Abstract
IRVING, John: „Bis ich dich finde“, Zürich 2007
Ein moderner Casanova des 20./21. Jahrhunderts. Er nennt sich Jack Burns. Irving beschreibt seinen Werdegang von Kindheit bis zum erfolgreichen Schauspieler. Bei über 1000 Seiten muss der Autor schon interessant schreiben, um den Leser bei der Stange zu halten. Viele Themen werden dabei angesprochen, bei denen Sachkenntnis notwendig ist. So etwa beim Tätowieren. Sein Vater „sammelt“ Tattoos auf seinem Körper aus verschiedenen Ländern und deren berühmten Tätowierern. Seine Mutter ergriff diesen Beruf und hielt sich zu Beginn so finanziell – ohne den verschwundenen Kindesvater – über Wasser. Später wird sie mit dieser Arbeit eine anerkannte „Künstlerin“, obwohl sie und ihr Sohn kein einziges Tattoo auf ihren Körpern haben. Als der Bub dann in die Schule geschickt wird und später auch in einem Internat wohnt, wird er Ringer. Auch hier ist viel Sachwissen über diese Sportart verarbeitet. Der Bub Jack hatte schon in der Schule in Laienstücken mitgespielt und macht anschließend eine Schauspielausbildung. Mit Hilfe seiner Freundin Emma – die zweite wichtige Proponentin des Romans – kommt er nach vielen Auftritten bei Sommertheatern ins Filmgeschäft. Dies ist ein Buchabschnitt für Cineasten. Filme und Schauspieler werden besprochen. Der Buchautor John Irving hatte im Jahr 2000 für ein Drehbuch einen Oscar bekommen. Im vorliegenden Buch lässt er seiner Hauptfigur Jack diese Ehre erlangen. Und letztlich zieht sich Sexismus durch das ganze Buch. Die ersten Erlebnisse als Junge und später als erwachsener, attraktiver Mann, der Verhältnisse mit vielen Frauen hatte. Oft mit älteren. Seine Mutter wiederum hat ein lesbisches Verhältnis und wohnt mit dieser Frau wie in einer Ehe zusammen. Die Partnerin ist wohlhabend und ermöglicht so das Studium von Jack und einen gehobenen Lebensstandard seiner Mutter.
Zurück zu Emma. Sie ist eine, um einige Jahre ältere Schülerin, die ihn – Jack – aufklärt und dieses sexuelle Verhältnis das ganze Leben aufrechterhält, ohne mit ihm wirkliche sexuelle Beziehung zu haben. Eine Lebensfreundschaft. Emma stirbt als berühmte Drehbuchautorin und vermacht ihrem Freund alle Rechte; ja sie sorgt für seine schriftstellerische Karriere über ihren Tod hinaus vor.
Durch Emma hat sich seine Beziehung zur lesbischen und mit Emmas Mutter zusammenlebenden Mutter etwas distanziert. Erst als sie im Sterben lag kümmerte er sich wieder. Nach ihrem Tod begann er wieder nach dem Vater zu suchen. Er fuhr dieselben Städte, die er mit seiner Mutter als kleiner Bub besuchte um den Vater zu finden wieder ab. Hier erfuhr er, dass ihn seine Mutter immer belogen hatte. Sie hatte den Vater erpresst. Sie wollte ihn zurückhaben. Nicht der Vater war der schlechte Mensch, sondern die Mutter. Der Vater galt – so wurde ihm berichtet - ein gläubiger Mensch. Eine nostalgische Fahrt, die aber ohne Erfolg blieb. Erst als sich eine ehemalige Lehrerin bei ihm meldete und ihm mitteilte, dass er eine Schwester habe, die ihn kontaktieren wolle veränderte sich alles. Über sie bekam er den Kontakt zum Vater, der in einer Nervenanstalt in der Schweiz war. Der Vater – ein begeisterter und anerkannter Organist - litt an einer Nervenkrankheit und sein musizieren wurde eingeschränkt und schmerzhaft.
Jack selbst hatte schon mehrere Jahre Behandlungen bei einer Psychologin in Kalifornien. Mit dieser einschneidenden Lebensveränderung, die das Auffinden seiner Schwester und seines Vaters brachte, brauchte er keine psychologische Betreuung mehr. Sein Leben kam in normale Bahnen. So wird der Höhepunkt des Buches das Zusammentreffen mit dem Vater, der auch ihn immer gesucht hatte.
Alles in allem ist es ein sehr trivialer, frivoler und skurriler Roman. Ich denke, der Autor Johan Irving ist sich selbst dessen bewusst. Er ist eben ein „Erfolgsschriftsteller“, was nicht gleichzusetzen ist mit Qualität. Im vorliegenden Roman beschreibt er so einen Autor: „Dong McSwiney, ein nicht besonders guter kanadischer Romancier und Drehbuchautor“ (Seite 895). Einige Seiten weiter meint er „das Drehbuch sei der letzte Mist“ (Seite 918). Ich denke, er hat damit auch sein eigenes, dieses Buch gemeint. Oder ist es doch ein gutes Buch? Zumindest von den vielen angerissen Themen sehr umfangreich.
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