altgriechischen Lyra, einem Musikinstrument. Musik und Text gehören zusammen. Geschriebene Texte kommen zu einem Rhythmus, einer Musik. Nicht nur der Inhalt eines Buches ist wichtig, sondern auch seine sprachliche Darstellung. In einem Postskriptum – am Ende des Buches – nimmt Jochen Jung auch Bezug auf das Lesen von Notenbüchern, von Partituren, die man beim Hören der Musik mitliest. So bekommt das Geschriebene auch Töne.
GSTREIN, Norbert
2022.
@book{GSTREIN2022,
title = {Vier Tage drei Nächte},
author = {Norbert GSTREIN},
year = {2022},
date = {2022-09-28},
abstract = {GSTREIN, Norbert: „Vier Tage vier Nächte“, München 2022
Norbert Gstrein hat in den vorliegenden Roman sehr viel hineingepackt, ohne dass es aber an anspruchsvoller detaillierter Beschreibung fehlt.
Drei Hauptakteure prägen den Roman: Ines und Elias, die Kinder eines Hoteliers und Carl der Freund von Elias. Ines und Elias sind nur Halbgeschwister und pflegen ein, über die Freundschaft und Geschwisterlichkeit hinausgehendes Verhältnis. Ines hat viele Beziehungen mit Männern, die immer wieder zu Trennungsszenarien führen, bei denen der Bruder einschreiten muss. Elias hat ein homosexuelles Verhältnis mit seinem Kollegen Carl.
Noch vor einiger Zeit war es wichtig, dass der Autor in einen Roman auch sexistische Geschichten einbaute, um den Verkauf des Buches anzuregen. Heute ist es fast ein notwendiges Klischee, über gleichgeschlechtliche Beziehungen zu schreiben. So macht es auch Norbert Gstrein, der nicht nur von der Liebe seines Proponenten Elias zu dessen Halbschwester schreibt, sondern auch zur Beziehung eines Exfreunds der Schwester und eines Freundes aus beruflicher Beziehung. Dabei kommt auch zum Ausdruck, wie liebevoll die Beziehung zwischen Männern sein kann: „Ich hatte ihn meinen kleinen Zeisig genannt, meinen Wiedehopf und meinen Haubentaucher, einen Mann von annähernd ein Meter neunzig, der mich mit seinen Armen umschlingen und in die Luft heben konnte wie ein Kind, und er mich seine Goldamsel, sein Rotkehlchen sowie seinen Stieglitz oder vielmehr Stiegelitz nannte.“ (Seite 191)
Das Buch gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten wird die Geschichte der beiden Geschwister aus der Sicht von Elias erzählt. Die große Liebe zur Halbschwester und das schlechte Verhältnis zum Vater. Der Vater, der in Amerika Erfahrungen gesammelt hatte, wollte auch seinen Kindern die USA näherbringen und zahlte ihnen einen Aufenthalt. Der Tochter ein Studium und dem Sohn eine Helikopterausbildung, nachdem dieser sein Wirtschaftsstudium erfolglos abgebrochen hatte. Aber auch diese Ausbildung endete ohne Abschluss, und um die negativen Ereignisse beim Fliegen zu verarbeiten, nahm er die Hilfe einer Therapeutin ins Anspruch, was im zweiten Abschnitt beschrieben wird. Im Kapitel „Ich bin ihr Bruder“ kommen alle drei Hauptakteure zusammen und der Freund von Elias, Carl, tritt in das Geschehen ein. Er wird auch von der Schwester akzeptiert. Sie verbringen die Weihnachtsfeiertage im Berliner Haus von Ines und, um hier Abwechslung in die trostlose Zeit der COVID19 Quarantäne zu bringen, erzählen sie sich Geschichten. Jeder seine erste Liebe. Diese sehr unterschiedlichen Geschichten werden dann im vierten Abschnitt des Romans detaillierter beschrieben. Jene von Carl in englischer Sprache, weil er sie in seiner Zeit in Amerika erlebte und in der „Originalsprache“ wiedergeben wollte.
Ines kündigt ihre Stelle an der Universität als Expertin der Literaturwissenschaften. Mit finanzieller Hilfe des Vaters zieht sie sich auf die Insel Sizilien zurück und versucht selbst einen Roman zu schreiben. Im Sommer treffen die drei hier zusammen und Ines weiht sie in ihr Projekt ein, was letztlich zu einem Eklat kommt. Dieser letzte Buchabschnitt beschreibt indirekt den Roman von Ines. Die Autorin beschreibt ihr Werk so: „Es ist eine Dreiecksgeschichte. Gehobenes Milieu, alles aufgeklärte, tolerante Leute, und sie geht trotzdem auf katastrophale Weise schief.“ (Seite 319) Vieles hat sie aus dem eigenen Leben hineingearbeitet. Das Dreieck besteht aus einem anerkannten älteren Professor, seiner jungen und aktiven Frau, die neben der Ehe viele Verhältnisse hat, diese ihrem Mann aber nicht verschweigt. Er akzeptiert das, bis einer der Liebhaber ein Schwarzer ist.
Der Titel „Vier Tage drei Nächte“ bezieht sich auf zwei Ereignisse: Einerseits lädt der Vater von Elias unerlaubterweise trotz Quarantäne durch die COVID19 Pandemie Gäste in sein Hotel für drei Nächte ein und andererseits verbringen die drei Hauptakteure des Romans – Ines, Elias und Carl – vier Tage zu Weihnachten miteinander.
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Norbert Gstrein hat in den vorliegenden Roman sehr viel hineingepackt, ohne dass es aber an anspruchsvoller detaillierter Beschreibung fehlt.
Drei Hauptakteure prägen den Roman: Ines und Elias, die Kinder eines Hoteliers und Carl der Freund von Elias. Ines und Elias sind nur Halbgeschwister und pflegen ein, über die Freundschaft und Geschwisterlichkeit hinausgehendes Verhältnis. Ines hat viele Beziehungen mit Männern, die immer wieder zu Trennungsszenarien führen, bei denen der Bruder einschreiten muss. Elias hat ein homosexuelles Verhältnis mit seinem Kollegen Carl.
Noch vor einiger Zeit war es wichtig, dass der Autor in einen Roman auch sexistische Geschichten einbaute, um den Verkauf des Buches anzuregen. Heute ist es fast ein notwendiges Klischee, über gleichgeschlechtliche Beziehungen zu schreiben. So macht es auch Norbert Gstrein, der nicht nur von der Liebe seines Proponenten Elias zu dessen Halbschwester schreibt, sondern auch zur Beziehung eines Exfreunds der Schwester und eines Freundes aus beruflicher Beziehung. Dabei kommt auch zum Ausdruck, wie liebevoll die Beziehung zwischen Männern sein kann: „Ich hatte ihn meinen kleinen Zeisig genannt, meinen Wiedehopf und meinen Haubentaucher, einen Mann von annähernd ein Meter neunzig, der mich mit seinen Armen umschlingen und in die Luft heben konnte wie ein Kind, und er mich seine Goldamsel, sein Rotkehlchen sowie seinen Stieglitz oder vielmehr Stiegelitz nannte.“ (Seite 191)
Das Buch gliedert sich in fünf Abschnitte. Im ersten wird die Geschichte der beiden Geschwister aus der Sicht von Elias erzählt. Die große Liebe zur Halbschwester und das schlechte Verhältnis zum Vater. Der Vater, der in Amerika Erfahrungen gesammelt hatte, wollte auch seinen Kindern die USA näherbringen und zahlte ihnen einen Aufenthalt. Der Tochter ein Studium und dem Sohn eine Helikopterausbildung, nachdem dieser sein Wirtschaftsstudium erfolglos abgebrochen hatte. Aber auch diese Ausbildung endete ohne Abschluss, und um die negativen Ereignisse beim Fliegen zu verarbeiten, nahm er die Hilfe einer Therapeutin ins Anspruch, was im zweiten Abschnitt beschrieben wird. Im Kapitel „Ich bin ihr Bruder“ kommen alle drei Hauptakteure zusammen und der Freund von Elias, Carl, tritt in das Geschehen ein. Er wird auch von der Schwester akzeptiert. Sie verbringen die Weihnachtsfeiertage im Berliner Haus von Ines und, um hier Abwechslung in die trostlose Zeit der COVID19 Quarantäne zu bringen, erzählen sie sich Geschichten. Jeder seine erste Liebe. Diese sehr unterschiedlichen Geschichten werden dann im vierten Abschnitt des Romans detaillierter beschrieben. Jene von Carl in englischer Sprache, weil er sie in seiner Zeit in Amerika erlebte und in der „Originalsprache“ wiedergeben wollte.
Ines kündigt ihre Stelle an der Universität als Expertin der Literaturwissenschaften. Mit finanzieller Hilfe des Vaters zieht sie sich auf die Insel Sizilien zurück und versucht selbst einen Roman zu schreiben. Im Sommer treffen die drei hier zusammen und Ines weiht sie in ihr Projekt ein, was letztlich zu einem Eklat kommt. Dieser letzte Buchabschnitt beschreibt indirekt den Roman von Ines. Die Autorin beschreibt ihr Werk so: „Es ist eine Dreiecksgeschichte. Gehobenes Milieu, alles aufgeklärte, tolerante Leute, und sie geht trotzdem auf katastrophale Weise schief.“ (Seite 319) Vieles hat sie aus dem eigenen Leben hineingearbeitet. Das Dreieck besteht aus einem anerkannten älteren Professor, seiner jungen und aktiven Frau, die neben der Ehe viele Verhältnisse hat, diese ihrem Mann aber nicht verschweigt. Er akzeptiert das, bis einer der Liebhaber ein Schwarzer ist.
Der Titel „Vier Tage drei Nächte“ bezieht sich auf zwei Ereignisse: Einerseits lädt der Vater von Elias unerlaubterweise trotz Quarantäne durch die COVID19 Pandemie Gäste in sein Hotel für drei Nächte ein und andererseits verbringen die drei Hauptakteure des Romans – Ines, Elias und Carl – vier Tage zu Weihnachten miteinander.
Fagerholm, Monika
2022.
@book{Fagerholm2022,
title = {Wer hat Bambi getötet?},
author = {Monika Fagerholm},
year = {2022},
date = {2022-09-18},
abstract = {FRAGERHOLM, Monika: „Wer hat Bambi getötet?“, Salzburg Wien 2022
Der Residenzverlag bringt die in Finnland anerkannte und ausgezeichnete Autorin dem deutschsprachigen Leserpublikum näher.
Es beginnt mit dem Mädchen Emmy, das in der eigentlichen Handlung erst am Ende auftritt. Emmys erste Liebe starb bei einem Busunglück des Sportvereins. Sie tröstet dessen Schwester Saga-Lill und die beiden Mädchen werden Freundinnen. Emmy hat einen neuen Freund. Nachdem sie sich von ihm getrennt hat, lebt er mit der Freundin Saga-Lill zusammen, was die Beziehung der beiden jungen Frauen stört. Sie verzeiht es auch ihrem Ex-Freund Gusten nicht, dass er sich mit ihrer Freundin zusammengetan hat. Irgendwie sieht sie das wie einen Verrat. Gustens Mutter ist Opernsängerin und das neue Paar fährt zu einer Vorstellung der Mutter nach Wien. Emmy heiratet einen älteren Mann. Gusten bleibt aber ihre große und geheime Liebe. Sie formulierte es während ihres Zusammenlebens so: „Ich will die Liebe leben, nicht darüber reden. Die Liebe leben, wie die Musik, wie etwas, das nicht erklärt werden muss …“ (Seite 139)
Die Geschichten werden aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Einerseits aus Emmys Sicht und dann wieder Saga-Lills Version.
Die Proponenten leben in einem kleinen Vorort von Helsinki. In einem Villenviertel, wo normal angesehene Menschen leben. Die zwei jungen Frauen kommen aber vom Land. Durch die Heirat mit dem älteren Mann steigt Emmy in die Hierarchie der Villenbewohner auf.
Der Kern des Romans geht aber auf eine Gruppenvergewaltigung zurück. Vier Freunde haben ein Mädchen vergewaltigt. Das Ganze fand im Haus einer einflussreichen Familie statt. Die Mutter wurde erst kürzlich zur Präsidentin einer prominenten Wirtschaftsstiftung gewählt und der Vater ist ein anerkannter Richter. Mit dem Gewicht dieser Eltern hätte man den Vorfall vertuschen können und auch wollen. Aber da war Gusten, einer der vier Täter, der das Mädchen geknebelt und gefesselt im Studio des Freundes fand. Der Freund war abgehauen und hatte sich in einem Wochenendhaus der Familie verschanzt. Gusten ist geschockt, als er das Mädchen findet und bringt es ins Spital. Sie selbst will nicht, dass er zur Polizei gehe. Sie erfand eine Geschichte. Sie sei im Wald von einer Gang, an deren Gesichter sie sich nicht erinnern könne, überfallen wollen. Gusten aber geht zur Polizei. Es wird ein Skandal. Die erst kürzlich zur Präsidentin erhobene Mutter wird von einem Fernsehteam überrascht und sie äußert sich unflätig, nennt die Journalisten Kommunisten, was die Angelegenheit in alle Medien bringt. Sie wurde überrascht „von Journalisten und Fotografen und gezwungen, eine Stellungnahme abzugeben. Wild um sich schlagen, jeder Vernunft, jeder Realität, jeder Wirklichkeit zum Trotz, denn schließlich weiß sie es schon, aber Gehirn und Gefühle und Auffassungsvermögen sind auf sonderbare Weise miteinander verbunden, was in Situationen von extremem Druck sowohl zu Verleugnung als auch zu Fehleinschätzung führen kann und infolgedessen zu absurdem Verhalten: „Kommunistenpresse!““ (Seite 145)
Gusten, der wie ein eigenes Kind im Haus des Freundes aus- und einging, weil seine Mutter – eine Opernsängerin – oft auf Tournee war, wurde als Verräter aus dem Haus geschmissen. Gusten kann aber keine Rachegefühle entwickeln. „Es klappt einfach nicht; also ist das wohl seine Veranlagung. Das zeigt sich auch ein bisschen im Job; beispielweise ist er völlig außerstande, seine Aufgaben als irgendeine Art von Leistung zu verstehen, die erbracht wird, um jemanden aus dem Feld zu schlagen. Um zu gewinnen, um der Beste zu sein oder so was in der Art.“ (Seite 125)
Letztlich steht nur die eine, reiche und einflussreiche Familie im Blickpunkt der Medien. Für sie bricht vieles zusammen und nach einigen Jahren liest Gusten, dass die Mutter seine ehemaligen Freundes und Mittäters verstorben sei.
Die Eltern der „Täter“ treffen sich regelmäßig während des Prozess und besprechen die Vorgangsweise. Reich sind sie fast alle und so leisten sie sich einen Medienberater, um richtig in der Öffentlichkeit aufzutreten und so indirekt den Prozess zu beeinflussen. Man tritt aber nicht nur für die eigenen Kinder ein, sondern macht auch das vergewaltigte Mädchen in der Öffentlich schlecht. Sie komme ja aus der sozialpädagogischen „Einrichtung für Verhaltensgestörte und Kleinkriminelle, die das Mädchenheim ebenfalls war. Und die Delikte, die Sascha sich zuschulden kommen hat lassen (kleine, die aber natürlich größer wurden, wenn man über sie sprach) und für die man eigentlich ins Gefängnis kam, wenn man nicht minderjährig war.“ (Seite 197) Sie selbst, Sascha sprach vor Gerichts nichts. Nur die Beschuldigten kamen zu Wort. Das Urteil fiel gut aus. Drei der Beschuldigten wurden freigesprochen, nur der Sohn der angesehenen Familie – Nathan – bekam eine bedingte Gefängnisstrafe. Seine Mutter kommentierte es vor der Presse so: „Jetzt blättern wir die Seiten um. Und eines schönen Tages haben wir so viele Seiten umgeblättert, dass nichts von alldem passiert ist.“ (Seite 209) Die Buben wurden in eine psychiatrische Behandlung geschickt. Gusten sogar in eine Irrenanstalt eingeliefert. Die Mutter von Nathan verlor ihren angesehen Job und versuchte es erfolglos mit einer neuen Organisation, bis sie selbst Krebskrank nach einiger Zeit starb. Ihr Mann setzte sich mit einer Freundin in die Schweiz ab. Gusten aber hadert mit seiner Vorgangsweise, die Polizei eingeschalten zu haben. Letztlich erfährt er vom misshandelten Mädchen Sascha, dass ihre Mutter Schwarzgeld geboten bekam, um die Sache zu verschweigen. Seine Mutter versucht ihn zu erinnern: „Aber du wurdest ja nicht verurteilt, mein lieber Junge. Du wurdest doch freigesprochen!“ (Seite 221) Der Sohn aber fragte sich „Wie konnte er weiterhin in dieser Welt sein?“ (Seite 223) und er will sich von einer Brücke stürzen, wo ihn aber die Mutter seines ehemaligen Freundes Nathan zurückhält. Erst als er Emmy kennenlernt (der Leser kommt mit ihr gleich zu Beginn des Buches in Kontakt), fast er Boden unter den Füßen und beginnt ein Studium an einer Schauspielschule und gewinnt einen Preis für seine erste Dichtung.
Der Titel „Wer hat Bambi getötet?“ stammt von einem Song der Band „Pistols“ und einer der vier „Vergewaltiger“ versucht sich als Filmproduzent und nennt sein Erstlingswerk auch so, wie dieses Buch. Emmy, eine der Hauptakteurinnen, wurde für den Poster des Films mit einem Kaninchen fotografiert.
Die Handlung des Romans ist sehr sprunghaft und macht es dem Leser nicht leicht zu folgen. So ist das letzte Kapitel der Erzählung eigentlich der Beginn.
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Der Residenzverlag bringt die in Finnland anerkannte und ausgezeichnete Autorin dem deutschsprachigen Leserpublikum näher.
Es beginnt mit dem Mädchen Emmy, das in der eigentlichen Handlung erst am Ende auftritt. Emmys erste Liebe starb bei einem Busunglück des Sportvereins. Sie tröstet dessen Schwester Saga-Lill und die beiden Mädchen werden Freundinnen. Emmy hat einen neuen Freund. Nachdem sie sich von ihm getrennt hat, lebt er mit der Freundin Saga-Lill zusammen, was die Beziehung der beiden jungen Frauen stört. Sie verzeiht es auch ihrem Ex-Freund Gusten nicht, dass er sich mit ihrer Freundin zusammengetan hat. Irgendwie sieht sie das wie einen Verrat. Gustens Mutter ist Opernsängerin und das neue Paar fährt zu einer Vorstellung der Mutter nach Wien. Emmy heiratet einen älteren Mann. Gusten bleibt aber ihre große und geheime Liebe. Sie formulierte es während ihres Zusammenlebens so: „Ich will die Liebe leben, nicht darüber reden. Die Liebe leben, wie die Musik, wie etwas, das nicht erklärt werden muss …“ (Seite 139)
Die Geschichten werden aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Einerseits aus Emmys Sicht und dann wieder Saga-Lills Version.
Die Proponenten leben in einem kleinen Vorort von Helsinki. In einem Villenviertel, wo normal angesehene Menschen leben. Die zwei jungen Frauen kommen aber vom Land. Durch die Heirat mit dem älteren Mann steigt Emmy in die Hierarchie der Villenbewohner auf.
Der Kern des Romans geht aber auf eine Gruppenvergewaltigung zurück. Vier Freunde haben ein Mädchen vergewaltigt. Das Ganze fand im Haus einer einflussreichen Familie statt. Die Mutter wurde erst kürzlich zur Präsidentin einer prominenten Wirtschaftsstiftung gewählt und der Vater ist ein anerkannter Richter. Mit dem Gewicht dieser Eltern hätte man den Vorfall vertuschen können und auch wollen. Aber da war Gusten, einer der vier Täter, der das Mädchen geknebelt und gefesselt im Studio des Freundes fand. Der Freund war abgehauen und hatte sich in einem Wochenendhaus der Familie verschanzt. Gusten ist geschockt, als er das Mädchen findet und bringt es ins Spital. Sie selbst will nicht, dass er zur Polizei gehe. Sie erfand eine Geschichte. Sie sei im Wald von einer Gang, an deren Gesichter sie sich nicht erinnern könne, überfallen wollen. Gusten aber geht zur Polizei. Es wird ein Skandal. Die erst kürzlich zur Präsidentin erhobene Mutter wird von einem Fernsehteam überrascht und sie äußert sich unflätig, nennt die Journalisten Kommunisten, was die Angelegenheit in alle Medien bringt. Sie wurde überrascht „von Journalisten und Fotografen und gezwungen, eine Stellungnahme abzugeben. Wild um sich schlagen, jeder Vernunft, jeder Realität, jeder Wirklichkeit zum Trotz, denn schließlich weiß sie es schon, aber Gehirn und Gefühle und Auffassungsvermögen sind auf sonderbare Weise miteinander verbunden, was in Situationen von extremem Druck sowohl zu Verleugnung als auch zu Fehleinschätzung führen kann und infolgedessen zu absurdem Verhalten: „Kommunistenpresse!““ (Seite 145)
Gusten, der wie ein eigenes Kind im Haus des Freundes aus- und einging, weil seine Mutter – eine Opernsängerin – oft auf Tournee war, wurde als Verräter aus dem Haus geschmissen. Gusten kann aber keine Rachegefühle entwickeln. „Es klappt einfach nicht; also ist das wohl seine Veranlagung. Das zeigt sich auch ein bisschen im Job; beispielweise ist er völlig außerstande, seine Aufgaben als irgendeine Art von Leistung zu verstehen, die erbracht wird, um jemanden aus dem Feld zu schlagen. Um zu gewinnen, um der Beste zu sein oder so was in der Art.“ (Seite 125)
Letztlich steht nur die eine, reiche und einflussreiche Familie im Blickpunkt der Medien. Für sie bricht vieles zusammen und nach einigen Jahren liest Gusten, dass die Mutter seine ehemaligen Freundes und Mittäters verstorben sei.
Die Eltern der „Täter“ treffen sich regelmäßig während des Prozess und besprechen die Vorgangsweise. Reich sind sie fast alle und so leisten sie sich einen Medienberater, um richtig in der Öffentlichkeit aufzutreten und so indirekt den Prozess zu beeinflussen. Man tritt aber nicht nur für die eigenen Kinder ein, sondern macht auch das vergewaltigte Mädchen in der Öffentlich schlecht. Sie komme ja aus der sozialpädagogischen „Einrichtung für Verhaltensgestörte und Kleinkriminelle, die das Mädchenheim ebenfalls war. Und die Delikte, die Sascha sich zuschulden kommen hat lassen (kleine, die aber natürlich größer wurden, wenn man über sie sprach) und für die man eigentlich ins Gefängnis kam, wenn man nicht minderjährig war.“ (Seite 197) Sie selbst, Sascha sprach vor Gerichts nichts. Nur die Beschuldigten kamen zu Wort. Das Urteil fiel gut aus. Drei der Beschuldigten wurden freigesprochen, nur der Sohn der angesehenen Familie – Nathan – bekam eine bedingte Gefängnisstrafe. Seine Mutter kommentierte es vor der Presse so: „Jetzt blättern wir die Seiten um. Und eines schönen Tages haben wir so viele Seiten umgeblättert, dass nichts von alldem passiert ist.“ (Seite 209) Die Buben wurden in eine psychiatrische Behandlung geschickt. Gusten sogar in eine Irrenanstalt eingeliefert. Die Mutter von Nathan verlor ihren angesehen Job und versuchte es erfolglos mit einer neuen Organisation, bis sie selbst Krebskrank nach einiger Zeit starb. Ihr Mann setzte sich mit einer Freundin in die Schweiz ab. Gusten aber hadert mit seiner Vorgangsweise, die Polizei eingeschalten zu haben. Letztlich erfährt er vom misshandelten Mädchen Sascha, dass ihre Mutter Schwarzgeld geboten bekam, um die Sache zu verschweigen. Seine Mutter versucht ihn zu erinnern: „Aber du wurdest ja nicht verurteilt, mein lieber Junge. Du wurdest doch freigesprochen!“ (Seite 221) Der Sohn aber fragte sich „Wie konnte er weiterhin in dieser Welt sein?“ (Seite 223) und er will sich von einer Brücke stürzen, wo ihn aber die Mutter seines ehemaligen Freundes Nathan zurückhält. Erst als er Emmy kennenlernt (der Leser kommt mit ihr gleich zu Beginn des Buches in Kontakt), fast er Boden unter den Füßen und beginnt ein Studium an einer Schauspielschule und gewinnt einen Preis für seine erste Dichtung.
Der Titel „Wer hat Bambi getötet?“ stammt von einem Song der Band „Pistols“ und einer der vier „Vergewaltiger“ versucht sich als Filmproduzent und nennt sein Erstlingswerk auch so, wie dieses Buch. Emmy, eine der Hauptakteurinnen, wurde für den Poster des Films mit einem Kaninchen fotografiert.
Die Handlung des Romans ist sehr sprunghaft und macht es dem Leser nicht leicht zu folgen. So ist das letzte Kapitel der Erzählung eigentlich der Beginn.
BOZSOKI, Jürgen
CAMINO-WELT, Mein Pilgerweg durch Philosophie und Theologie Artikel
In: 2022.
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title = {CAMINO-WELT, Mein Pilgerweg durch Philosophie und Theologie},
author = {Jürgen BOZSOKI},
year = {2022},
date = {2022-09-11},
abstract = {BOZSOKI, Jürgen: „CAMINO-WELT, Mein Pilgerweg durch Philosophie und Theologie“, Wien 2021
Ein Pilgertagebuch kombiniert mit philosophischen und theologischen Überlegungen. Der Tod einer Freundin führt den Autor zu einem Neuanfang und er versucht dies mit einer Wallfahrt von Saint Jean-Pied-de-Port nach Santiago. Im Zuge dieser Pilgerwanderung kommt er selbst zum Nachdenken und lernt andere Pilger mit deren Problemen kennen. Dem jeweiligen Problem stellt er die Idee eines Philosophen oder Theologen gegenüber.
Um den Tod der Freundin zu verarbeiten nimmt er Anleihen bei verschiedenen Philosophen. Auch ein mit ihm wandernder Priester öffnet sich ihm und erklärt, warum er Priester wurde. Gegenseitig helfen sie sich bei der Bewältigung ihres Lebens. Auch über den Sinn und der Position Gottes nimmt der Autor philosophische Anleihen wie etwa bei Aristoteles, der den Anstoß unseres Lebens, unserer Welt im „unbewegten Beweger“ sieht. Wissenschaftler nennen es Urknall. Aber was war vor dem Urknall? Für Thomas von Aquin ist vorher etwas, das man „Gott“ nennen kann. Hegel sah zwischen Sein und Nichts als Synthese das WERDEN. Diese philosophischen Überlegungen sind eingebettet in der Erzählung der Wanderung. Den Anstoß zum jeweiligen Thema geben immer Pilger, auf die der Autor während der Pilgerung trifft. Da ist eine ältere brasilianische Frau, die ihren Präsidenten verehrt und im rechten, diktatorischen Lager das Heil der Welt sieht. Hier kommt der Philosoph Machiavelli zu Wort. Er „versucht nicht, wie politische Philosophen vor ihm,die Welt zu sehen, wie sie sein soll, um moralische Grundsätze zu formulieren. Denn die Menschen sind für ihn grundsätzlich schlecht, egoistisch und hinterlistig. Deshalb ist es aus seiner Sicht besser, grausam zu sein, als milde. Liebe kann als Schwäche aufgefasst werden.“ (Seite 91) Platon kann wiederum nur der Aristokratie etwas abgewinnen. Die Brasilianerin ist auch kämpferisch und es kommt zu einem Streit mit einem muslimischen Pilger. Letztlich versöhnen sich die Beiden in der Gemeinsamkeit des Diktatorischen.
Bei der Frage zur Existenz Gottes greift der Theologe sogar auf die Mathematik zurück und belegt diesen mit Berechnungen von Werner Gitt und Peter W. Stoner. Erstaunlicherweise werden bei diesem, doch religiösen Thema nicht nur Theologen und Philosophen, sondern auch Naturwissenschaftler wie Descartes zitiert. Descart etwa beim Versuch zwischen Realität und Traum zu unterscheiden. Im Laufe des Buches wird man als Leser mit den wichtigsten Philosophen zu verschiedensten, wichtigen Themen der Menschheit konfrontiert.
Die Proponenten des Buches sind der Autor selbst, ein italienischer Priester, ein Naturwissenschafter, der unheilbar krank in einigen Monaten seinen Tod erleben wird, eine konservative Katholikin aus Brasilien, eine junge Frau, die schon einmal diesen Weg gegangen ist und dabei von einem Pilger geschwängert wurde, ein gläubiger Moslem und ein pensionierter Buchhalter. Wie in einem Theaterstück kommt es am Ziel in Santiago de Compostela zu einem großen Finale. Zwar wird es, je näher die Pilger an das Ziel herankommen immer kommerzieller und die sogenannten „Disney-Pilger“, die nur die letzten Kilometer gehen, bevölkern die Wege. Ohne es zu wissen, entpuppte sich der mitpilgernde Priester der Gruppe als wichtige Persönlichkeit und sie werden zu einem Empfang mit dem Erzbischof geladen. Ein Finale, wie es ein normaler Pilger des „Camino“, wie der spanische Pilgerweg heißt, nicht erlebt.
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Ein Pilgertagebuch kombiniert mit philosophischen und theologischen Überlegungen. Der Tod einer Freundin führt den Autor zu einem Neuanfang und er versucht dies mit einer Wallfahrt von Saint Jean-Pied-de-Port nach Santiago. Im Zuge dieser Pilgerwanderung kommt er selbst zum Nachdenken und lernt andere Pilger mit deren Problemen kennen. Dem jeweiligen Problem stellt er die Idee eines Philosophen oder Theologen gegenüber.
Um den Tod der Freundin zu verarbeiten nimmt er Anleihen bei verschiedenen Philosophen. Auch ein mit ihm wandernder Priester öffnet sich ihm und erklärt, warum er Priester wurde. Gegenseitig helfen sie sich bei der Bewältigung ihres Lebens. Auch über den Sinn und der Position Gottes nimmt der Autor philosophische Anleihen wie etwa bei Aristoteles, der den Anstoß unseres Lebens, unserer Welt im „unbewegten Beweger“ sieht. Wissenschaftler nennen es Urknall. Aber was war vor dem Urknall? Für Thomas von Aquin ist vorher etwas, das man „Gott“ nennen kann. Hegel sah zwischen Sein und Nichts als Synthese das WERDEN. Diese philosophischen Überlegungen sind eingebettet in der Erzählung der Wanderung. Den Anstoß zum jeweiligen Thema geben immer Pilger, auf die der Autor während der Pilgerung trifft. Da ist eine ältere brasilianische Frau, die ihren Präsidenten verehrt und im rechten, diktatorischen Lager das Heil der Welt sieht. Hier kommt der Philosoph Machiavelli zu Wort. Er „versucht nicht, wie politische Philosophen vor ihm,die Welt zu sehen, wie sie sein soll, um moralische Grundsätze zu formulieren. Denn die Menschen sind für ihn grundsätzlich schlecht, egoistisch und hinterlistig. Deshalb ist es aus seiner Sicht besser, grausam zu sein, als milde. Liebe kann als Schwäche aufgefasst werden.“ (Seite 91) Platon kann wiederum nur der Aristokratie etwas abgewinnen. Die Brasilianerin ist auch kämpferisch und es kommt zu einem Streit mit einem muslimischen Pilger. Letztlich versöhnen sich die Beiden in der Gemeinsamkeit des Diktatorischen.
Bei der Frage zur Existenz Gottes greift der Theologe sogar auf die Mathematik zurück und belegt diesen mit Berechnungen von Werner Gitt und Peter W. Stoner. Erstaunlicherweise werden bei diesem, doch religiösen Thema nicht nur Theologen und Philosophen, sondern auch Naturwissenschaftler wie Descartes zitiert. Descart etwa beim Versuch zwischen Realität und Traum zu unterscheiden. Im Laufe des Buches wird man als Leser mit den wichtigsten Philosophen zu verschiedensten, wichtigen Themen der Menschheit konfrontiert.
Die Proponenten des Buches sind der Autor selbst, ein italienischer Priester, ein Naturwissenschafter, der unheilbar krank in einigen Monaten seinen Tod erleben wird, eine konservative Katholikin aus Brasilien, eine junge Frau, die schon einmal diesen Weg gegangen ist und dabei von einem Pilger geschwängert wurde, ein gläubiger Moslem und ein pensionierter Buchhalter. Wie in einem Theaterstück kommt es am Ziel in Santiago de Compostela zu einem großen Finale. Zwar wird es, je näher die Pilger an das Ziel herankommen immer kommerzieller und die sogenannten „Disney-Pilger“, die nur die letzten Kilometer gehen, bevölkern die Wege. Ohne es zu wissen, entpuppte sich der mitpilgernde Priester der Gruppe als wichtige Persönlichkeit und sie werden zu einem Empfang mit dem Erzbischof geladen. Ein Finale, wie es ein normaler Pilger des „Camino“, wie der spanische Pilgerweg heißt, nicht erlebt.
LUX, Claudia
GRADO Lieblingsziel im nahen Süden Buch
2022.
@book{LUX2022,
title = {GRADO Lieblingsziel im nahen Süden},
author = {Claudia LUX},
year = {2022},
date = {2022-09-04},
abstract = {LUX, Claudia: „GRADO Lieblingsziel im nahen Süden“, Wien Graz 2022
Ein etwas anderer Reiseführer, der sehr intim in die Stadt und ihre Region einführt. Es beginnt mit einem historischen Teil, den man normal in einem Kunstführer findet. Dann geht die Autorin in die einzelnen Inseln der Lagune ein, um letztlich den angehenden Besucher zum Bummeln zu animieren. Sie führt quasi auf den gedruckten Seiten des Buches durch die Stadt und motiviert zum „Nachgehen“. Einkaufen, Essengehen, eine Bar besuchen, Strände aufsuchen … sachkundige Tipps. Aber auch Sportmöglichkeiten und hier vor allem der Vorteil des Radfahrens werden aufgezeigt. Letztlich wird auch die Situation in den verschiedenen Jahreszeiten beschrieben und was man dann von der Stadt erwarten kann. Wem die Stadt zu klein wird empfiehlt das Buch Ausflugsziele.
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Ein etwas anderer Reiseführer, der sehr intim in die Stadt und ihre Region einführt. Es beginnt mit einem historischen Teil, den man normal in einem Kunstführer findet. Dann geht die Autorin in die einzelnen Inseln der Lagune ein, um letztlich den angehenden Besucher zum Bummeln zu animieren. Sie führt quasi auf den gedruckten Seiten des Buches durch die Stadt und motiviert zum „Nachgehen“. Einkaufen, Essengehen, eine Bar besuchen, Strände aufsuchen … sachkundige Tipps. Aber auch Sportmöglichkeiten und hier vor allem der Vorteil des Radfahrens werden aufgezeigt. Letztlich wird auch die Situation in den verschiedenen Jahreszeiten beschrieben und was man dann von der Stadt erwarten kann. Wem die Stadt zu klein wird empfiehlt das Buch Ausflugsziele.
BEICHL, Moritz Franz
Die Abschaffung der Wochentage Buch
2022.
@book{BEICHL2022,
title = {Die Abschaffung der Wochentage},
author = {Moritz Franz BEICHL},
year = {2022},
date = {2022-08-28},
abstract = {BEICHL, Moritz Franz: „Die Abschaffung der Wochentage“, Wien Salzburg 2022
Der erste Teil des Buches besteht aus WhatsApp Nachrichten. Allerdings sind diese einseitig. Ein Mann hat sich von seinem Freund getrennt. Er hadert mit seinem Unglück und hat Liebesschmerz, den er ihm in den WhatsApps mitteilt. Er bekommt keine Antworten und will auch keine. Er trinkt viel Rotwein. Allerdings hat er sich vorgenommen erst nach Sonnenuntergang zu trinken. Er sucht eine Psychotherapeutin auf und wechselt sie bald gegen eine andere. Sind die WhatsApp Meldungen zu Beginn noch kurz, so werden deren Texte immer länger. Er hadert mit einem Selbstmordversuch. Dazu warf er alle Möbel auf die Straße. Vom Selbstmord wurde aber nicht direkt geschrieben.
Dieser Abschnitt erinnert an Glattauers „Gut gegen Nordwind“, wo sich ein Liebespaaar via eMails austauscht. Das Konzept ist hier anders, aber das System dasselbe, nur dass das modernere Medium WhatsApp anstelle von eMails verwendet wurde.
Im zweiten Teil ist die alleinige Hauptfigur in einer psychiatrischen Anstalt im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (der erste Teil handelte in Berlin). Er schreibt weiter an seinen Freund, aber jetzt sind es Briefe. Im letzten Brief spricht er dann seinen Selbstmord an und beschreibt ihn. „Das war der schlimmste Tag in meinem Leben. Und dennoch denke ich mit Freude daran zurück.“ (Seite 141) Er wurde gerettet und ist enttäuscht: „Und auf eine Art bin ich froh, dass ich es überlebt habe. Auf der anderen Seite bin ich enttäuscht von mir, dass ich nicht einmal das hinbekommen habe.“ (Seite 136)
Der dritte Teil des Buches besteht nur aus einem Brief an seinen Ex-Freund, den er schon bei den handgeschriebenen Briefen mit „Dear Nobody“ angesprochen hat. Er ist bereits acht Wochen im Krankenhaus. Jetzt hat er erst seinen Laptop und das Mobiltelefon in Betrieb genommen. Es ist ein langer Brief, der jetzt am Computer geschrieben wurde. Er ist 32 Seiten lang. Es ist eigentlich ein Mail und er ist sich der Länge bewusst: „Dieses Mail ist schon recht lang, ich wollte gar nicht so viel schreiben, aber eine Sache habe ich dir noch zu erzählen.“ (Seite 148) Und jetzt zählt er seine Tagesabläufe auf und macht den Vorschlag die Namen der Wochentage abzuschaffen und durch andere zu ersetzen. „Etwas Neues schaffen. Den Tag heute Julia nennen, nicht Dienstag und morgen ist Fatih und nicht Mittwoch und niemals wird sich auch ein Name nur wiederholen.“! (Seite 150)
Im vierten Teil ist der Hauptakteur in Paris. In diesem Kapitrel schreibt er Ansichtskarten mit dem Eifelturm drauf an sich selbst. An besonderen Tagen schreibt er auch zwei Karten. Er lebt von der Erbschaft durch den Tod seiner Mutter. „Arbeiten werde ich nicht mehr, das ist beschlossen. Meinen Körper den Zwängen der Ökonomie zu unterwerfen, diese Zeiten sind vorbei für mich.“ (Seite 178) Seine Depression vergeht und kommt wieder. Verschiedene homosexuelle Freunde treten in sein Leben. Mit einem vermählt er sich. Zu jedem Geburtstag und jedem Weihnachten schickt er sich eine Ansichtskarte mit dem Eifelturm. Bis zu seinem 39. Geburtstag. Dann endet das vierte Kapitel. Das fünfte beginnt damit, dass sein Lebenspartner ihn von Paris nach Wien in die psychiatrische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses gefahren hat. Hier wird er wieder behandelt und kommt zu der Erkenntnis, dass die Depression sein ganzes Leben vorhanden sein wird. Er träumt von einer Reise zum Mars. Scheint also komplett verrückt geworden zu sein (wenn das erlaubt ist, so zu formulieren). Das Buch endet mit dem Satz „Ich werde zum Mars reisen. Vielleicht wird sie uns da endlich gelingen: die Abschaffung der Wochentage.“ (Seite 208)
Ein im wahrsten Sinne verrücktes Buch.
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Der erste Teil des Buches besteht aus WhatsApp Nachrichten. Allerdings sind diese einseitig. Ein Mann hat sich von seinem Freund getrennt. Er hadert mit seinem Unglück und hat Liebesschmerz, den er ihm in den WhatsApps mitteilt. Er bekommt keine Antworten und will auch keine. Er trinkt viel Rotwein. Allerdings hat er sich vorgenommen erst nach Sonnenuntergang zu trinken. Er sucht eine Psychotherapeutin auf und wechselt sie bald gegen eine andere. Sind die WhatsApp Meldungen zu Beginn noch kurz, so werden deren Texte immer länger. Er hadert mit einem Selbstmordversuch. Dazu warf er alle Möbel auf die Straße. Vom Selbstmord wurde aber nicht direkt geschrieben.
Dieser Abschnitt erinnert an Glattauers „Gut gegen Nordwind“, wo sich ein Liebespaaar via eMails austauscht. Das Konzept ist hier anders, aber das System dasselbe, nur dass das modernere Medium WhatsApp anstelle von eMails verwendet wurde.
Im zweiten Teil ist die alleinige Hauptfigur in einer psychiatrischen Anstalt im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (der erste Teil handelte in Berlin). Er schreibt weiter an seinen Freund, aber jetzt sind es Briefe. Im letzten Brief spricht er dann seinen Selbstmord an und beschreibt ihn. „Das war der schlimmste Tag in meinem Leben. Und dennoch denke ich mit Freude daran zurück.“ (Seite 141) Er wurde gerettet und ist enttäuscht: „Und auf eine Art bin ich froh, dass ich es überlebt habe. Auf der anderen Seite bin ich enttäuscht von mir, dass ich nicht einmal das hinbekommen habe.“ (Seite 136)
Der dritte Teil des Buches besteht nur aus einem Brief an seinen Ex-Freund, den er schon bei den handgeschriebenen Briefen mit „Dear Nobody“ angesprochen hat. Er ist bereits acht Wochen im Krankenhaus. Jetzt hat er erst seinen Laptop und das Mobiltelefon in Betrieb genommen. Es ist ein langer Brief, der jetzt am Computer geschrieben wurde. Er ist 32 Seiten lang. Es ist eigentlich ein Mail und er ist sich der Länge bewusst: „Dieses Mail ist schon recht lang, ich wollte gar nicht so viel schreiben, aber eine Sache habe ich dir noch zu erzählen.“ (Seite 148) Und jetzt zählt er seine Tagesabläufe auf und macht den Vorschlag die Namen der Wochentage abzuschaffen und durch andere zu ersetzen. „Etwas Neues schaffen. Den Tag heute Julia nennen, nicht Dienstag und morgen ist Fatih und nicht Mittwoch und niemals wird sich auch ein Name nur wiederholen.“! (Seite 150)
Im vierten Teil ist der Hauptakteur in Paris. In diesem Kapitrel schreibt er Ansichtskarten mit dem Eifelturm drauf an sich selbst. An besonderen Tagen schreibt er auch zwei Karten. Er lebt von der Erbschaft durch den Tod seiner Mutter. „Arbeiten werde ich nicht mehr, das ist beschlossen. Meinen Körper den Zwängen der Ökonomie zu unterwerfen, diese Zeiten sind vorbei für mich.“ (Seite 178) Seine Depression vergeht und kommt wieder. Verschiedene homosexuelle Freunde treten in sein Leben. Mit einem vermählt er sich. Zu jedem Geburtstag und jedem Weihnachten schickt er sich eine Ansichtskarte mit dem Eifelturm. Bis zu seinem 39. Geburtstag. Dann endet das vierte Kapitel. Das fünfte beginnt damit, dass sein Lebenspartner ihn von Paris nach Wien in die psychiatrische Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses gefahren hat. Hier wird er wieder behandelt und kommt zu der Erkenntnis, dass die Depression sein ganzes Leben vorhanden sein wird. Er träumt von einer Reise zum Mars. Scheint also komplett verrückt geworden zu sein (wenn das erlaubt ist, so zu formulieren). Das Buch endet mit dem Satz „Ich werde zum Mars reisen. Vielleicht wird sie uns da endlich gelingen: die Abschaffung der Wochentage.“ (Seite 208)
Ein im wahrsten Sinne verrücktes Buch.
SCHNEIDER, Anna-Maria
Das Geheimnis der Libellen Buch
2022.
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title = {Das Geheimnis der Libellen},
author = {Anna-Maria SCHNEIDER},
year = {2022},
date = {2022-08-27},
abstract = {SCHNEIDER, Anna-Maria: „Das Geheimnis der Libellen“, Hinterbrühl 2022
Es ist dies eine Neuauflage des Kinderbuchs von Anna-Maria Schneider mit Zeichnungen von Melina Reinberger.
Auf den ersten Blick ist es ein Kinderbuch. Schön, für das Niveau von Kleinkindern illustriert. Beim Lesen wird das Thema aber tiefgreifend und beschäftigt sich mit dem Tod und der Zeit danach. Die Autorin greift dabei auf das Beispiel der Libellen zurück. Die Großmutter erklärt einem Mädchen namens Lilli, wie Libellen entstehen, und dass sie ihren Körper abstreifen und als neues Lebewesen weiterleben. Als dann die Großmutter stirbt und ihre Eltern sehr traurig sind, erklärt sie ihnen an Hand der Libellen, dass die Großmutter weiterlebt. So können Kinder Erwachsenen den Weg zeigen. Auch dieses Buch.},
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Es ist dies eine Neuauflage des Kinderbuchs von Anna-Maria Schneider mit Zeichnungen von Melina Reinberger.
Auf den ersten Blick ist es ein Kinderbuch. Schön, für das Niveau von Kleinkindern illustriert. Beim Lesen wird das Thema aber tiefgreifend und beschäftigt sich mit dem Tod und der Zeit danach. Die Autorin greift dabei auf das Beispiel der Libellen zurück. Die Großmutter erklärt einem Mädchen namens Lilli, wie Libellen entstehen, und dass sie ihren Körper abstreifen und als neues Lebewesen weiterleben. Als dann die Großmutter stirbt und ihre Eltern sehr traurig sind, erklärt sie ihnen an Hand der Libellen, dass die Großmutter weiterlebt. So können Kinder Erwachsenen den Weg zeigen. Auch dieses Buch.
RANSMAYR, Christoph
Atlas eines ängstlichen Mannes Buch
2022.
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title = {Atlas eines ängstlichen Mannes},
author = {Christoph RANSMAYR},
year = {2022},
date = {2022-08-20},
abstract = {RANSMAYR, Christoph: „Atlas eines ängstlichen Mannes“, Frankfurt 2020
Im Rahmen des alternativen Festivals „glatt&verkehrt“ hatte der Dichter aus diesem Buch gelesen und eine amerikanische Band begleitete ihn. Es waren wunderbare Kurzgeschichten, die sicher viele Leute anregten dieses Buch zu kaufen. So auch ich. Es sind 70 Erzählungen auf über 450 Seiten, die man in einer Rezension nicht wiedergeben kann. In den erzählten Episoden – so Ransmayr im Vorwort – „ist ausschließlich von Orten die Rede, an denen ich gelebt, die ich bereist oder durchwandert habe, und ausschließlich von Menschen, denen ich dabei begegnet bin.“ (Seite 5) Und er hat ausgefallene Gebiete bereist. Geschichten aus mehr als 50 Ländern wurden in diesem Buch zusammengefasst. Unglaubliches hat er erlebt und beschrieben. Den Heiligen Abend in Sri Lanka vor einer wilden Elefantenherde. Das Leben auf einsamen Inseln im Pazifik, einem kindlichen Mönch, der in Tibet Steine mit heiligen Sprüchen versieht. Wie er Lenins Mausolum besucht und niemand sonst drinnen war. Einem japanischen Barpianisten, der sich Stelzen an die Füße binden musste, um die Pedale des Klaviers zu erreichen. Auch persönliches kommt zur Sprache, wie seine verstorbene Frau, die sich als Kind vor Hunden und Gewittern gefürchtet hatte, aber am Schulweg bei Gewitter am scharfen Hund des Nachbarbauern vorbei musste. Der ältere Bruder hatte sie beschützt, aber gerade an diesem Tag allein gelassen. Es sind zu viele Erzählungen, um hier darauf einzugehen. Man muss sie selbst lesen. Es sind viele und es empfiehlt sich daher das Lesen mit Pausen zu versehen, um jede einzelne als Geschichte stehen zu lassen.
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Im Rahmen des alternativen Festivals „glatt&verkehrt“ hatte der Dichter aus diesem Buch gelesen und eine amerikanische Band begleitete ihn. Es waren wunderbare Kurzgeschichten, die sicher viele Leute anregten dieses Buch zu kaufen. So auch ich. Es sind 70 Erzählungen auf über 450 Seiten, die man in einer Rezension nicht wiedergeben kann. In den erzählten Episoden – so Ransmayr im Vorwort – „ist ausschließlich von Orten die Rede, an denen ich gelebt, die ich bereist oder durchwandert habe, und ausschließlich von Menschen, denen ich dabei begegnet bin.“ (Seite 5) Und er hat ausgefallene Gebiete bereist. Geschichten aus mehr als 50 Ländern wurden in diesem Buch zusammengefasst. Unglaubliches hat er erlebt und beschrieben. Den Heiligen Abend in Sri Lanka vor einer wilden Elefantenherde. Das Leben auf einsamen Inseln im Pazifik, einem kindlichen Mönch, der in Tibet Steine mit heiligen Sprüchen versieht. Wie er Lenins Mausolum besucht und niemand sonst drinnen war. Einem japanischen Barpianisten, der sich Stelzen an die Füße binden musste, um die Pedale des Klaviers zu erreichen. Auch persönliches kommt zur Sprache, wie seine verstorbene Frau, die sich als Kind vor Hunden und Gewittern gefürchtet hatte, aber am Schulweg bei Gewitter am scharfen Hund des Nachbarbauern vorbei musste. Der ältere Bruder hatte sie beschützt, aber gerade an diesem Tag allein gelassen. Es sind zu viele Erzählungen, um hier darauf einzugehen. Man muss sie selbst lesen. Es sind viele und es empfiehlt sich daher das Lesen mit Pausen zu versehen, um jede einzelne als Geschichte stehen zu lassen.
PROSE, Francine
Lügen auf Albanisch Buch
2022.
@book{PROSE2022,
title = {Lügen auf Albanisch},
author = {Francine PROSE},
year = {2022},
date = {2022-08-08},
abstract = {PROSE, Francine: „Lügen auf Albanisch“, München 2014
Lange schon stand dieses Buch auf der Wunschliste meines Amazon Accounts. Warum wusste ich nicht mehr. War es wegen Albanien und Kosovo? War es wegen der vielen Lügen, die wir im Rahmen unseres Kosovoaufenthalts erfahren mussten? Endlich bekam ich das Buch als Second Hand Version und es war enttäuschend. Es enthielt schon viel albanisches Denken und Tun, aber es handelte in den USA. Noch enttäuschender für mich war, als ich herausfand, dass die Autorin eine Amerikanerin ist. Sie beschreibt, wie die Albaner in Amerika sind! Die Geschichte selbst ist sehr trivial. Die Eltern einer jungen Frau kommen bei einem Verkehrunfall auf der Fahrt von Albanien in den Kosovo ums Leben. Sie wohnt bei einer Tante in Albanien und studiert. Nach dem Studium gelingt es ihr nach Amerika zu kommen, wo sie als Kellnerin arbeitet. Später bekommt sie einen Job als „Kindermädchen“ für einen vor dem Eintritt ins College stehenden Buben. Der Vater ist Alleinerzieher und mit Hilfe seines Freundes, einem erfolgreichen Anwalt, bekommt sie die offizielle Aufenthaltsgenehmigung. Es kommt dann noch zu einem sehr kitschigen Happy End, das ich hier nicht erzählen will, denn vielleicht schaffen es viele Leser nicht soweit und wenn doch, will ich es nicht verraten.
Eigentlich sollte man, wenn man während des Lesens feststellt, dass es nicht gut ist, aufhören zu lesen. Als Kind der Nachkriegsgeneration wurde ich darauf angehalten alles aufzuessen, was auf den Teller kam und so halte ich es (leider) auch mit Büchern. Auch wenn sie schlecht sind, lese ich sie zu Ende.
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Lange schon stand dieses Buch auf der Wunschliste meines Amazon Accounts. Warum wusste ich nicht mehr. War es wegen Albanien und Kosovo? War es wegen der vielen Lügen, die wir im Rahmen unseres Kosovoaufenthalts erfahren mussten? Endlich bekam ich das Buch als Second Hand Version und es war enttäuschend. Es enthielt schon viel albanisches Denken und Tun, aber es handelte in den USA. Noch enttäuschender für mich war, als ich herausfand, dass die Autorin eine Amerikanerin ist. Sie beschreibt, wie die Albaner in Amerika sind! Die Geschichte selbst ist sehr trivial. Die Eltern einer jungen Frau kommen bei einem Verkehrunfall auf der Fahrt von Albanien in den Kosovo ums Leben. Sie wohnt bei einer Tante in Albanien und studiert. Nach dem Studium gelingt es ihr nach Amerika zu kommen, wo sie als Kellnerin arbeitet. Später bekommt sie einen Job als „Kindermädchen“ für einen vor dem Eintritt ins College stehenden Buben. Der Vater ist Alleinerzieher und mit Hilfe seines Freundes, einem erfolgreichen Anwalt, bekommt sie die offizielle Aufenthaltsgenehmigung. Es kommt dann noch zu einem sehr kitschigen Happy End, das ich hier nicht erzählen will, denn vielleicht schaffen es viele Leser nicht soweit und wenn doch, will ich es nicht verraten.
Eigentlich sollte man, wenn man während des Lesens feststellt, dass es nicht gut ist, aufhören zu lesen. Als Kind der Nachkriegsgeneration wurde ich darauf angehalten alles aufzuessen, was auf den Teller kam und so halte ich es (leider) auch mit Büchern. Auch wenn sie schlecht sind, lese ich sie zu Ende.
Marianne WINTER, Peter WACKER
Iron Curtain Trail. 9000 Kilometer 17 Länder mit dem Fahrrad Buch
2022.
@book{WINTER2022,
title = {Iron Curtain Trail. 9000 Kilometer 17 Länder mit dem Fahrrad},
author = {Marianne WINTER, Peter WACKER},
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date = {2022-07-26},
abstract = {Entlang der Grenze zwischen NATO und Warschauer Pakt hat man einen Radweg geschaffen, der an diese Zeit erinnern soll. Das Autorenpaar ist es nachgefahren. Drei Urlaube haben sie dazu aufgebraucht. 2012 sind sie von Kirgenes in Norwegen bis Vaalimaa im Süden Finnlands gefahren. 2013 setzen sie dann fort und fuhren den Rest Finnlands hinüber nach Sankt Petersburg in Russland und weiter über Estland, Lettland, Litauen nach Polen. Immer der ehemaligen Grenze zwischen Kommunismus und Kapitalismus entlang. An vielen Mahnmalen und Erinnerungsstätten kamen sie vorbei. Der Radweg ist nicht immer ausreichend beschildert und ausgebaut, aber er ist noch neu. 2014 fahren sie die ehemalige Grenze zwischen West- und Ostdeutschland entlang, dann zwischen Tschechien, Deutschland und Österreich bis zur Slowakei. Weiter durch Ungarn, Slowenien, Kroatien, Serbien und Bulgarien. Die außergewöhnliche Reise endet nach 9000 Kilometern in Constanza am Schwarzen Meer in Rumänien. Allgemeine Tipps am Ende des Buches runden die Erzählung ab. Für einen fahrradinteressierten Leser ist es interessant den Beiden auf ihren Wegen zu folgen.
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MENASSE, Eva
Tiere für Fortgeschrittene Buch
2022.
@book{MENASSE2022,
title = {Tiere für Fortgeschrittene},
author = {Eva MENASSE},
year = {2022},
date = {2022-07-24},
abstract = {MENASSE, Eva: „Tiere für Fortgeschrittene“, München 2018
Im Rahmen von „Literatur & Wein“ 2022 im Stift Göttweig hat die Autorin selbst aus diesem Werk gelesen. Dies war dann auch der Anlass für mich das Buch zu kaufen und zu lesen.
Die acht Kapitel – Geschichten –tragen als Titel einen Namen eines Tieres. Das erste Kapitel gleich drei:
„Schmetterling, Biene, Krokodil“
Die Geschichte spiegelt die Szene einer Patchworkfamilie wieder. Die Kinder vom ersten Mann fahren gemeinsam mit dem Kind des zweiten Ehepartners in die Türkei, um einen konservativen Familienurlaub zu absolvieren. Dies bedeutet viel Stress für die Stiefmutter des Kindes, weil sie sich im Nachhinein der Kritik der leiblichen Mutter aussetzen muss.
„Raupen“
Die Autorin zeigt hier ein älteres Ehepaar. Die Frau ist dement und der Ehemann pflegt sie. Was da so alles passieren kann wird sehr realistisch beschrieben. Beim Besuch eines Enkels wird die demente Frau aber geistig hellwach.
„Igel“
Ein reiches Ehepaar. Er ein internationaler Manager und sie eine extrovertierte Ehefrau ohne Beschäftigung. Ein Igel, den Jugendliche mit Stöcken schlagen, wird zum Themengeber dieser Geschichte. Ein Eisplastikbecher von McDonald wurde dem Igel zum Verhängnis. Er schleckte die Reste des Eises auf und blieb im Becher stecken.
„Schafe“
Wie Schafe wohnen Menschen nebeneinander in Bungalows. Sie gehören einem Projekt an, von dem nicht klar ist, was produziert werden soll. Künstler und Intellektuelle. Eine der Teilnehmerinnen schreibt ein Protokoll, was da alles passiert. Charakterbeschreibungen verschiedener Menschen reihen sich aneinander.
„Opossum“
Angeregt durch einen Autofahrer, der versuchte eine angefahrene Ratte wieder zu beleben, entstand diese Geschichte, in der ein Mann auf der Heimfahrt von der Geliebten ist und feststellen muss, dass ihm das Benzin ausgeht. Bei einem Wirten oben am Berg bekommt er zu essen und etwas Sprit. Bei der Weiterfahrt überholt ihn ein Raser. Er verfolgt ihn und erreicht ihn, als da ein totes Reh auf der Straße liegt, dem er in die Augen schaut. Durch seinen Kopf laufen Gedanken über zwei Frauen, die er liebt.
„Haie“
In dieser Geschichte geht es darum, wie mit anderen Menschen und vor allem anderen Nationalitäten – den Ausländern – umgegangen wird. Erzählt am Beispiel eines Kindes, das das erste Jahr in die Schule geht, in dessen Klasse auch ein Ausländerkind ist, das letztendlich zum Jahresende in eine andere Schule übersiedelt wird. Am Weg zur Schule sah man sie festlich gekleidet „Generationsbilder, sogar solche mit stolzen vier Stammbaumstufen. Insgesamt war es vertrakter als früher, die Mütter von den Großmüttern zu unterscheiden, die Väter von den Großvätern. Nur bei den Türken war es oft so, dass einer, der wie ein Bruder aussah, in Wahrheit doch der Vater war. Aber alle, alle strahlten und schienen ein bisschen gerührt. Nora empfand es als einen Morgen voller Einigkeit und völkerverbindenden Harmonie.“ (Seite 212) Im Laufe des Schuljahres wurde es aber anders …
„Schlangen“
Die Frau hatte ihn verlassen. Er lebt alleine. Ein junges Paar zieht ins Nachbarhaus. Er hilft den jungen Leuten bei ihren Umbauarbeiten. Er denkt an seine Frau, die ihn verlassen hat. Der jungen Nachbarin gesteht er, dass er sie vertrieben habe, weil sie ihm untreu geworden war.
„Enten“
Jeder Geschichte ist ein kurzer Bericht über das jeweilige Tier vorangestellt. So erfährt man, dass Enten gleichzeitig schlafen und nach Feinden Ausschau halten können. Auf dieser Basis stellt sie ein Ehepaar vor, das mit einem Kind auf Urlaub fährt. Sie zeigt die Abnützungerscheinung des Ehepaars und ein Verhätnis der Mutter mit einem Maler. Eigentlich eine belanglose Geschichte und doch zeigt sie wie sich Beziehungen im Laufe der Zeit verändern.
Das Buch besteht aus Geschichten und Erzählungen, die in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften oder Sammelbänden schon veröffentlicht waren. In diesem Buch werden sie über die Klammer „Tiere“ zusammengehalten.
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Im Rahmen von „Literatur & Wein“ 2022 im Stift Göttweig hat die Autorin selbst aus diesem Werk gelesen. Dies war dann auch der Anlass für mich das Buch zu kaufen und zu lesen.
Die acht Kapitel – Geschichten –tragen als Titel einen Namen eines Tieres. Das erste Kapitel gleich drei:
„Schmetterling, Biene, Krokodil“
Die Geschichte spiegelt die Szene einer Patchworkfamilie wieder. Die Kinder vom ersten Mann fahren gemeinsam mit dem Kind des zweiten Ehepartners in die Türkei, um einen konservativen Familienurlaub zu absolvieren. Dies bedeutet viel Stress für die Stiefmutter des Kindes, weil sie sich im Nachhinein der Kritik der leiblichen Mutter aussetzen muss.
„Raupen“
Die Autorin zeigt hier ein älteres Ehepaar. Die Frau ist dement und der Ehemann pflegt sie. Was da so alles passieren kann wird sehr realistisch beschrieben. Beim Besuch eines Enkels wird die demente Frau aber geistig hellwach.
„Igel“
Ein reiches Ehepaar. Er ein internationaler Manager und sie eine extrovertierte Ehefrau ohne Beschäftigung. Ein Igel, den Jugendliche mit Stöcken schlagen, wird zum Themengeber dieser Geschichte. Ein Eisplastikbecher von McDonald wurde dem Igel zum Verhängnis. Er schleckte die Reste des Eises auf und blieb im Becher stecken.
„Schafe“
Wie Schafe wohnen Menschen nebeneinander in Bungalows. Sie gehören einem Projekt an, von dem nicht klar ist, was produziert werden soll. Künstler und Intellektuelle. Eine der Teilnehmerinnen schreibt ein Protokoll, was da alles passiert. Charakterbeschreibungen verschiedener Menschen reihen sich aneinander.
„Opossum“
Angeregt durch einen Autofahrer, der versuchte eine angefahrene Ratte wieder zu beleben, entstand diese Geschichte, in der ein Mann auf der Heimfahrt von der Geliebten ist und feststellen muss, dass ihm das Benzin ausgeht. Bei einem Wirten oben am Berg bekommt er zu essen und etwas Sprit. Bei der Weiterfahrt überholt ihn ein Raser. Er verfolgt ihn und erreicht ihn, als da ein totes Reh auf der Straße liegt, dem er in die Augen schaut. Durch seinen Kopf laufen Gedanken über zwei Frauen, die er liebt.
„Haie“
In dieser Geschichte geht es darum, wie mit anderen Menschen und vor allem anderen Nationalitäten – den Ausländern – umgegangen wird. Erzählt am Beispiel eines Kindes, das das erste Jahr in die Schule geht, in dessen Klasse auch ein Ausländerkind ist, das letztendlich zum Jahresende in eine andere Schule übersiedelt wird. Am Weg zur Schule sah man sie festlich gekleidet „Generationsbilder, sogar solche mit stolzen vier Stammbaumstufen. Insgesamt war es vertrakter als früher, die Mütter von den Großmüttern zu unterscheiden, die Väter von den Großvätern. Nur bei den Türken war es oft so, dass einer, der wie ein Bruder aussah, in Wahrheit doch der Vater war. Aber alle, alle strahlten und schienen ein bisschen gerührt. Nora empfand es als einen Morgen voller Einigkeit und völkerverbindenden Harmonie.“ (Seite 212) Im Laufe des Schuljahres wurde es aber anders …
„Schlangen“
Die Frau hatte ihn verlassen. Er lebt alleine. Ein junges Paar zieht ins Nachbarhaus. Er hilft den jungen Leuten bei ihren Umbauarbeiten. Er denkt an seine Frau, die ihn verlassen hat. Der jungen Nachbarin gesteht er, dass er sie vertrieben habe, weil sie ihm untreu geworden war.
„Enten“
Jeder Geschichte ist ein kurzer Bericht über das jeweilige Tier vorangestellt. So erfährt man, dass Enten gleichzeitig schlafen und nach Feinden Ausschau halten können. Auf dieser Basis stellt sie ein Ehepaar vor, das mit einem Kind auf Urlaub fährt. Sie zeigt die Abnützungerscheinung des Ehepaars und ein Verhätnis der Mutter mit einem Maler. Eigentlich eine belanglose Geschichte und doch zeigt sie wie sich Beziehungen im Laufe der Zeit verändern.
Das Buch besteht aus Geschichten und Erzählungen, die in verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften oder Sammelbänden schon veröffentlicht waren. In diesem Buch werden sie über die Klammer „Tiere“ zusammengehalten.
SCHMITT, Eric-Emmanuel
Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte Buch
2022.
@book{SCHMITT2022c,
title = {Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte},
author = {Eric-Emmanuel SCHMITT},
year = {2022},
date = {2022-06-24},
abstract = {SCHMITT, Eric-Emmanuel: „Die zehn Kinder, die Frau Ming nie hatte“,
Frankfurt 2019
Der Icherzähler des Buches ist zu Verhandlungen für eine französische Firma regelmäßig in China. Zur zentralen Figur dieses Romans erschafft er aber Frau Ming, eine Klofrau in einem Hotel. Er, der auch chinesisch spricht, kommt mit ihr ins Gespräch. Da ihm ein Foto mit zwei Kindern aus der Brieftasche fällt, fragt sie ihn nach seinen Kindern. Sie selbst, so antwortet sie, habe zehn. Der Franzose ist überrascht und denkt, sie spricht nicht die Wahrheit. In einem Land mit der Ein-Kind-Politik kann diese Frau nicht zehn Kinder haben. Im Hotel verhandelt er mit einem Handelspartner. Eine seiner Taktiken ist es, das Gespräch durch häufige Klobesuche zu unterbrechen und den Partner etwas zu verunsichern. Bei jedem dieser Besuche kommt er mit Frau Ming ins Gespräch und sie stellt ihm laufend ihre Kinder vor. Beginnend mit Zwillingen, die unerschrockene Kinder seien. Sie wurden berühmte Artisten in einem Zirkus und traten – so erzählte sie ihm – auch in Monaco (sie dachte, das sei Frankreich) auf. Eine andere Tochter hatte im Sinn, die Frau von Mao zu morden. Den zweitältesten Sohn präsentiert sie als Pokerspieler.
Obwohl er denkt, die Frau lüge ihn an, hat er sie angelogen und die beiden Kinder am Foto sind sein Neffe und seine Nichte. Frau Ming klärt das auf und nun wendet sich das Blatt. Er ist der Lügner und nicht Frau Ming.
Nach einer Wiederkehr nach China wird gerade in den chinesischen Medien verkündet, dass durch die Ein-Kind-Politik 400 Millionen Chinesen nicht geboren wurden. Ein Thema, das auch mit Frau Ming diskutiert wird. Wenig später erfährt er, dass seine Freundin schwanger wurde. Er lehnt eine Ehe ab, distanziert sich vom Kind und bricht die Freundschaft zur werdenden Mutter ab. Er will seine Unabhängigkeit und Freiheit.
Wieder in China erfährt er mehr über Frau Mings Kinder. Da sind die Söhne Ru und Zhou. Beide sehr intellektuelle Typen. Einer spricht sieben Sprachen, der andere ist ein Geistesblitz. Ein anderer Sohn verdient sein Geld mit dem Erfinden von Gärten. Er beschreibt Gartenanlagen, die nicht echt existieren. Entwickelt so Gärten für Leute, die sich keinen eigenen Grund und Boden leisten können. Für den schriftlichen Entwurf der Gartenbeschreibungen wird er bezahlt. Und in diesem Sinne geht es weiter mit der Beschreibung der Kinder von Frau Ming. Inzwischen bestaunt der Franzose die Erfindergabe der Frau. Unsicher wird er, als einer der Geschäftspartner von der Frau erzählt, dass er selbst bei ihr zu Hause war und Unterlagen und Briefe der zehn Kinder sah. Er hat ihr also doch unrecht getan; die Kinder existieren? So freut er sich auf jeden Tag, an dem er mit ihr reden kann, aber eines Morgens sitzt eine andere Frau in der Toilette. Frau Ming habe einen Unfall gehabt. Der Franzose besucht sie im Spital und dabei trifft er auf die zehnte Tochter. Nun kann er mit einem realen Kind von Frau Ming sprechen, muss aber erfahren, dass die Kinder alle von ihr, der einzigen Tochter erfunden sind. Sie hat es mit einem sehr ausgeklügelten System gemacht und lässt an einem Tag sogar alle „gefakten Kinder“ auftreten. Alles Menschen aus ihrem Freundeskreis. Zum ersten Mal brachte sie sie live zusammen und die „Mama schwebt im siebenten Himmel“. (Seite 103) Nachdem alle Verträge abgeschlossen sind, kehrt er nach Frankreich zurück und erfährt, dass sein Sohn geboren wurde. Wie er sich als Vater verhält, erfahren sie, wenn sie das Buch lesen.
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Frankfurt 2019
Der Icherzähler des Buches ist zu Verhandlungen für eine französische Firma regelmäßig in China. Zur zentralen Figur dieses Romans erschafft er aber Frau Ming, eine Klofrau in einem Hotel. Er, der auch chinesisch spricht, kommt mit ihr ins Gespräch. Da ihm ein Foto mit zwei Kindern aus der Brieftasche fällt, fragt sie ihn nach seinen Kindern. Sie selbst, so antwortet sie, habe zehn. Der Franzose ist überrascht und denkt, sie spricht nicht die Wahrheit. In einem Land mit der Ein-Kind-Politik kann diese Frau nicht zehn Kinder haben. Im Hotel verhandelt er mit einem Handelspartner. Eine seiner Taktiken ist es, das Gespräch durch häufige Klobesuche zu unterbrechen und den Partner etwas zu verunsichern. Bei jedem dieser Besuche kommt er mit Frau Ming ins Gespräch und sie stellt ihm laufend ihre Kinder vor. Beginnend mit Zwillingen, die unerschrockene Kinder seien. Sie wurden berühmte Artisten in einem Zirkus und traten – so erzählte sie ihm – auch in Monaco (sie dachte, das sei Frankreich) auf. Eine andere Tochter hatte im Sinn, die Frau von Mao zu morden. Den zweitältesten Sohn präsentiert sie als Pokerspieler.
Obwohl er denkt, die Frau lüge ihn an, hat er sie angelogen und die beiden Kinder am Foto sind sein Neffe und seine Nichte. Frau Ming klärt das auf und nun wendet sich das Blatt. Er ist der Lügner und nicht Frau Ming.
Nach einer Wiederkehr nach China wird gerade in den chinesischen Medien verkündet, dass durch die Ein-Kind-Politik 400 Millionen Chinesen nicht geboren wurden. Ein Thema, das auch mit Frau Ming diskutiert wird. Wenig später erfährt er, dass seine Freundin schwanger wurde. Er lehnt eine Ehe ab, distanziert sich vom Kind und bricht die Freundschaft zur werdenden Mutter ab. Er will seine Unabhängigkeit und Freiheit.
Wieder in China erfährt er mehr über Frau Mings Kinder. Da sind die Söhne Ru und Zhou. Beide sehr intellektuelle Typen. Einer spricht sieben Sprachen, der andere ist ein Geistesblitz. Ein anderer Sohn verdient sein Geld mit dem Erfinden von Gärten. Er beschreibt Gartenanlagen, die nicht echt existieren. Entwickelt so Gärten für Leute, die sich keinen eigenen Grund und Boden leisten können. Für den schriftlichen Entwurf der Gartenbeschreibungen wird er bezahlt. Und in diesem Sinne geht es weiter mit der Beschreibung der Kinder von Frau Ming. Inzwischen bestaunt der Franzose die Erfindergabe der Frau. Unsicher wird er, als einer der Geschäftspartner von der Frau erzählt, dass er selbst bei ihr zu Hause war und Unterlagen und Briefe der zehn Kinder sah. Er hat ihr also doch unrecht getan; die Kinder existieren? So freut er sich auf jeden Tag, an dem er mit ihr reden kann, aber eines Morgens sitzt eine andere Frau in der Toilette. Frau Ming habe einen Unfall gehabt. Der Franzose besucht sie im Spital und dabei trifft er auf die zehnte Tochter. Nun kann er mit einem realen Kind von Frau Ming sprechen, muss aber erfahren, dass die Kinder alle von ihr, der einzigen Tochter erfunden sind. Sie hat es mit einem sehr ausgeklügelten System gemacht und lässt an einem Tag sogar alle „gefakten Kinder“ auftreten. Alles Menschen aus ihrem Freundeskreis. Zum ersten Mal brachte sie sie live zusammen und die „Mama schwebt im siebenten Himmel“. (Seite 103) Nachdem alle Verträge abgeschlossen sind, kehrt er nach Frankreich zurück und erfährt, dass sein Sohn geboren wurde. Wie er sich als Vater verhält, erfahren sie, wenn sie das Buch lesen.
HABELER, Peter
2022.
@book{HABELER2022,
title = {Das Ziel ist der Gipfel},
author = {Peter HABELER},
year = {2022},
date = {2022-06-22},
abstract = {HABELER, Peter: „Das Ziel ist der Gipfel“, Innsbruck Wien 2022
Der 1942 geborene Bergsteiger blickt nach 80 Jahren auf sein Leben zurück. Wie er, aus einfachen Verhältnissen kommend, zu einem der weltweit besten Bergsteiger wurde. 1978 hat er mit Reinhold Messner den Mount Everest ohne Sauerstoff bestiegen. Aber schon als Jugendlicher war er regelmäßig in den Bergen. „Mit 16 Jahren verdiente ich das erste Mal ein Paar Schilling, als wir mit Engländern unterwegs waren, am Möseler.“ (Seite 91) Sein Auftritt war dabei nicht der beste, denn er rutschte ab und wurde vom Bergführer noch gefangen. Gelernt hat er Glasmalerei, aber er fühlte sich nie als Künstler und war daher froh, dass er als Schilehrer und Bergführer sein Geld verdienen konnte. 1965 bestand er die Bergführerprüfung. „Die Ausbildung war begehrt, Bergführer war ein angesehener und toller Beruf. Man verdiente relativ gut.“ (Seite 101) So konnte er sich bald ein eigenes Haus leisten und seiner Familie ein Zuhause bieten, obwohl er viel unterwegs war. Keiner seiner Söhne nahm den Beruf des Vaters an, worüber er froh ist. Er selbst wurde vom Bergführer zum Unternehmer und hat seine eigene Schi- und Alpinschule. Ausführlich erzählt er auch, wie er mit dem damaligen Bundeskanzler Schüssel in die Berge ging. Er lobt seinen „Kunden“, dass er ein sehr einfacher und freundlicher Mensch sei.
Auf der ganzen Welt ist er schon geklettert und hat Berge bestiegen. Im vorliegenden Buch werden Rückblicke und Einblicke dieser Abenteuer gegeben.
Mehrere Kapitel des Buches sind Interviews, die die Co-Autorin Karin Steinbach mit Habeler gemacht hat. So entsteht ein Dialog. Nicht nur im Interview, sondern die Interviews nehmen Bezug auf das jeweils vorangegangene Kapitel von Peter Habeler selbst.
Wenn das Buch nicht nur für Insider gedacht ist, so würde ich dem Verlag empfehlen im Anhang einen Lebenslauf und eine Tabelle mit den Highlights von Peter Habeler zu bringen.
Der Titel des Buches heißt „Das Ziel ist der Gipfel“ und das war und ist auch das Motto Habelers. Dazu gehört das Hüttenleben genauso wie die Schwierigkeiten und Anstrengungen des Kletterns.
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Der 1942 geborene Bergsteiger blickt nach 80 Jahren auf sein Leben zurück. Wie er, aus einfachen Verhältnissen kommend, zu einem der weltweit besten Bergsteiger wurde. 1978 hat er mit Reinhold Messner den Mount Everest ohne Sauerstoff bestiegen. Aber schon als Jugendlicher war er regelmäßig in den Bergen. „Mit 16 Jahren verdiente ich das erste Mal ein Paar Schilling, als wir mit Engländern unterwegs waren, am Möseler.“ (Seite 91) Sein Auftritt war dabei nicht der beste, denn er rutschte ab und wurde vom Bergführer noch gefangen. Gelernt hat er Glasmalerei, aber er fühlte sich nie als Künstler und war daher froh, dass er als Schilehrer und Bergführer sein Geld verdienen konnte. 1965 bestand er die Bergführerprüfung. „Die Ausbildung war begehrt, Bergführer war ein angesehener und toller Beruf. Man verdiente relativ gut.“ (Seite 101) So konnte er sich bald ein eigenes Haus leisten und seiner Familie ein Zuhause bieten, obwohl er viel unterwegs war. Keiner seiner Söhne nahm den Beruf des Vaters an, worüber er froh ist. Er selbst wurde vom Bergführer zum Unternehmer und hat seine eigene Schi- und Alpinschule. Ausführlich erzählt er auch, wie er mit dem damaligen Bundeskanzler Schüssel in die Berge ging. Er lobt seinen „Kunden“, dass er ein sehr einfacher und freundlicher Mensch sei.
Auf der ganzen Welt ist er schon geklettert und hat Berge bestiegen. Im vorliegenden Buch werden Rückblicke und Einblicke dieser Abenteuer gegeben.
Mehrere Kapitel des Buches sind Interviews, die die Co-Autorin Karin Steinbach mit Habeler gemacht hat. So entsteht ein Dialog. Nicht nur im Interview, sondern die Interviews nehmen Bezug auf das jeweils vorangegangene Kapitel von Peter Habeler selbst.
Wenn das Buch nicht nur für Insider gedacht ist, so würde ich dem Verlag empfehlen im Anhang einen Lebenslauf und eine Tabelle mit den Highlights von Peter Habeler zu bringen.
Der Titel des Buches heißt „Das Ziel ist der Gipfel“ und das war und ist auch das Motto Habelers. Dazu gehört das Hüttenleben genauso wie die Schwierigkeiten und Anstrengungen des Kletterns.
MORNSTAJNOVA, Alena:
2022.
@book{MORNSTAJNOVA2022,
title = {Es geschah im November},
author = {MORNSTAJNOVA, Alena:},
year = {2022},
date = {2022-06-17},
abstract = {MORNSTAJNOVA, Alena: „Es geschah im November“, Klagenfurt 2022
Die tschechische Autorin veröffentlichte seit 2013 fünf Romane und drei Kinderbücher. Ihre Romane wurden in 14 Sprachen übersetzt und dieser ist jetzt auch auf Deutsch verfügbar. Sie ist – und das ist für das Thema des hier besprochenen Buches wichtig – 1962 geboren. Sie erzählt also aus einer Zeit vor der politischen Wende; eine Zeit, die sie selbst bewusst erlebt hatte. Es beginnt mit den Demonstrationen im Jahr 1989. In ihrem Roman geht es aber nicht zugunsten der Aufständischen aus, sondern das kommunistische System schlägt zurück und inhaftiert alle, die an einer Veränderung des Systems gearbeitet haben. Sie bringt dies sehr anschaulich am Beispiel einer jungen Familie. Wie sie aufgewachsen sind, wie es zur Ehe und der Familiengründung kam. Während die zwei Kinder bei den Großeltern sind, weil die Eltern die Wohnung neu ausmalen, werden sie in der Nacht – so wie viel andere – verhaftet. Erzählt werden (sehr anschaulich!) die Haftverhältnisse. Beim Lesen fragte ich mich „Muss eine Dichterin selbst in einem Gefängnis gesessen haben, um die Verhältnisse so genau beschreiben zu können?“ Wie auch immer. Sie kann es und zieht beim Lesen in den Bann.
Maria hat ihren Ehemann nie mehr gesehen. 15 Jahre war sie in Haft. Mit Nichts wurde sie entlassen. Der Vater half ihr weiter. Sie wurde einer Zwangsarbeit am Land zugeteilt, wo sie sich ein neues Leben aufbaute. Bei ihrer Verhaftung waren die zwei Kinder bei den Großeltern. Sie sehnte sich, die Kinder wieder zu sehen. Der Vater musste ihr aber gestehen, dass beide weg sind. Der Bub – ein voreheliches Kind mit einem Oberarzt – wurde von diesem in den Westen entführt. Das Mädchen kam in eine Umerziehungsanstalt und machte Karriere. Erst als sie erfolgreiche Journalistin und Autorin ist, bekommt sie ersten Kontakt mit der Mutter, der aber mit Missverständnissen auseinandergeht. Als sie dann wieder Kontakt aufnehmen will, muss sie erfahren, dass die Mutter bei einer Flucht in den Westen erschossen wurde.
Mornstajnova ist eine anerkannte Schriftstellerin. 2019 wurde eines ihrer Bücher vom Publikum zum „Buch des Jahres“ gekürt. Es ist wert Bücher diese Autorin zu lesen.
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Die tschechische Autorin veröffentlichte seit 2013 fünf Romane und drei Kinderbücher. Ihre Romane wurden in 14 Sprachen übersetzt und dieser ist jetzt auch auf Deutsch verfügbar. Sie ist – und das ist für das Thema des hier besprochenen Buches wichtig – 1962 geboren. Sie erzählt also aus einer Zeit vor der politischen Wende; eine Zeit, die sie selbst bewusst erlebt hatte. Es beginnt mit den Demonstrationen im Jahr 1989. In ihrem Roman geht es aber nicht zugunsten der Aufständischen aus, sondern das kommunistische System schlägt zurück und inhaftiert alle, die an einer Veränderung des Systems gearbeitet haben. Sie bringt dies sehr anschaulich am Beispiel einer jungen Familie. Wie sie aufgewachsen sind, wie es zur Ehe und der Familiengründung kam. Während die zwei Kinder bei den Großeltern sind, weil die Eltern die Wohnung neu ausmalen, werden sie in der Nacht – so wie viel andere – verhaftet. Erzählt werden (sehr anschaulich!) die Haftverhältnisse. Beim Lesen fragte ich mich „Muss eine Dichterin selbst in einem Gefängnis gesessen haben, um die Verhältnisse so genau beschreiben zu können?“ Wie auch immer. Sie kann es und zieht beim Lesen in den Bann.
Maria hat ihren Ehemann nie mehr gesehen. 15 Jahre war sie in Haft. Mit Nichts wurde sie entlassen. Der Vater half ihr weiter. Sie wurde einer Zwangsarbeit am Land zugeteilt, wo sie sich ein neues Leben aufbaute. Bei ihrer Verhaftung waren die zwei Kinder bei den Großeltern. Sie sehnte sich, die Kinder wieder zu sehen. Der Vater musste ihr aber gestehen, dass beide weg sind. Der Bub – ein voreheliches Kind mit einem Oberarzt – wurde von diesem in den Westen entführt. Das Mädchen kam in eine Umerziehungsanstalt und machte Karriere. Erst als sie erfolgreiche Journalistin und Autorin ist, bekommt sie ersten Kontakt mit der Mutter, der aber mit Missverständnissen auseinandergeht. Als sie dann wieder Kontakt aufnehmen will, muss sie erfahren, dass die Mutter bei einer Flucht in den Westen erschossen wurde.
Mornstajnova ist eine anerkannte Schriftstellerin. 2019 wurde eines ihrer Bücher vom Publikum zum „Buch des Jahres“ gekürt. Es ist wert Bücher diese Autorin zu lesen.