Abstract
HENNING, Peter: „Die Tüchtigen“, München 2019
Auf Grund einer Verwechslung habe ich diesen Roman gekauft. Erst beim Lesen kam ich dahinter, dass dies nicht „mein“ Dichter ist. Eine einfache Allerweltgeschichte einer oberen Gesellschaftsschicht breitete sich mir aus. Als Nachkriegskind habe ich gelernt alles, was auf den Teller kommt aufzuessen. So habe ich eben auch diesen 670 Seiten starken Roman fertiggelesen und meine Corona-Quarantänezeit vertrieben. Vom Thema ist es aber nicht die richtige Literatur für eine verordnete Abgeschiedenheit.
4 Ehepaare feiern in einem holländischen, am Meer gelegenen Nobelhotel, den 50. Geburtstag einer Frau – Katherina - aus der Runde. Acht Personen sind vier Tage beisammen und lernen sich näher kennen, obwohl sie sich vorher schon Freunde genannt haben, merken sie, wie fremd sie sich sind.
Das Buch ist in 5 Kapitel gegliedert. Eines ist jedem der Geburtstagstage gewidmet und das letzte – „Vier Tage später“- zeigt die Situation danach. Die einzelnen Kapitel sind in Unterbereiche gegliedert, in denen Tagebuchartig die einzelnen Probanden die jeweilige Situation widergeben.
Bereit bei der Anreise – alle kommen aus Deutschland – werden sie dem Leser vorgestellt. Man lernt verschiedene Menschen kennen. Alle aus einer oberen Mittelschicht. Reiche Leute. Neureich. Viele von ihnen keine Intellektuellen. Reich gewordene Geschäftsleute, die dies auch durch riesige und schnelle Autos zeigen. Da ist Tom der Wertpapierhändler, der während des Hollandaufenthalts knapp einer Pleite entrinnt. Marc, der mit seiner Freundin kam und der – die Ringe bereits im Hosensack – während dieses Aufenthalts sich verloben will. Letztlich geht aber alles in Brüche und er stirbt bei einem Autounfall. Robert, der Mann des Geburt6stagskinds ist Pilot und Frauenheld. Normal erscheint nur das Ehepaar Feline, einer Lehrerin und Stefan, einem nervenkranken selbstständigen Toningenieur. Die Frau ist die starke und betreut ihren Mann Stefan wie ein „Riesenbaby“. Die Beiden halten noch die traditionelle Ehe und Treue hoch, obwohl im Zuge des Buches ein Seitensprung von Feline publik wird.
In den vier Tagen finden laufend Beleidigungen und Streits statt. Zu guter Letzt kommt es am vorletzten Tag bei einem Bootsausflug fast zu einem Schiffsunglück, das alle sehr verändert hat. Es wird gestritten, obwohl man ja bei einer Geburtstagsfeier ist. Die doch schon älteren Paare versuchen es auch mit Drogen, die in Holland frei käuflich sind. Aber auch das bringt nur Negatives hervor. Dem Geburtstagskind ging es so, als sei sie am falschen Ort zur falschen Zeit: „Sie hatte plötzlich das Gefühl gehabt, in einem dieser sozialkritischen schwedischen Filme gelandet zu sein, in dem eine Gruppe von Leuten, die eigentlich vorhat, gemeinsam zu feiern, sich Zug um Zug als ein Haufen gestörter Psychofreaks erweist.“ (Seite 239)
Wie erwähnt, im letzten Kapitel kommt jede der acht (sieben) Romanfiguren wieder zu Wort und schildern wie ihr Leben nach diesem Geburtstagswochenende aussieht.
Diesen „Reigen“ beginnt Ann, die sich immer um ihren Vater sorgte. Während ihrer Abwesenheit verletzte er sich und kam ins Krankenhaus. Jetzt betreut sie ihn, den alten Mann, der sich indirekt auf sein Lebensende vorbereitet. „Ihr Vater wirkte auf sie wie jemand, dessen Leben zwar weiterlief, in dem die Zeit aber zum Stillstand gekommen war. Die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft war zusammengebrochen, er war buchstäblich aus der Zeit gefallen.“ (Seite 633)
Robert, dem Mann von Katherina ergeht es mit dem Vater anders: er hasst ihn. Selbst bei dem Versuch mit ihm gemeinsam seine Vorfahren in Schottland auszuforschen zerstreitet er sich und lässt seinen alten Herrn alleine fliegen. Er zieht es vor die drei geplanten Tage mit dem Vater lieber mit einer Geliebten zu verbringen. Die Ehefrau bereitet aber – ohne dass er es weiß – die Scheidung vor. Sie selbst hat drei Erfolgsbücher am Markt und der Verleger wartet auf das nächste Manuskript. Sie hat aber eine Schreibhemmung. Erst als sie die vergangenen Tage anlässlich ihres Geburtstags überdenkt sieht sie den Stoff für ein neues Buch und nennt es – so wie der Titel des vorliegenden „Die Tüchtigen“.
Der Roman enthält viele Fakten und Emotionen. Aber alles im allem blieb es für mich trivial Literatur. Der Autor lässt die Qualität seines Buches der Hauptfigur des Romans, der Schriftstellerin Katherina, auf Seite 194 selbst definieren: „Sie schrieb etwas, das sowohl etwas von der „hohen“ Literatur hatte als auch vom anderen, von den Kritikern ungeliebten großen Bruder, der Unterhaltung.“
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@book{HENNING2020, title = {Die Tüchtigen}, author = {Peter HENNING}, year = {2020}, date = {2020-04-15}, abstract = {HENNING, Peter: „Die Tüchtigen“, München 2019 Auf Grund einer Verwechslung habe ich diesen Roman gekauft. Erst beim Lesen kam ich dahinter, dass dies nicht „mein“ Dichter ist. Eine einfache Allerweltgeschichte einer oberen Gesellschaftsschicht breitete sich mir aus. Als Nachkriegskind habe ich gelernt alles, was auf den Teller kommt aufzuessen. So habe ich eben auch diesen 670 Seiten starken Roman fertiggelesen und meine Corona-Quarantänezeit vertrieben. Vom Thema ist es aber nicht die richtige Literatur für eine verordnete Abgeschiedenheit. 4 Ehepaare feiern in einem holländischen, am Meer gelegenen Nobelhotel, den 50. Geburtstag einer Frau – Katherina - aus der Runde. Acht Personen sind vier Tage beisammen und lernen sich näher kennen, obwohl sie sich vorher schon Freunde genannt haben, merken sie, wie fremd sie sich sind. Das Buch ist in 5 Kapitel gegliedert. Eines ist jedem der Geburtstagstage gewidmet und das letzte – „Vier Tage später“- zeigt die Situation danach. Die einzelnen Kapitel sind in Unterbereiche gegliedert, in denen Tagebuchartig die einzelnen Probanden die jeweilige Situation widergeben. Bereit bei der Anreise – alle kommen aus Deutschland – werden sie dem Leser vorgestellt. Man lernt verschiedene Menschen kennen. Alle aus einer oberen Mittelschicht. Reiche Leute. Neureich. Viele von ihnen keine Intellektuellen. Reich gewordene Geschäftsleute, die dies auch durch riesige und schnelle Autos zeigen. Da ist Tom der Wertpapierhändler, der während des Hollandaufenthalts knapp einer Pleite entrinnt. Marc, der mit seiner Freundin kam und der – die Ringe bereits im Hosensack – während dieses Aufenthalts sich verloben will. Letztlich geht aber alles in Brüche und er stirbt bei einem Autounfall. Robert, der Mann des Geburt6stagskinds ist Pilot und Frauenheld. Normal erscheint nur das Ehepaar Feline, einer Lehrerin und Stefan, einem nervenkranken selbstständigen Toningenieur. Die Frau ist die starke und betreut ihren Mann Stefan wie ein „Riesenbaby“. Die Beiden halten noch die traditionelle Ehe und Treue hoch, obwohl im Zuge des Buches ein Seitensprung von Feline publik wird. In den vier Tagen finden laufend Beleidigungen und Streits statt. Zu guter Letzt kommt es am vorletzten Tag bei einem Bootsausflug fast zu einem Schiffsunglück, das alle sehr verändert hat. Es wird gestritten, obwohl man ja bei einer Geburtstagsfeier ist. Die doch schon älteren Paare versuchen es auch mit Drogen, die in Holland frei käuflich sind. Aber auch das bringt nur Negatives hervor. Dem Geburtstagskind ging es so, als sei sie am falschen Ort zur falschen Zeit: „Sie hatte plötzlich das Gefühl gehabt, in einem dieser sozialkritischen schwedischen Filme gelandet zu sein, in dem eine Gruppe von Leuten, die eigentlich vorhat, gemeinsam zu feiern, sich Zug um Zug als ein Haufen gestörter Psychofreaks erweist.“ (Seite 239) Wie erwähnt, im letzten Kapitel kommt jede der acht (sieben) Romanfiguren wieder zu Wort und schildern wie ihr Leben nach diesem Geburtstagswochenende aussieht. Diesen „Reigen“ beginnt Ann, die sich immer um ihren Vater sorgte. Während ihrer Abwesenheit verletzte er sich und kam ins Krankenhaus. Jetzt betreut sie ihn, den alten Mann, der sich indirekt auf sein Lebensende vorbereitet. „Ihr Vater wirkte auf sie wie jemand, dessen Leben zwar weiterlief, in dem die Zeit aber zum Stillstand gekommen war. Die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft war zusammengebrochen, er war buchstäblich aus der Zeit gefallen.“ (Seite 633) Robert, dem Mann von Katherina ergeht es mit dem Vater anders: er hasst ihn. Selbst bei dem Versuch mit ihm gemeinsam seine Vorfahren in Schottland auszuforschen zerstreitet er sich und lässt seinen alten Herrn alleine fliegen. Er zieht es vor die drei geplanten Tage mit dem Vater lieber mit einer Geliebten zu verbringen. Die Ehefrau bereitet aber – ohne dass er es weiß – die Scheidung vor. Sie selbst hat drei Erfolgsbücher am Markt und der Verleger wartet auf das nächste Manuskript. Sie hat aber eine Schreibhemmung. Erst als sie die vergangenen Tage anlässlich ihres Geburtstags überdenkt sieht sie den Stoff für ein neues Buch und nennt es – so wie der Titel des vorliegenden „Die Tüchtigen“. Der Roman enthält viele Fakten und Emotionen. Aber alles im allem blieb es für mich trivial Literatur. Der Autor lässt die Qualität seines Buches der Hauptfigur des Romans, der Schriftstellerin Katherina, auf Seite 194 selbst definieren: „Sie schrieb etwas, das sowohl etwas von der „hohen“ Literatur hatte als auch vom anderen, von den Kritikern ungeliebten großen Bruder, der Unterhaltung.“ }, keywords = {Ehepaare, Geburtstagsfeier, Streit}, pubstate = {published}, tppubtype = {book} }