Abstract
KURKOW, Andrej: „Die Welt des Herrn Bickford“, Innsbruck Wien 2017
Das neueste Buch von Andrej Kurkow ist nur neu was das Erscheinungsdatum sagt. Es war einer seiner ersten Romane und ich denke auch sein bester. Auch der Autor sieht das so. „Für mich ist es das wichtigste und wertvollste Werk.“ (Seite 6) Vier Jahre hat er daran geschrieben.
Ein Märchen für Erwachsene; viel Phantasie hinter der viel Wahrheit, Realität und Kritik steht.
Ein Schiff strandet während des Krieges an der Ostküste der Sowjetunion. Der Matrose des Schiffs, das mit Sprengstoff beladen ist wandert quer durch das riesige Land und erlebt unreale Dinge, deren Hintergrund aber real ist. Die Figuren des Romans träumen immer wieder dazwischen, wobei der Traum auch wieder reale Dinge behandelt.
Der Held des Buches kommt im Westen in Leningrad an, wird für zwei Jahre ins Gefängnis geworfen und dann anerkennend freigelassen. Die Geschichte endet am Hafen der Stadt. Aus einem großen Atomschiff werden Menschen verschiedenster Berufsgruppen und Maschinen feierlich entladen. Einer Arche Noah gleich werden die wichtigsten Einrichtungen der Sowjetunion an Land gebracht bevor das Wasser stieg und auch der Matrose, der den langen Weg hinter sich hatte kann nur mehr schwimmen. Ein Double von ihm ist aber am Schiff und überlebt so.
400 Seiten Wunderwelt mit versteckter Gesellschaftskritik. Das zentrale Anliegen Kukows war es, mit diesem Buch den „Sowjetmenschen“ zu beschreiben, ohne ihn aber zu bewerten. Weder positiv noch negativ.
Hier nur einige schöne Formulierungen:
„… denn ein Gespräch im Dunkeln war wie ein Telefonat, bei dem zwei Personen sprachen und unzählige lauschten.“ (Seite 23)
„Er fand, dass Stille auf dieser Welt überflüssig war. Wahrscheinlich hat es sie schon gegeben, bevor Gott die Welt erschuf.“ (Seite 80)
„Wenn du einem Schössling das Sonnenlicht nimmst und ihn in den Schatten setzt, geht er ein. Er kehrt in die Erde zurück. Wie alles Lebendige in die Erde zurückkehrt, wenn es ausgebrannt und erschöpft ist.“ (Seite 81)
„Die Aprikosenkerne, die die Wärme der Erde spürten, schwollen an und füllten sich mit Saft für das zukünftige Leben.“ (Seite 387)
Als er mit einem zweiten Mann eine Hütte aus Kisten voll mit Sprengstoff baut reagiert er auf den Einwand „Aber das kann explodieren!“ mit dem Satz „Macht nichts, explodieren kann alles, auch die Erde hier. Die Menschen pfeifen drauf, sie leben trotzdem.“ (Seite 391)
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