Die Dauer der Liebe

Sabine GRUBER: Die Dauer der Liebe. 2023.

Abstract

GRUBER, Sabine: „Die Dauer der Liebe“, München 2023
Schreibt eine Schriftstellerin oder ein Schriftsteller über ein Ereignis, das persönlich emotional betroffen gemacht hatte, so wird auch der geschriebene Text anders und mit stärkerem Tiefgang als ein erzählter Roman über einen anderen Menschen. Zu so einer Kategorie gehört der Roman „Die Dauer der Liebe“. Er nennt sich zwar „Roman“, ist aber Wolfgang Fetz gewidmet, der 2022 verstarb. Dieses Ableben und die entstandene Lücke bei der Lebensgefährtin ist Thema des Buchs.
Das Paar war nicht verheiratet. Sie war bei der Familie ihres Lebensgefährten – vor allem bei dessen Mutter – nicht akzeptiert und nicht geliebt. Als er plötzlich an einem Herzinfarkt auf einer Autobahnraststätte unerwartet stirbt, wendet sich die Familie gegen sie. Sie besitzt keine Rechte, es gibt kein Testament und die Familie nimmt alles Verfügbare an sich. Auch Dinge, die eindeutig ihr gehören. Ihr bleiben keine Erinnerungsstücke. Noch vor dem Begräbnis stiehlt der Bruder des Verstorbenen aus dem Auto Unterlagen. Dass ihr Nichts zusteht kommentiert er so: „Selbst schuld, dass ihr nicht verheiratet ward. Rechtssystem sei Rechtssystem.“ (Seite 98) Scheinheilig besucht er sie in Wien und fotografiert heimlich alles in der Wohnung, um nachher darauf Anspruch zu erheben. Beim Besuch im gemeinsam erwirtschafteten Sommerhaus packt er dann gleich direkt Sachen ein und hinterlässt ein leeres Haus. Er wartet den Bescheid des Nortars gar nicht ab und bemächtigt sich schon vorher. Freunde entdecken, wie der Bruder auf einer Internetplattform Dinge des Verstorbenen anbietet. Unwissend oft zu viel zu niedrigem Preis und auch Dinge, die eindeutig ihr gehören. Selbst das Auto will die Familie haben, obwohl sowohl die Mutter als auch der Bruder gar keinen Führerschein besitzen. Als sich aber dann herausstellt, dass die Überstellung von Wien nach Innsbruck mehr kostet, als das alte Auto wert ist, verzichten sie.
Oft denkt sie, dass es besser wäre, wenn beide sterben. Der Verstorbene leidet nicht mehr, aber die Zurückgebliebene. Ihr Freund sagte einmal „Laß uns zusammen tot sein, wenn wir schon nicht zusammen sterben können.“ (Seite 38)
Alle Stadien der trauernden Frau werden beschrieben. Wie sie nach letzten Erinnerungen sucht; das Leintuch nach Haaren von ihm absucht. Sie saugt die Wohnung nicht, um nicht allerletzte „Erinnerungsstücke“ zu entsorgen. Sie trinkt zu viel. Sie durchsucht alle seine Unterlagen. Sie geht einem Verdacht nach, dass er eine Freundin gehabt haben könnte; dass er vielleicht ein Kind hat. Sie macht die Vergangenheit zu ihrer Gegenwart. Parallel dazu muss sie alles Administrative erledigen. Telefon abmelden. Auto ummelden. Freunde und Kunden vom Ableben verständigen. Selbst dem Finanzamt, das eine Einkommens- und Umsatzsteuererklärung verlangt muss sie mitteilen, dass der Steuerzahler nicht mehr lebt. Sie liest Literatur, die über Witwen und deren Verhalten berichten. Die Witwe versucht – auf Anraten einer Freundin – über eine Partnervermittlung zu einem neuen Freund und zu neuen Gedanken zu kommen. Sie will aber wirkliche Liebe und kann den verstorbenen Freund nicht aus dem Kopf und dem Herzen bekommen. Kein „Anbieter“ kann den Verstorbenen ersetzen. Auch stellt sie bald fest, dass viele Männer solche Plattformen wie ein Bordell benützen.
Es ist eine Geschichte, wie sie in vielen Familien vorkommt. Wenn es ums Erben geht, werden aus Verwandten und Freunden Gegner. Diese Familie steht nur stellvertretend.
Die vielen langatmigen Passagen zeigen aber auch auf, dass das Buch primär von der Autorin für die Autorin, eine trauernde Frau, geschrieben ist.

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    Das Paar war nicht verheiratet. Sie war bei der Familie ihres Lebensgefährten – vor allem bei dessen Mutter – nicht akzeptiert und nicht geliebt. Als er plötzlich an einem Herzinfarkt auf einer Autobahnraststätte unerwartet stirbt, wendet sich die Familie gegen sie. Sie besitzt keine Rechte, es gibt kein Testament und die Familie nimmt alles Verfügbare an sich. Auch Dinge, die eindeutig ihr gehören. Ihr bleiben keine Erinnerungsstücke. Noch vor dem Begräbnis stiehlt der Bruder des Verstorbenen aus dem Auto Unterlagen. Dass ihr Nichts zusteht kommentiert er so: „Selbst schuld, dass ihr nicht verheiratet ward. Rechtssystem sei Rechtssystem.“ (Seite 98) Scheinheilig besucht er sie in Wien und fotografiert heimlich alles in der Wohnung, um nachher darauf Anspruch zu erheben. Beim Besuch im gemeinsam erwirtschafteten Sommerhaus packt er dann gleich direkt Sachen ein und hinterlässt ein leeres Haus. Er wartet den Bescheid des Nortars gar nicht ab und bemächtigt sich schon vorher. Freunde entdecken, wie der Bruder auf einer Internetplattform Dinge des Verstorbenen anbietet. Unwissend oft zu viel zu niedrigem Preis und auch Dinge, die eindeutig ihr gehören. Selbst das Auto will die Familie haben, obwohl sowohl die Mutter als auch der Bruder gar keinen Führerschein besitzen. Als sich aber dann herausstellt, dass die Überstellung von Wien nach Innsbruck mehr kostet, als das alte Auto wert ist, verzichten sie.
    Oft denkt sie, dass es besser wäre, wenn beide sterben. Der Verstorbene leidet nicht mehr, aber die Zurückgebliebene. Ihr Freund sagte einmal „Laß uns zusammen tot sein, wenn wir schon nicht zusammen sterben können.“ (Seite 38)
    Alle Stadien der trauernden Frau werden beschrieben. Wie sie nach letzten Erinnerungen sucht; das Leintuch nach Haaren von ihm absucht. Sie saugt die Wohnung nicht, um nicht allerletzte „Erinnerungsstücke“ zu entsorgen. Sie trinkt zu viel. Sie durchsucht alle seine Unterlagen. Sie geht einem Verdacht nach, dass er eine Freundin gehabt haben könnte; dass er vielleicht ein Kind hat. Sie macht die Vergangenheit zu ihrer Gegenwart. Parallel dazu muss sie alles Administrative erledigen. Telefon abmelden. Auto ummelden. Freunde und Kunden vom Ableben verständigen. Selbst dem Finanzamt, das eine Einkommens- und Umsatzsteuererklärung verlangt muss sie mitteilen, dass der Steuerzahler nicht mehr lebt. Sie liest Literatur, die über Witwen und deren Verhalten berichten. Die Witwe versucht – auf Anraten einer Freundin – über eine Partnervermittlung zu einem neuen Freund und zu neuen Gedanken zu kommen. Sie will aber wirkliche Liebe und kann den verstorbenen Freund nicht aus dem Kopf und dem Herzen bekommen. Kein „Anbieter“ kann den Verstorbenen ersetzen. Auch stellt sie bald fest, dass viele Männer solche Plattformen wie ein Bordell benützen. 
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