Das Feld

SEETHALER, Robert: Das Feld. 2018.

Abstract

SEETHALER, Robert: „Das Feld“, München 2018
Nach einem Abenteuerbuch mit 500 Seiten, das sicher nicht schlecht geschrieben war, aber anstrengend zu lesen war tat dieses spritzige Buch sehr gut. Viele Sätze sind ein Genuss beim Lesen.
Den Rahmen des Romans gibt ein Friedhof. Die handelnden Personen sind die Verstorbenen. Der Autor beschreibt verschiedenste Charaktere. Sie blicken auf ihr Leben zurück. Nabelschau von Toten. Großartig. Teilweise geben sie Ratschläge an die noch Lebenden und teilweise erzählen sie, was sie anders hätten machen müssen. „Es gibt da nämlich ein paar Dinge, die ich loswerden möchte. Ich wünschte, jemand hätte sie mir gesagt. Vielleicht hätte ich dann manches anders gemacht…. Hätte ich begriffen, dass alles so schnell vorübergeht, hätte ich mir manches erspart. Aber für mich ist alles vorbei, und darum bilde ich mir jetzt ein, ich könnte wenigstens dir etwas ersparen. … Also sage ich dir jetzt einfach ein paar Dinge.“ (Seite 49) Alle Geschichten zusammen ergeben das Bild einer Stadt und deren Einwohner mit all ihren Verschiedenheiten und Eigenheiten.
Seethaler hat dieses Milieu gewählt, weil „der Mensch vielleicht erst dann endgültig über sein Leben urteilen konnte, wenn er sein Sterben hinter sich gebracht hatte.“ (Seite 9) Die Geschichten sind aber auch eine Ermahnung an die Leser Nichts aufzuschieben: „Als junger Mann wollte er die Zeit vertreiben, später wollte er sie anhalten, und nun, da er alt war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie zurückzugewinnen.“ (Seite 11) Vieles wurde im Leben nicht getan und die Toten in ihren Gräbern bereuen es jetzt. Seethaler lässt sie aber sprechen und ihre Versäumnisse an die Lebenden weitergeben. „Geh zu deiner Mutter und lege die Hand an ihre Wange. Bleib einen Moment so. Ich habe das nie gemacht, und das war ein Fehler.“ (Seite 55) Vieles ist ein Spiegelbild für die Menschen, wie etwa die übertriebene Tierliebe. „Ich glaube, ich habe mit dem Kater mehr gesprochen als mit den meisten Menschen.“ (Seite 83)
Obwohl nur tote Menschen zu Wort kommen ist es kein trauriges Buch, wenngleich Weisheiten zum Sterben widergegeben werden.
„Lange Zeit versuchte ich mir zu sagen, man stirbt nicht, man verlässt nur die Welt. Der Tod ist nur ein Wort. Doch das stimmt nicht.“ (Seite 167)
„Die Älteste zu sein ist keine Leistung und kein Gewinn. Es stirbt sich mit hundertfünf genauso wie mit fünfundachtzig oder mit zweiunddreißig, und der Preis für so ein langes Leben ist Einsamkeit. Der Tod bleibt sich für alle gleich. Nur die, die am Grab stehen, wissen das noch nicht.“ (Seite 180)
Eine 105-jährige sagt: „Geburtstage waren mir schon längst unwichtig. Nur das Sterben hätte ich gerne mitbekommen. Ich war ja immer so neugierig.“ (Seite 181)
Letztlich kann der Autor aber auch nicht sagen, wie das Sterben vor sich geht. Einem der Verstorbenen legt er diese Worte in den Mund: „Als Lebender über den Tod nachdenken. Als Toter vom Leben reden. Was soll das? Die einen verstehen vom anderen nichts. Es gibt Ahnungen. Und es gibt Erinnerungen. Beide können täuschen.“ (Seite 234)
Es war sehr locker diesen Roman zu lesen. Als würde man auf einer Wolke von schönen Sätzen schweben. Ich habe das Gefühl, dass Seethaler bei jedem seiner Bücher einen anderen Schreibstil anwendet. In diesem Roman passt er sich beim Schreiben sogar jeder Person an.

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    Nach einem Abenteuerbuch mit 500 Seiten, das sicher nicht schlecht geschrieben war, aber anstrengend zu lesen war tat dieses spritzige Buch sehr gut. Viele Sätze sind ein Genuss beim Lesen. 
    Den Rahmen des Romans gibt ein Friedhof. Die handelnden Personen sind die Verstorbenen. Der Autor beschreibt verschiedenste Charaktere. Sie blicken auf ihr Leben zurück. Nabelschau von Toten. Großartig. Teilweise geben sie Ratschläge an die noch Lebenden und teilweise erzählen sie, was sie anders hätten machen müssen. „Es gibt da nämlich ein paar Dinge, die ich loswerden möchte. Ich wünschte, jemand hätte sie mir gesagt. Vielleicht hätte ich dann manches anders gemacht…. Hätte ich begriffen, dass alles so schnell vorübergeht, hätte ich mir manches erspart. Aber für mich ist alles vorbei, und darum bilde ich mir jetzt ein, ich könnte wenigstens dir etwas ersparen. … Also sage ich dir jetzt einfach ein paar Dinge.“ (Seite 49) Alle Geschichten zusammen ergeben das Bild einer Stadt und deren Einwohner mit all ihren Verschiedenheiten und Eigenheiten.
    Seethaler hat dieses Milieu gewählt, weil „der Mensch vielleicht erst dann endgültig über sein Leben urteilen konnte, wenn er sein Sterben hinter sich gebracht hatte.“ (Seite 9) Die Geschichten sind aber auch eine Ermahnung an die Leser Nichts aufzuschieben: „Als junger Mann wollte er die Zeit vertreiben, später wollte er sie anhalten, und nun, da er alt war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie zurückzugewinnen.“ (Seite 11) Vieles wurde im Leben nicht getan und die Toten in ihren Gräbern bereuen es jetzt. Seethaler lässt sie aber sprechen und ihre Versäumnisse an die Lebenden weitergeben. „Geh zu deiner Mutter und lege die Hand an ihre Wange. Bleib einen Moment so. Ich habe das nie gemacht, und das war ein Fehler.“ (Seite 55) Vieles ist ein Spiegelbild für die Menschen, wie etwa die übertriebene Tierliebe. „Ich glaube, ich habe mit dem Kater mehr gesprochen als mit den meisten Menschen.“ (Seite 83)
    Obwohl nur tote Menschen zu Wort kommen ist es kein trauriges Buch, wenngleich Weisheiten zum Sterben widergegeben werden.
    „Lange Zeit versuchte ich mir zu sagen, man stirbt nicht, man verlässt nur die Welt. Der Tod ist nur ein Wort. Doch das stimmt nicht.“ (Seite 167)
    „Die Älteste zu sein ist keine Leistung und kein Gewinn. Es stirbt sich mit hundertfünf genauso wie mit fünfundachtzig oder mit zweiunddreißig, und der Preis für so ein langes Leben ist Einsamkeit. Der Tod bleibt sich für alle gleich. Nur die, die am Grab stehen, wissen das noch nicht.“ (Seite 180)
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    Letztlich kann der Autor aber auch nicht sagen, wie das Sterben vor sich geht. Einem der Verstorbenen legt er diese Worte in den Mund: „Als Lebender über den Tod nachdenken. Als Toter vom Leben reden. Was soll das? Die einen verstehen vom anderen nichts. Es gibt Ahnungen. Und es gibt Erinnerungen. Beide können täuschen.“ (Seite 234) 
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